LG Berlin – Az.: 65 S 422/10 – Urteil vom 16.08.2011
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg vom 07.10.2010 – 208 C 3/10 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Über das Vermögen des Beklagten zu 2) war mit Beschluss des Amtsgerichts Charlottenburg vom 10.12.2008 das Insolvenzverfahren eröffnet worden und Rechtsanwalt … ist zum Insolvenzverwalter bestellt worden.
Mit der Berufung haben die Beklagten das Urteil im vollen Umfang angefochten, soweit es der Klage stattgegeben hat.
Nachdem der Kläger die Zwangsräumung der Beklagten Anfang des Jahres 2011 durchführen ließ und diese bei dieser Gelegenheit auch den Holzzaun vor der Wohnung entfernten, haben die Parteien den Rechtsstreit wegen der Räumung und Herausgabe der Wohnung sowie wegen der Entfernung des Holzzauns übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Im Übrigen begehren die Beklagten unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klageabweisung unter Aufhebung des Versäumnisurteils vom 28.06.2010.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Die Berufungskammer hat die Akten des Insolvenzverfahrens … des Amtsgerichts Charlottenburg, den Beklagten zu 2) betreffend beigezogen.
Der Insolvenzverwalter hat mit Schreiben vom 06.07.2011 an die Prozessbevollmächtigten des Klägers mitgeteilt, dass er mangels Kenntnis vom Mietverhältnis dieses nicht freigegeben habe, dies bei Kenntnis jedoch getan hätte, sich jetzt wegen offenbarer Beendigung daran gehindert sehe, den Fortbestand des Mietverhältnisses unterstellt, die Erklärung jetzt abgeben würde.
II.
Die Berufung ist gemäß §§ 511 ff. ZPO zulässig. Sie ist nicht erfolgreich.
Die Klage ist zulässig, auch soweit sie gegen den Beklagten zu 2) gerichtet ist. Der Beklagte zu 2) ist in Bezug auf die Rechte und Pflichten aus dem Mietverhältnis jedenfalls zum Zeitpunkt der Entscheidung nicht mehr in der Verfügungsbefugnis beschränkt. Der Insolvenzverwalter hat in dem Schreiben vom 06.07.2011 deutlich den Willen zu erkennen gegeben, die Wohnung im Sinne von § 109 Abs. 1 S. 2 InsO freizugeben.
Die Klage ist auch im noch verfolgten Umfang begründet. Die Berufung rechtfertigt keine andere Entscheidung, §§ 513, 529, 546 BGB.
1.
Der Kläger hat gemäß §§ 535 Abs. 2, 421 BGB gegenüber den Beklagten die vom Amtsgericht zuerkannten Zahlungsansprüche aus dem inzwischen beendeten Mietverhältnis.
1. 1.
Die Miete ist entgegen dem Berufungsvorbringen im fraglichen Zeitraum nicht gemindert gewesen. Das Amtsgericht hat bei dem Ortstermin im Sommer 2010 durch Kontaktprobe keine Feuchtigkeit in dem Mauerwerk festgestellt und nur geringere optische Veränderungen an zwei Stellen. Nach Prüfung der Sach- und Rechtslage sieht die Kammer keinen Grund, von der Bewertung des Amtsgerichts abzuweichen. Denn auch wenn man zugunsten der Beklagten unterstellt, dass es zwischen den Parteien unstreitig war, dass die Mauerwerksabdichtung gegen Feuchtigkeit noch nicht zufriedenstellend gelungen und der Kläger deshalb nochmals tätig werden wollte, so kann doch nicht davon ausgegangen werden, dass es im hier streitgegenständlichen Zeitraum bis Februar 2010 daraus resultierende nicht unerhebliche Gebrauchsbeeinträchtigungen im Sinne von § 536 Abs. 1 BGB gegeben hat. Technische und bauliche Mängel einer Wohnung führen nämlich nur insoweit zur Minderung der Miete, wie dadurch der Gebrauch der Wohnung nicht unerheblich beeinträchtigt ist. Es mag zwar sein, dass ein Sachverständigengutachten fachkundig und fundiert Ausmaß und Umfang sowie ggf. noch unklare bauliche Ursachen für die fehlende ausreichende Bauwerksabdichtung gegen Feuchtigkeit hätte ermitteln können. Die Ermittlung des Maßes der Gebrauchsbeeinträchtigung und der Minderung der Miete erfolgt dadurch indessen nicht und ein Gutachten könnte auch nicht die notwendige Darlegung der Anknüpfungstatsachen für die Beeinträchtigung des Gebrauchs der Mietsache bzw. dessen Bewertung ersetzen.
