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Mietminderungsanspruch bei asbesthaltigen Bodenplatten in Mietwohnung

LG Berlin – Az.: 64 S 223/17 – Urteil vom 17.10.2018

Auf die Berufung des Klägers und die Anschlussberufung der Beklagten wird das am 14. September 2017 verkündete Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg, Az. 204 C 129/14, teilweise geändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte zu 1. wird verurteilt, an den Kläger 6.662,48 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Zinssatz seit dem 5. August 2014 zu zahlen.

Die Beklagte zu 2. wird verurteilt, an den Kläger 154,17 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Zinssatz seit dem 27. November 2014 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Im Übrigen werden die Berufung und die Anschlussberufung zurückgewiesen.

Von den Gerichtskosten der ersten Instanz und den außergerichtlichen Kosten des Klägers und der Beklagten zu 1. in der ersten Instanz haben der Kläger 67% und die Beklagte zu 1. 33% zu tragen.

Von den Gerichtskosten der Berufungsinstanz und den außergerichtlichen Kosten des Klägers und der Beklagten zu 1. in der Berufungsinstanz haben der Kläger 59% und die Beklagte zu 1. 41% zu tragen.

Der Kläger hat die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2. beider Rechtszüge zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert wird für die erste Instanz auf 20.439,96 € und für die Berufungsinstanz auf 11.600,69 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Kläger macht gegen die Beklagte zu 1. als ursprüngliche Vermieterin und gegen die Beklagte zu 2. als Vermieterin seit dem 1. Januar 2014 Ansprüche wegen der Asbestbelastung der im Jahre 2003 angemieteten Wohnung geltend.

Der Kläger wirft den Beklagten vor, von der Wohnung seien schon bei Abschluss des Mietvertrages im Jahre 2003 Gesundheitsgefahren ausgegangen. Der Fußboden sei, wie die Beklagte zu 1. als Bauherrin gewusst habe, mit asbesthaltigen “Floor-Flex” Platten belegt gewesen. Die Platten seien beschädigt und setzten Asbestfasern frei.

Mietminderungsanspruch bei asbesthaltigen Bodenplatten in MietwohnungZudem hafteten die Beklagten, weil sie den Kläger nicht rechtzeitig auf die von den asbesthaltigen Bauteilen ausgehenden Gefahren hingewiesen hätten. Die Beklagte zu 1. habe die Mieter erst mit Schreiben vom November 2012 in allgemeiner Form darüber informiert, dass die Wohnungen unter Verwendung asbesthaltiger Bauteile errichtet worden sein könnten. Nachdem asbesthaltige Bauteile 1993 verboten wurden und 1996 “die Asbestrichtlinie” Handlungspflichten für den Eigentümer begründet habe, hätte die Beklagte zu 1. schon bei Mietvertragsschluss auf die von den asbesthaltigen Bauteilen ausgehenden Gefahren hinweisen müssen.

Wegen des Sach- und Streitstandes und der im ersten Rechtszug zur Entscheidung gestellten Sachanträge wird im Übrigen auf die Feststellungen in dem angefochtenen Urteil Bezug genommen. Ergänzend ist auszuführen, dass die Beklagten bereits im ersten Rechtszug die Einrede der Verjährung erhoben haben (Bl. I/126).

Das Amtsgericht hat die Klage hinsichtlich des Minderungsbegehrens abgewiesen, weil der Kläger bereits im Jahre 2005 an der Erneuerung der defekten Bodenplatten nicht mitgewirkt habe. Der Kläger habe jedoch einen Anspruch auf Schadensersatzzahlung gemäß § 536a Abs. 1 BGB gegen die Beklagten, weil sich die Beklagte zu 1. mit der Mängelbeseitigung von Juni 2003 bis August 2005 in Verzug befunden habe.

