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Mietstrukturänderung durch Vermieterversehen

AG Freiburg – Az.: 4 C 260/21 – Urteil vom 22.04.2022

In dem Rechtsstreit wegen Miete hat das Amtsgericht Freiburg im Breisgau am 22.04.2022 aufgrund des Sachstands vom 13.04.2022 ohne mündliche Verhandlung mit Zustimmung der Parteien gemäß § 128 Abs. 2 ZPO für Recht erkannt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.631,45 Euro zuzüglich Zinsen 5 Prozentpunkten

über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 65,00 Euro seit dem 07.03.2017, seit dem

  • 07.04.2017, seit dem 07.05.2017, seit dem 07 06.2017, seit dem 07.07.2017, seit dem
  • 07.08.2017, seit dem 07.09.2017, seit dem 07.10.2017, seit dem 07.11.2017, seit dem
  • 07.12.2017, seit dem 07.01.2018, seit dem 07.02,2018, seit dem 07.03.2018, seit dem
  • 07.04.2018, seit dem 07.05.2018, seit dem 07.06.2018, seit dem 07.07.2018, seit dem
  • 07,08.2018, seit dem 07.09.2018, seit dem 07.10.2018. seit dem 07.11.2018, seit dem
  • 07.12.2018, seit dem 07.01.2019, seit dem 07.02.2019, seit dem 07.03.2019, seit dem
  • 07.04.2019, seit dem 07.05.2019, seit dem 07.06.2019, seit dem 07.07.2019, seit dem
  • 07.08.2019, seit dem 17.09.2019, seit dem 07.10.2019, seit dem 07.11.2019, seit dem
  • 07.12.2019, seit dem 07.01.2020, seit dem 07.02.2020, seit dem 07.03.2020, seit dem
  • 07.04.2020, seit dem 07.05.2020, seit dem 07.06.2020 sowie aus 31.45 Euro seit dem 07.07.2020

zu zahlen.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v 110 % des vollstreckbaren Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt restlichen Mietzins für den Zeitraum März 2017 bis Juli 2020.

Die Beklagte ist seit 2005 Mieterin einer Wohnung mit Tiefgaragenstellplatz, die im Laufe des Jahres 2015 von der Klägerin erworben wurde. Ein schriftlicher Mietvertrag besteht nicht.

Die Tiefgarage wurde im Juli 2020 abgebrochen, so dass der Stellplatz der Beklagten seither nicht mehr zur Verfügung stehe. Ein der Beklagten vom früheren Eigentümer der Wohnung übersandter schriftlicher Mietvertragsentwurf (K1) enthielt die Vereinbarung einer Staffelmiete, was die Beklagte ablehnte.

Ansonsten entsprach er aber den ursprünglichen, mündlichen Vereinbarungen mit dem damaligen Eigentümer und wies eine Gesamtmiete von 973,50 Euro (aufgeschlüsselt mit Kaltmiete 802 Euro, Abstellplatz 65 Euro und Nebenkostenvorauszahlung 106,50 Euro) aus.

Unter dem 03.01.2011 hatte Herr …… der damalige Bevollmächtigte des ursprüngliche Vermieters, der Beklagten mitgeteilt, dass die Nebenkostenvorauszahlung von 106,50 Euro ab Januar 2011 auf 160 angehoben werden müsse (AS 161). In dem Schreiben wird die Kaltmiete („incl. TGA“) mit 672,30 Euro sowie die geschuldete Gesamtmiete mit 832,30 Euro angegeben. Ab einem nicht mehr bekannten Zeitpunkt bis einschließlich Juli 2015 minderte die Beklagte die Miete wegen Lärmstörungen aus einer Nachbarwohnung und zahlte monatlich nur 802,30 Euro an den Vermieter. Am 20.07.2015 – der „störende“ Nachbar war inzwischen verstorben – leistete die Beklagte eine Nachzahlung von 342,40 Euro (auf die Miete Juni/Juli) und zahlte ab August 2015 bis Januar 2016 eine monatliche Gesamtmiete von 973,50 Euro, die die Klägerin auf die ursprünglich vereinbarten Mietbestandteile (Kaltmiete 802 Euro, Abstellplatz 65 Euro und Nebenkostenvorauszahlung 106,50 Euro) verbuchte. Ein nur in Teilen (S. 1-2) vorgelegter Mietkontoauszug (K6, AS 125f) weist bis Januar 2016 eine Sollmiete von 997,00 Euro (Kaltmiete 802 Euro, Garage 65 Euro, Nebenkosten 130 Euro) und ab Februar 2016 eine solche von 932,00 Euro (Wegfall der Garagenmiete bei gleichgebliebenen Nebenkostenvorauszahlungen) aus. Die Nebenkostenabrechnung für 2015 vom 23.11.2016 (AS 251) weist eine künftige Gesamtmiete von 952 Euro unter Berücksichtigung erhöhter Nebenkostenvorauszahlungen (von 130 Euro auf 150 Euro) aus. Mit Schreiben des Mieterrings vom 24.01.2018 (K8, AS 153) ließ die Beklagte eine Anhebung der Nebenkostenvorauszahlung von 130,00 Euro auf 150,00 Euro „ab 2016“ bestätigen.