Hier hat die Kammer zu berücksichtigen, dass es zwar sein kann, dass Feuchtigkeit als Ursache der vom Amtsgericht festgestellten Veränderungen im Putz bzw. im Anstrich allein durch längere Trockenperioden abtrocknet, so dass in Bezug auf die Feuchtigkeit die Feststellungen in dem Ortstermin nicht zwingend für den zurückliegenden Zeitraum zutreffen müssen. Die durch die Feuchtigkeit einmal in Gang gesetzten chemischen Prozesse im Mauerwerk und im Putz sowie die dadurch hervorgerufenen Veränderungen, die zu Ausblühungen, Putzablösungen, Farbveränderungen und Ablösen von Tapeten führen, werden davon aber nicht oder kaum aufgehalten, jedenfalls nicht beseitigt. Erhebliche und großflächige Veränderungen wiederum hat das Amtsgericht im Sommer 2010 nicht erkannt. Zwingenden Rückschluss darauf, dass es gleichwohl und zwingend im zurückliegenden Zeitraum – soweit er den Gegenstand dieses Rechtsstreits bildet – wesentlich erheblichere Gebrauchsbeeinträchtigungen durch merkbare Feuchtigkeit in der Außenwand des Wohnzimmers gerade im hier streitigen Zeitraum gegeben hat, gestatten diese Feststellungen des Amtsgerichts im Sommer 2010 allerdings nicht. Dasselbe gilt für spätere mögliche Veränderungen, die nach dem Ortstermin und zum Zeitpunkt der Räumung der Wohnung im Januar 2011 vorgelegen haben.
Auch die anderen behaupteten Mängel führen nicht zu einer Mietminderung.
Einen Rattenbefall konnten die Beklagten im nur in Betracht kommenden fraglichen Zeitraum im Februar 2010 nicht beweisen. Durch ein Sachverständigengutachten kann ein mehr als ein Jahr zurückliegender Zustand nicht bewiesen werden. Bei der Frage, ob das Grundstück im fraglichen Zeitraum mit Ratten befallen war, handelt es sich um tatsächliches Geschehen, dass allenfalls dem Zeugenbeweis zugänglich wäre. Die Beklagten haben nur für den behaupteten Zustand im Zeitraum vom Mai bis zum 25.06. 2010 einen Zeugen zum Beweis angeboten, was für den hier nur in Betracht kommenden Februar 2010 nicht relevant ist.
Eine erhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung ist durch einen vom vertragsgemäßen abweichenden Zustand des Rasens auf der mit gemieteten Freifläche für den fraglichen Zeitraum nicht gegeben gewesen. Es liegt schon in der Natur der Sache, dass ein Rasen in späten Herbst- und Wintermonaten – nur die sind hier streitig – weniger grün und gepflegt aussieht, infolge Nässe und Frost auch Schäden aufweisen kann. Selbst zusätzliche Rasenfehlstellen durch die Bauarbeiten im Sommer 2009 würden schon deshalb nicht zu einer erheblichen Gebrauchsbeeinträchtigung führen. Außerdem werden Gartenflächen wegen der Witterung und der Temperaturen in diesem Zeitraum nicht zum längeren Aufenthalt genutzt, so dass auch deshalb keine erhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung im Sinne von § 536 Abs. 1 S. 1 und 2 BGB vorliegt. Dass die Parteien eine Vereinbarung getroffen hätten, wonach der Kläger einen von klimatischen bzw. jahreszeitlichen Schwankungen unabhängigen immergrünen Rasen schuldete, ergibt sich nicht.
1.2.
Der Kläger hat auch den vom Amtsgericht zuerkannten Anspruch auf die Bezahlung der Nachforderungen aus der Betriebskostenabrechnung für 2008. Den Beklagten steht kein Zurückbehaltungsrecht an dieser Nachforderung oder Teilen zur Seite. In der Abrechnung selbst war schon der Hinweis erteilt, dass und wo die Belege für die Abrechnung eingesehen werden können. Dass sie sich etwa erfolglos bei der benannten Stelle um Einsicht bemüht hätten, ergibt sich aus ihrem Vorbringen nicht. Die Beklagten können sich deshalb nicht darauf berufen, der Kläger selbst, bei dem sich diese Belege nicht befinden, habe nicht auf ihr Schreiben reagiert.