Das am 14. September 2017 verkündete Urteil ist dem Kläger am 26. September 2017 zugestellt worden. Er hat am 26. Oktober 2017 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 27. Dezember 2017 mit an diesem Tag bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Der Kläger trägt nunmehr vor, das Amtsgericht habe nicht aus der Aussage des Sachverständigen schließen dürfen, dass aus verwitterten Asbestzementplatten keine Fasern dahingehend freigesetzt werden, dass die üblichen Konzentrationen von Asbestfasern in der Außenluft signifikant überschritten werden. Der Gutachter habe keine geeignete Probe aus den Zementplatten entnommen und beziehe sich auf eine Studie aus der Schweiz, die er nicht kenne.

Zudem habe der Kläger entgegen der Auffassung des Amtsgerichts aktiv an der Mängelbeseitigung mitgewirkt. Er habe gegenüber der Beklagten zu 1. am 15. Juli 2005 den Termin abgesagt, weil er im Ausland gewesen sei. Aus diesem Grund habe er das Schreiben der Beklagten zu 1. vom 4. August 2005 nicht erhalten. Erst nach dem Rückumzug in die streitgegenständliche Wohnung wegen der Sanierung 2017 habe er seine Notizen zu den einzelnen Terminen gefunden, die er als Anlagen BK1 bis BK8 einreicht.

Der Kläger begehrt in der Berufungsinstanz nur noch:

1. die Rückzahlung minderungsbedingt überzahlter Miete für den Zeitraum vom 1. April 2013 bis zum 30. Januar 2017 in Höhe von 15 %, das heißt 4.465,03 €, nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit von beiden Beklagten gesamtschuldnerisch

2. die Zahlung von weiteren 4.500,19 € (7.135,66 € [ehemaliger Antrag zu 5.] – 2.635,47 € [Teilstattgabe]) nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit von beiden Beklagten gesamtschuldnerisch.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen und hilfsweise, das angefochtene Urteil und das ihm zu Grunde liegende Verfahren aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückzuverweisen.

Sie sind der Auffassung, dass eine konkrete Gefährdung aus den gebrochenen Flexplatten nicht ausgehe und ein Mangel daher nicht vorlege. Ferner sei der Vortrag des Klägers zu seinem vom Amtsgericht angenommenen Annahmeverzug im Jahre 2005 verspätet.

Die Beklagten haben am 26. Februar 2018 die Anschlussberufung eingelegt und begründet. Sie beantragen, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Anschlussberufung zurückzuweisen.

II.

1. Die Berufung ist wegen eines Teilbetrages des Berufungsantrages zu 2. in Höhe von 135,66 € betreffend die vorgerichtlichen Gutachtenkosten unzulässig. Insoweit fehlt es an einer Begründung des Antrages und an einer Auseinandersetzung mit dem amtsgerichtlichen Urteil. Im Übrigen ist die Berufung zulässig, insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden, §§ 511, 517, 519, 520 ZPO.

Die Anschlussberufung ist zulässig, insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt sowie begründet worden, § 524 ZPO.

2. Die Berufung hat teilweise Erfolg, soweit der Kläger – insoweit nach gemäß §§ 533, 264 Nr. 3 ZPO zulässiger Klageänderung – an Stelle der Minderungsfeststellung die Rückzahlung von im Zeitraum April 2013 bis April 2014 geleisteter Miete wegen Minderung sowie die Zahlung weitergehenden Schadensersatzes für den Zeitraum September 2005 bis März 2013 begehrt. Die weitergehende Berufung des Klägers ist dagegen unbegründet.