Die Klägerin behauptete zunächst (AS 123), bis zum Januar 2016 habe die Beklagte die Vertragsmiete von 973,50 Euro (Kaltmiete 802 Euro, Stellplatz 65 Euro, Vorauszahlungen 106,50 Euro) geleistet und diese ab Februar 2016 grundlos um 65 Euro (das Entgelt für den Tiefgaragenstellplatz) gekürzt. Zum Schuss behauptet die Klägerin, die für den streitgegenständlichen Zeitraum geschuldete Miete würde sich auf 1.017,00 Euro (Kaltmiete 802 Euro; Nebenkostenvorauszahlungen 150 Euro; Stellplatz 65 Euro) belaufen und die Beklagte habe hierauf monatlich nur 952,00 Euro gezahlt. die sie – die Klägerin – auf Kaltmiete (802 Euro) und Nebenkostenvorauszahlungen (150 Euro) verrechnet habe. Die Klägerin vertritt die Rechtsauffassung, ihr würde auch für die Zeit von März 2017 bis Juni 2020 ein monatliches Entgelt von weiteren 65 Euro und für Juli 2020 ein solches von 31,45 Euro (zeitanteilig) für den Tiefgaragenstellplatz zustehen. Dass ein Entgelt für den Tiefgaragenstellplatz vereinbart worden sei, ergebe sich aus dem Mietvertrag und dem Zahlungsverhalten der Beklagten. Diese Vereinbarung sei nachträglich nicht verändert worden.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen an sie 2.631,45 Euro zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus jeweils 65,00 Euro seit dem

  • 07.03.2017, seit dem 07.04.2017, seit dem 07.05.2017, seit dem 07.06.2017, seit dem
  • 07.07.2017, seit dem 07.08.2017, seit dem 07.09.2017, seit dem 07.10.2017, seit dem
  • 07.11.2017, seit dem 07.12.2017, seit dem 07.01.2018, seit dem 07.02.2018, seit dem
  • 07.03.2018, seit dem 07.04.2018, seit dem 07.05.2018, seit dem 07.06.2018, seit dem
  • 07.07.2018, seit dem 07.08.2018, seit dem 07.09.2018, seit dem 07.10.2018, seit dem
  • 07.11.2018, seit dem 07.12.2018, seit dem 07.01.2019, seit dem 07.02.2019, seit dem
  • 07.03.2019, seit dem 07.04.2019, seit dem 07.05.2019, seit dem 07.06.2019, seit dem
  • 07.07.2019, seit dem 07.08.2019, seit dem 07.09.2019, seit dem 07.10.2019, seit dem
  • 07.11.2019, seit dem 07.12.2019, seit dem 07.01.2020, seit dem 07.02.2020, seit dem
  • 07.03.2020, seit dem 07.04.2020, seit dem 07.05.2020 und seit dem 07.06.2020 sowie aus 31,45 Euro seit dem 07.07.2020 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung. Sie behauptete zunächst, die Stellplatzmiete sei in der Grundmiete enthalten gewesen und bezieht sich insoweit auf das Schreiben des Bevollmächtigten ihres früheren Vermieters, Herrn …… vom 03.01.2011 (AS 137). Den dort angegebenen Gesamtbetrag von 832,30 Euro habe sie im Folgenden auch beanstandungsfrei bezahlt. Sie bestreitet eine Nebenkostenvorauszahlung von 150,00 Euro monatlich geschuldet zu haben. In der mündlichen Verhandlung gab die Beklagte dann an auch im Jahr 2016 durchgehend eine Gesamtmiete von 973,50 Euro bezahlt zu haben und diese erst nach einer Änderung bei den Nebenkostenvorauszahlungen durch die Abrechnung vom 23.11.2016 für das Jahr 2015 ab 2017 auf 952 Euro reduziert zu haben. Die Beklagte behauptet die geschuldete Miete immer vollständig bezahlt zu haben.

Bezüglich des weiteren detaillierten Parteivortrags wird auf die ausgetauschten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Verhandlungsprotokoll vom 30.09.2021 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klägerin kann von der Beklagten die rückständige Miete in der beantragten Höhe verlangen (§ 535 Abs. 2 BGB), weil sich die von ihr monatlich geschuldete Miete für den streitgegenständlichen Zeitraum auf 1.017 Euro belief und sie hierauf lediglich 952 Euro bezahlt hat.

