Skip to content
Menü

Mietminderung bei Großbaustelle in der Nachbarschaft

AG Charlottenburg –  Az.: 239 C 218/13 –  Urteil vom 16.01.2014

1. Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin 2.602,27 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.09.2013 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 75 % und die Beklagten zu 25 %. Die Kosten der Nebenintervention tragen die Beklagten zu 25 % und die Streithelferin zu 75 %.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Die Beklagten können die Vollstreckung durch die Streithelferin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Streithelferin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Mietminderung bei Großbaustelle in der Nachbarschaft
Symbolfoto: Von Elizaveta Galitckaia /Shutterstock.com

Die Beklagten waren aufgrund Mietvertrags vom 04.08.2005 seit dem 16.08.2005 bis zum 31.07.2013 Mieter und die Klägerin Vermieterin einer im Haus … gelegenen Vierzimmerwohnung mit einer Wohnfläche von ca. 191,27 qm. Wegen des genauen Inhalts des Mietvertrags wird auf diesen verwiesen (Anlage K1, Bl. 13-30 d. A.).

Die Beklagten schuldeten der Klägerin von April 2011 bis einschließlich Januar 2012 einen Mietzins in Höhe von monatlich 2.169,30 EUR, ab Februar 2012 einen monatlichen Mietzins in Höhe von 2.185,30 EUR, ab April 2012 in Höhe von 2.192,30 EUR und ab Januar 2013 in Höhe von 2.165,30 EUR.

Gegenüber dem Haus mit der Wohnung der Beklagten befand sich auf dem ca. 14.000 qm großen Grundstück … ursprünglich ein Gelände, das jedenfalls seit den 1960er Jahren als Naherholungsfläche und nachfolgend als Kleingartenkolonie genutzt wurde. Wegen der Einzelheiten der Lage wird auf die Anlage K2 zur Klageschrift (Bl. 31 d. A.) verwiesen. Dieses Gelände erwarb die Streithelferin der Klägerin, die die Kleingärten beseitigen und ab März 2011 einen Neubaukomplex mit insgesamt 13 sechsgeschossigen Häusern mit 210 Wohnungen und Tiefgaragen errichten ließ. Wegen der Einzelheiten des Bauwerks wird auf die als Anlage K 3 in Kopie überreichte Werbebroschüre der Streithelferin verwiesen (Bl. 33-38 d. A.). Mit Schreiben vom 05.04.2011 kündigten die Beklagten der Klägerin an, die Miete ab April 2011 aufgrund der erheblichen Beeinträchtigungen durch die Bauarbeiten um 20 % zu mindern (Bl. 106 d. A.). Mit Schreiben vom 07.04.2011, auf das Bezug genommen wird (Bl. 107 d. A.), teilte die Hausverwaltung der Klägerin den Beklagten mit, dass sie aus Rechtsgründen der Mietminderung widerspricht und dass eine Beeinträchtigung nach ihren Informationen nicht vorliegt. Sie behielt sich vor, bei Vollziehung der Minderung möglicherweise bestehende Rückstände zu einem späteren Zeitpunkt geltend zu machen.

Die Wohnung der Beklagten im Dachgeschoss verfügt über eine 16 m breite Fensterfront, die direkt gegenüber der Baustelle lag.

Die Beklagten baten die Hausverwaltung aufgrund der Suche nach einer neuen Wohnung um eine Mietschuldenfreiheitsbescheinigung. Mit Schreiben vom 09.04.2013, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird (Bl. 90 d. A.), erklärte die Hausverwaltung der Klägerin gegenüber den Beklagten, dass sie ihnen gerne bestätige, dass sie ihren bisherigen mietvertraglichen Verpflichtungen nachgekommen seien. Weiter führte die Hausverwaltung aus: „Die Mietzahlungen wurden immer pünktlich und in voller Höhe geleistet. Ihr Mieterkonto weist per 09.04.2013 keine Rückstände auf. Wir weisen vorsorglich darauf hin, dass wir mit Bestätigung der Mietschuldenfreiheit nicht auf ggf. noch fällig werdende Nachforderungen aus der noch zu erstellenden Umlagenabrechnung verzichten.“

Gegenüber dem die Mieterin … im selben Haus vertretenden … teilte die Klägerin mit Schreiben vom 16.05.2011 (Bl. 110 d. A.) und 03.08.2011 (Bl. 145 d. A.), die die Beklagten vorgelegt haben, mit, dass sie zwar die vorgenommene Minderung nachvollziehen könne, aber dieser aus Rechtsgründen im Verhältnis zum Bauträger widerspreche und die Beeinträchtigung gerade nicht unstreitig sei.

