LG München I – Az.: 14 S 12138/12 – Urteil vom 06.12.2012
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Endurteil des Amtsgerichts München vom 18.05.2012 (Az.: 432 C 487/11) wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagten tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des Berufungsverfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
4. Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird festgesetzt auf € 26.923,67.
Gründe
I.
Zur Darstellung des Sachverhaltes wird gem. § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Zusammenfassend und ergänzend ist Folgendes anzufügen:
Die Parteien streiten in der Berufung um Räumung und Herausgabe einer Wohnung sowie Zahlung ausstehenden Mietzinses.
Die Parteien verbindet ein am 13.07.2002 geschlossener Mietvertrag über ein Anwesen in der …-Straße …, … München. Der Bruttomietzins beträgt 1.190,– €, in diesen Betrag ist eine Vorauszahlung auf die Nebenkosten in Höhe von 100,– € enthalten.
Ab Oktober 2010 minderten die Beklagten die Miete für das Anwesen zunächst um 396,67 €, in den Monaten November 2010 bis Januar 2011 um 1.170,– €, ab Februar 2011 zahlten die Beklagten keinerlei Miete mehr.
Am 13.12.2010 sprach die Klägerin eine erste Kündigung aus (Anlage K 2), welche damit begründet wurde, dass die Beklagten sich mit mehr als 2 Monatsmieten in Zahlungsverzug befanden. Mit im Folgenden weiteren ausgesprochenen Kündigungen wiederholte die Klägerin zum einen die Kündigung wegen der sodann weiterhin aufgelaufenen Zahlungsrückstände, zudem wurde den Beklagten auch wegen der Verletzung von vertraglichen Pflichten aus dem Mietvertrag gekündigt, so insbesondere deshalb, weil diese im Winter 2011/2012 die Beheizung des Objektes, in welchem sie zwischenzeitlich nicht mehr wohnten, unterlassen haben sollen.
Das Amtsgericht München gab mit Urteil vom 18.05.2012 der Räumungsklage statt, hinsichtlich der Zahlungsklage gewährte es den Beklagten ein Minderungsrecht in Höhe von 30 % und verurteile die Beklagten entsprechend zur Zahlung rückständigen Mietzinses von 13.843,67 €.
Unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vortrages führen die Beklagten aus, dass das Anwesen aufgrund der Belastung des Parkettklebers mit Schadstoffen unbewohnbar gewesen sei. Infolgedessen habe die Minderungsquote entgegen dem erstinstanzlichen Vortrag jedoch nicht 30 %, sondern 100 % betragen. Das Erstgericht sei den fristgerecht erhobenen Einwendungen der Beklagten gegen das gerichtliche Gutachten nicht nachgegangen. Bei der Schätzung der Minderungsquote habe das Gericht der von den Schadstoffen ausgehenden Gesundheitsgefahr außer Acht gelassen. Diese Schadstoffe seien krebserregend, was von dem Erstgericht nicht ausreichend berücksichtigt worden sei. Zudem habe das Erstgericht die Richtwerte für die Belastung mit Napthalin falsch interpretiert. Zudem seien die vorgelegten Privatgutachten nicht ausreichend beachtet worden.
Darüber hinaus läge jedenfalls auch ein Verschulden der Beklagten nicht vor, da diesen vor der Minderung ein Privatgutachten eingeholt haben sowie auch von dritter Seite eine 100-Prozent-Minderung bestätigt worden sei.
Jedenfalls läge ein Zahlungsrückstand deshalb nicht vor, weil den Beklagten neben einem Minderungsrecht auch ein Zurückbehaltungsrecht im Hinblick auf die Mängel zustehe.
Die Beklagten beantragen: Die Klage wird unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichts München vom 18.05.2012 (Az.: 432 C 487/11) abgewiesen, hilfsweise Vollstreckungsschutz bis zum Eintritt der Rechtskraft.
