AG Hamburg-Blankenese – Az.: 533 C 80/12 – Urteil vom 27.11.2013
1. Es wird festgestellt, dass dem Beklagten ein Schadenersatzanspruch wegen Feuchtigkeitserscheinungen innerhalb der Wohnung … Hamburg, … in Höhe von 1.500,- EUR nicht zusteht.
2. Es wird festgestellt, dass dem Beklagten keine Ansprüche für durchzuführende Dekorationsarbeiten in Höhe von 750,- EUR zustehen.
3. Es wird festgestellt, dass der Beklagte wegen der entsprechenden Feuchtigkeitserscheinungen nicht berechtigt ist, den Mietzins in Höhe von 15 % monatlich zu mindern.
4. Die Widerklage wird abgewiesen.
5. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 7.040,30 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien sind verbunden durch einen Mietvertrag (Anl. K 1, Bl. 5 d.A.) über eine im ersten Obergeschoss des Hauses … in Hamburg belegene Wohnung.
Seit Herbst 2010 sind in der Wohnung des Beklagten in Wohn- und Schlafzimmer sowie Bad und Küche Feuchtigkeit und Schimmel aufgetreten. Die Klägerin beauftragte das Büro … Beratung, Planung, Gutachten (im folgenden …) mit einer Begutachtung der Feuchtigkeitserscheinungen (Anl. K 2, Bl. 12 d.A.). Hinsichtlich der festgestellten Schäden, die unstreitig sind, wird auf das Gutachten verwiesen. Die Gutachter führten im Schlafzimmer eine Langzeitmessung der relativen Luftfeuchte durch und kamen zu dem Ergebnis, dass die Feuchtigkeit auf falsches Heiz- und Lüftungsverhalten zurückzuführen sei. Zu den Einzelheiten der Feststellungen wird auf das Gutachten Bezug genommen. Laut Gutachten sind 5.000,- EUR für die Durchführung der Mängelbeseitigungsmaßnahmen erforderlich.
Unter Bezugnahme auf das Gutachten forderte die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 16.2.2012 (Anl. B 1, Bl. 41 d.A.) sowie Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten (Anl. B 3, Bl. 44 d.A.) zur Beseitigung der Feuchtigkeitsschäden auf. Der Beklagte wies eine Inanspruchnahme mit Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 4.5.2012 (Anl. B 4, Bl. 46 d.A.) zurück und verlangte Beseitigung der Feuchtigkeit sowie die Bestätigung, dass die Klägerin eine Mietminderung in Höhe von 100,15 EUR entsprechend 15 % der Miete bis zur Schadenbeseitigung akzeptiere und ihre Verpflichtung zur Beseitigung von Schäden an Gardinen und Wandflächen anerkenne. Diese Schäden bezifferte der Beklagte mit 1.500,- EUR für die Vorhänge und Gardinen sowie 850,- EUR für Dekorationsarbeiten.
Die Klägerin bezieht sich auf das Gutachten der Firma … und behauptet, die Feuchtigkeitserscheinungen beruhten allein auf einem fehlerhaften Wohnverhalten des Beklagten.
Die Klägerin beantragt,
1. festzustellen, dass dem Beklagten ein Schadenersatzanspruch wegen Feuchtigkeitserscheinungen innerhalb der Wohnung … Hamburg, … in Höhe von 1.500,- EUR nicht zusteht,
2. festzustellen, dass dem Beklagten keine Ansprüche für durchzuführende Dekorationsarbeiten in Höhe von 750,- EUR zustehen,
3. festzustellen, dass der Beklagte wegen der entsprechenden Feuchtigkeitserscheinungen nicht berechtigt ist, den Mietzins in Höhe von 115,- EUR monatlich (entspricht 15 %) zu mindern.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen und stellt widerklagend den Antrag,
1. festzustellen, dass der Beklagte weder verpflichtet ist, im Schlafzimmer und im Wohnzimmer der im ersten Obergeschoss in der belegenen Mieträume im Bereich der Fensteranlagen des Schlafzimmers sowie im Bereich der Pfosten-Riegel-Fassade des Wohnzimmers Reparaturarbeiten am Parkettboden sowie Maler- und Tapezierarbeiten (Entfernen der Tapete, Behandlung mit einem Schimmelpilzentferner, Verlegen einer neuen Tapete, Farbanstrich), eine Intensivreinigung der Fensterfassaden im Schlaf- und Wohnzimmer, eine Intensivreinigung der Fenster- und Küchentürelemente in Bad und Küche sowie eine Wartung der Fenster durchzuführen, noch die Kosten hierfür zu tragen,
2. die Klägerin zu verurteilen, an den Beklagten einen Kostenvorschuss in Höhe von 1.000,- EUR für die Durchführung von Maler- und Tapezierarbeiten im Bereich der Fensterfassaden im Schlaf- und Wohnzimmer sowie eine Intensivreinigung der Fensterfassaden im Schlaf- und Wohnzimmer und der Fenster- und Fenstertürelemente in Bad und Küche zu zahlen,
3. die Klägerin zu verurteilen, an den Beklagten 850,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
4. die Klägerin zu verurteilen, an den Beklagten 200,30 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
5. die Klägerin zu verurteilen, an den Beklagten die außergerichtlichen Kosten in Höhe von 603,93 EUR zu zahlen.