Die Beklagten minderten die Miete wie angekündigt. Mit der Klage macht die Klägerin Mietzinszahlungen in Höhe von insgesamt 10.375,76 EUR geltend.

Die Beklagten zahlten in den Monaten April 2011 bis April 2012 monatlich jeweils nur einen Mietzins in Höhe von 1.749,04 EUR an die Klägerin. In den Monaten Mai 2012 bis Januar 2013 zahlten die Beklagten monatlich 1.753,84 EUR. Im Juni 2013 zahlten die Beklagten nur 1.665,30 EUR an die Klägerin und begründeten den Abzug von 500,00 EUR mit einer Minderung in Höhe von 5,5 % wegen der anhaltenden Beeinträchtigungen im Zeitraum von März bis Juni 2013.

Die Klägerin ist der Ansicht, den Beklagten habe ein Minderungsrecht nicht zugestanden. Zunächst war die Klägerin der Auffassung, die Beklagten hätten aufgrund der langjährigen Nutzung als Kleingartenfläche mit einer Bebauung nicht rechnen müssen. In der Folge meinte die Klägerin, dass die Beklagten wegen des in der Innenstadtlage einer Großstadt hinzunehmenden Baulärms doch mit einer bautechnischen Umgestaltung hätten rechnen müssen.

Die dem Rechtsstreit auf Seiten der Klägerin am 24.09.2013 beigetretene Streithelferin meint, dass die bauordnungs- und bauplanungsrechtlichen Vorgaben seit 1960 keine Beschränkung auf eingeschossige Kleingärten vorgesehen hätten und deshalb die Anwohner nicht auf eine etwaige Nichtbebauung hätten vertrauen können. Vielmehr habe der seit dieser Zeit geltende Bebauungsplan IX-46 für den gegenständlichen Bereich als Art der Nutzung überbaubare Flächen für besondere öffentliche und private Zwecke (Vorbehaltsbauplanung) vorgesehen. In dem überwiegenden Bereich sei eine dreigeschossige Nutzung zugelassen gewesen. Im nördlichen Bereich sei ab 1991 eine Bebauung mit bis zu sieben Vollgeschossen zugelassen worden.

Die Klage wurde den Beklagten jeweils am 19.09.2013 zugestellt.

Die Klägerin beantragt, die Beklagten zu verurteilen, an sie 10.375,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Streithelferin der Klägerin schließt sich dem Klageantrag an und beantragt ferner, den Beklagten als Gesamtschuldnern die durch die Nebenintervention verursachten Kosten aufzuerlegen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, durch die Großbaustelle auf dem ihrer Wohnung gegenüberliegenden Grundstück sei die Nutzung ihrer Wohnung durch Lärm, Staubentwicklung und auf der Baustelle eingesetzte Strahler und Leuchten, die die Wohnung bis in den späten Abend taghell ausgeleuchtet und sie geblendet hätten, massiv eingeschränkt gewesen. Sie beziehen sich insoweit auf ein zur Akte gereichtes Beeinträchtigungsprotokoll für den Zeitraum vom 15.03.2011 bis zum 28.05 2011 und vom 10.02.2013 bis zum 19.09.2013 (Bl. 100 f. d. A.). Ein längeres Öffnen der Fenster sei aufgrund des Lärms und der Staubentwicklung nicht möglich gewesen. Vom 21.03.2011 bis Februar 2013 sei auf der Baustelle von Montag bis Samstag in der Zeit von etwa 7.00 Uhr bis 22.00 Uhr mit schwerem Gerät gearbeitet worden. Die Beklagten sind außerdem der Auffassung, die Klägerin habe mit dem Schreiben vom 09.04.2013 die von ihnen vorgenommene Mietminderung bis einschließlich April 2013 anerkannt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien und der Streithelferin der Klägerin wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist im tenorierten Umfang begründet und im übrigen unbegründet.

