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Mietminderung – Defekt der Lüftungsanlage

LG Wuppertal – Az.: 1 O 212/17 – Urteil vom 20.08.2018

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt,  an den Kläger 3.711,51  EUR nebst Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz  aus 608,99 EUR seit dem 06.09.2016 bis 04.10.2016, aus 1.429,95 seit dem 04.10.2016 bis 03.11.2016, aus 2.029,99 EUR seit dem 04.11.2016 bis 04.05.2017 und aus 3.711,51 EUR seit dem 05.05.2017 zu zahlen.

2. Die Beklagten werden weiterhin als Gesamtschuldner verurteilt, vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.279,63 EUR nebst  Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.07.2017 zu zahlen.

3. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die im Hause des Klägers C-Straße. 50-52, F, im EG gelegenen Gewerberäume (= Mieteinheit 5a gemäß der Anlage 1 zum Mietvertrag vom 31.08./02.09.2010), den dort im UG gelegenen Archivraum Nr. 1 sowie die dort gelegenen Tiefgaragenstellplätze Nr. 65 und Nr. 66 an den Kläger herauszugeben.

4. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, bezüglich Ziffer 1. jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung hinsichtlich der Räumung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 20.000,00 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Unter dem 31.08./02.09.2010 schlossen der Kläger und die Beklagte zu 1., deren Gesellschafter die Beklagten zu 2. und 3. sind, einen Mietvertrag über die im Erdgeschoss der Liegenschaft C-Straße. 50-52, F, gelegenen Gewerberäume nebst dreier Tiefgaragenstellplätze. Ausweislich § 1 1.1 des Mietvertrages sollte Nutzungszweck der Betrieb eines Geschäfts für Accessoires (Handtaschen, Schuhe, Schals, Gürtel) sein. Mietbeginn war der 01.10.2015. Mit Nachtrag vom 31.08./02.09.2010 gab die Beklagte zu 1. mit Wirkung zum 01.10.2015 einen der bisher angemieteten Tiefgaragenstellplätze zurück und mietete zusätzlich den Archivraum Nr. 1 im UG der Liegenschaft an. Nach § 3 des Nachtrages schuldete die Beklagte zu 1. ab dem 01.10.2015 einen monatlichen Mietzins in Höhe von 1.681,86 EUR brutto, der nach den mietvertraglichen Regelungen bis zum dritten Tag eines jeden Monats im Voraus zu zahlen ist.

Die Beklagte zu 1. betreibt in den Räumlichkeiten ein Ladengeschäft zum Verkauf von Modeartikeln.

Das Geschäftshaus, in dem sich die Mieträume befinden, verfügt über eine Lüftungsanlage, die auf dem Dach mit einem sog. Kalt-Wasser-Aufsatz verbunden ist. Aufgrund dessen kann gekühlte Luft in die Mieteinheiten geblasen werden.

Nach § 4.1 des Mietvertrages trägt der Mieter sämtliche Betriebskosten, u.a. die Kosten „für alle gemeinschaftlichen und technischen Einrichtungen des Objektes (z.B.der Be- und Entlüftungsanlage…)“.

Ab Mai 2016 traten Störungen an der Lüftungsanlage auf, deren Umfang zwischen den Parteien streitig ist.

Am 11.05.2016 rügten die Beklagten einen Defekt der Lüftungsanlage und zeigten an, dass die Lüftung „viel Wärme“ und wenig kühle Luft ausgibt. Es wurde um Abhilfe gebeten. Die Hausverwaltung des Klägers sagte die Überprüfung der Lüftungsanlage „auf ihre Funktion“ zu.

In der Folgezeit gab es weitere Korrespondenz bezüglich der angezeigten mangelnden Funktion der Lüftungsanlage zwischen den Beklagten und der Hausverwaltung des Klägers. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage B5-B9 Bezug genommen.