Die Klägerin beantragt: Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
Das Berufungsgericht hat Beweis erhoben durch Anhörung des Sachverständigen Prof. Dr. S zu seinem Gutachten vom 09.03.2012. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird insbesondere auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung ist der Sache nach unbegründet, weil die zulässige Klage begründet war. Die Klagepartei hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe des streitgegenständlichen Anwesens gem. § 546 Abs. 1 BGB sowie auf Zahlung des ausgeurteilten Mietzinses, § 535 Abs. 2 BGB iVm. Mietvertrag.
1. Unabhängig von der (Un-)Wirksamkeit der weiteren klägerischen Kündigungen vom 13.12.2010, 01.03.2011, 11.08.2011, 15.02.2012, 27.03.2012 und 25.04.2012 wurde das zwischen den Parteien bestehenden Mietverhältnisse durch die auf Mietzinszahlungsverzug der Beklagten in dem Zeitraum Oktober 2010 bis März 2012 gestützte außerordentliche Kündigung der Klägerin vom 22.03.2012 beendet (§§ 569 Abs. 3 Nr. 1, 543 Abs. 1, 2 S. 1 Nr. 3 BGB). Die Beklagten haben ihre mietvertraglichen Pflichten gegenüber der Klägerin schuldhaft nicht unerheblich verletzt. Die Klägerin kann sich daher auf ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Wohnungsmietvertrages berufen. Zum Zeitpunkt des Zugangs der klägerischen Kündigungserklärung vom 27.03.2012 lag seitens der Beklagten eine mietvertragliche Pflichtverletzung vor, weil sie ihren Mietzahlungsverpflichtungen gegenüber der Klägerin für die Monate November 2010 bis März 2012 nur teilweise bzw. überhaupt nicht nachgekommen sind. Die Beklagten schulden ausweislich des Mietvertrages einen Mietzins in Höhe von 1.090,00 € zzgl. 100,00 € Nebenkostenvorauszahlung, gesamt also 1.190,00 €. Für die Monate November 2010 bis Januar 2011 zahlten die Beklagten einen um 1.071 € geminderten Mietzins, für die darauffolgenden Monate zahlten die Beklagten überhaupt keine Miete mehr. Unter Berücksichtigung der von dem Erstgericht festgesetzten Minderungsquote von 30 % bestand somit bei Ausspruch der Kündigung vom 27.03.2012 ein Mietzinsrückstand, der den Ausspruch der außerordentlichen Kündigung rechtfertigte. Entgegen der Ansicht der Berufung rechtfertigt die festgestellte Belastung mit Schadstoffen keine weitergehende Minderung, insbesondere nicht die Annahme einer Unbewohnbarkeit des Mietobjektes.
a. Eine Minderung des Mietzinses um 100 % scheidet bereits deshalb aus, da die Beklagten das Mietobjekt immer noch zur Lagerung ihres persönlichen Hab und Gutes nutzen. Auch dabei handelt es sich jedoch um einen Gebrauchsvorteil, den diese aus dem Mietvertrag ziehen und der durch die Zahlung einer wenn auch geminderten Miete zu monetarisieren ist.