Die Anschlussberufung ist vollständig begründet, soweit die Beklagte zu 2. zur Zahlung verurteilt worden ist, da für die bis zum 31. Dezember 2013 fällig gewordenen Ansprüche des Klägers allein die Beklagte zu 1. als damalige Vermieterin haftet; die Voraussetzungen des § 566 Abs. 2 BGB sind entgegen der Ansicht des Amtsgerichts offensichtlich nicht erfüllt, da die Beklagten den Vermieterwechsel anzeigten, ohne dass der Kläger das Mietverhältnis gekündigt hätte. Die Anschlussberufung ist ferner begründet, soweit das Amtsgericht dem Kläger Schadenersatz für die im Zeitraum von Juni 2003 bis Dezember 2003 eingetretenen Nutzungseinbußen zugesprochen hat, weil der Anspruch insoweit, also in Höhe von 683,30 € (7 x 15% x 650,76 €), gemäß § 199 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4 BGB verjährt ist. Im Übrigen ist die Anschlussberufung unbegründet.

a) Der Kläger hat Anspruch auf Rückzahlung gezahlter Miete für den Zeitraum April 2013 bis einschließlich April 2014 gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB in Hohe von 499,91 € (12 x [15%-10%] x 768,31 € + [15%-10%] x 778,45 € = 460,99 € + 38,92 €). Der Anspruch besteht nur gegen die Beklagte zu 1. als damalige Vermieterin für den Zeitraum von April 2013 bis Dezember 2013 in Höhe von 345,74 € und nur gegen die Beklagte zu 2. als Vermieterin ab dem 1. Januar 2014 für den Zeitraum von Januar bis April 2014 in Höhe von 154,17 €.

Die Miete für die streitgegenständliche Wohnung war vom 1. April 2013 bis zum 30. Januar 2014 um 15% gemäß § 536 Abs. 1 BGB gemindert, sodass sich unter Berücksichtigung der von den Beklagten bereits gewährten Minderung der berechnete Betrag ergibt.

Es kann dahinstehen, ob den Beklagten bereits ab dem 1. April 2013 (Beginn des anerkannten Minderungszeitraums, Mieterinformation vom 11. März 2013, Anlage B17 Bl. II/128) oder erst ab dem 1. April 2014 (Schreiben der Beklagten, Anlage K7, Bl. I/77) bekannt war, dass die Bodenplatten in der streitgegenständlichen Wohnung asbesthaltig waren. Denn die Mietsache war von Anfang an mangelhaft. Die Kenntnis der Beklagten von diesem Umstand ist unerheblich. Entscheidend ist, dass sie nicht nach § 536c Abs. 2 BGB gerade mangels Anzeige des Klägers außer Stande waren, den Mangel zu beseitigen, da der Kläger den Bruch der Platten angezeigt hatte.

aa) Die streitgegenständliche Wohnung war zu Beginn des Mietverhältnisses im Mai 2003 aufgrund der sich darin befindenden asbesthaltigen Bodenplatten, die mannigfaltige Schadstellen aufwiesen, im Sinne des § 536 BGB mangelhaft.

Das Vorhandensein von Asbestfasern in dem Fußbodenbelag vor der Sanierung ist unstreitig. Bei Einzug des Klägers in die streitgegenständliche Wohnung 2003 entsprach die Verwendung von astbesthaltigen Baustoffen nicht mehr dem Stand von Technik und Wissenschaft. Asbesthaltige Baustoffe wurden im Jahre 1993 verboten. Im Jahre 1996 trat die sog. “Asbest-Richtlinie“ in Kraft.

Bodenplatten, die festgebundenen Asbest enthalten, stellen allerdings keinen Sachmangel dar, soweit sie unversehrt sind und ein Austritt von Asbestfasern nicht zu befürchten ist.

Asbesthaltige Fußbodenplatten stellen jedoch einen zur Minderung berechtigenden Mangel der Mietsache dar, wenn eine Gesundheitsgefährdung durch sich lösende Fasern besteht (vgl. LG Berlin, Urteil vom 27.10.1998, 65 S 223/98, GE 1999, 47). Dies ist der Fall, wenn sie – wie hier – beschädigt sind. Durch die Beschädigung einer asbesthaltigen Fußbodenplatte können die zunächst in der Platte gebundenen Asbestfasern schon durch die Beanspruchung beim Begehen des Bodens an den Bruchkanten der Platte freigesetzt werden. Ein so neben einer vorhandenen allgemeinen Belastung entstehendes zusätzliches Gefahrenpotential durch Asbestfasern freisetzende, gerissene oder gebrochene Fußbodenfliesen muss der Mieter nicht hinnehmen.

