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Mietrückerstattung bei unzulässiger Mieterhöhung

AG Lichtenberg – Az.: 3 C 134/17 – Urteil vom 27.03.2018

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 29,86 € zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 92 % und die Beklagte 8 % zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht vor der Vollstreckung die jeweils andere Partei Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Beklagte ist Vermieterin einer Wohnung im Haus …. Die Wohnung verfügt über 53,36 m². Mieterinnen der Wohnung sind seit dem 1.2.2017 …. Die gem. Mietvertrag vereinbarte Miete beträgt 448,20 € nettokalt zzgl. Nebenkostenvorauszahlungen. Die Wohnung verfügt über 2 Zimmer, Küche und Bad sowie Zentralheizung mit Warmwasser. Sie ist in das Mietspiegelfeld E 2 des Berliner Mietspiegels einzuordnen und ist mit einem Strukturheizkörper im Bad, Fliesenboden in der Küche, einem wohnungsbezogenen Kaltwasserzähler und 1999 eingebauten Holzisolierglasfenstern ausgestattet. Die Wohnung ist verkehrslärmbelastet und bietet keine Fahrradabstellmöglichkeiten auf dem Grundstück.

Aus abgetretenem Recht der Mieterinnen verlangte die Klägerin von der Beklagten erstmals mit Schreiben vom 20.2.2017 Auskunft zur Miethöhe gem. § 556 g BGB. Die Beklagte erteilte diese Auskünfte zunächst nicht. Mit Schreiben vom 11.5.2017 (B1, Bl. 47 f. d. A.) erklärte sie sodann vor der Neuvermietung der Wohnung sei in der Küche erstmals ein Fliesenboden eingebaut worden. Dies habe einschließlich der Nebenarbeiten Kosten in Höhe von 1.280,58 € verursacht. Weiter seien zu Kosten von 1.885,27 € die Dielen in der Wohnung abgeschliffen und versiegelt worden.

Mit der vorliegenden Klage verlangt die Klägerin aus abgetretenem Recht die Rückzahlung eines Teilbetrages der von den Mieterinnen voll gezahlten Miete für März 2017 in Höhe von 95,44 €.

Die Klägerin ist der Meinung, zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichmiete im Rahmen des § 556 d Abs. 1 BGB sei der Mietspiegel Berlin 2015 heranzuziehen. Die Klägerin behauptet, in der Küche sei kein Platz für einen Geschirrspüler und bestreitet die Aufwendungen der Klägerin vor der Neuvermietung mit Nichtwissen.

Die Klägerin hat mit der am 24.4.2017 bei Gericht eingegangenen und am 23.5.2017 der Beklagten zugestellten Klage zunächst auch den Auskunftsanspruch weiterverfolgt. Mit Schriftsatz vom 16.2.2018 hat sie die Klage wegen dieser ursprünglich mit den Klageanträgen zu 1. a. – d. verfolgten Ansprüche für erledigt erklärt und beantragt nunmehr,

1. festzustellen, dass der Rechtsstreit bzgl. des Klageantrages zu 1. aus der Klageschrift vom 18.4.2017, auch in der Fassung gemäß Schriftsatz vom 6.6.2017, in der Hauptsache erledigt ist.

2. die Beklagte zu verurteilen, an sie 95,44 € zu zahlen.

Die Beklagte hat sich der Teilerledigungserklärung nicht angeschlossen und beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, die sog. Mietpreisbremse sei verfassungswidrig, die Mietenbegrenzungsverordnung vom 28.4.2017 rechtswidrig und der Mietspiegel Berlin 2015, wie auch der Mietspiegel Berlin 2017 seien nicht nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt.

Die Beklagte behauptet, die oberste Geschossdecke sei mit einer Dämmung von 12 cm Dicke versehen worden.

Das Gericht hat Beweis erhoben über den Zustand der Fußböden in der streitgegenständlichen Wohnung vor den Arbeiten im Rahmen der Neuvermietung durch die Vernehmung der Zeugin … . Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.3.2018, Bl. 177 d. A., Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist lediglich zum Teil begründet.