Mit E-Mail vom 25.07.2018 teilten die Beklagten zu 2. und 3. dem Kläger mit, dass rückwirkend für die Monate Juni und Juli die Ladenmiete um 30 % gekürzt werde und dieser Betrag mit der Augustmiete in Abrechnung gebracht werde.

Mietminderung - Defekt der Lüftungsanlage
(Symbolfoto: Von Roman Zaiets/Shutterstock.com)

Mit anwaltlichem Schreiben vom 27.09.2016 wurde der Kläger aufgefordert, den Defekt der Lüftungsanlage zu beseitigen und die Belüftung der Mietsache mit ausreichend kühler Luft und entsprechender Entlüftung dauerhaft zu gewährleisten. Hierzu wurde eine Minderungsquote von 35 % der monatlichen Brutto-Miete = 588,53 EUR für angemessen erachtet.

Im Hinblick auf behauptete Mietrückstände kündigte der Kläger mit Anwaltsschreiben vom 09.06.2017 das Mietverhältnis mit der Beklagten zu 1. fristlos und forderte sie auf, die Räumlichkeiten spätestens bis zum 30.06.2017 an den Kläger herauszugeben. Weiterhin wurden die Beklagten aufgefordert, binnen derselben Frist Anwaltskosten in Höhe von 1.430,38 EUR zu zahlen. Mit anwaltlichem Schreiben vom 20.06.2017 wiesen die Beklagten die Kündigung und die Zahlungsforderung als unwirksam zurück.

Zwischen Mai und Dezember 2016 leistete die Beklagte zu 1. folgende Mietzahlungen an den Kläger:

Am 03.05.2016 und am 30.05.2016 überwies die Beklagte zu 1. mit dem Verwendungszweck „Miete Ladenlokal 5a Lieblingsstücke“ eine Mietzahlung von jeweils 1.681,52 EUR.  Am 01.07.2016 zahlte sie 1.681,52 EUR mit dem Verwendungszweck „Miete und Nebenkosten Ladenlokal 5a“. Unter dem 29.07.2016 zahlte sie einen Betrag in Höhe von 1.275,75 EUR mit dem Verwendungszweck „Miete Ladenlokal 5a abzgl. 20 % Mietminderung Monate Juni und Juli“. Am 30.08.2016 zahlte sie 1.478,63 EUR mit dem Verwendungszweck „Miete Ladenlokal 5a abzgl. 20 % Mietminderung Monat August“ und am 27.10.2016 860,90 EUR mit dem Verwendungszweck „Miete Ladenlokal 5a abzgl. Mietminderung“. Am 27.10.2016 zahlte sie 860,90 EUR (Verwendungszweck: „Miete Ladenlokal 5a abgzl. Mietminderung“). Am 02.12.2016 leistete die Beklagte zu 1. an den Kläger eine Zahlung in Höhe von 1.080,81 EUR mit dem Verwendungszweck „Miete Ladenlokal 5a (abgl. Anwaltskosten für RA x )“.

Der Kläger behauptet, soweit im Mai/Juni 2016 Störungen an der Lüftungsanlage aufgetreten seien, seien diese von einer Fachfirma sofort untersucht und beseitigt worden, nachdem die Beklagten eine entsprechende Störung gegenüber der Hausverwaltung des Klägers gemeldet hatten. Es habe sich dann jedoch herausgestellt, dass der Kalt-Wasser-Aufsatz der Lüftungsanlage nach und nach „seinen Geist aufgab“ und weniger bzw. später gar keine gekühlte Luft mehr in die Gewerbeeinheit geleitet wurde.

Der Kläger hat zunächst angekündigt zu beantragen, die Beklagten zur Zahlung rückständiger Miete in Höhe von 5.394,72 EUR nebst Zinsen sowie zur Räumung der Gewerberäume zu verurteilen. Weiterhin hat er die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.430,38 EUR nebst Zinsen begehrt. Vor der mündlichen Verhandlung hat er die Klage in Höhe eines Teilbetrages von 1.833,97 EUR hinsichtlich der Miete und in Höhe eines Teilbetrages von 150,75 EUR  hinsichtlich der Rechtsanwaltskosten zurückgenommen.