Der Sachverständige L. hat in seinem Gutachten festgestellt (Bl. III/37-38), dass die asbesthaltigen Fußbodenplatten innerhalb der streitgegenständlichen Wohnung beschädigt seien und ein Faseraustritt möglich sei.

Die Feststellung, dass ein Gesundheitsschaden bereits eingetreten ist oder konkret droht, ist nicht erforderlich. Für die Frage, ob ein Mangel vorliegt, gilt ein anderer Maßstab als bei Ansprüchen auf Schadensersatz wegen einer Gesundheitsschädigung. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 2. April 2014 (BGH VIII ZR 19/13, Urteil vom 2. April 2014, GE 2014, 868 f., zitiert nach juris) ist nicht einschlägig. Auch bloß abstrakt gesundheitsgefährliche Baustoffe gehören nicht in eine Mietwohnung.

bb) Das Amtsgericht hat das Gutachten des Sachverständigen L. zutreffend gewürdigt, indem es nicht davon ausgeht, dass auch der Bodenkleber einen Mangel darstelle. Denn der Sachverständige L. hat den Kleber als asbestfrei eingestuft (Bl. III/37). Die Kammer folgt der Auffassung des Amtsgerichts, dass die im Widerspruch zu der Materialprobe stehende Asbestbelastung der Oberflächenkontaktproben aus einer Restanhaftung der darüber befindlichen asbesthaltigen Fliese resultiere.

Im Übrigen würde eine Asbesthaltigkeit des Bodenklebers zu keiner signifikant größeren Gebrauchseinschränkung führen, sodass sie gemäß § 536 Abs. 1 S. 3 BGB ohne Einfluss auf die Höhe der Minderung bliebe.

cc) Ob die korrodierten asbesthaltigen Fassadenplatten im Außenbereich einen Mangel im Sinne des § 536 Abs. 1 BGB darstellen, kann dahin stehen.

Der Sachverständige L. hat sich in seinem Gutachten nicht zu der Frage geäußert, ob ein Faseraustritt möglich ist. Während seiner Befragung im Termin am 12. Juli 2017 hat er bekundet, dass ihm keine Studien bekannt seien, wonach aus verwitterten Asbestplatten Fasern freigesetzt würden, die zu einer Überschreitung der üblichen Konzentrationen von Asbestfasern in der Außenluft führen würden. Zudem hat er auf seine eigenen Erfahrungswerte sowie auf Untersuchungsergebnisse einer Schweizer Studie hingewiesen, die in einer Broschüre des Bayerischen Landesamt für Umwelt aus dem Jahr 2013 sowie in einem Bericht des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung erwähnt wird. In diesem Bericht wird unter 5.1 davon ausgegangen, dass eine allgemeine Gesundheitsgefährdung durch eine natürliche Abwitterung von Asbestfasern aus Asbestzementprodukten äußerst unwahrscheinlich sei.

Ob die korrodierten Fassadenplatten eine erhebliche Gebrauchsbeeinträchtigung der Mietwohnung bedeuten, weil von ihnen Gesundheitsgefahren ausgehen, hängt mithin davon ab, ob und in welchem Umfang die Außenluft ohnehin im Sinne einer nicht vermeidbaren Hintergrundbelastung mit Asbestfasern belastet ist. Der Kläger bestreitet die Existenz einer solchen Hintergrundbelastung, ohne jedoch Beweis für ihr Fehlen anzutreten.

Ob insoweit der Kläger oder die Beklagten beweisbelastet sind, kann dahinstehen. Ein denkbarer Faseraustritt aus den inzwischen ersetzten Fassadenplatten hätte jedenfalls zu keiner signifikanten zusätzlichen Gebrauchsbeeinträchtigung der Wohnung geführt, sodass er gemäß § 536 Abs. 1 Satz 3 BGB für die Höhe der Minderung unerheblich bliebe.

