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Mietminderung von 20 % bei Feuchtigkeit und Schimmel in mehreren Räumen

AG Osnabrück, Az: 48 C 31/12 (5)
Urteil vom 10.10.2013

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten Sicherheit vor der Vollstreckung leisten.

4. Der Streitwert wird auf 950,88 € festgesetzt.

Tatbestand

Feuchtigkeit, schimmel an Wände MietminderungZwischen den Parteien besteht ein Mietvertrag über eine Erdgeschosswohnung im Hause … in Osnabrück. Die Klägerin ist Vermieterin, die Beklagten sind Mieter. Die geschuldete Miete beträgt 400,00 € netto zuzüglich 25,00 € für eine Garage sowie 175,00 € Betriebskostenvorauszahlung, mithin insgesamt 600,00 € brutto.

In der Zeit von Januar 2011 bis Februar 2012 (14 Monate) zahlten die Beklagten durchschnittlich 110,77 € monatlich, d.h. insgesamt 1.550,88 € zuwenig, was einer Mietminderung von ca. 20 % entspricht. Die Beklagten begründeten die Minderung mit Feuchtigkeit und Schimmelpilzbildung in der Wohnung. Auf entsprechende Mängelrügen seitens der Beklagten ließ die Klägerin im Oktober 2011 Dämm- und Isolierungsarbeiten durchführen, insbesondere wurden Epatherm-Wohnklimaplatten angebracht.

Die Klägerin bestreitet das Vorliegen von Feuchtigkeit und Schimmelpilz in der Wohnung. Sie behauptet, dass solche Mängel nach Durchführung der Isolierungsarbeiten gar nicht mehr hätten auftreten können. Spätestens seit der neu angebrachten Innendämmung sei ein Eindringen von Feuchtigkeit von außen in die Wohnung der Beklagten unmöglich geworden. Die Klägerin behauptet weiter, dass etwaige Feuchtigkeits- und Schimmelpilzerscheinungen nicht auf bauliche Mängel, sondern auf falsches Heizungs- und Lüftungsverhalten der Beklagten zurückzuführen seien.

Die Klägerin hat zum Ausgleich der durch die Isolierungsmaßnahmen entstandenen Unannehmlichkeiten eine Mietminderung in Höhe von 10 % (= 60,00 €) für 10 Monate (= 600,00 €) akzeptiert.

Die Klägerin beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 950,88 € sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 229,55 €, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 16.11.2011 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie behaupten, dass in der Wohnung erhebliche Feuchtigkeits- und Schimmelpilzerscheinungen aufgetreten seien, was zu muffigem Schimmelgeruch geführt habe. Diese Mängel seien durch die Isolierungsmaßnahmen im Oktober 2011 nicht beseitigt worden. Die Isolierplatten seien insoweit ungeeignet. Im Übrigen dürfe man diese Platten nicht tapezieren oder mit Farbe streichen, was aufgrund des dadurch entstehenden optischen Mangels ebenfalls zur Mietminderung berechtige.

Die Beklagten behaupten das Vorliegen weiterer Mängel. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben des Mietervereins vom 09.12.2010 (Anlage zur Klageerwiderung, Bl. 51, 52 d. A.) und vom 06.04.2012 (Bl. 54, 55 d. A.) verwiesen.

Die Beklagten erklären hilfsweise die Aufrechnung mit einem Kostenersatzanspruch in Höhe von 230,88 € wegen Durchführung von Elektroarbeiten.

Wegen des weitergehenden Sachvortrags der Parteien wird auf die jeweils gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Vorliegen von Feuchtigkeits- und Schimmelpilzerscheinungen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen … vom 24.05.2013 (Bl. 167 – 221 d. A.) sowie die mündliche Erläuterung durch den Sachverständigen gemäß Sitzungsprotokoll vom 25.09.2013 (Bl. 9 – 11 Bd. II d. A.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Die Klägerin kann von den Beklagten nicht gemäß § 535 Abs. 2 BGB in Verbindung mit dem zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrag Zahlung der einbehaltenen Miete in Höhe von 950,88 € verlangen.

Die Beklagten haben die Miete zu Recht wegen Mangelhaftigkeit der Mietsache gemäß § 536 BGB gemindert.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die gemieteten Räumlichkeiten während des streitgegenständlichen Zeitraums teilweise mit Feuchtigkeitserscheinungen und Schimmelpilz befallen waren, die bauseits bedingt waren und nicht auf falsches Wohnverhalten der Beklagten zurückzuführen sind. Der Sachverständige hat dies in seinem Gutachten und in der mündlichen Erläuterung nachvollziehbar und überzeugend festgestellt. Er hat ausgeführt, dass solche Feuchtigkeitserscheinungen sowohl vor als auch nach Durchführung der Dämm- und Isolierungsmaßnahmen vorhanden gewesen seien. Vor Einbau der Innendämmung seien in der Küche Schimmelpilzbefall in der Fensterlaibung und am Fensteranschluss, im Schlafzimmer Risse in den Wänden und Wassereindringungen unter der Fensterbank sowie Feuchteschäden auf einer Außenwand im Sockelbereich, im Wohnzimmer ebenfalls Feuchteschäden auf einer Außenwand, in den Außenwandecken, am Deckenanschnitt und im Sockelbereich vorhanden gewesen. Zwar hat der Sachverständige seine Feststellungen für die Zeit vor den Dämmarbeiten nur auf Lichtbilder stützen können. Auf den im Termin am 23.08.2012 in Augenschein genommenen Lichtbildern sind die Feuchtigkeits- und Schimmelpilzerscheinungen jedoch deutlich zu sehen. Zudem hat … mit E-Mail vom 13.12.2010 das Bestehen von Feuchteschäden eingeräumt. Aus diesem Grund ist die Innendämmung auch angebracht worden. Die Klägerin beruft sich dementsprechend in erster Linie auf das Fehlen von Baumängeln sowie darauf, dass etwaige Mängel durch die Dämmarbeiten beseitigt worden seien.

