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Mietminderung wegen vorhersehbaren Bauarbeiten in der Nachbarschaft

LG Berlin – Az.: 63 S 208/12 – Beschluss vom 17.09.2012

Der Antrag des Beklagten auf Einstellung der Zwangsvollstreckung wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Beklagte, der erstinstanzlich zur Räumung und Herausgabe der an ihn vermieteten Wohnung verurteilt worden ist, begehrt nach Einlegung und Begründung der Berufung die Einstellung der Zwangsvollstreckung im Umfang der erstinstanzlichen Verurteilung.

II.

Die Zwangsvollstreckung aus dem angefochtenen Urteil war nicht §§ 707, 719 ZPO einzustellen. Das Gericht kann gemäß §§ 707, 719 ZPO die Vollziehung des angefochtenen Urteils aussetzen, wenn durch die Vollziehung dem Schuldner größere Nachteile drohen als dem Gläubiger und das Rechtsmittel nicht von vornherein ohne Erfolgsaussicht ist (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschluss vom 18. Mai 2010 – VIII ZB 9/10, GE 2010, 1055). An diesen Voraussetzungen fehlt es, da die von dem Beklagten erhobene Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat:

Das Amtsgericht hat den Beklagten gemäß §§ 985, 546 Abs. 1 BGB zu Recht zur Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung verurteilt, da das Mietverhältnis spätestens durch die in der Klageschrift ausgesprochene fristlose Kündigung seine Beendigung gefunden hat.

Der Klägerin stand gemäß §§ 543 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 b BGB ein Grund zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses zur Seite, da sich der Beklagte zuletzt mit einem Betrag von 1.501,73 EUR in Zahlungsverzug befunden und damit – ausgehend von einem monatlichen Mietzins von 577,18 EUR – in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug befand, der die Miete für zwei Monate erreicht.

Der vom Beklagten geschuldete Mietzins war im streitgegenständlichen Zeitraum nicht gemäß § 536 Abs. 1 BGB aufgrund der angeblichen Beeinträchtigungen, die vom benachbarten Bauprojekt „…“ ausgingen, gemindert. Insoweit bedarf es keiner abschließenden Entscheidung der Kammer, ob die klägerseits bestrittenen Beeinträchtigungen im streitgegenständlichen Zeitraum überhaupt vorlagen. Denn die Wertung des Amtsgerichts, der Beklagte habe aufgrund der vorhandenen Baulücke bereits bei Mietvertragsschluss damit rechnen müssen, dass die Baulücke später geschlossen würde, ist zutreffend und entspricht der ständigen Rechtsprechung der Kammer (vgl. nur Urt. v. 7. November 2011 – 63 S 59/11, GE 2012, 64 m.w.N.). Davon ausgehend haben die Parteien auch ohne gesonderten Hinweis des Vermieters eine – stillschweigende – Vereinbarung dahingehend getroffen, dass auch entsprechende baubedingte Beeinträchtigungen keine Abweichung des Ist- vom Sollzustand darstellen (vgl. Kammer, a.a.O.).

Nichts anderes folgt aus dem von der Berufung herangezogenen § 14 Abs. 1 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen zum Mietvertrag, wonach „Änderungen und Ergänzungen … nur gültig sind, wenn sie schriftlich vereinbart werden.“ Zum einen ist der Tatbestand der Regelung nicht eröffnet, da von der Regelung im Lichte der Auslegungsparameter der §§ 133, 157 BGB nur nachträgliche Änderungen oder Vereinbarungen erfasst sind, es sich bei der im Moment des schriftlichen Vertragsschlusses getroffenen – stillschweigenden – Abrede aber nicht um eine nachträgliche Abrede handelt. Zum anderen wäre dem Beklagten der Rekurs auf die vorgenannte Regelung aber auch für den Fall unbehelflich, dass es sich bei der getroffenen Abrede um eine nachträgliche handeln sollte. Denn einfache Schriftformklauseln wie die vorliegende werden als actus contrarius zur formfreien Begründung des Formzwangs durch die – stillschweigende -Vereinbarung einer nicht der Schriftform entsprechende Abrede wieder aufgehoben (st. Rspr., vgl. Ellenberger, in: Palandt, BGB, 71. Aufl. 2012, § 125 Rz. 17 m.w.N.).

III.

Der Beklagte wird darauf hingewiesen, dass die Berufung aus den Erwägungen zu II. offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Davon ausgehend beabsichtigt die Kammer, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, zumal die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Zulassung der Revision erfordert (vgl. BGH, Beschl. v. 21. Februar 2012 – VIII ZR 22/11, WuM 2012, 271 Tz. 2).

Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen, auch zur Frage, ob die Berufung vor dem Hintergrund des erteilten Hinweises zurückgenommen wird. Auf die damit verbundene Kostenreduzierung gemäß Nr. 1222 KV weist die Kammer vorsorglich hin.

 

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