Die Terrassenbodenplatten enthalten nach den Feststellungen des Sachverständigen keinen Asbest (Bl. III/37).

dd) Das Minderungsrecht des Klägers ist erst für den Zeitraum ab Mai 2014 ausgeschlossen, weil er mit der Mängelbeseitigung in Annahmeverzug geriet.

Dem Mieter ist das Minderungsrecht grundsätzlich abzusprechen, wenn er die Mängelbeseitigung verhindert oder mutwillig erschwert (Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Auflage, § 536, Rn. 628).

(1) Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts befand sich der Kläger nicht bereits seit dem Jahr 2005 im Annahmeverzug gemäß § 293 BGB.

Allein die Tatsache, dass der Kläger laut den schriftlichen Anmerkungen der Beklagten zu 1. auf dem Schreiben vom 4. August 2005 (Anlage B10, Bl. I/218f. d.A.) bei dem Termin am 23. August 2005 nicht anwesend war, genügt nicht, um einen Annahmeverzug des Klägers zu begründen.

Der Vortrag des Klägers zu seinem vom Amtsgericht angenommenen Annahmeverzug im Jahre 2005 ist in der Berufungsinstanz gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO zuzulassen.

Der Kläger hat vorgetragen, seine Notizen erst nach Wiedereinzug in die streitgegenständliche Wohnung nach der Sanierung 2017 gefunden zu haben. Soweit die Beklagtenseite anführt, dass der Kläger lediglich von Januar bis Mitte September 2017 eine Ersatzwohnung bewohnt habe und daher seit Klageerhebung 2,5 Jahre Zeit hatte, diese Unterlagen einzureichen, greift der Einwand nicht durch. Denn das Amtsgericht hat ein Annahmeverzug des Klägers im Jahr 2005 erstmals im angefochtenen Urteil vom 14. September 2017 thematisiert. Die Beklagtenseite hatte zuvor die Anlage B10 mit dem von dem Kläger nicht wahrgenommenen Termin als Darlegung schwieriger Terminabsprache (Bl. I/126 d.A.) angeführt. Dass der Kläger angebotene Sanierungsmaßnahmen nicht angenommen habe, trug die Beklagtenseite erst für das Jahr 2014 (Anlage B6, Bl. I/204ff d.A.) vor.

Dem Kläger wurde mit Schreiben vom 8. Juli 2005 ein Termin zur Erneuerung der fehlenden und gebrochenen Fußbodenplatten am 19. Juli 2005 durch die Fa. P. mitgeteilt (Anlage BK1, Bl. III/195 d.A.). Der Kläger hat am 15. Juli 2005 per Fax (Anlage BK2, Bl. III/197 d.A.) abgesagt, weil er sich zu dem Zeitpunkt im Ausland befand.

Mit Schreiben vom 4. August 2005 (Anlage BK3, Bl. III/198 d.A. auch als Anlage B10, Bl. I/218 d.A. eingereicht) wurde dem Kläger einen neuen Termin am 23. August 2005 mitgeteilt. Diesen Termin konnte der Kläger nicht einhalten, weil er sich immer noch im Ausland befand, wie er der Beklagten zu 1. mitgeteilt hatte.

Das einfache Bestreiten des Zugangs der als Anlagen BK2, BK4, BK6 und BK8 eingereichten Faxschreiben durch die Beklagten genügt nicht. Wenn ein Mieter Faxschreiben vorlegt, die an die Faxnummer des Vermieters gerichtet sind und er den o.k-Vermerk auf dem Sendebericht nachweisen kann, spricht ein Anscheinsbeweis für den Zugang, den der Vermieter erschüttern muss (OLG Naumburg Urt. v. 18.5.2006 – 9 U 50/03, BeckRS 2008, 05227, beck-online). Für diese Behauptung hat der Kläger Beweis durch die Vernehmung der Zeugin S. angeboten (Bl. IV/31). Ohnehin ist hinsichtlich der Anlage BK2 unstreitig, dass der Kläger die mit dem als Anlage BK1 vorgelegten Schreiben vom 8. Juli 2005 angekündigten Termine am 15. Juli 2005 abgesagt hatte. Dies ergibt sich aus der Anlage B10/BK3. Wenn die Beklagten den Zugang der Anlage BK2 bestreiten wollen, müssten sie dartun, welche andere Nachricht sie am 15. Juli 2005 vom Kläger erhielten.