b. Aufgrund des eingeholten Sachverständigengutachtens, dem sich die Kammer auch aufgrund der Erläuterungen des Sachverständigen in der Anhörung anschließt, steht fest, dass sich in dem Parkettkleber Benzo(a)pyren in einer Konzentration befanden, die eine Gesundheitsgefährdung möglich erscheinen lassen. Weiterhin wurde aber auch festgestellt, dass sich diese Belastung im Parkettkleber nicht auf die Raumluft auswirkte. Das Gutachten stellte in der Raumluft eine solch geringe Belastung fest, dass sogar die Werte unterschritten wurden, die als Richtwerte für Räume gelten, in denen sich Kleinkinder aufhalten. Der Sachverständige konnte zur vollen Überzeugung erläutern, dass sich die Belastung mit Benzo(a)pyren nicht als Dampf in der Raumluft wiederfindet, sondern sich dieser Schadstoff nur im Staub wiederfindet und daher auch nur in diesem gefunden wurde. In der mündlichen Anhörung konnte der Sachverständige insbesondere die von den Beklagten aufgebrachten Unterschiede zu dem von der Klägerin eingeholten Gutachten des Sachverständigen Dr. B erläutern. Die Feststellung dieses Gutachters zu anderen Werten, die der Sachverständige aber immer noch nicht als bedenklich einstufte, beruhen dabei auf einer, mittlerweile überholten Methodik des Privatgutachters. Dagegen wendete der Sachverständige die mittlerweile anerkannten „PAK-Hinweise“ des Deutschen Institutes für Bautechnik zur Ermittlung und Bewertung der Belastung an. Weiterhin erläutere er auf entsprechende Fragen, dass Benzo(a)pyren dabei als Leitsubstanz zur Feststellung der Belastung dient. Hinsichtlich der weiterhin festgestellten Substanzen existieren zum einen keine anerkannten Richtwerte, aufgrund derer eine Belastung festgestellt werden kann, zum anderen habe man sich auf Benzo(a)pyren als Leitsubstanz geeinigt. Die Kammer schließt sich diesen Ausführungen des Sachverständigen zu der Belastung mit PAKs, insbesondere Benzo(a)pyren, an. Zweifel an der fachlichen Kompetenz des Sachverständigen bestehen in keinster Weise. Der Sachverständige verfügt über eine mehr als 25jährige Erfahrung als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger. Die Darlegungen im schriftlichen Gutachten und insbesondere die mündlichen Erläuterungen waren in sich schlüssig und nachvollziehbar, der Sachverständige konnte zu den Fragen umfassend und überzeugend Stellung nehmen. Die zum Teil nicht nachvollziehbaren Angriffe der Berufungskläger gegen die Kompetenz des Sachverständigen vermögen die Kammer nicht zu einer anderen Bewertung zu bewegen.
Einen Mietmangel sieht die Kammer dagegen nicht im Vorhandensein von Benzo(a)pyren im Parkettkleber. Maßstab für die Frage, ob die Gebrauchstauglichkeit der Wohnung eingeschränkt oder aufgehoben ist, sind dabei die gesundheitlichen Auswirkungen von Schadstoffimmissionen auf die Bewohner. Deswegen genügt nicht allein die Feststellung, dass die Innenräume zu irgendeinem Zeitpunkt mit giftigen Substanzen behandelt wurden. Entscheidend ist, ob diese Behandlung die konkrete Gefahr birgt, dass die Bewohner mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen rechnen müssen (Schmidt-Futterer/Eisenschmid, § 536 Rn. 149). Eine auch nur abstrakte Beeinträchtigung der Gesundheit der Beklagten durch den vorhandenen Parkettkleber konnte der Sachverständige somit gerade nicht bestätigen. Insbesondere konnten die Feststellungen des Sachverständigen auch nicht bestätigen, dass es durch die Untersuchungen des privat beauftragten Sachverständigen B und die dabei vorgenommene Entfernung von Parkettteilen zu einer Erhöhung der Benzo(a)pyren- Belastung gekommen ist. Der Sachverständige wurde zu den Auswirkungen der Entfernung der Parkettteile befragt und erläuterte entsprechend, dass die Entfernung dieser Teile im Vergleich zu der Gesamtfläche zu gering war, um eine Erhöhung zu bewirken. Schlußendlich ist aber festzustellen, dass trotz einer Entfernung der Parkettteile eine bedenkliche Belastung der Raumluft nicht vorlag.
c. Hinsichtlich der Belastung mit Napthalin hat der Sachverständige eine Überschreitung des Richtwertes II von 20 µg/m3 festgestellt. Darin ist ein Mietmangel im Sinne des § 536 BGB zu sehen. Es ist dabei nicht erforderlich, dass eine Gesundheitsgefährdung mit Sicherheit feststeht. Es genügt, dass sie nicht ausgeschlossen werden kann, was bei einer Überschreitung von anerkannten Grenz- und Richtwerten regelmäßig anzunehmen ist. Letztendlich wurde das Vorliegen eines Mangels durch die Belastung mit Napthalin durch die Klägerin in der Berufungsinstanz auch nicht mehr angegriffen.
d. Die festgestellte Belastung mit Napthalin führt nicht zur Festsetzung einer höheren Minderung als der durch das Erstgericht angenommenen 30 %.