Der Kläger beantragt,  die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen,

1. an ihn 3.711,51  EUR nebst Zinsen in Höhe von 9 %- Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz

aus 608,66 EUR seit dem 06.09.2016 bis 04.10.2016

aus 1.429,28 EUR seit dem 04.10.2016 bis 03.11.2016

aus 2.029,99 EUR seit dem 04.11.2016 bis 04.05.2017

aus 3.711,51 EUR seit dem 05.05.2017

sowie weitere 1.279,63 EUR nebst diesbezüglicher Zinsen in Höhe von 5 %- Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.07.2017 zu zahlen.

Hilfsweise, an ihn 3.711,51 EUR nebst Zinsen in Höhe von 9 % Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen.

aus 407,77  EUR seit dem 04.08.206 bis 05.09.2016

aus 608,66 EUR  seit dem 06.09.2016 bis 04.10.2016

aus 2.290,18 EUR seit dem 04.10.2016 bis 03.11.2016

aus 3.110,80 EUR seit dem 04.11.2016 bis 05.12.2016

aus 3.711,51 EUR seit dem 06.12.2016

sowie weitere 1.279,63 EUR nebst diesbezüglicher Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.07.2017 zu zahlen;

2.

die im Hause des Klägers C-Straße. 50-52, F, im EG gelegenen Gewerberäume (= Mieteinheit 5a gemäß der Anlage 1 zum Mietvertrag vom 31.08./02.09.2010), den dort im UG gelegenen Archivraum Nr. 1 sowie die dort gelegenen Tiefgaragenstellplätze Nr. 65 und Nr. 66 an ihn herauszugeben.

Die Beklagten beantragen,  die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Ansicht, sie seien berechtigt gewesen, die Miete aufgrund erheblicher Mängel der Mietsache zu mindern. Sie behaupten, die Lüftungs- und Klimaanlage des Gebäudes sei seit Mai 2016 defekt gewesen. Das Mietobjekt sei nur noch mit warmer und heißer Luft belüftet worden. Seit Mai/Juni 2016 bis Ende September 2016 habe die Innentemperatur in dem Mietobjekt durchgängig zwischen 26 und 42 Grad gelegen. In dem Zeitraum sei das Mietobjekt durchgehend nicht nutzbar gewesen. Erst am 05.07.2017 sei die Lüftungsanlage vom Kläger erneuert geworden. Am 13.06.2016 und am 13.09.2016 habe das Geschäft der Beklagten wegen zu großer Hitzeentwicklung geschlossen werden müssen. Weiterhin sind sie der Ansicht, der Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten sei nicht schlüssig dargelegt.

Hilfsweise erklären die Beklagten in Höhe eines Betrages von 1.517,20 EUR (außergerichtliche Rechtsanwaltskosten für das Schreiben vom 20.06.2017) die Aufrechnung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben gem. Beweisbeschluss vom 14.03.2018 (Bl. 98 d.A.). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 04.07.2018 (Bl. 131 ff. d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

I.

Der Kläger hat Anspruch auf die für die Monate August 2016 bis Dezember 2016 bestehenden Mietrückstände in Höhe von 3.711,51 nebst Verzugszinsen.

1.

Der Anspruch auf Zahlung von 3.711,51 EUR aus § 535 Abs. 2 BGB i.V.m. dem geschlossene Mietvertrag ist schlüssig dargelegt.

a)

Die Beklagte zu 1. hat unstreitig zwischen Juli und Dezember 2016 die Miete nur teilweise entrichtet. Der Kläger hat den bestehenden Mietrückstand auch rechnerisch zutreffend ermittelt und die geleisteten Zahlungen gem. der getroffenen Tilgungsbestimmungen bzw. nach § 366 Abs. 2 BGB angerechnet.