1.3.
Der Zahlungsanspruch des Klägers ist durch die Aufrechnungserklärung der Beklagten nicht teilweise erloschen. Die Beklagten hatten dem Kläger gegenüber keinen Anspruch auf Bezahlung ihrer Aufwendungen für eine Rasenneuaussaat, den sie zur Aufrechnung bringen konnten. Das wäre im Rahmen des Mietverhältnisses nur unter den Voraussetzungen von § 536a BGB denkbar. Da die Beklagten den Kläger erst mit Schreiben vom 24.06.2009 zur Wiederherstellung des Rasens mahnten, können sie die bereits im Mai 2009 aufgewendeten Kosten nicht unter dem Gesichtspunkt des Verzugs des Vermieters mit der Beseitigung von Mängeln verlangen, denn der Kläger befand sich vor einer Mahnung nicht im Verzug hinsichtlich der Wiederherstellung des Rasens.
2.
Soweit die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, ist gemäß § 91a Abs. 1 ZPO nur noch nach billigem Ermessen gemäß dem Sach- und Streitstand über die Kosten zu entscheiden.
Die diesbezüglichen Kosten sind deshalb den Beklagten als Gesamtschuldnern aufzuerlegen, weil die Klage sowohl wegen der Räumung und Herausgabe der Wohnung als auch wegen der Beseitigung des Holzzauns zuvor zulässig und begründet gewesen ist.
2. 1.
Das Mietverhältnis zwischen den Parteien ist durch die fristlose Kündigung vom 05.11.2009, beendet worden. Im Zeitpunkt der Kündigung befanden sich die Beklagten schon nach eigenem Vorbringen in der Aufstellung zum Schriftsatz vom 12.08.2010 in Höhe von 3 x (August 2009 bis Oktober 2009) 556,74 € (1.322,39 € vermeintlich nach Minderung verbleibende Miete abzüglich Zahlung von 689,13 €) in Verzug mit der Zahlung der geschuldeten Miete. Da die vertraglich vereinbarte Monatsmiete 1.461,39 € betrug, umfasste der Verzug bereits im Oktober 2009 somit mehr als eine Monatsmiete. Im Zeitpunkt der Fälligkeit der folgenden Monatsmiete im November 2009 befanden sich die Beklagten weiter mindestens mit der Begleichung dieses Betrags in Verzug, so dass der Kündigungsgrund von § 543 Abs. 2 Nr. 3 a) BGB vorgelegen hat. Danach kann das Mietverhältnis fristlos gekündigt werden, wenn der Mieter mit der Entrichtung der Miete für zwei aufeinander folgende Termine (Oktober und November) oder eines nicht unerheblichen Teils, welches gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB mindestens eine Monatsmiete sein muss, in Verzug ist.
Ein von einer Minderung unabhängiges bzw. darüber hinausgehendes Zurückbehaltungsrecht an der Miete wegen des Zustands der Außenwände des Wohnzimmers stand den Beklagten angesichts dessen, dass der Kläger weitere Mängelbeseitigung schon im Juli 2009 und sodann im Oktober 2009 nochmals angeboten hatte, die Beklagten dies aber ohne Bauablaufplan oder ähnliches nicht wollten, nicht zu. Denn das Zurückbehaltungsrecht soll dem Gläubiger einer Leistung ein Druckmittel in die Hand geben, um dem Schuldner zur Leistung zu zwingen. Dieses ist nicht nötig und nicht gerechtfertigt, wenn der Schuldner zur Leistung bereit ist.
Die nachträglichen Zahlungen der Beklagten im November 2009 in Höhe von 2.089,04 € und
208, 50 € konnten die Kündigung nicht gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 S. 1 BGB unwirksam machen. Nur dann, wenn der Mieter die fälligen Mietforderungen des Vermieters vollständig befriedigt, werden die Folgen der Kündigung geheilt und lebt das Mietverhältnis wieder auf. Durch diese Zahlungen sind indessen die fällige Miete bzw. Nutzungsentschädigung nie vollständig getilgt worden, wie die Verurteilung zur Zahlung von Restmieten für Oktober und November 2009, die beide vor der Kündigung fällig wurden, zeigt.