I. Der Klägerin steht gegen die Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von 2.602,27 EUR gem. § 535 Abs. 2 BGB zu. Die Miete der Beklagten war in den Monaten März 2011 bis Februar 2013 gem. § 536 BGB um 15 % und im Juni 2013 jedenfalls um 5,5 % gemindert.

Hinsichtlich der Frage des Minderungsrechts der Beklagten schließt sich das Gericht den Ausführungen im Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg vom 27.11.2013, Az.: 213 C 382/13, nach eigener Prüfung vollumfänglich an. Die durchgeführten Bauarbeiten und die damit verbundenen Beeinträchtigungen der Beklagten stellten einen Mangel der Mietsache im Sinne von § 536 BGB dar.

Maßgeblich dafür, welchen Zustand der Mietsache der Vermieter dem Mieter schuldet, ist die gegebenenfalls auch schlüssig getroffene Beschaffenheitsvereinbarung der Parteien. Soweit es an einer Vereinbarung fehlt, wird der vertragsgemäße Zustand unter der Berücksichtigung von Treu und Glauben bestimmt (vgl. BGH, Urteil vom 19.12.2012, Az.: VIII ZR 152/12, zitiert nach juris Rn. 8). Das bedeutet, dass Belastungen, mit denen für die Vertragsparteien bei Mietvertragsschluss zu rechnen ist, vom Mieter grundsätzlich hinzunehmen sind, ohne dass er deshalb die Miete mindern könnte. Eine solche Situation ist konkret gegeben, wenn es sich um eine Wohnung in der Berliner Innenstadt handelt und vorübergehend Lärmbelästigungen auftreten, die sich innerhalb der in Berlin in den Innenstadtlagen üblichen Grenzen halten, und mit denen deshalb in der Berliner Innenstadt gerechnet werden muss (BGH, a. a. O., Rn. 12).

Ein solcher Fall ist hier indes nicht gegeben. Zwar muss in der Berliner Innenstadt grundsätzlich mit baulichen Änderungen im näheren und weiteren Umfeld gerechnet werden (LG Berlin, Urteil vom 11.03.2013, Az.: 67 S 465/12, zitiert nach juris Rn. 13). Das bedeutet jedoch nicht, dass mit Bauarbeiten jeglichen Umfangs gerechnet werden muss. Maßgeblich ist vielmehr der vereinbarte Nutzungszweck und der Grundsatz von Treu und Glauben (BGH, a. a. O., Rn. 8). Zwar liegt die streitgegenständliche Wohnung in der Berliner Innenstadt. Im vorliegenden Fall handelte es sich jedoch nicht um eine Baulücke, weil die Fläche einem konkreten Zweck, nämlich der Nutzung als Kleingartenanlage, diente, so dass es durchaus vorstellbar war, dass der bisherige Zustand noch lange Zeit fortbestehen würde. Darauf, dass grundsätzlich nie auszuschließen ist, dass es in der Umgebung zu Bauarbeiten kommt, kann nicht abgestellt werden, weil dann jegliche Zukunftsaussicht infrage gestellt würde. Maßgeblich im vorliegenden Fall ist zudem, dass das gegenüber der Wohnung der Beklagten errichtete Bauwerk eine Dimension hat, die deutlich über das hinausgeht, was unter Bauarbeiten zu verstehen ist, mit denen in der Innenstadt immer zu rechnen ist. Es handelt sich hier um einen gewaltigen Gebäudekomplex bestehend aus 13 sechsgeschossigen Häusern mit 210 Wohnungen und Tiefgaragen, dessen Bauzeit mehr als zwei Jahre betrug. Auch in der Innenstadt muss ein Bewohner nicht damit rechnen, und insofern besteht ein Unterschied zu Straßenbauarbeiten, dass eine von dem Neubau eines derart großen Gebäudekomplexes ausgehende Belastung sich in seiner unmittelbaren Umgebung abspielen wird. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist im Rahmen von Treu und Glauben auch der zum vertragsgemäßen Zustand nach der Verkehrsanschauung vereinbarte Nutzungszweck zu berücksichtigen. Wenn es sich um eine Belastung handelt, mit der bei der Lage der Wohnung jederzeit zu rechnen ist und die unter diesen Umständen noch nicht als hohe Belastung anzusehen ist, soll dem Mieter kein Minderungsrecht zustehen (BGH, a. a. O.). Hier handelt es sich wie ausgeführt aber um eine außergewöhnlich großes Bauwerk mit der Folge einer Lärmbelastung, die anders als in der genannten Entscheidung des BGH als hoch zu bezeichnen ist. Dazu ist zunächst auf die Darstellung der Beklagten zu verweisen, die von der Klägerin und ihrer Streithelferin auch nicht maßgeblich bestritten worden ist. Dabei kommt es auf die Details der Darstellung der Beklagten nicht an, weil allein die Dimension des Bauwerks in Verbindung mit der Nähe zur Wohnung der Beklagten, die sich im Dachgeschoss des Vorderhauses befand, üblicherweise zu erheblichen Lärm und Schmutzbelastungen in merklich belastendem Umfang führt (vgl. dazu KG, Beschluss vom 07.07.2008, Az.: 22 U 100/07, zitiert nach juris).