Auch wenn die Angaben des Klägers zu dem Anruf bei der Fa. P. vage sind und insgesamt der Eindruck entsteht, dass er kein ausgeprägtes Interesse an der Beseitigung der beschädigten Bodenplatten hatte, haben die Beklagten einen Annahmeverzug nicht hinreichend dargetan. Aus den Anlagen BK3 (Bl. III/198f. d.A.), BK6 (Bl. III/203 d.A.), BK7 (Bl. III/204 d.A.) und BK8 (Bl. III/205f. d.A.) ergibt sich, dass der Kläger Bemühungen entfaltet hat, um weitere Termine zur Mängelbeseitigung zu vereinbaren. Die übrigen Mangelbeseitigungsarbeiten wurden unstreitig nachfolgend von dem Kläger ermöglicht und durchgeführt. Da die Beklagte zu 1. die verschiedenen Mangelbeseitigungsarbeiten – wie aus der Anlage BK3 ersichtlich – als Maßnahmenbündel durchführen wollte und der Kläger die Durchführung der überwiegenden Mehrheit dieser Arbeiten ermöglicht hat, an der Terminvereinbarung mitgewirkt hat und sein Interesse an der Durchführung der Arbeiten gegenüber der Beklagten zu 1. mit Nachdruck geäußert hat, hätte sich die Beklagte zu 1. hinsichtlich der beschädigten Bodenplatten erneut mit dem Kläger in Verbindung setzen müssen.

(2) Der Minderungsanspruch des Klägers ist für den Zeitraum ab Mai 2014 ausgeschlossen, weil die Beklagten hinreichend substantiiert vorgetragen haben, dass der Kläger sich mit der Duldung der Instandsetzungsmaßnahmen in Verzug befand (Bl. I/126 d.A. i.V.m. Anlage B6, Bl. I/204 ff. d.A.). Mangels Reaktion auf das Schreiben vom 1. April 2014 (Anlage K7) geriet der Kläger in Annahmeverzug. Den diesbezüglichen Vortrag hat der Kläger nicht bestritten. Er hat lediglich ausgeführt, dass das Gericht eine Ablehnung der Arbeiten 2014 nicht als gegeben sah (Bl. III/194 d.A.). Einen Grund für das Verstreichenlassen der Frist zur Duldung der Instandsetzungsmaßnahmen hat er nicht genannt, obwohl die Beklagten ihm insoweit bereits im ersten Rechtszug eine Vereitelung der Mangelbeseitigung vorgeworfen haben.

Die Weigerung der Beklagten zu 2., parallel zum Austausch der beschädigten Fußbodenplatten die Terrasse der streitgegenständlichen Wohnung zu sanieren, führt nicht dazu, dass der Annahmeverzug des Klägers zu verneinen wäre. Zum einen hätten Sanierungsarbeiten an der Terrasse unabhängig von der Instandsetzung des Fußbodens und nach Abschluss der diesbezüglichen Arbeiten durchgeführt werden können; einer Räumung der Wohnung und eines vorübergehenden Umzugs in eine andere Unterkunft bedurfte es für Arbeiten im Terrassenbereich nicht. Zum anderen waren jedenfalls die Fußbodenplatten der Terrasse gar nicht mangelhaft, sodass der Kläger auf die von ihm geforderte umfängliche „Terrassensanierung“ ohnehin keinen Anspruch hatte. Soweit der Kläger ausführt, dass die ihm für die Zeit der Durchführung der Instandsetzungsarbeiten angebotene Ersatzwohnung nicht nutzbar gewesen sei, ist der Vortrag gemäß § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht zuzulassen, weil der Kläger diesen Einwand bereits im ersten Rechtszug hätte vortragen können. Im Übrigen ist das Vorbringen gänzlich unsubstantiiert; der Kläger hat auch nicht dargetan, dass er die Beklagten etwa aufgefordert hätte, ihm eine angemessenere Umsetzwohnung anzubieten oder nachzuweisen.