Aus dem Gutachten des Sachverständigen ergibt sich allerdings, dass dies nicht der Fall ist. Der Sachverständige hat im Zuge seiner Besichtigung weiterhin Feuchteschäden in der Küche und im Schlafzimmer, im Wohnzimmer neben Feuchteflecken auch Schimmelpilzbefall an mehreren Stellen sowie Putzschäden neben der Tür zur Loggia festgestellt. Außerdem seien nach Einbau der Dämmung nunmehr erstmals Feuchteflecken im Kinderzimmer aufgetreten.

Nach ständiger Rechtsprechung des BGH (BGH WuM 2005, 5) obliegt dem Vermieter nach der sogenannten Gefahrkreistheorie der Beweis, dass der Schimmel und die Feuchtigkeitsschäden nicht auf bauseitige Ursachen zurückzuführen sind. Der Vermieter muss also den Beweis führen, dass aus technisch-handwerklicher Sicht auszuschließen ist, dass die Feuchtigkeitsschäden auf die Bausubstanz zurückzuführen sind und nicht etwa muss der Mieter beweisen, dass der Schimmel auf die Bausubstanz zurückzuführen ist. Erst wenn der Vermieter diesen Beweis geführt hat, muss der Mieter beweisen, dass der Schimmel nicht durch sein vertragswidriges Heiz- und Lüftungsverhalten entstanden ist.

Den demnach ihr obliegenden Beweis hat die Klägerin nicht führen können. Aufgrund des Sachverständigengutachtens ist vielmehr davon auszugehen, dass die Feuchtigkeitsschäden sowohl vor als auch nach dem Einbau der Innendämmung baulich bedingt sind.

Für die Zeit vor der Innendämmung hat der Sachverständige im schriftlichen Gutachten und der mündlichen Erläuterung nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass diese überwiegend an Wärmebrücken entstanden seien und dass nach der DIN 4108 – trotz Einhaltung der Mindestanforderungen an die Wärmedämmung – Wärmebrücken unzulässig seien (vgl. auch Schmidt/Futterer/Eisenschmid, Mietrecht, 10. Auflage, § 536 Rdnr. 206). Auch die nach der Anbringung der Innendämmung entstandenen Feuchtigkeitsschäden seien baulich bedingt. Sie seien deshalb entstanden, weil die Übergänge von der Innendämmung auf die anschließenden Deckenränder, Deckenecken und Fensterlaibungen nicht ebenfalls gedämmt worden seien.

Da die Klägerin den ihr obliegenden Beweis des Fehlens von Baumängeln nicht geführt hat, brauchten die Beklagten sich hinsichtlich eines Verschuldens durch falsches Heiz- und Lüftungsverhalten nicht zu entlasten. Beweispflichtig für eine etwaige (Mit-)Ursächlichkeit ist die Klägerin. Eine solche Mitursächlichkeit falschen Nutzerverhaltens hat der Sachverständige jedoch im Wesentlichen – bis auf das Kinderzimmer – nicht feststellen können. Er hat ausgeführt, dass die relative Luftfeuchtigkeit mit 67 % zwar etwas zu hoch gewesen sei. Die Durchschnittswerte der Langzeitmessungen (62 % im Schlafzimmer und 58 % im Wohnzimmer) lägen allerdings im Bereich der Toleranz und seien nicht zu beanstanden. Gleiches gelte für das Heizverhalten. Lediglich in der Küche sei etwas zu niedrig geheizt worden, was für die Schäden mitursächlich geworden sei. Ein Verhältnis der Mitverursachungsanteile konnte der Sachverständige jedoch nicht angeben. Es ist daher möglich, dass das Heizverhalten in der Küche nur zu einem ganz geringen Anteil mitursächlich geworden ist. Beweispflichtig ist nach den oben dargelegten Grundsätzen auch für den Umfang falschen Nutzerverhaltens die Klägerin. Falsches Wohnverhalten des Mieters als Ursache für Feuchtigkeit muss eindeutig sein. Daher reicht eine zu niedrige Temperierung bei vorhandenem Baumangel allein nicht aus (Kommentar jurisPK-BGB Band 2, § 536 Rdnr. 87). Lediglich für das Kinderzimmer und dort für die Wand an der Außenwand hat der Sachverständige zu geringe Lüftung als alleinursächlich für die Feuchtigkeitsflecken angesehen.

Unter Berücksichtigung der danach von der Klägerin zu vertretenen bauseits bedingten Feuchtigkeits- und auch Schimmelpilzerscheinungen im Wohn- und Schlafzimmer sowie in der Küche und auch der Putzschäden, wie sie auf den Lichtbildern zu sehen sind, ist eine Minderung von 20 % angemessen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Foto: By bittbox under CC BY License

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