Allein die Belastung einer Wohnung mit – auch karzinogenen – Schadstoffen führt nicht per se zu einer Unbewohnbarkeit und damit einer Minderung um 100 %. Die Rechte des Mieters werden in den Fällen dadurch gewahrt, dass ihm bei einer festgestellten Belastung gegebenenfalls ein Recht zur außerordentlichen Kündigung eingeräumt wird. Der Mieter ist somit nicht gezwungen, in einer seiner Ansicht nach seine Gesundheit gefährdenden Wohnung zu verbleiben. Zudem kann er den Vermieter auf Mängelbeseitigung in Anspruch nehme. Gegenteilig würde die generelle Annahme einer 100 % Minderung dazu führen, dass der Mieter in einer solchen Wohnung und unter Hinnahme der Belastung kostenfrei wohnen könnte. Auch der Verweis auf die karzinogenen Eigenschaften der Schadstoffe rechtfertigt keine andere Wertung. Einer Vielzahl von Stoffen werden karzinogene Wirkungen zugeschrieben, ohne dass diese verboten sind. Die Annahme einer Unbewohnbarkeit aufgrund solcher Eigenschaften würde jedoch auf eine solche faktische Wirkung hinauslaufen. Daher ist auch in diesen Fällen eine Minderungsquote im Einzelfall festzusetzen (so auch LG Berlin, Urteil vom 13.01.2003 – 61 S 152/02; LG Lübeck, Urteil vom 06.11.1997 – 14 S 135/97).
Die Festsetzung einer Minderungsquote von 30 % begegnet nur insoweit Bedenken, als die Kammer im Rahmen der außerordentlichen Kündigung, innerhalb derer sie nicht an die Festsetzung der Quote durch das Erstgericht gebunden ist, eine geringere Minderung angenommen hätte. Die Höhe der Minderung hängt insbesondere von der Schwere des Mangels sowie dem Grad und der Dauer der Minderung der Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauch ab. Vorliegend kann aufgrund der Verbreitung der Schadstoffe in der Luft nicht darauf abgestellt werden, dass nicht sämtliche Räume des Wohnobjektes betroffen sind (so auch LG Berlin aaO.). Aufgrund des Gutachtens und der mündlichen Erläuterungen des Sachverständigen steht fest, dass das Anwesen mit Napthalin in einem solchen Maße belastet war, dass der Richtwert II überschritten war. Dies führt nach den Ausführungen des Sachverständigen zu einem Gesundheitsrisiko. Maßgeblich sind jedoch die weiteren Ausführungen des Sachverständigen: Danach ist eine derartig hohe Konzentration ungewöhnlich. Die Ursache einer solchen Konzentration sah der Sachverständige darin begründet, dass das Anwesen durch die Beklagten nicht mehr normal genutzt wurde. Bei Naphtalin handelt es sich um einen flüchtige organische Verbindung (VOC), die insoweit besonders ist, als dass die sublimiert, d. h. von einem festen Zustand in einen gasförmigen Zustand und umgekehrt übergeht, also einen flüssigen Zustand auslässt. Damit beruht der Anstieg der Naphtalin Konzentration darauf, dass die bei normaler Nutzung des Anwesens ständig stattfindende Durchmischung der Luft innerhalb und außerhalb der Räume nicht mehr stattfindet. Bei einer normalen Nutzung findet ein Austausch des gasförmigen Naphtalins mit der Außenluft statt. Da diese normale Nutzung im konkreten Fall fehlte, konnte sich das Napthalin an den Wänden und der Decke