b) Dem Kläger ist auf die Berufung ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zu 1. gemäß § 536a Abs. 1 BGB in Höhe von 4.364,53 € (7.000,00 € – 2.635,47 €) über den vom Amtsgericht zugesprochenen Betrag hinaus zuzusprechen. Soweit der Kläger in dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangenen Schriftsatz die Auffassung vertritt, dass die Kammer ihm mehr als die zum Gegenstand des Rechtsstreits gemachte Forderung von 7.000,00 € zusprechen könne und müsse, weil er ausgeführt habe, dass der Anspruch mindestens in dieser Höhe bestehe, ist ihm nicht zu folgen. Der Kläger hat nach Maßgabe des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO einen bezifferten Antrag zur Verhandlung gestellt, an den die Kammer gemäß § 308 Abs. 1 ZPO gebunden ist.

Gleichzeitig ist die Klage auf die Anschlussberufung in Höhe des vom Amtsgerichts zugesprochenen, aber verjährten Teilbetrages von 683,30 € für den Zeitraum Juni 2003 bis einschließlich Dezember 2003 unter Abänderung des angefochtenen Urteils zurückzuweisen.

Im Ergebnis steht dem Kläger insgesamt eine Schadenersatzzahlung von 6.316,70 € zu.

aa) Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts dauerte der Schuldnerverzug der Beklagten zu 1. jedenfalls bis März 2013 fort, weil der Kläger – wie bereits ausgeführt – erst später in Annahmeverzug geriet. Die Beklagte zu 2. haftet für das Geschehen im Zeitraum bis März 2013 nicht, weil sie erst nach diesem Zeitpunkt Vermieterin wurde.

Als Grundlage für die Höhe des Schadensersatzes ist der aufgrund des Mangels gegebene Minderwert der Wohnung heranzuziehen. Die Kammer hält die vom Amtsgericht angenommene Minderungsquote von 15 % der monatlichen Bruttomiete für angemessen. Die Bruttomiete beträgt laut dem als Anlage K1 eingereichten Mietvertrag zumindest 650,76 € (Bl. I/45 d.A.).

Der streitige Zeitraum erstreckt sich von Juni 2003 bis März 2013. Ein anfänglicher Mangel liegt vor, weil die „Floor-Flex“ Platten bereits bei Beginn des Mietverhältnisses beschädigt waren. Mit Schreiben vom 14. Mai 2003 (Anlage K15, Bl. II/22 d.A.) erstellte der Kläger eine vorläufige Mängelliste, in der mehrfach auf die starke Beschädigung des Fußbodens hingewiesen und um Mängelbeseitigung bis zum 25. Mai 2003 gebeten wurde.

Das Amtsgericht hat ausgeführt, dass der Kläger für den Zeitraum von Juni 2003 bis August 2005 einen Schadenersatzanspruch in Höhe von 2.635,47 € habe.

Der mit der Berufung für den Zeitraum September 2005 bis März 2013 begehrte Schadenersatz von 4.364,53 € ist, ausgehend von einer monatlichen Mindestmiete von 650,76 € und einem fortbestehenden Wohnungs-Minderwert von 15 %, mithin in voller Höhe begründet.

