LG Berlin, Az.: 63 S 309/16, Urteil vom 20.06.2017
In dem Rechtsstreit hat die Zivilkammer 63 des Landgerichts Berlin in Berlin – Mitte, Littenstraße 12-17, 10179 Berlin, auf die mündliche Verhandlung vom 19.05.2017 für Recht erkannt:
Die Berufung des Klägers gegen das am 04.11.2016 verkündete Urteil des Amtsgerichts Schöneberg – 19 C 149/16 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen. Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Gründe:
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen. Im Übrigen wird von der Darstellung des Tatbestands gemäß § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit § 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet.

Die Klage ist zulässig. Der vorangegangene Rechtsstreit der Parteien über die Räumung der von der Beklagten innegehaltenen Wohnung steht insoweit nicht entgegen. Zwar ist die dem hiesigen Räumungsverlangen zugrunde liegende ordentliche Kündigung bereits im Schriftsatz vom 20. Februar 2015 im vorangegangenen Rechtsstreit erklärt worden. Die Parteien haben das Vorverfahren aber übereinstimmend für erledigt erklärt, sodass dessen Rechtshängigkeit entfallen ist. Ein rechtskräftige Urteil ist nicht ergangen.
Die Klage ist jedoch nicht begründet.
Der Kläger kann nicht gemäß § 546 Abs. 1 BGB Räumung und Herausgabe der von der Beklagten innegehaltenen Wohnung verlangen. Das Mietverhältnis der Parteien ist nicht beendet.
Das Amtsgericht hat mit zutreffenden Erwägungen, auf die Bezug genommen wird, das Vorliegen eines Kündigungsgrunds verneint.
Die im Schriftsatz im Vorverfahren vom 20. Februar 2015 hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung ist nicht gemäß § 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB begründet. Die Beklagte war zwar in einen erheblichen Zahlungsrückstand von über 2.000, — EUR geraten, welcher auch die Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB erfüllte. Allerdings war dieser Rückstand bereits vor Zugang der ordentlichen Kündigung am 18. April 2015 durch Zahlungen des Jobcenters fast vollständig ausgeglichen und belief sich nur auf 31,34 EUR für Mahnkosten und Zinsen. Auch diese restliche Forderung des Klägers ist am 12. Mai 2015 von der Beklagten ausgeglichen worden.
Diese Umstände begründen eine für eine Kündigung gemäß § 537 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB hinreichend erhebliche Pflichtverletzung der Beklagten nicht. Zwar ist das Auflaufenlassen von Rückständen grundsätzlich nicht vertragsgemäß. Die Beklagte hat sich indes bemüht, die Zahlungen umgehend wieder aufzunehmen und die entstandenen Mietrückstände vor Zugang der ordentlichen Kündigung getilgt. Die unter Berücksichtigung der geschuldeten Miete von monatlich insgesamt 695,60 EUR äußerst geringfügigen restlichen Nebenforderungen des Klägers sind kurzfristig danach ebenfalls erfüllt worden. Ferner ist durch die Zahlungen des Jobcenter auch die künftige regelmäßige Leistung sichergestellt, sodass keine Anzeichen für erneute Zahlungsrückstände in Zukunft bestehen. Unter diesen Umständen bestehen auch keine Anhaltspunkte, welche das Vertrauen des Klägers in eine gedeihliche Fortsetzung des Mietverhältnisses in Frage stellen könnten. Bei dieser Sachlage ist eine Pflichtverletzung der Beklagten, die so gewichtig ist, dass sie eine Beendigung des Mietverhältnisses rechtfertigte, nicht anzunehmen (BGH, Urteil vom 06.10.2015 – VIII ZR 321/14).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.