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Mietminderung bei Wohnflächenabweichung

LG Berlin – Az.: 63 S 149/11 – Urteil vom 11.11.2011

Auf die Berufung der Kläger wird das am 18.02.2011 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schöneberg – 19 C 9/10 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen, abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Auf die Widerklage werden die Kläger als Gesamtschuldner verurteilt, an die Beklagten 564,12 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 14.04.2010 zu zahlen. Im Übrigen wird die Widerklage abgewiesen.

Die Kläger tragen die Kosten der Berufungsinstanz.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Von einer Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

II.

1.

Die statthafte (§ 511 Abs. 1 ZPO), den notwendigen Wert der Beschwer erreichende (§ 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO), form- sowie fristgerecht eingelegte und begründete (§§ 517, 519, 520 ZPO) Berufung ist zulässig.

2.

Die Berufung ist nur zu einem geringen Teil erfolgreich. Im Übrigen ist sie unbegründet.

a) Zahlungsklage – 9.902,81 Euro

Die Kläger haben nach den zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Urteils keinen Anspruch auf Rückzahlung zuviel bezahlter Mieten gemäß § 812 Abs. 1 BGB. Die von den Klägern angemietete Wohnung ist nicht mangelhaft. Eine nicht nur unerhebliche Abweichung der tatsächlichen von der vertraglich vereinbarten Wohnfläche liegt nicht vor.

Eine erhebliche Minderung der Gebrauchstauglichkeit kann vorliegen, wenn die im Mietvertrag vereinbarte Flächengröße von der tatsächlichen Fläche um mehr als 10 % abweicht, wobei es grundsätzlich darauf ankommt, was die Parteien als Wohnfläche vereinbart haben (Eisenschmid in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl. 2011, § 536 Rn. 50; BGH, Beschluss vom 29.09.2009, VIII ZR 242/08, GE 2009, 1487).

Die Beklagten haben an die Kläger sowohl die Wohnung im 1. OG als auch zwei ausgebaute Kellerräume vermietet, wobei die Wohnfläche im 1. OG unstreitig 151,96 m² beträgt. Eine darüber hinausgehende Wohnfläche haben die Parteien in dem streitgegenständlichen Mietvertrag nicht vereinbart. Vielmehr lässt sich der im Mietvertrag gewählten Formulierung „Nutzraum + Wohnfläche: 175,09 qm” eindeutig entnehmen, dass sich die genannte und zwischen den Parteien vereinbarte Flächenangabe aus einer Summe der Wohnfläche und der Nutzfläche zusammensetzt, mithin die Fläche der Wohnung im 1. OG darin enthalten ist. Es bestehen auch keine vernünftigen Zweifel daran, dass mit der Bezeichnung „Nutzraum” die beiden ausgebauten und mitvermieteten Kellerräume gemeint sind und diese nicht zur „Wohnfläche” zählen. Dies ergibt sich nach sachgerechter Auslegung des streitgegenständlichen Mietvertrages aus der darin enthaltenen Aufzählung der „vermieteten Räume”, bei denen zunächst die Räume der Wohnung im 1. OG und sodann die zwei Kellerräume aufgeführt werden. Unsubstantiiert und nicht schlüssig ist der Einwand der Kläger, es könnten mit „Nutzraum” auch der Waschraum oder die Garage gemeint sein. Unabhängig davon, dass die Kläger unstreitig die Kellerräume zur Miete erhalten haben und diese 23 qm groß sind, werden der Waschraum und auch die Garage im Mietvertrag nicht im Zusammenhang mit der vereinbarten Gesamtfläche aufgezählt. Auch der weitere Einwand der Kläger, aus der Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2007 ergebe sich, dass eine Wohnfläche von 179,09 qm vereinbart worden sei, greift nicht durch, denn auch in der Nebenkostenabrechnung wird nur von „Wohn-Nutz-Fläche” gesprochen.

b) Widerklage – Nebenkostenabrechnung 2008

Die Beklagten haben gegen die Kläger einen Anspruch auf Nachzahlung von 564,12 Euro aus der Nebenkostenabrechnung 2008 gemäß § 535 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem Mietvertrag.

Die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2008 ist formell wirksam. Eine Abrechnung ist formal ordnungsgemäß, wenn sie eine Zusammenstellung der Gesamtkosten, Angabe und Erläuterungen des zugrunde gelegten Umlageschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und den Abzug der Vorauszahlungen enthält (Langenberg in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl. 2011, § 556 Rn. 333). Diesen Anforderungen wird die streitgegenständliche Abrechnung gerecht. Insbesondere die verwendeten Umlageschlüssel werden nachvollziehbar im Rahmen der Abrechnung erläutert.