1. Geschuldete Miete

a) Dass die Beklagte zur Zahlung einer Stellplatzmiete von 65 Euro monatlich neben der Kaltmiete von 802 Euro und den Nebenkostenvorauszahlungen verpflichtet war, ergibt sich aus dem Mietvertragsentwurf (AS 39) der nach Angaben der Beklagten bis auf die dort enthaltene Staffelmiete den mündlichen Vereinbarungen mit dem Vermieter entsprochen hat. In dem Mietvertragsentwurf ist aber neben der Kaltmiete (802 Euro) ausdrücklich eine Stellplatzmiete von 65 Euro und eine Nebenkostenvorauszahlung (damals 106.50 Euro) insgesamt also eine monatliche Miete von 973,50 Euro aufgeführt. Eine spätere Abänderung dieser Mietstruktur hat die Beklagte nicht substantiiert vorgetragen oder nachgewiesen. Eine solche Abänderung ergibt sich insbesondere nicht aus dem Schreiben des Bevollmächtigten ihres früheren Vermieters vom 03.01.2011 (AS 137). Dieses Schreiben verhält sich ausdrücklich nur zu einer Abänderung der Nebenkostenvorauszahlungen, so dass der darin enthaltene Rechnungspositron „Kaltmiete icl.TGA 672,30 Euro“ schon deshalb keine vertragsändernde Bedeutung zugemessen werden kann, weil der Betrag schlicht unerklärlich ist. Er liegt unter dem ursprünglich vertraglich vereinbarten Kaltmietzins. Die Beklagte hat auch nicht dargetan, wann und aufgrund welcher Umstände die damaligen Mietvertragsparteien die sehr untypische Herabsetzung des Mietzinses vereinbart haben sollten. Die Angabe der Gesamtmiete von (nur) 832.30 Euro in dem Schreiben vom 03.01.2011 muss somit auf einem Irrtum von Herrn …… beruhen durch eine Mietminderung seitens der Beklagten verursacht sein. Spätestens mit der Nachzahlung die Nachzahlung vom 20.07 2015 für die Monate Juni und Juli 2015 hat die Beklagte aber zum Ausdruck gebracht, dass der Grund für eine Mietminderung weggefallen und die Miete in der ursprünglichen Höhe von 973,50 Euro wieder geschuldet ist.

b) Aus den vorgelegten Unterlagen ergibt sich, dass die Nebenkostenvorauszahlung ab 2017 von 130 Euro auf 150 Euro angehoben wurde. Aufgrund dieses Vorganges hatte die Beklagte keine Veranlassung ihre Mietzahlung von monatlich 973,50 Euro auf 952 Euro zu reduzieren, sondern hätte sie nach oben anpassen müssen. Die geschuldete Miete belief sich damit nämlich ab dem 01.01.2017 auf 1.017 Euro (802 Euro Kaltmiete, 65 Euro Stellplatz, 150 Euro Nebenkostenvorauszahlungen), Dieses wird auch nicht dadurch Infrage gestellt, dass die Vermieterin in dem Mietkontoauszug (offenbar versehentlich) eine Gesamtmiete von (nur) 952 Euro eingestellt hatte. Ein Angebot für eine Vertragsänderung, die die Beklagte konkludent hätte annehmen können, ist in diesem Fehler nicht zu sehen.

2. Offenstehende Miete

a) Unstreitig hat die Beklagte in dem hier streitgegenständlichen Zeitraum monatlich (nur) 952 Euro auf die Gesamtmiete ohne weitere Tilgungsbestimmung gezahlt. Damit hat sie monatlich 65 Euro zu wenig gezahlt.

Die Zahlung war zunächst auf die Nebenkostenvorauszahlungen zu verrechnen, was die Klägerin auch tat, denn diese können nach einer gewissen Zeit nicht mehr geltend gemacht werden und sind für den Vermieter deshalb weniger sicher (BGH NZM 2018, 444).

b) Ansprüche der Klägerin wegen der Minderzahlung für 2017 sind nicht verjährt. Die dreijährige Verjährungsfrist würde insoweit erst mit Ablauf des Jahres 2020 beendet sein. Allerdings hatte die Klägerin den Mietrückstand bereits in 2020 geltend gemacht und am 11.12.2020 einen entsprechenden Mahnbescheid erwirkt, was zur Verjährung der Hemmung führte, § 204 Abs. 1 Nr. 3 BGB, innerhalb der sich anschließenden 6-Monatsfrist wurde der Anspruch auch begründet.

c) Die Beklagte schuldet der Klägerin damit die Restmiete für den Zeitraum März 2017 bis Juli 2020 i.H.v. 2.631,45 Euro (40 Monate à 65 Euro zzgl. 31,45 Euro für Juni 2020).

d) Zudem hat die Beklagte die Zinsen in der geltend gemachten Höhe aus §§ 286, 288 BGB zu zahlen, weil sie mit den Minderzahlungen jeweils in Verzug bezüglich der Restforderungen geriet.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

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