Die am 01.06.2016 geleistete Zahlung in Höhe von 1.681,52 EUR hat der Kläger mangels anderweitiger Tilgungsbestimmung nach § 366 Abs. 2 BGB zutreffend auf die Juni 2016 – Miete verrechnet. Ein Vorbehalt erfolgte insoweit nicht. Die am 01.07.2016 gezahlten 1.681,52 EUR waren auf die Julimiete zu verrechnen. Sowohl die Zahlung vom 01.06.2016 als auch die Zahlung vom 01.07.2016 erfolgten vorbehaltlos und in Kenntnis der Umstände, aus denen sich nach dem Vortrag der Beklagten die Mangelhaftigkeit der Mietsache ergebe sollte, ohne Tilgungsbestimmung an den Kläger. Soweit die Beklagten im nachgelassenen Schriftsatz vom 01.08.2018 vorgetragen haben, nach den ersten Mängelrügen im Mai 2016 sei die Mietminderung angekündigt worden, nachdem zwei Monate der Mangel klägerseits nicht beseitigt worden ist, ist bereits nicht substantiiert vorgetragen, wann eine entsprechende Ankündigung erfolgt ist. Soweit die Beklagten damit auf die „Ankündigung“ vom 25.07.2016 Bezug nehmen, ist dies nicht geeignet, eine nachträgliche Minderung für die Monate Mai und Juni 2016 zu rechtfertigen. Da die Mieten für Juni und Juli bereits durch die Zahlungen vom 01.06.2016 und 01.07.2016 gem. § 362 Abs. 1 BGB erloschen war, geht die erklärte (rückwirkende) Mietminderung für die betreffenden Monate ins Leere. Eine nachträgliche Änderung der Tilgungsbestimmung ist grundsätzlich nicht möglich. Der Beklagten zu 1. hätte bei unterstellter Überbezahlung infolge Mangelhaftigkeit der Mietsache allenfalls ein Anspruch aus § 812 BGB zugestanden, der aber nach § 814 BGB ausgeschlossen sein dürfte und auch nicht geltend gemacht wird. Vor diesem Hintergrund kann auch die mit Anwaltsschreiben vom 27.09.2016 „angekündigte“ rückwirkende Minderung für die Monate Mai bis September 2016 in Höhe von 35 % nicht durchgreifen.

Soweit die Beklagte zu 1. am 29.07.2016 ausweislich des vorgelegten Kontoauszugs einen Betrag in Höhe von 1.275,75 EUR an den Kläger überwies mit der Tilgungsbestimmung „Miete Ladenlokal 5a abzgl. 20 % Mietminderung Monate Juni und Juli“, hat der Kläger diese Zahlung zutreffend auf die am 01.08.2016 fällige Augustmiete angerechnet.  Eine entsprechende Tilgungsbestimmung hat die Beklagte ausweislich des handschriftlichen Vermerks auf dem Kontoauszug (Anlage B11) selbst vorgenommen. Damit verbleibt ein offener Mietanspruch für August 2016 in Höhe von 405,77 EUR.

Gleiches gilt für die Zahlung der Beklagten zu 1. vom 30.08.2016 in Höhe von 1.478,63 EUR mit dem Verwendungszweck „Miete Ladenlokal 5a abzgl. 20 % Mietminderung Monat August“. Diese Zahlung war auf die alsbald fällig werdende Miete September 2016 zu verrechnen, sodass für den Monat September 2016 eine offene Mietforderung von 202,89 EUR besteht.

Zahlungen für den Monat Oktober 2016 sind unstreitig nicht erfolgt, sodass die Miete in Höhe von 1.681,52 EUR zur Zahlung offen steht.

Die am 27.10.2016 geleistete Zahlung von 860,90 EUR mit dem auf dem Kontoauszug erfolgten handschriftlichen Vermerk „Miete November 2016“ ist gem. der getroffenen Tilgungsbestimmung, § 366 Abs. 1 BGB, auf die Novembermiete zu verrechnen, sodass für den Monat November 2016 eine offene Mietforderung von 820,62 EUR verbleibt.