Dass der Bau hier anders als üblich ausgeführt worden wäre, trägt keine der Parteien vor. Vielmehr hat die Streithelferin selbst eingeräumt, dass es sich bei den von den Beklagten beschriebenen Baustellenerscheinungen um die üblichen handelt. Unter Berücksichtigung der tatsächlich erfolgten Bauarbeiten, die darin bestanden, dass die auf dem 14.000 qm großen Grundstück befindliche Kleingartensiedlung entfernt, eine Tiefgarage und ein Neubaukomplex mit 13 sechsgeschossigen Häusern mit 210 Wohnungen errichtet wurde, rechtfertigt sich aufgrund der damit im Zusammenhang stehenden Lärm- und Schmutzbeeinträchtigungen, denen die Mieter der gegenüber der Baustelle befindlichen Wohnungen ausgesetzt waren, eine Minderung in Höhe von 15 % der monatlichen Bruttomiete. Bei der Bemessung der Minderung war zudem zu berücksichtigen, dass vier Zimmer der Wohnung der Beklagten im Dachgeschoss mit einer 16 m breiten Fensterfront direkt gegenüber der Baustelle lagen und zusätzlich zu den vorgenannten üblichen Beeinträchtigungen die Wohnung durch auf der Baustelle eingesetzte Strahler und Leuchten bis in den späten Abend taghell ausgeleuchtet wurde und die Beklagten dadurch geblendet wurden. Auf die von den Beklagten vorgetragenen besonderen Umstände kommt es im einzelnen nicht an, weil die Arbeiten an einem so großen Bauwerk mit ihren verschiedenen Bauphasen wechseln und die Lärmbelastung, die Schmutzbeeinträchtigung und die Beleuchtung damit ohnehin nicht einheitlich sind. Nach der Rechtsprechung ist anerkannt, dass bei derart umfangreichen Baumaßnahmen eine einheitliche Minderungsquote für die gesamte Bauzeit festzusetzen ist und von dem Mieter keine in Einzelheiten gehende Darstellung der Beeinträchtigungen verlangt werden kann (LG Berlin, Urteil vom 08.03.1996, Az.: 64 S 357/95, GE 1996, 1051; KG, Urteil vom 08.01.2001, Az.: 8 U 5875/98, zitiert nach juris). Unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Beeinträchtigung der Beklagten wie ausgeführt Schwankungen unterlag, ist die von den Beklagten vorgenommene Minderung überhöht. Vielmehr ist eine Minderung in Höhe von 15 % bezogen auf die Bruttowarmmiete angemessen.

Soweit die Klägerin pauschal bestreitet, dass die Bautätigkeit bis Februar 2013 angehalten hat, ist dies angesichts des konkreten Vortrags der Beklagten nicht hinreichend substantiiert.

Danach ergeben sich folgende Zahlungsansprüche der Klägerin:

April 2011

Ausgehend vom vereinbarten Mietzins von 2.169,30 EUR belief sich die angemessene Minderung in Höhe von 15 % auf 325,40 EUR. Die Beklagten haben 1.749,04 EUR gezahlt. Aufgrund unstreitig vorgenommener Aufrechnungen aus Nachforderungen und Guthaben der Beklagten aus verschiedenen Betriebskosten- und Heizkostenabrechnungen bestand auf der Grundlage der vereinbarten Miete für April 2011 nur noch in Höhe von unstreitig 397,94 EUR offen. Danach ergibt sich ein Zahlungsanspruch der Klägerin in Höhe von 72,54 EUR.

