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Mietminderung trotz Instandsetzungs- und/oder Modernisierungsarbeiten des Vermieters?

LG Berlin, Az.: 65 S 194/17, Beschluss vom 29.01.2018

In dem Rechtsstreit beabsichtigt die Kammer, die zulässige, insbesondere statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Neukölln – 9 C 224/15 – vom 21.06.2017 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, weil sie keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nach einer mündlichen Verhandlung nicht erfordern.

I.

Die Erfolgsaussicht der Berufung fehlt. Das angefochtene Urteil des Amtsgerichts beruht weder auf einer Rechtsverletzung gemäß § 546 ZPO noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung, § 513 ZPO.

Frei von Rechtsfehlern hat das Amtsgericht die Beklagte zur Zahlung von 1.063,53 Euro sowie weiterer 2.273,33 Euro verurteilt.

Mietminderung trotz Instandsetzungs- und/oder Modernisierungsarbeiten des Vermieters?
Foto: AnastasiaNi/Bigstock

1. Die Kläger haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung überzahlter Miete in Höhe von 1.063,53 Euro aus § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB. Den Zahlungen der Kläger fehlte der Rechtsgrund, denn die (unter Vorbehalt gezahlte) Miete war im Zeitraum vom 1. Juni bis 16. Dezember 2013 nach § 536 Abs. 1 BGB gemindert, wie das Amtsgericht zutreffend feststellt.

Schon im Ausgangspunkt unzutreffend geht die Beklagte davon aus, dass die Kläger zur Duldung der in dem Zeitraum vermieterseits durchgeführten Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen – durch Urteil vom 26. November 2013 rechtskräftig festgestellt – verpflichtet gewesen seien und die modernisierungsbedingte Einschränkungen keinen Mangel der Mietsache begründeten.

In tatsächlicher Hinsicht übersieht die Beklagte insoweit schon, dass ihre Duldungsklage in dem Verfahren 18 C 126/13 (AG Neukölln) schon nicht vollständig Erfolg hatte; sie ist bezogen auf eine beabsichtigte Grundrissänderung teilweise vielmehr (rechtskräftig) abgewiesen worden. Allerdings kommt es darauf rechtlich auch gar nicht an.

In rechtlicher Hinsicht muss die Beklagte sich den Wortlaut des § 536 BGB aF. entgegenhalten lassen, der nach Art. 229 § 29 Abs. 1 Ziff. 1 EGBGB anzuwenden ist (vgl. auch BT-Ds. 17/10485, S. 27), im Übrigen auch in der neuen Fassung die Argumentation der Beklagten nicht tragen würde.

Nach § 536 Abs. 1 Satz 2 BGB ist der Mieter von der Entrichtung der Miete befreit, soweit und solange die Mietsache einen Mangel aufweist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebt bzw. mindert.

Das Amtsgericht hat vollkommen zutreffend und in Übereinstimmung mit dem Gesetz darauf abgestellt, dass ab Juni 2013 umfangreiche Modernisierungsarbeiten – tatsächlich – stattfanden. Die davon – unstreitig – ausgehenden Störungen beeinträchtigten den Gebrauch der Mietsache und begründeten nach dem Wortlaut des Gesetzes damit einen Mangel, dies unabhängig davon, ob eine Duldungspflicht bestand. An eine etwaige Duldungspflicht von Instandsetzungs- und/oder Modernisierungsarbeiten knüpft das Gesetz den Eintritt der Mietminderung gerade nicht an. Vielmehr lässt auch der äußerst eingeschränkte Anwendungsbereich des § 536 Abs. 1a BGB nF. darauf schließen, dass der Gesetzgeber sich bewusst entschieden hat, vor Einführung der Regelung nicht bestehende Einschränkungen der Mieterrechte aus § 536 Abs. 1 BGB bei Instandsetzungen (weiterhin) gar nicht und bei Modernisierungen nur in einem äußerst engen (zeitlichen und sachlichen) Rahmen überhaupt zuzulassen. Bestätigt wird dies durch die Gesetzesmaterialien (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Ds. 17/10485, S. 18 f.), insbesondere die gewichtigen Bedenken des Bundesrates in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf der Bundesregierung (vgl. BT-Ds. 17/10485, Anlage 3, S. 38 f.).