Die am 02.12.2016 mit dem Verwendungszweck „Miete Ladenlokal 5a (abzgl. Anwaltskosten für RA x)“ geleistete Zahlung in Höhe von 1.080,81 EUR war gem. § 366 Abs. 2 BGB auf die Dezembermiete zu verrechnen, sodass ein offener Rest von 600,71 EUR verbleibt.

2.

Für die Monate Mai 2016 bis Dezember 2016 war die vereinbarte Bruttomiete nicht aufgrund eines Mangels der Mietsache gemindert.

Es kann aus Sicht der Kammer dahinstehen, ob die Parteien im Mietvertrag eine entsprechende Kühlungsmöglichkeit der Mieträume durch die installierte Lüftungsanlage (konkludent) vereinbart haben. Hierfür spricht, dass in § 4 des Mietvertrages die „Kosten der Lüftungsanlage“ auf die Mieter umgelegt und unstreitig mit der Nebenkostenabrechnung auch abgerechnet worden sind.

Dass die Lüftungsanlage zumindest zeitweise nicht bzw. nur eingeschränkt funktionierte, ist zwischen den Parteien unstreitig. Streitig ist das genaue Ausmaß bzw. die Dauer des Ausfalls. Dies kann jedoch im Ergebnis dahinstehen.

a)

Eine Mietminderung kommt nur in Betracht, soweit die Mietsache einen Mangel aufweist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt oder die Tauglichkeit mindert; das Minderungsrecht ist auf die Zeit beschränkt, für die der Mangel besteht (§ 536 Satz 1 BGB). Die Darlegungs- und Beweislast für einen Mangel der Mietsache und für den Zeitraum, in dem der Mangel vorgelegen hat, trifft den Mieter. Ein solcher Mangel kann grundsätzlich auch darin liegen, dass sich vermietete Räumlichkeiten zu stark aufheizen. Ein Minderungsrecht besteht aber nur dann, wenn dies einen erheblichen Mangel der Mieträume darstellt und hierdurch die nach dem Vertragszweck vorgesehene Nutzung beeinträchtigt wird. Eine Mietminderung kommt darüber hinaus auch nur für den Zeitraum in Betracht, der davon betroffen ist. Während der Zeit, in der die Mietsache trotz Vorliegens eines Mangels uneingeschränkt vertragsgemäß nutzbar ist, scheidet eine Herabsetzung der Miete aus (BGH, Urt. v. 15.12.2010 – VII ZR 132/09).

Auch ohne mietvertragliche Inbezugnahme ist der Vermieter verpflichtet, zur Erhaltung der Gebrauchstauglichkeit der Räume die Voraussetzungen für eine ausreichend niedrige Raumtemperatur zu schaffen. Insofern muss er die bautechnischen Voraussetzungen für ein Herabkühlen der Temperatur schaffen und gewährleisten (OLG Hamm, Urt. v. 28.02.2007, 30 U 131/06).

b)

Es kann dahinstehen, welche Temperaturverhältnisse in Geschäftsräumen als Mangel i.S. von § 536 BGB anzusehen sein könnten.

Denn den Beklagten ist der Beweis ihrer Behauptung, dass die gemieteten Räume im Zeitraum „von Ende Mai 2016 bis Ende September 2016“ aufgrund Defektes der Lüftungsanlage Raumtemperaturen aufgewiesen haben, die einen Mangel darstellen könnten, der die Tauglichkeit der Mietsache zu ihrem vertragsgemäßen Gebraucht eingeschränkt oder aufgehoben hat, nicht gelungen.

aa)

Es erscheint bereits fraglich, ob die Beklagten einen nicht nur unerheblichen Mangel in tatsächlicher Hinsicht hinreichend dargetan haben.