ablagern. Dieser Einschätzung des Gutachters schließt sich die Kammer an. Die Belastung mit Napthalin mit ihrer Überschreitung des Richtwertes II beruht auf der unterbliebenen Nutzung der Räumlichkeiten durch die Beklagten. Die in der mündlichen Anhörung vorgebrachten Einwände der Beklagten vermögen die Überzeugungsbildung der Kammer nicht zu ändern. Der Sachverständige konnte insbesondere detailliert erläutern, dass auch die von ihm vorgenommene Lüftung die unterbliebene Lüftung und Nutzung nicht ersetzen konnte. Maßgeblich für ihn war dabei, dass zu der Beseitigung der Naphtalinkonzentration nicht nur lüften notwendig war, sondern auch der durch die Bewegung von Menschen in der Wohnung verursachte beständige Luftaustausch. Diese beständige Bewegung konnte auch durch die Lüftungstermine vor der Messung nicht ersetzt werden. Die Darstellungen des Sachverständigen werden auch dadurch gestützt, dass bei der vorangegangenen Messung durch den Privatgutachter B eine deutlich niedrigere Konzentration festgestellt wurde, was die Ausführungen zu einem Anstieg durch die unterbliebene Nutzung bestätigt. Zu der Beseitigung der hohen Konzentration führte der Sachverständige aus, dass zunächst, um die Konzentration auf einen normalen Wert zurückzuführen, ein gegebenenfalls auch längeres Lüften notwendig ist. Im Anschluß daran wird die Naphtalinkonzentration allein durch normales Nutzungsverhalten auf einem Normalmaß gehalten. Dieses Normalmaß sieht der Sachverständige bei dem Durchschnitt der Wohnungen zwischen dem Richtwert I und II liegen, ein Erreichen des Zielwertes, also eines Wertes, der unter dem Richtwert I liegt ist im Regelfall nicht möglich. Wird somit das Mietobjekt regelmäßig gelüftet, was im Rahmen der Sorgfalt gegenüber dem Mietobjekt ohnehin in den Pflichtenkreis des Mieters fällt, und genutzt, wirkt sich die Belastung mit Napthalin und damit der Mangel nicht aus.
Der Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens bedurfte es nicht. Die abstrakte Gesundheitsgefährdung von Napthalin wird weder von dem Erstgericht noch von der Kammer in Abrede gestellt, vielmehr begründet sich aus dieser gerade die hohe Minderungsquote von 30 % des Amtsgerichtes. Entgegen der Ansicht der Berufung ist auch das Abstellen des Erstgerichtes auf die Rechtsprechung zu der Belastung mit Schimmel vertretbar. Auch bei der Bildung von Schimmel in Mietwohnungen handelt es sich die Belastung der Wohnung mit einem Schadstoff. Neben dem ästhetischen Nachteil von Schimmel ist auch in diesen Fällen bei der Bemessung der Minderungsquote die gesundheitsgefährdenden Auswirkungen von Schimmelsporen auf die Bewohner zu berücksichtigen.
Unter Berücksichtigung dieser Auswirkungen wäre die Festsetzung einer Minderungsquote von 10- 15 % angemessen gewesen. Letztendlich kann dies aber dahinstehen, da auch bei Annahme einer Minderungsquote von 30 % durch die langanhaltende Nichtzahlung des Mietzinses ein solcher Rückstand erreicht wurde, dass der Rückstand mehr als zwei Monatsmieten im Sinne des § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 lit. b BGB beträgt.