Mai 2011 bis Januar 2012

Die vereinbarte Miete betrug auch in diesen Monaten jeweils 2.169,30 EUR. Die Beklagten zahlten darauf jeweils 1.749,04 EUR. Geschuldet waren in diesen Monaten jeweils 1.843,91 EUR, so dass sich ein Nachzahlungsanspruch der Klägerin in Höhe von 94,87 EUR monatlich, insgesamt mithin 853,83 EUR (9 x 94,87 EUR) ergibt.

Februar und März 2012

Der vereinbarte Mietzins belief sich in diesen Monaten auf je 2.185,30 EUR und wurde in beiden Monaten in Höhe von 1.749,04 EUR bezahlt. Geschuldet waren monatlich 1.857,51 EUR. Daraus ergibt sich ein Nachzahlungsanspruch in Höhe von 108,47 EUR pro Monat, insgesamt also 216,93 EUR.

April 2012

Der vereinbarte Mietzins im April 2012 belief sich auf 2.192,30 EUR, die Beklagten zahlten darauf 1.749,04 EUR. Geschuldet waren bei einer Minderung von 15 % 1.863,46 EUR, so dass sich eine Nachforderung von 114,42 EUR ergibt.

Mai bis Dezember 2012

Der vereinbarte Mietzins betrug 2.192,30 EUR, geschuldet waren monatlich 1.863,46 EUR. Die Beklagten zahlten monatlich 1.753,84 EUR. Daraus ergibt sich eine Nachforderung 109,62 EUR monatlich, insgesamt 876,96 EUR (8 x 109,62 EUR).

Januar 2013

Ab Januar 2013 belief sich die vereinbarte Miete auf 2.165,30 EUR, geschuldet waren 1.840,51 EUR. Die Beklagten zahlten darauf nur 1.753,84 EUR, so dass ein Zahlungsanspruch der Klägerin in Höhe von 86,67 EUR besteht. Soweit die Klägerin in der Zusammenfassung auf Seite 10 der Klageschrift einen offenen Betrag in Höhe von 438,46 EUR angegeben hat, handelt es sich gegenüber dem konkreten Vortrag zu den Zahlungen offenbar um einen Rechenfehler.

Februar 2013

Ein Nachzahlungsanspruch für Februar 2013 besteht nicht. Soweit die Klägerin in ihrer Zusammenfassung auf Seite 10 der Klageschrift einen Betrag in Höhe von 411,46 EUR eingestellt hat, ist dieser nicht nachvollziehbar vorgetragen.

März bis Juni 2013

Da die Beklagten die Zahlungen in den Monaten März bis Mai 2013 nicht unter Vorbehalt geleistet haben, jedenfalls haben sie dazu nicht vorgetragen, steht einer nachträglichen Minderung für diese Monate mit dem Mietzins für Juni 2013 § 814 BGB entgegen.

Die im Juni 2013 nach dem Vortrag der Beklagten aufgrund der fortbestehenden Beeinträchtigungen vorgenommene Minderung in Höhe von 5,5 % entspricht ausgehend von der vereinbarten Miete in Höhe von 2.165,30 EUR 119,09 EUR. Die Höhe der Minderung ist unter Zugrundelegung der mit Protokoll der Beklagten für den Zeitraum 04.06. – 29.06.2013 vorgetragenen Beeinträchtigungen nicht zu beanstanden. Daraus ergibt sich aufgrund des Einbehalts der Beklagten von 500,00 EUR ein Nachzahlungsanspruch in Höhe von 380,91 EUR.

Insgesamt ergibt sich damit ein Nachzahlungsanspruch der Klägerin in Höhe von 2.602,27 EUR.