Denn es bedarf grundsätzlich der Darlegung des Mieters, an welchen Tagen Temperaturverhältnisse herrschten, die auf einen Mangel der Mieträume zurückzuführen sind. Dies umfasst präzise Angaben über die konkreten Raumtemperaturen und der korrespondierenden Außentemperaturen, soweit ein Mangel aus dem Nichteinhalten eines Abstands zwischen Außen- und Innentemperaturen hergeleitet werden soll (vgl. KG, Urt. v. 05.03.2012 – 8 U 48/11).

Die von den Beklagten vorgelegten Temperaturmessungen umfassen nur 17 Tage im Zeitraum 14.06.2016 bis 21.09.2016. Für diese 17 Tage sind Temperaturen zwischen 26 und 42 Grad dokumentiert. Damit korrespondierend haben die Beklagten Lichtbilder der Temperaturanzeige vorgelegt. Für die weiteren Zeiten hinaus fehlt es bereits an präzisen Angaben der Beklagten zu den in den Räumlichkeiten herrschenden Temperaturen. Gleichermaßen fehlt es an Angaben zu den Außentemperaturen.

Das Gericht hat sich im vorliegenden Fall dazu entschieden, trotz des grenzwertig hinreichend substantiierten Vortrags in die Beweisaufnahme einzutreten.

bb)

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht jedenfalls nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass bzw. an welchen Tagen sich die Räumlichkeiten in relevanter Weise aufgeheizt haben. Die Angaben der vernommenen Zeugen waren nicht ergiebig.

Die vernommenen Zeugen konnten keinerlei Angaben zu den genauen Temperaturen im Geschäft an konkreten Tagen oder zu den entsprechenden Außentemperaturen (insoweit fehlt es bereits an substantiiertem Vortrag der Beklagten) machen. Zudem hielten sich die Zeugen auch nur sporadisch in den Räumlichkeiten auf, sodass sie aus eigener Wahrnehmung nur kurzfristige subjektive Einschätzungen hinsichtlich der Temperaturen in den Räumlichkeiten abgeben konnten.

Im Einzelnen:

Die Zeugin E hat bekundet, sie sei regelmäßige Kundin des Geschäftes der Beklagten; auch im Sommer 2016 sei sie häufig, d.h. drei bis vier Mal die Woche, im Laden gewesen. Sie erinnere sich, dass es im Sommer 2016 im Laden „sehr sehr warm“, zu gewissen Zeiten überhaupt nicht erträglich, gewesen sei. Allerdings räumte die Zeugin ein, nicht auf das aufgestellte Thermometer geschaut zu haben. Sie könne konkrete Temperaturen nach Gradzahl nicht erinnern; sie schätze die Innentemperaturen aber auf über 30 Grad. Außentemperaturen könne sie nicht benennen. Die Beklagte zu 3. habe ihr auch einmal erzählt, dass das Geschäft im Sommer 2016 an zwei Tagen wegen der Hitze geschlossen werden musste. An Daten könne sie sich nicht erinnern.

Die Zeugin X2 hat bekundet, sich im maßgeblichen Zeitraum fast jeden Tag am Vormittag für etwa eine halbe Stunde im Geschäft aufgehalten zu haben. Sie erinnere sich noch daran, dass es sehr heiß in dem Geschäft gewesen sei, und das über Wochen hinweg. Sie konnte indes keine konkreten Monate geschweige denn Tage benennen, an denen es zu heiß gewesen sei. Außentemperaturen könne sie nicht erinnern. Einmal sei sie an dem Geschäft vorbeigelaufen, und der Laden sei zu gewesen; ihr sei dann gesagt worden, dass es zu warm sei. An ein konkretes Daum könne sie sich nicht erinnern.

