LG Berlin – Az.: 64 S 260/21 – Beschluss vom 11.05.2022
Die Berufung des Klägers gegen das am 27. September 2021 verkündete Schlussurteil des Amtsgerichts Charlottenburg – 213 C 84/21 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Streitwert wird für den Berufungsrechtszug auf 16.800 Euro (12 x 1.400 Euro) festgesetzt.
Gründe:
I.
Der Kläger nimmt die Beklagten u. a. auf Räumung und Herausgabe der mit Vertrag vom 2. Mai 2017 gemieteten Vierzimmerwohnung in Anspruch. Wegen des Sach- und Streitstandes einschließlich der zur Entscheidung gestellten Anträge wird auf die tatsächlichen Feststellungen des Versäumnisteil- und Schlussurteils Bezug genommen, das dem Kläger am 30. September 2021 zugestellt worden ist. Das Amtsgericht hat durch Versäumnisteilurteil festgestellt, dass die auf Ausgleich restlicher Mietrückstände gerichtete Zahlungsklage über 1.056,96 Euro nebst Zinsen in der Hauptsache erledigt sei; es hat ferner die Klage auf Räumung und Herausgabe der Wohnung durch das angefochtene Schlussurteil mit der Begründung zurückgewiesen, der durch das verfassungswidrige Berliner MietenWoG entstandene Zahlungsverzug der Beklagten habe weder die fristlose noch die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigen können. Mit der am 4. Oktober 2021 eingelegten und am 29. November 2021 begründeten Berufung verfolgt der Kläger die Räumungsklage weiter.
Er trägt vor, bei einer auf § 543 Abs. 2 Nr. 3 lit. a) BGB gestützten fristlosen Mietvertragskündigung komme es nicht allein auf die in den beiden aufeinander folgenden Terminen neu entstandenen Rückstandsbeträge an, sondern darauf, ob der Mieter in beiden aufeinander folgenden Terminen insgesamt jeweils mit Mietbeträgen in Höhe eines erheblichen Teils der Miete in Verzug sei, unabhängig davon, wie lange der Mieter die einzelnen Teilbeträge schon schuldig geblieben sei. Nachdem die Beklagten seit Dezember 2020 die laufende Miete für jeden einzelnen Monat unterzahlten, habe der Gesamtrückstand im März 2021 knapp unter einer Monatsmiete und im April 2021 knapp darüber gelegen. Der Kündigungsgrund nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 lit. a) BGB sei damit erfüllt, da die Beklagten in beiden aufeinander folgenden Monaten jeweils mit einem erheblichen Teil der Miete und im April 2021 mit mehr als einer Monatsmiete in Verzug gewesen seien. Der einmal entstandene Kündigungsgrund sei auch nicht dadurch wieder entfallen, dass die Beklagten bis zum Zeitpunkt der Kündigung im Juni 2021 knapp die Hälfte des Gesamtrückstandes ausgeglichen hatten. Hilfsweise greife jedenfalls die gleichzeitig erklärte ordentliche Kündigung, denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs genüge dafür bereits ein Rückstand von weniger als einer Monatsmiete. Das gelte nur dann nicht, wenn der Verzug von weniger als einer Monatsmiete insgesamt weniger als einen Monat lang andauere. Vorliegend seien die Beklagten aber durchgehend von Februar 2021 bis Mai 2021, also für die Dauer von mehr als drei Monaten, mit mindestens 73% einer Monatsmiete in Verzug gewesen; über den gesamten April 2021 hinweg bis zum Teilausgleich am 3. Mai 2021 habe der Rückstand sogar mehr als eine Monatsmiete ausgemacht. Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts habe nach den Kriterien der höchstrichterlichen Rechtsprechung eine ausreichend erhebliche Pflichtverletzung also in mindestens drei Monaten vorgelegen.
Der Kläger beantragt, die Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Urteils als Gesamtschuldner zu verurteilen, die von ihnen inne gehaltenen Wohnräume … in … Berlin mit einer Wohnfläche von ca. 120 m² zu räumen und an den Kläger herauszugeben.
Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil.
Die Kammer hat den Kläger mit Beschluss vom 8. April 2022 (Bl. 85 ff. d. A.) darauf hingewiesen, dass sie beabsichtige, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als offensichtlich unbegründet zurückzuweisen. Der Kläger führt mit Schriftsatz vom 21. April 2022 aus, dass die Hinweise der Kammer sich mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, namentlich schon mit dem Leitsatz der Entscheidung zu VIII ZR 32/20, nicht vereinbaren ließen. Die Frage, ob bei einer auf § 543 Abs. 2 Nr. 3 lit. a) BGB gestützten fristlosen Mietvertragskündigung der relevante Gesamtrückstand Beträge umfasse, die schon vor den beiden aufeinander folgenden Terminen fällig geworden sind, habe jedenfalls grundsätzliche Bedeutung, sodass die Kammer zwingend die Revision zulassen müsse und nicht im Beschlusswege entscheiden dürfe.
II.
Die Berufung ist durch einstimmigen Beschluss als unbegründet zurückzuweisen, da die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO gegeben sind, die zulässige Berufung insbesondere offensichtlich unbegründet ist. Zur Begründung wird auf den Hinweisbeschluss vom 8. April 2022 Bezug genommen, an dem die Kammer uneingeschränkt festhält. Die Ansicht des Klägers, wonach bei einer auf § 543 Abs. 2 Nr. 3 lit. a) BGB gestützten fristlosen Mietvertragskündigung der relevante Gesamtrückstand Beträge umfasse, die schon vor den beiden aufeinander folgenden Terminen fällig geworden sind, steht einer Entscheidung im Beschlusswege nicht entgegen, vermag insbesondere eine Zulassung der Revision zu rechtfertigen.
Wie die Kammer in ihrem Hinweisbeschluss aufgezeigt hat, ist höchstrichterlich geklärt und entspricht es überwiegender Ansicht in Schrifttum und Lehre, dass § 543 Abs. 2 Nr. 3 lit. a) BGB allein die in den beiden aufeinander folgenden Terminen fällig gewordene Miete in den Blick nimmt, während ältere Mietrückstände nur im Rahmen des Kündigungsgrunds nach § 543 Abs. 2 Nr. 3 lit. b) BGB berücksichtigt werden können. Der neuerliche Hinweis des Klägers auf den Leitsatz zum Verfahren VIII ZR 32/20 geht über die diesbezüglichen Ausführungen der Kammer im Hinweisbeschluss und das dort wieder gegebene Zitat aus dem Urteil des Bundesgerichtshofs hinweg; er gibt daher keinen Anlass zu weiterer Exegese.
Die Kostenentscheidung folgt § 97 ZPO. Die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10 Satz 2, 711 ZPO.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 63 Abs. 2, 47 Abs. 1, 41 Abs. 2 GKG.