Die Klägerin beantragt, die Widerklage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, die von der Firma … festgestellten Feuchtigkeitserscheinungen und Schimmelpilzspuren in Schlafzimmer, Wohnzimmer, Küche und Badezimmer seien nicht auf ein unzureichendes Lüftungsverhalten oder eine nicht vertragsgemäße Nutzung zurückzuführen, sondern beruhten auf bauseitigen Mängeln. Der Beklagte sei daher berechtigt, die Miete in Höhe von 100,15 EUR um 15 % zu mindern. Ihm stehe des Weiteren ein Kostenvorschuss für die Beseitigung der Mängel zu. Für die erforderlichen Arbeiten (Aufbringung eines Schimmelpilzentferners, Erneuerung der Tapete in Wohn- und Schlafzimmer, Streichen der Wände, Erneuerung des Wandputzes, Intensivreinigung der Fensterfassaden im Schlaf- und Wohnzimmer, Intensivreinigung der Fenster- und Fenstertürenelemente in Bad und Küche) seien mindestens 1.000,- EUR erforderlich und der Zeitwert der im Wohn- und Schlafzimmer befindlichen beschädigten Gardinen betrage 850,- EUR, was jeweils unter Sachverständigenbeweis gestellt werde. Mit Widerklagantrag zu 4) werde Rückzahlung des Mietzinses in Höhe der Minderung für die Monate Mai und Juni 2012 geltend gemacht. Soweit die Firma … festgestellt habe, dass die Schäden auf Verhalten des Beklagten zurückzuführen seien, sei dies unzutreffend. Die durchgeführten Messungen seien nicht verwertbar, da das Messgerät unzulässig in der Nähe der Außenwand positioniert gewesen sei und ohne Verschulden des Beklagten auf dem Boden gelegen habe.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen … vom 1.9.2013 (Bl. 80 d.A.). Im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist begründet. Die zulässige Widerklage ist dagegen nicht begründet.
Sämtliche mit Klage und Widerklage geltend gemachten Ansprüche hängen von der Frage ab, wer den Eintritt von Feuchtigkeit und die Bildung von Schimmelpilz in der Wohnung des Beklagten zu verantworten hat. Nach Durchführung der Beweisaufnahme durch Einholung des Gutachtens des Sachverständigen … ist das Gericht davon überzeugt, dass bauseitige Mängel für den Eintritt der Feuchtigkeit ausgeschlossen werden können und diese allein durch das Wohnverhalten des Beklagten verursacht worden ist.
Der Sachverständige hat nachvollziehbar ausgeführt, sämtliche Feuchtigkeitserscheinungen und Schimmelpilzbildungen seien auf Oberflächenfeuchtebildungen aus Kondensationsvorgängen und nicht auf Bauteildurchfeuchtungen von außen zurückzuführen. Alle Fensterelemente haben sich nach den ausführlichen Darlegungen des Sachverständigen in einem konstruktiv ordnungsgemäßen Einbauzustand befunden und es lagen keine Schadenstellen an der Außenwand vor. Der mehrschichtige Aufbau der Außenwand weist nach den Ausführungen des Sachverständigen sogar einen deutlich über den Mindestanforderungen der Bauzeit liegenden Wärmedurchlasswiderstand auf, so dass die Wände als hochwärmegedämmt einzustufen seien. Wärmebrücken hat der Sachverständige deutlich ausgeschlossen. Aufgrund der bauphysikalischen Erhebungen und Auswertungen hat der Sachverständige ausführlich dargelegt, dass die Feuchtigkeit durch deutliche und anhaltend zu hohe Raumfeuchtebeanspruchung eingetreten sei. Ursächlich, seien allein Nutzungsfehler durch unzureichende Belüftung und/oder zu geringe Beheizung. Bauliche Mängel seien dagegen auszuschließen.
Der Sachverständige hat sein Gutachten ausführlich erstellt und nachvollziehbar erläutert.