Die von der Hausverwaltung der Klägerin ausgestellte Mietschuldenfreiheitsbescheinigung vom 09.04.2013 steht der Geltendmachung der verbleibenden Mietzinsforderungen bis einschließlich April 2013 nicht entgegen. Die Klägerin hat mit dieser Erklärung weder auf den Nachzahlungsanspruch verzichtet noch ist dessen Geltendmachung treuwidrig. Die Klägerin hat den Beklagten gegenüber mit Schreiben vom 07.04.2011 deutlich gemacht, dass sie angekündigte Mietminderung nicht akzeptiert und sich die spätere Geltendmachung möglicherweise bestehender Rückstände vorbehält. Von dieser Erklärung ist die Klägerin gegenüber den Beklagten bis zur Erteilung der Mietschuldenfreiheitsbescheinigung auch nicht abgerückt. Soweit sich die Beklagten auf Schreiben der Klägerin an den Mieterschutzbund beziehen, ergibt sich auch daraus, dass die Klägerin eine Mietminderung der vertretenen Mieterin nicht akzeptiert, weil sie befürchtete, dadurch Ansprüche gegenüber ihrer Streithelferin zu verlieren. In diesem Sinne ist auch die erteilte Mietschuldenfreiheitsbescheinigung zu verstehen, die die Hausverwaltung auf Bitten der Beklagten im Zusammenhang mit deren Suche nach einer anderen Wohnung erstellte. Der Zweck einer Mietschuldenfreiheitsbescheinigung besteht darin, einen neuen Vermieter über das Fehlen von Zahlungsrückständen aus dem bisherigen Mietverhältnis aufzuklären. Da diese Zielsetzung einem Vermieter allgemein bekannt und für ihn erkennbar ist, kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass er dem Mieter hiermit auch noch rückständige Miete erlassen will. Zwar besteht nach der Rechtsprechung des BGH deshalb kein Anspruch eines Mieters auf Erteilung einer Mietschuldenfreiheitsbescheinigung gegen den Vermieter, weil diese eine gewisse Nähe zur arbeitsrechtlichen Ausgleichsquittung aufweise, der unter anderem die Wirkung einer Verzichtserklärung oder eines negativen Schuldanerkenntnisses zukomme. Allerdings hat der BGH in dieser Entscheidung die rechtliche Natur der Mietschuldenfreiheitsbescheinigung offen gelassen, denn er hat zugleich festgestellt, dass selbst wenn der Mietschuldenfreiheitsbescheinigung kein derart rechtsgeschäftlicher, über eine bloße Wissenserklärung hinausgehender Erklärungswert beizumessen sein sollte, ihr immer noch die Wirkung eines beweisrechtlich nachteiligen Zeugnisses gegen sich selbst zukomme. Über eine bloßes Empfangsbekenntnis gehe der Charakter einer Mietschuldenfreiheitsbescheinigung aber hinaus (BGH, Urteil vom 30.09.2009, Az.: VIII ZR 238/08, zitiert nach juris Rn. 17 f.). Aus der vorliegenden Mietschuldenfreiheitsbescheinigung ergibt sich nicht, dass die Klägerin auf bestehende Forderungen verzichten wollte. Der schlüssige Abschluss eines Erlassvertrags setzt den unmissverständlichen rechtsgeschäftlichen Willen voraus, auf die betreffenden Forderungen verzichten zu wollen, wobei an die Feststellung eines solchen Willens hohe Anforderungen zu stellen sind. Auch bei scheinbar eindeutigen Erklärungen darf ein Erlass erst dann angenommen werden, wenn sämtliche relevanten Begleitumstände berücksichtigt worden sind (Palandt-Grüneberg, BGB, 73. Aufl. 2014, § 397 Rn. 6 n. w. N.). Bei der danach gebotenen objektiven Betrachtung der beiderseitigen Interessenlage konnten die Beklagten vorliegend nicht davon ausgehen, dass die Klägerin bzw. deren Hausverwaltung einen derart weitgehenden Erklärungswillen hatte, dass sie mit der Ausstellung der Mietschuldenfreiheitsbescheinigung zugleich auf die etwaig noch bestehenden Mietzinsansprüche verzichten wollte. Vielmehr musste den Beklagten aufgrund des Schreibens der Klägerin vom 07.04.2011 klar sein, dass diese die Mietminderung nicht akzeptierte und mit der kulanzweise erstellten Mietschuldenfreiheitsbescheinigung nicht auf mögliche Nachforderungen verzichten wollte. Bei dieser für die Beklagten erkennbaren Situation sind die Ansprüche der Klägerin auch nicht verwirkt, vielmehr hatte sie sich spätere Geltendmachung mit dem vorgenannten Schreiben ausdrücklich vorbehalten.

II. Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 288Abs. 1, 291 BGB.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 92Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!