1.

Es ist nicht festzustellen, dass der Rechtsstreit bzgl. des ursprünglichen Klageantrages zu 1. in der Hauptsache erledigt ist. Erledigung der Hauptsache liegt nur vor, wenn der geltend gemachte Anspruch nach Rechtshängigkeit erfüllt wird. Dies ist hier jedoch schon deshalb nicht der Fall, weil die mit Schreiben der Beklagten vom 11.5.2017 erteilte Auskunft der Klägerin vor Rechtshängigkeit zuging, denn die Klagezustellung erfolgte, worauf die Klägerin hingewiesen wurde, erst am 23.5.2017.

2.

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Rückzahlung eines Teils der für März 2017 gezahlten Miete zu, §§ 556 g Abs. 1, 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt., 398 BGB, jedoch nicht in der geltend gemachten Höhe.

a.

Die Klägerin ist für den Anspruch aktiv legitimiert. Die Abtretung des Anspruchs von den Mieterinnen an die Klägerin ist nicht gem. § 134 BGB wegen eines Verstoßes der Klägerin gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) nichtig. Die vorgerichtliche Tätigkeit der Klägerin, nämlich das Geltendmachen von Auskunftsansprüchen im Rahmen des § 556 g BGB sowie von Rückzahlungsansprüchen gegebenenfalls überzahlter Miete und Kaution sowie der Feststellung der zulässigen Miethöhe für die Mieterinnen überschreitet nicht den Rahmen des gem. § 10 RDG der Klägerin erlaubten. Die Klägerin ist unstreitig für Inkassodienstleistungen gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1 RDG registriert. Die Tätigkeiten der Klägerin stellen sich als Inkassodienstleistungen gem. § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG dar, denn es werden gegebenenfalls bestehende Ansprüche geltend gemacht. Dass die Klägerin in diesem Rahmen die Höhe des geltend zu machenden Zahlungsanspruches erst ermittelt und zumindest insoweit rechtsberatend tätig wird, steht der Annahme einer Inkassotätigkeit bereits nach der Definition in § 2 RDG nicht entgegen.

b.

Die Beklagte ist zur Erstattung eines Teils der für März 2017 vereinnahmten Nettokaltmiete, nämlich in Höhe von 29,86 € gem. §§ 556 g Abs. 1, 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt., 398 BGB verpflichtet, denn um diesen Betrag überschreitet die vertraglich vereinbarte Nettokaltmiete den gem. § 556 d Abs. 1 BGB höchstzulässigen Betrag.

§ 556 d BGB, insbesondere die Verordnungsermächtigung gem. § 556 d Abs. 2 BGB ist nicht verfassungswidrig. Der Vortrag der Klägerin hierzu entbehrt hinreichender Substanz. Im übrigen wird hierzu und zur Rechtmäßigkeit der auf § 556 d Abs. 2 BGB gestützten Berliner Mietenbegrenzungsverordnung vom 28.4.2017 Bezug genommen auf die ausführlichen Darlegungen im Urteil des Landgerichts Berlin vom 29.3.2017 – 65 S 424/16 – insb. Rz 50 ff. zur Mietenbegrenzungsverordnung.

Die gem. § 556 d Abs. 1 BGB maßgebliche ortsübliche Vergleichsmiete ist hier anhand des Berliner Mietspiegels 2017 zu ermitteln. Es ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht der Mietsiegel 2015 zugrunde zu legen, denn der Abschluss des Mietvertrages erfolgte zum 1.2.2017 und mithin nach dem Erhebungsstichtag – 1.9.2016 – für den Mietspiegel 2017, so dass dieser Mietspiegel Auskunft zur Höhe der ortsüblichen Mieten zum maßgeblichen Zeitpunkt des Beginns des Mietverhältnisses gibt.

Dieser Mietspiegel ist auch für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete heranzuziehen. Es kann dabei offen bleiben, ob der Mietspiegel den erhöhten Anforderungen des § 558 d BGB genügt. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, kann er jedenfalls als einfacher Mietspiegel taugliche Grundlage der richterlichen Überzeugungsbildung von der Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete sein. Er erfüllt die Anforderungen des § 558 c Abs. 1 BGB, vgl. Urteil des Landgerichts Berlin vom 29.3.2017, 65 S 424/16 – insb. Rz 124 – für den insoweit gleich gelagerten Mietspiegel 2015.