Die Abrechnung der Heizkosten ist materiell nicht zu beanstanden.

Die Beklagten haben die Heizkosten zu 70 % verbrauchsabhängig und zu 30 % nach der Wohnfläche abgerechnet. Diese Art der Kostenverteilung ist gemäß § 7 Abs. 1 HeizkostenV zulässig. Nicht zu beanstanden ist, dass die Beklagten der Abrechnung die Wohn- und nicht die Nutzfläche zugrunde gelegt haben, § 7 Abs. 1 Satz 5 HeizkostenV. Die im Keller vorhandenen Räumlichkeiten, die ausweislich der mietvertraglichen Vereinbarung nicht zur Wohnfläche gehören, müssen bei der Abrechnung nicht berücksichtigt werden. Dies erscheint auch trotz deren Beheizbarkeit nicht unbillig. Denn der Umstand, dass diese Fläche bei den „übrigen Kosten” (30 % der Gesamtkosten) berücksichtigt wird, wirkt sich prozentual nur geringfügig aus.

Die Abrechnung der Wasserkosten ist jedoch materiell fehlerhaft.  Zwar wurde auch hier der Flächenmaßstab nachvollziehbar angegeben, jedoch haben die Parteien bei Abschluss des Mietvertrages eine verbrauchsabhängige Abrechnung der Wasserkosten vereinbart.

Gemäß § 556a Abs. 1 Satz 1 BGB muss der Vermieter verbrauchsabhängig erfasste Betriebskosten auch entsprechend dem Verbrauch auf den Mieter umlegen, es sei denn die Parteien haben eine andere Abrechnungsmethode vereinbart (vgl. Weidenkaff in Palandt, 69. Aufl. 2010, BGB, § 556a Rn. 2).

Die Parteien haben im Mietvertrag vereinbart, dass die Nebenkosten entsprechend der Nebenkostenabrechnung der vorherigen Mieter für das Jahr 2005 abgerechnet werden sollen. In dieser Abrechnung, die gemäß § 20 des Mietvertrages Bestandteil desselbigen geworden ist, ist die Position Wasser mit vier Sternchen gekennzeichnet, was ausweislich der beigefügten Legende einer verbrauchsabhängigen Abrechnung entspricht. Auch den Erläuterungen zu der ersten Nebenkostenabrechnung für die Kläger aus dem Jahr 2007 lässt sich eine verbrauchsabhängige Abrechnung der Wasserkosten („Individualverbrauchsmengen”) entnehmen. Die – nunmehr unstreitig – auf den jeweiligen Etagen vorhandenen Wasseruhren wurden von den Beklagten jedoch nicht der Abrechnung zugrunde gelegt, weil diese zum Teil defekt bzw. die Eichfristen für die Wasserzähler abgelaufen waren.

Können und dürfen die Wasseruhren nicht mehr zur Erfassung des tatsächlichen Verbrauchs verwendet werden, so gilt der gesetzliche Umlagemaßstab, mithin die Abrechnung nach Quadratmetern, § 556 a Abs. 1 BGB (vgl. LG Kleve, Urteil vom 19.04.2007, 6 S 205/06, ZMR 2007, 620, Rn. 18 – zitiert nach Juris).

Die von den Beklagten vorgenommene Abrechnung der Wasserkosten nach Quadratmetern ist jedoch um 15 % zu kürzen, wobei es sich um einen Erfahrungswert zur Kostendifferenz zwischen verbrauchsabhängiger und verbrauchsunabhängiger Abrechnung handelt (LG Kleve, Urteil vom 19.04.2007, 6 S 205/06, ZMR 2007, 620, Rn. 18 – zitiert nach Juris; Langenberg in Schmidt-Futterer, Mietrecht aktuell, 10. Aufl. 2011, § 556 Rn. 351).

Unter Berücksichtigung eines Abzugs von 15 % reduzieren sich die Be- und Entwässerungskosten von insgesamt 888,43 Euro für das Jahr 2008 um 133,26 Euro auf 755,23 Euro.

Der von den Beklagten gegen die Kläger aus der Betriebskostenabrechnung 2008 geltend gemachte Nachzahlungsbetrag von 697,38 Euro reduziert sich entsprechend auf 564,12 Euro.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 91, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

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