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Mietminderung bei fehlender Gebrauchstauglichkeit der Mietsache

LG Osnabrück – Az.: 12 S 18/17 – Beschluss vom 10.02.2017

I. Die Kammer beabsichtigt, die Berufung durch einstimmigen Beschluss nach § 522 II ZPO zurückzuweisen.

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Entscheidung über die Aufrechterhaltung der Berufung unter Kostengesichtspunkten binnen zwei Wochen.

Gründe

II. Die Kammer lässt sich bei ihrer Absicht, nach § 522 II ZPO zu verfahren, von folgenden Überlegungen leiten:

1. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.

2. Die Berufung hat auch offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die gemäß § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung.

Das Amtsgericht hat die Klage in Höhe eines Teilbetrages von 1.955,11 € zu Recht und mit zutreffender Begründung, auf die Bezug genommen, abgewiesen. Die vertraglich geschuldete Pacht für Feb. 2016 war in Höhe des o.g. Betrages gemindert. Die Angriffe der Berufung führen nicht zu einer abweichenden Beurteilung durch die Kammer:

a) Soweit die Berufung weiterhin einwendet, dass der Beklagte die infolge von Wasserschäden nicht nutzbaren Hotelzimmer mangels potentieller Gäste ohnehin nicht hätte vermieten können, verkennt sie, worauf bereits das Amtsgericht zutreffend hingewiesen hat, dass für eine Minderung gemäß §§ 581 II, 536 BGB unerheblich ist, ob der Mieter/Pächter tatsächlich in seinem Gebrauch beeinträchtigt ist; auch wenn er die Mieträume überhaupt nicht oder nicht in der vorgesehenen Weise oder nur teilweise nutzen kann oder will, bleibt bei Abweichung des tatsächlichen von dem vereinbarten Zustand der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache eingeschränkt (BGH, NJW 1987, 432; 2005, 2152). Die Frage, ob der Beklagte auch ohne die Mängel der Pachtsache Einnahmen erzielt hätte oder nicht, ist für die Mietminderung nach § 536 BGB ohne Belang; eine hypothetische oder überholende Kausalität wäre allenfalls bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen zu beachten, die vorliegend nicht streitgegenständlich sind.

Die von der Berufung vorgebrachten Argumente berücksichtigen zudem nicht, dass die Nichtvermietbarkeit der Hotelzimmer wegen fehlender Nachfrage der Risikosphäre des Beklagten, die fehlende Gebrauchstauglichkeit der Pachtsache wegen eines Mangels jedoch dem alleinigen Risikobereich der Klägerin zugeordnet ist.

b) Soweit die Berufung meint, der Beklagte sei unter dem Gesichtspunkt einer Schadensminderungspflicht gehalten gewesen, die von ihm abgeschlossene Versicherung gegen Betriebsunterbrechungen in Anspruch zu nehmen, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden.

Zweck der Minderung gem. § 536 BGB ist die Behebung von Störungen im Bereich des Äquivalenzverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung (vgl. u.a. Eisenschmid in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Aufl. 2015, § 536 Rz. 3 unter Hinweis auf BGH, MDR 1961, 683), nicht aber der Ausgleich eines Schadens. Eine Schadensminderungspflicht des Mieters/Pächters besteht insoweit bereits grundsätzlich nicht.