Es ist somit auszugehen von einer Mietspanne gem. dem Feld E 2 von 5,52 bis 7,65 €/m² bei einem Mittelwert von 6,34 €/m². Nach dem im Wesentlichen unstreitig gebliebenen Vortrag der Parteien zur Ausstattung der Wohnung sind die Merkmalsgruppen Bad (Strukturheizkörper), Küche (Fliesen) und Wohnung (Wasserzähler, Fenster) unstreitig positiv und die Merkmalsgruppe Wohnumfeld (laut, keine Fahrradabstellmöglichkeit) negativ zu bewerten. Im Termin am 12.9.2017 wurde durch Einsicht in die vorliegenden Fotos festgestellt, dass in der Küche ein Geschirrspüler stellbar ist. Das danach einzige noch streitige Merkmal ist die Wärmedämmung zusätzlich zur Bausubstanz. Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, die oberste Geschossdecke sei mit einer Dämmung von 12 cm Dicke ausgestattet worden. Dies hat die Klägerin mit Nichtwissen bestritten. Ein Bestreiten von Ausstattungsmerkmalen ist jedoch nicht mit Nichtwissen statthaft, da diese der eigenen Wahrnehmung zugänglich sind, § 138 Abs. 4 ZPO. Dass dies hier aufgrund der Umstände nicht möglich wäre, hat die Klägerin auch auf den diesbezüglichen Hinweis der Beklagten nicht dargetan. Es ist mithin auch die Merkmalsgruppe Gebäude positiv zu bewerten. Insgesamt ist damit von einem Übersteigen des Mittelwertes um 60 % und damit von einer ortsüblichen Vergleichsmiete von 7,13 €/m² auszugehen. Zzgl. 10 % ergeben sich sonach 7,84 €/m² als maximal zulässige Neuvermietungsmiete.

Eine höhere Miete kann die Beklagte auch nicht gem. § 556 e Abs. 2 BGB beanspruchen. Aus den dargelegten Kosten der erstmaligen Verfliesung des Küchenfußbodens, welche einen Aufschlag von 0,22 €/m² rechtfertigen, ergibt sich, dann ausgehend von nur 3 positiven und 1 negativen Merkmalsgruppen zzgl. 10 %, nur eine maximale Miete von 7,77 €/m². Die weiteren Kosten für das Abziehen der Dielen sind nach § 556 e Abs. 2 BGB nicht ansatzfähig, denn insoweit liegt keine Modernisierung der Wohnung vor. Die Zeugin … hat die Behauptung der Beklagten, die Wohnung sei zuvor mit ochsenblutfarbenen Dielen ausgestattet gewesen nicht bestätigt. Vielmehr war die Wohnung zuvor mit Laminat ausgestattet. Laminat stellt jedoch gegenüber abgezogenen Dielen keine geringwertigere Ausstattung dar. Somit sind die Aufwendungen zur Veränderung der Ausstattung hier als Instandsetzungskosten, nicht als Modernisierungsaufwendungen anzusehen. Der Vortrag der Beklagten zur Höhe dieser Aufwendungen kann daher dahin stehen. Die Klägerin ist jedoch darauf hinzuweisen, dass ein konkretes Bestreiten dieser Kosten die vorherige Einsichtnahme in die Unterlagen erfordern dürfte.

Bezogen auf die Wohnfläche beträgt die maximal zulässige Nettokaltmiete per 1.2.2017 somit 418,34 €, so dass für März 2017 ein Betrag von 29,86 € zurückzuzahlen ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. § 713 findet keine Anwendung, da die Streitwertfestsetzung für den Klageantrag zu 1. rechtsmittelfähig ist.

Die Berufung war nicht zuzulassen, § 511 ZPO, soweit sie nicht ohnehin statthaft sein sollte.

 

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