Die Kündigung ist formwirksam. Sie ist den Beklagten, vertreten durch ihre Prozessbevollmächtigten auch wirksam zugegangen, § 164 Abs. 3 BGB. Der Prozessbevollmächtigte war im Zeitpunkt des Zugangs des Schriftsatzes vom 05.11.2009 als bereits zum Empfang der in diesem Schriftsatz enthaltenen Kündigung bevollmächtigt anzusehen. Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 13.02.1980 – VIII ZR 5/79, NJW 1980, 990 f. = Grundeigentum 1981, 387; Beschluss vom 23.02.2000 – XII ZR 77/98, , NZM 2000, 382 = NJW-RR 2000, 745f., beides zitiert nach juris) ist von einer Empfangsvollmacht des Prozessbevollmächtigten auszugehen, sobald er den Auftrag vom Mandanten erhält, gegen die Wirksamkeit einer Kündigung vorzugehen, denn im Zeitpunkt des Auftrags hatte der Mandant Kenntnis von der Kündigung. Das gilt hier ebenfalls. Die Beklagten hatten bereits zuvor die fristlose, hilfsweise fristgemäße Kündigung vom 22.10.2009 erhalten , auf den der Räumungs- und Herausgabeklageantrag im Schriftsatz vom 05.11.2009 mit der weiteren Kündigung , sich auch stützte. Die Beklagten hatten die Prozessbevollmächtigten zur Verteidigung gegen den Räumungs- und Herausgabeanspruch beauftragt, in diesem Falle waren sie gemäß § 164 Abs. 3 BGB auch zur Entgegennahme entsprechender Kündigungserklärungen bevollmächtigt, weil sie trotz des Vorbringens, wonach die Prozessbevollmächtigten dafür nicht empfangsbevollmächtigt seien, sich gegen die Kündigung selbst verteidigten.
Auf die späteren Kündigungen vom 11.01.2010, 11.02.2010, 12.04.2010, 31.05.2010, 10.06.2010 und 19.08.2010 mit teils anderen Begründungen kommt es folgerichtig nicht mehr an.
2.2.
Auch in Bezug auf die Entfernung des Holzzaunes ist die Klage ursprünglich begründet gewesen. Hier handelte es sich um eine nicht genehmigte Einrichtung der Mietsache, die der Kläger nicht hinnehmen musste und die die Beklagten ohne Genehmigung des Klägers auch während des Mietverhältnisses zu entfernen hatten.
Eine vertragliche Vereinbarung zur Zaunerrichtung war nicht getroffen worden. Dem steht nicht entgegen, dass der Zaun dort vorher stehende Thuja-Sträucher ersetzte, die ebenfalls die Funktion der Abtrennung hatten und zu deren Ersatz der Kläger die Beklagten vorher aufgefordert hatte, weil diese vertrocknet waren. Denn eine optische Abtrennung durch eine Thujahecke ist mit einem Holzzaun nicht vergleichbar. Dass mit der – ob nun bei Vertragsbeginn oder später – erteilten Erlaubnis zur Pflanzung von Thujabäumchen auch ein Holzzaun genehmigt oder vom Kläger hinzunehmen sei, durften die Beklagten wegen der sich ergebenden unmittelbaren Außenwirkung nicht annehmen.
Grundsätzlich darf der Mieter ansonsten die Mietsache mit eigenen Einrichtungen versehen, soweit er damit die Mietsache nicht dauerhaft beschädigt oder damit die Interessen des Vermieters nicht auf andere Weise beeinträchtigt. Eine solche Beeinträchtigung ist hier aber zu bejahen, weil es sich um eine im Außenbereich vorgenommene Gestaltung handelte, die dem Vermieter als Wohnungseigentümer und Mitglied einer Wohnungseigentümergemeinschaft im städtischen Bereich nicht ohne Weiteres gestattet ist, so dass er sich gegebenenfalls Forderungen der Wohnungseigentümergemeinschaft auf Beseitigung gegenüber sehen kann.
Zudem ist der Holzzaun schon infolge der Beendigung des Mietverhältnisses auch gemäß § 546 BGB zu entfernen gewesen, nachdem es keine Vereinbarung zwischen den Parteien darüber gibt, wonach dieser Zaun dort doch verbleiben durfte.
Die Nebenentscheidungen im Übrigen beruhen auf § 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO.
Revisionsgründe gemäß § 543 Abs. 2 ZPO sind nicht ersichtlich.