e. Der Rückstand der Beklagten mit der Zahlung des Mietzinses war auch verschuldet im Sinne des § 286 Abs. 4 BGB. Bei der Feststellung eines Verschuldens im Rahmen einer Minderung sind an das Vorliegen eines unverschuldeten Rechtsirrtums strenge Anforderungen zu stellen. Ein Rechtsirrtum ist nur dann entschuldigt, „wenn der Irrende bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt mit einer anderen Beurteilung durch die Gerichte nicht zu rechnen brauchte … Bei einer zweifelhaften Rechtsfrage handelt bereits fahrlässig, wer sich erkennbar in einem Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt …“ (BGH NJW 2007, 428). Bestätigt und konkretisiert wurde diese Rechtsprechung durch die Entscheidung des BGH NJW 2012, 2882, 2883. Dort wurde ausgeführt, dass an das Vorliegen eines Rechtsirrtum über ein Minderungsrecht keine milderen Maßstäbe zu stellen sind, sondern vielmehr die gleichen strengen Anforderungen zu stellen sind, die auch sonst für einen unverschuldeten Rechtsirrtum gelten. Ein etwaiges Verschulden der Rechtsanwälte bzw. Berater haben sich die Beklagten zurechnen zu lassen (Schmidt-Futterer/Blank, § 543 Rn. 103). Aufgrund der vorhandenen Mängel war die Annahme einer Minderung um 100 % nicht zu vertreten. Ein fehlendes Verschulden der Beklagten ergibt sich auch nicht aus den vorgelegten Parteigutachten bzw. sonstigen Stellungnahmen. Aus diesen ergibt sich in keinem Fall eine Unbewohnbarkeit des Mietobjektes. Aus dem Gutachten des Sachverständigen Scholz vom 28.10.2010 ergibt sich nur, dass das Schlafzimmer nicht bestimmungsgemäß, also nicht als Schlafzimmer genutzt werden sollte. Aussagen dazu, dass das Anwesen nicht bewohnbar sei, finden sich nicht. Selbst dieser Sachverständige geht somit nicht von einer zwingenden Folge aus, sondern gibt nur eine Handlungsempfehlung. Spätestens mit dem Privatgutachten B musste den Beklagten jedoch klar sein, dass die Minderung um 100 % nicht die einzig vertretbare Ansicht war. Die weiteren Stellungnahmen können ebenfalls ein fehlendes Verschulden nicht begründen, da auch insoweit wieder die gegenläufige Stellungnahme des Privatgutachters B zu beachten war, zum anderen aber die Stellungnahmen aufgrund einer lediglich kurzen Sachverhaltsschilderung durch die Beklagten erfolgte, eine eigene Erhebung lag jeweils nicht vor. Exemplarisch darf auf die Stellungnahme des Umweltbundesamtes vom 04.06.2012 eingegangen werden, in welcher lediglich die allgemeinen Grenzwerte wiederholt werden und eine Sanierung angeraten wird. Auch aus dieser Stellungnahme ergibt sich keine Unbewohnbarkeit des Anwesens. Desgleichen die Stellungnahme der Umweltmedizinischen Beratung der LHS München vom 21.05.2012. Auch diese geht nur von einer Nutzungseinschränkung, nicht einer Aufhebung aus. Eine solche Nutzungseinschränkung kann aber auch in der Auflage an die Bewohner zu einem erhöhten Lüften zu sehen sein. Indem die Beklagten trotz Kenntnis einer abweichenden Ansicht weiterhin die Miete nicht zahlten, handelten sie schuldhaft.
Lediglich ergänzend wird darauf hingewiesen, dass auch nach der Kenntnis der Beklagten von dem gerichtlichen Gutachten diese ihre vollständige Minderung fortsetzten und selbst nach Erlass des erstinstanzlichen Räumungsurteils ihre Minderungspraxis nicht aufgaben.
f. Den Beklagten stand auch kein Zurückbehaltungsrecht in der Höhe der aufgelaufenen Zahlungsrückstände zu. Nach Auffassung des Sachverständigen war allein ein regelmäßiges Lüften ausreichend um die Konzentration mit Napthalin auf einen unterhalb des Schwellenwertes liegenden Wert zurückzuführen. Der Sachverständige führte in seinem Gutachten aus, dass zur Beseitigung regelmäßiges Lüften notwendig ist, flankierend sollten größere Fugen verschlossen werden.