Die Zeugin X erinnerte sich daran, dass 2016 ein sehr heißer Sommer gewesen sei. Sie sei sehr häufig  d.h. ein- bis zweimal die Woche in dem Geschäft gewesen, meistens am späten Nachmittag oder Samstagsvormittags. Auch sie hat bekundet, nicht auf das Thermometer geschaut zu haben. Sie würde die Temperatur allerdings auf über 30 Grad schätzen. Außentemperaturen könne sie nicht benennen, allerdings sei es draußen gefühlt angenehmer als innen gewesen. Wahrscheinlich sei es in einem Zeitraum Juni, Juli, August gewesen; zwischendurch sei sie allerdings auch mal im Urlaub gewesen. Wie oft das Geschäft geschlossen gewesen sei, wisse sie nicht mehr.

Der Zeuge L hat bekundet, im Zeitraum Juni und August 2016 habe er seine Frau etwa zwei bis drei Mal die Woche im Laden besucht; zu den anderen Zeiten seltener. In den meisten Fällen sei es so warm gewesen, dass er den Laden überhaupt nicht betreten habe, bzw. allenfalls für wenige Minuten. Er habe zwar einige Male auf das Thermometer geschaut, das auf der Ladentheke gelegen habe. An welchen konkreten Tagen dies der Fall gewesen sei, könne er indes nicht sagen.

Die Zeugin L2 hat bekundet, sie habe im Sommer ihre Mutter ab und zu im Geschäft besucht, außerhalb der Schulferien etwa einmal die Woche, in den Sommerferien im Schnitt zwei Mal. Sie habe ab und an auf das Innenthermometer geschaut, das dort gelegen habe. Wann und wie oft das war, das wisse sie heute nicht mehr.

cc)

Dem Beweisantrag im Schriftsatz vom 01.08.2018 war nach § 296a ZPO nicht nachzugehen. Ein Wiedereröffnungsgrund nach § 156 Abs. 2 ZPO ist nicht ersichtlich, auch war eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gem. § 156 Abs. 1 ZPO nicht geboten. Schriftsatznachlass ist dem Beklagtenvertreter auf seinen Antrag hin ausschließlich für die im Termin erteilten Hinweise zur Berechnung der Höhe der Klageforderung erteilt worden; allein hierauf bezog sich sein Antrag.

Vor dem Hintergrund, dass ein Mangel, der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch eingeschränkt hat, nicht bewiesen ist, geht auch das im Schriftsatz vom 01.08.2018 geltend gemachte Zurückbehaltungsrecht ins Leere. Darüber hinaus ist auch dieser Sachvortrag verspätet i.S.d. § 296a ZPO.

c)

Der Anspruch ist auch nicht in Höhe von 1.517,20 EUR durch Aufrechnung gem. § 389 BGB erloschen. Den Beklagten steht kein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten gegen den Kläger aus § 280 Abs. 1 BGB zu. Die am 09.06.2017 ausgesprochene Kündigung war wirksam, weil sich die Beklagten zum Zeitpunkt der Kündigung in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug befunden haben, der die Miete für zwei Monate erreicht (§§ 543 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 lit. b BGB).

2.

Der Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen folgt aus §§ 286, 288 BGB.

II.

Ein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten folgt aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2 i.V.m. § 286 BGB. Es kann dahinstehen, ob der Kläger die Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.430,38 EUR tatsächlich an seine Prozessbevollmächtigten gezahlt hat. Soweit zunächst lediglich ein Freistellungsanspruch bestanden hat, ist dieser Anspruch gem. § 250 S. 2 BGB in einen Zahlungsanspruch übergegangen, da die Beklagten mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 18.09.2017 die Leistung endgültig und ernsthaft abgelehnt haben. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB.

III.

Der Räumungsanspruch folgt aus § 546 Abs. 1 BGB. Aufgrund der außerordentlichen Kündigung des Klägers vom 09.06.2017 ist das Mietverhältnis beendet worden. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung folgt aus § 543 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 lit. a und b BGB. Auf die obigen Ausführungen wird verwiesen.

IV.

Die Haftung der Beklagten zu 2. und 3. folgt aus § 128 HGB analog.

V.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

Der Streitwert wird wie folgt festgesetzt:

bis zum 18.01.2018: 25.577,04 EUR

danach: 23.893,83 EUR.

 

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