Im Übrigen irrt die Berufung, soweit sie vorträgt, die Parteien hätten den Abschluss einer („solchen“) Betriebsunterbrechungsversicherung durch den Beklagten vertraglich vereinbart. § 7 Nr. 4 des Pachtvertrags sieht – worauf bereits das Amtsgericht zutreffend hingewiesen hat – insoweit lediglich den Abschluss einer „Feuer- und Wasserschadenversicherung für das Inventar“ vor (Hervorhebung durch die Kammer). Der Abschluss einer solchen Versicherung lag jedenfalls auch im Interesse der Klägerin, da sie Eigentümerin des Inventars war und ist (vgl. § 1 des Pachtvertrages). Die vom Beklagten zusätzlich und auf eigene Kosten abgeschlossene Betriebsunterbrechungsversicherung sichert demgegenüber Schäden ab, die – sofern er von Dritten keinen Ersatz erlangen kann – in seinen alleinigen Risikobereich fallen. Der Kammer erhellt sich nicht, warum der Beklagte, wie die Berufung meint, verpflichtet sein sollte, anstelle und zu Gunsten der Klägerin seinen Versicherer in Anspruch zu nehmen. An eine solche vorrangige Inanspruchnahme wäre allenfalls dann zu denken, wenn die Klägerin die Kosten einer solchen Versicherung getragen hätte (vgl. insoweit BGH DNotZ 2015, 272).

c) Das Amtsgericht hat auch die optischen Beeinträchtigungen in Form von Graffiti an der Außenfassade zutreffend als Mangel i.S.v. § 536 BGB bewertet.

aa) Der Hinweis auf das Urteil des Amtsgerichts Leipzig vom 27.09.2000 (veröffentlicht in NZM 2001, 102) geht fehl. Erstens hat das Amtsgericht Leipzig nicht, wie die Berufung meint, festgestellt, dass Graffitis „niemals“ einen Mangel darstellen, sondern ausgeführt, dass Graffiti-Schmierereien regelmäßig nicht zu einer Mietminderung berechtigen (AG Leipzig a.a.O.). Zweitens wurde das Mietobjekt, welches der Entscheidung zugrunde lag, als Tierarztpraxis und nicht – wie im vorliegenden Fall – als Hotel genutzt. Es liegt auf der Hand, dass (potentielle) Kunden einer Tierarztpraxis der Außenfassade der Praxisräume weniger Bedeutung beimessen als potentielle Gäste der Außenfassade eines Hotels. Drittens trägt das vom AG Leipzig bemühte Argument, eine geschäftsschädigende Wirkung liege nicht vor, weil „der vernünftig denkende Kunde (wisse), dass weder der Praxisinhaber noch der Vermieter für die Schmierereien verantwortlich“ sei, nicht – jedenfalls nicht im vorliegenden Fall, in dem es um ein Hotel geht. Zwar wird kein (potentieller) Kunde ernsthaft vermuten, der Hotelbetreiber (oder der Eigentümer) sei für die Schmierereien verantwortlich, denkbar und auch naheliegend ist aber, dass der Kunde aufgrund der bloßen Existenz der Schmierereien zu dem Schluss gelangt, dass der Hotelbetreiber keinen Wert auf die Außenwirkung seines Betriebes legt und deshalb auf eine Beseitigung verzichtet. Es ist auch nicht auszuschließen, dass der Kunde aus dieser Vermutung weitere Rückschlüsse zum Nachteil des Hotelbetriebes zieht und sich sein erster schlechter Eindruck von dem Hotel weiter verfestigt.

bb) Es kann dahinstehen, ob die Graffiti-Schmierereien – wie die Berufung meint – die Gebäudesubstanz nicht beeinträchtigen. Selbst wenn man § 6 Nr. 1 des Pachtvertrages dahin auslegen wollte, dass der Beklagte die von (unbekannten) Dritten verursachten Schmierereien auf eigene Kosten zu beseitigen hat, wäre eine solche Regelung wegen unangemessener Benachteiligung des Beklagten gemäß § 307 BGB unwirksam, denn die Verpflichtung zur Instandhaltung und Instandsetzung kann auch bei der Gewerbemiete formularmäßig auf den Mieter nur übertragen werden, soweit sie sich auf Schäden erstreckt, die dem Mietgebrauch oder der Risikosphäre des Mieters zuzuordnen sind (vgl. BGH, NJW-RR 2006, 84). Die Graffitischmierereien beruhen weder auf dem Mietgebrauch noch sind sie der Risikosphäre des Beklagten zuzuordnen.

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