Soweit der Beklagte anregt, ein weiteres Sachverständigengutachten einzuholen, gibt es zur Auffassung des Gerichts keinen Anhaltspunkt dafür, dass die gemachten Feststellungen und daraus gezogenen Schlussfolgerungen nicht zutreffend sein sollen. Die Behauptung des Beklagten, das streitgegenständliche Gebäude habe bauphysikalische Probleme, ist unsubstantiiert. Der Sachverständige hat ausführlich zur Frage der Isolierung Stellung genommen. Eine Vernehmung des von dem Beklagten benannten Zeugen … kommt nicht in Betracht. Es kann dahinstehen, ob der Hausmeister … gegenüber dem Zeugen erklärt hat, das Gebäude verfüge über keine hinreichende Außenisolierung, da er weder Sachverständiger ist, noch über spezielle Kenntnisse der baulichen Gegebenheiten verfügt.
Ob in anderen Wohnungen des Gebäudes ebenfalls Feuchtigkeitserscheinungen aufgetreten sind, kann für die Entscheidung ebenfalls dahingestellt bleiben. Jedes Auftreten von Feuchtigkeit muss individuell beurteilt werden. Wie dem Gericht aus anderen Gutachten bekannt ist, können in einem Haus in verschiedenen Wohnungen vollkommen unterschiedliche bauliche Bedingungen vorliegen, abgesehen von dem im Übrigen zu berücksichtigenden individuellen Nutzerverhalten. Die Behauptungen des Beklagten, er heize und lüfte ausreichend, sind durch die Ausführungen des Sachverständigen in seinem Gutachten widerlegt. Im Übrigen ist auch das von der Klägerin eingeholte Gutachten der Firma … (Anl. K 2) nach einer Langzeitmessung im Hinblick auf das Schlafzimmer zu dem gleichen Ergebnis gekommen.
Da zur Überzeugung des Gerichts allein das Nutzerverhalten des Beklagten, nicht jedoch bauliche Mängel Ursache der Feuchtigkeitserscheinungen ist, sind die Klaganträge begründet. Die Klägerin kann sowohl Feststellung, dass sie keinen Schadenersatz in Höhe von 1.500,- EUR und keine Kosten für Dekorationsarbeiten in Höhe von 750,- EUR zu übernehmen hat, als auch die weitere Feststellung verlangen, dass dem Beklagten kein Anspruch auf Minderung zustehe. All dieser Ansprüche hat der Beklagte sich in Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten vom 4.5.2012 (Anl. B 4) berühmt, so dass ein Feststellungsinteresse der Klägerin gem. § 256 ZPO zu bejahen ist. Hinsichtlich des Klagantrages zu 3) hat das Gericht den Tenor verkürzt. Die Klägerin begehrt ersichtlich Feststellung, dass dem Beklagten die angekündigte Minderung in Höhe von 15 % nicht zustehe. Der Beklagte hat diese auf 100,15 EUR beziffert. Auch die Klägerin hat diesen Betrag in der Klagschrift genannt, im Klagantrag zu 3) jedoch 115,- EUR angegeben. Dabei handelt es sich offensichtlich um eine fehlerhafte Bezeichnung, die jedoch unschädlich ist, da es unstreitig um eine Mietminderung von 15 % geht.
Die mit der Widerklage geltend gemachten Ansprüche sind nicht begründet, da die Ursache für die Feuchtigkeit allein im Verantwortungsbereich des Beklagten liegt.
Den Streitwert hat das Gericht insgesamt auf 7.040,30 EUR bestimmt. Dieser setzt sich wie folgt zusammen:
– Klagantrag zu 1): 1.200,- EUR.
– Klagantrag zu 2): 600,- EUR (jeweils 20 %iger Abzug aufgrund Feststellungsklage).
– Klagantrag zu 3): 960,- EUR (das 12-fache des Minderungsbetrages abzüglich 20 %).
– Widerklagantrag zu 1): 4.000,- EUR (Mangelbeseitigungskosten 5.000,- EUR laut Gutachten … abzüglich 20%).
– Widerklagantrag zu 2) ist nicht streitwerterhöhend, da er den Gegenstand von Klagantrag zu 1) betrifft.
– Widerklagantrag zu 3) ist lediglich mit 80,- EUR anzusetzen, da er den Gegenstand von Klagantrag zu 2) betrifft, der Widerklagantrag zu 3) jedoch einen höheren Wert aufweist.
– Widerklagantrag zu 4): 200,30 EUR.
-Widerklagantrag zu 5) ist nicht streitwerterhöhend.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708Nr. 11, 711 ZPO.