Die Kammer ist der Auffassung, dass ein Zurückbehaltungsrecht lediglich bis zur Höhe des Drei- Fünffachen der Beseitigungskosten besteht, wenn es dem Mieter zuzumuten ist, den Mangel nach Fristsetzung selbst zu beseitigen (BGH NZM 2003, 437). Dadurch wird es dem Mieter ermöglicht, die Mangelbeseitigung mit ausreichender Sicherheit selbst vorzunehmen, da die von ihm aufgewandten Kosten durch das Zurückbehaltungsrecht abgesichert werden. Zudem wird ein Gleichlauf mit der werkvertraglichen Vorschrift des § 641 Abs. 3 BGB erreicht (vgl. Staudinger/Emmerich, § 536 Rn. 61). Anderenfalls, also bei einer Bemessung des Zurückbehaltungsrechtes nach dem Minderungsrecht, hätte es der Mieter sonst in der Hand, bei auch nur geringen Mängeln die von ihm zu zahlende Miete vorerst um ein vielfaches zu kürzen; für einen derartigen Druck auf den Vermieter besteht im Hinblick darauf, dass dem Mieter jederzeit die Mängelbeseitigungsklage oder die Selbstvornahme offensteht, kein Anlass. Hinsichtlich der Beseitigung des Mangels kann auf die oben gemachten Ausführungen verwiesen werden. Notwendig ist zunächst, eine ausreichende Belüftung zur Wiederherstellung des Normalzustandes. Flankierend hat der Sachverständige die Abdichtung der Fugen vorgeschlagen, auch andere Maßnahmen können ergriffen werden, sind aber nicht unbedingt notwendig. Die Kosten dieser Maßnahmen – die sich nur auf das Abdichten der Fugen empfohlenerweise beziehen – werden von der Kammer auf einen solch geringen Betrag geschätzt, dass die zulässige Höhe eines Zurückbehaltungsrechtes selbst bei großzügiger Anwendung jedenfalls in der Mitte des Jahres 2011 überschritten war.
Selbst wenn aber ein Zurückbehaltungsrecht gemessen an der Minderungsquote bejaht werden würde, wäre ein zur Kündigung ausreichender Rückstand bei Ausspruch der Kündigung im März 2012 erreicht worden. Wie die Kammer bereist oben deutlich machte, hält diese vorliegend eine Minderung in einem Bereich von 10- 15 % für angemessen. Bei der Anerkennung eines Zurückbehaltungsrechtes in der fünffachen Höhe hätten die Beklagten 50- 75 % der Miete zurückhalten können. Dies bedeutet aber auch, dass die Beklagten jedenfalls einen Betrag von 297,50 € hätten zahlen müssen, was sie nicht taten. Ein zur Kündigung ausreichender Rückstand im Sinne des § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 lit. b BGB war somit jedenfalls im Oktober 2011, somit vor Ausspruch der Kündigung, erreicht.
2. Betreffend die Zahlungsklage war entsprechend den obigen Ausführungen eine höhere Minderungsquote nicht zu gewähren. Die Beklagten haben somit entsprechend den Ausführungen des Erstgerichtes den rückständigen Mietzins in der ausgeurteilten Höhe zu zahlen. Eine
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 I ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO.
Hinsichtlich des Vollstreckungsschutzantrages des Beklagten gem. § 712 ZPO war im Hinblick auf die Kündigung der Klägerin wegen Verletzung mietvertraglicher Pflichten ein überwiegendes Gläubigerinteresse an der Vollstreckung des Urteils anzunehmen. Dies insbesondere auch deshalb, da die Beklagten seit geraumer Zeit in dem Anwesen nicht mehr wohnhaft sind. Dem Vollstreckungsschutzantrag der Beklagten war daher nicht zu entsprechen.
Es liegen keine Zulassungsgründe im Sinne des § 543 II ZPO vor. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, die eine Rechtsfortbildung nicht erfordert; auch ist eine divergierende Rechtsprechung nicht ersichtlich.