Die (erneute) Bezugnahme auf des unter anderem für das Gewerbemietrecht zuständigen XII. Zivilsenates vom 13. Mai 2015 (XII ZR 65/14) hilft der Beklagten nicht weiter, wie das Amtsgericht ebenfalls zutreffend festgestellt hat. Sie übersieht ganz grundlegend, dass ein Sachverhalt, in dem der Mieter ohne sachlichen Grund die Ausführung von Instandsetzungsarbeiten verweigert, mit denen die Mängel beseitigt werden sollen, für die er eine Mietminderung geltend macht, ganz anders zu beurteilen ist, als die hier gegebene Situation, in der Beeinträchtigungen des Gebrauchs der Mietsache erst durch die Ausführung der Arbeiten – sei es zur Instandsetzung oder Modernisierung – entstehen und zur Herabsetzung der Miete führen.

Ebenfalls ohne Erfolg wendet die Beklagte sich gegen die Feststellung des Amtsgerichts, sie habe die Gasversorgung der von den Klägern inne gehaltenen Wohnung widerrechtlich abgestellt. Entscheidend ist, dass die Gasversorgung und damit die – vertraglich geschuldete – Beheizung der Mietsache mit Gas während der Heizperiode unterbrochen war. Ob dies widerrechtlich, pflichtwidrig und einfach nur geschah, ist rechtlich unerheblich; die Mietminderung tritt verschuldensunabhängig ein, wie sich dem Wortlaut des § 536 Abs. 1 BGB entnehmen lässt.

Anders als die Beklagte meint, steht der Geltendmachung der Mietminderung auch nicht etwa entgegen, dass die Kläger nicht bereits vor dem im Abwicklungsvergleich vereinbarten Zeitpunkt in die von der Beklagten angebotene Ausweichwohnung gezogen sind. Es mag sein, dass der Mieter seinerseits die Duldung der Durchführung von Modernisierungsarbeiten unter dem Gesichtspunkt der unzumutbaren Härte wegen der auszuführenden Arbeiten davon abhängig machen (bzw. erfolgreich verweigern) kann, wenn ein Verbleib in der Wohnung nicht möglich ist und der Vermieter ihm eine Ausweichwohnung noch nicht einmal anbietet (vgl. Urt. der Kammer v. 17.02.2016, LG Berlin – 65 S 301/15, NJW 2016, 2582). Eine Verpflichtung des Mieters, in eine Ausweichwohnung umzuziehen, das heißt von einem entsprechenden Angebot des Vermieters Gebrauch zu machen, lässt daraus umgekehrt jedoch nicht ableiten. Dies stünde vielmehr im Widerspruch zum verfassungsrechtlichen Schutz genießenden Besitzrecht des Mieters an der Wohnung, das der Gesetzgeber entsprechend den vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Maßstäben als privatrechtliche Rechtsposition ausgestaltet hat, die die Wohnung dem Mieter wie Sacheigentum zuordnet (vgl. Urt. der Kammer, a.a.O). Einer so weitreichenden Beschränkung des Bestandsinteresses des Mieters stünde auch kein vergleichbar gewichtiges Interesse des Vermieters gegenüber, dessen Eigentumsposition grundsätzlich ebenso verfassungsrechtlich geschützt ist. Ein solches ist hier – mit Blick auf den Streit um die Herabsetzung der Miete um 25 % und die Aufwendungen für die alternative Beheizung über zweieinhalb Monate während der Heizperiode – weder vorgetragen noch ersichtlich, zumal die Planung des Bauablaufes in den Händen des Vermieters – hier der Beklagten – liegt bzw. lag.

2. Der Anspruch der Kläger auf Ersatz ihrer Aufwendungen für den Einsatz von – von der Beklagten zur Verfügung gestellten – Ölradiatoren ab Oktober 2013 folgt bereits aus § 554 Abs. 4 BGB aF.

Nach § 554 Abs. 4 Satz 1 Alt. 2 BGB aF ist der Vermieter verpflichtet, dem Mieter in angemessenem Umfang die Aufwendungen zu ersetzen, die dieser infolge einer Modernisierungsmaßnahme machen musste.

Den modernisierungsveranlassten Rückbau der Gasversorgung hat die Klägerin selbst in der Klageerwiderung vom 5. Oktober 2015 vorgetragen. Gegen die Höhe des zugesprochenen Zahlungsanspruchs wendet die Beklagte sich nicht; die Kläger haben auch zutreffend ersparte Aufwendungen für Gas in ihrer Berechnung berücksichtigt, die Beklagte ist der Berechnung nicht entgegen getreten.

II.

Die Berufungsklägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO und gegebenenfalls Rücknahme der Berufung binnen 2 Wochen. Es wird darauf hingewiesen, dass sich die Gerichtsgebühren bei Zurücknahme der Berufung ermäßigen (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG, KV 1222).

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