bb) Der Schadenersatzanspruch des Klägers ist lediglich hinsichtlich des Jahres 2003, mithin in Höhe von 683,30€ (7 Monate x [650,76 x 15 %]) verjährt. Für den Schadensersatzanspruch aus § 536a Abs. 1 BGB gilt die regelmäßige Verjährungsfrist gemäß §§ 195, 199 BGB. Die Verjährungsfrist beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den Anspruch begründenden Umständen und des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Der Kläger hatte frühestens mit der als Anlage B16 (Bl. II/124 ff. d.A.) eingereichten Informationsbroschüre, die die Beklagte zu 1. allen Mietern des Hauses im November 2012 schickte, Kenntnis davon, dass die Fußbodenplatten Asbest enthalten könnten. Sein Wissen um die Beschädigung der Florflexplatten könnte allenfalls wegen eines Teilbetrages, der der optischen Beeinträchtigung entspricht, nicht aber wegen der durch die Asbestgefahr begründeten Ansprüche zur Verjährung führen. Die optische Beeinträchtigung fällt aber neben den Asbestgefahren bei der Ermittlung des Schadensersatzanspruchs nicht ins Gewicht, sodass die Verjährungseinrede gegen den Berufungsanspruch erfolglos bleibt.

Allerdings greift für das Jahr 2003 die absolute Verjährungsfrist von zehn Jahren nach Entstehung des Schadensersatzanspruches gemäß § 199 Abs. 3 Nr. 1 BGB. Bei Klageerhebung im Jahre 2014 waren die im Jahr 2003 entstandenen Ansprüche bereits verjährt, sodass die Klage insoweit auf die Anschlussberufung hin abzuweisen ist.

c) Weder der minderungsbedingte Rückzahlungsanspruch des Klägers nach §§ 812, 536 BGB für den Zeitraum ab April 2013, noch der für den Zeitraum bis März 2013 begründete Schadenersatzanspruch sind gemäß oder entsprechend § 814 BGB ausgeschlossen. Da der Kläger erst durch das Schreiben vom 11. März 2013 erfuhr, dass die Fußbodenplatten in der Wohnung Asbest enthalten könnten, scheidet ein Wissen des Klägers um die hier streitgegenständlichen Ansprüche und damit eine Anwendung des § 814 BGB für den Zeitraum bis ein schließlich März 2013 aus. Darauf, dass der Kläger vorträgt, die Miete seit 2003 ohnehin unter Vorbehalt der Rückzahlung gezahlt zu haben, kommt es deswegen gar nicht an.

Da der Kläger zudem mit Schreiben des Berliner Mietervereins vom April 2013 (vgl. Anlage K6, Bl. I/75 d. A.) ausdrücklich erklären ließ, dass er sich wegen der Asbestproblematik eine Mietminderung von bis zu 100 % vorbehalte, sind auch seine Rückzahlungsansprüche für den Zeitraum von April 2013 bis April 2014 nicht nach § 814 BGB ausgeschlossen.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Soweit die Beklagte zu 2. Wegen eines geringfügigen Teilbetrages des klägerischen Begehrens unterliegt, rechtfertigt es dies nicht, ihr einen Teil der Kosten aufzuerlegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 8 EGZPO.

Anlass, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen, besteht nicht. Grundsätzliche, ihrer Bedeutung nach über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfragen sind nicht betroffen. Eine Revisionszulassung zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung ist ebenfalls nicht geboten.

Die Streitwertfestsetzung für den ersten Rechtszug setzt sich wie folgt zusammen: Klageantrag zu 1.: 4.903,35 € (42 x 0,15 x 778,31 €), Klageantrag zu 2.: 5.000 €, Klageantrag zu 3.: 1400,95 € (12 x 0,15 x 778,31 €), Klageantrag zu 4.: 1.000 €, Klageantrag zu 5.: 7.135,66 €, Klageantrag zu 6.: 1.000 €.

Die Streitwertfestsetzung in der Berufungsinstanz beruht auf §§ 63 Abs. 2, 47 Abs. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO(8.965,22 € Berufung und 2.635,47 € Anschlussberufung).

Der Schriftsatz der Beklagten vom 16. Oktober 2018 gibt weder Anlass zu einer abweichenden Beurteilung noch zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

 

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