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Mietvertrag – Pflicht des Mieters zum Lüften der Wohnung

AG Tempelhof-Kreuzberg, Az.: 20 C 234/13, Urteil vom 19.10.2015

1. Die Beklagte wird verurteilt, die folgenden Mängel, die die im Hause A. Straße in 12105 Berlin im 1.OG links gelegene Wohnung Nummer …betreffen, fachgerecht durch geeignete Maßnahmen zu beseitigen bzw. beseitigen zu lassen:

a) im Gäste-WC, welches sich – von der Wohnungseingangstür aus gesehen- auf der linken Seite des Eingangsbereichs befindet, den Schimmel im Deckeneck links über dem Fensterrand sowie unten links an der Fensterwand im Anschluss zur Treppenhauswand und im Bereich der linken Montagefuge des Fensters,

b) im Bad , welches sich auf der linken Seite des Eingangsbereichs (Wohnungsflures) neben dem Gäste-WC befindet, den Schimmel an der Außenwand rings um das Kunststofffenster,

c) im 3. Schlafzimmer die Feuchtigkeit und den Schimmel, die sich rings um das Kunststofffenster und an dieser Außenwand unterhalb dieses Fensters hinter und unter dem dortigen Heizkörper gebildet haben,

d) in der Küche, die gegenüber dem 3.Schlafzimmer gelegen ist, den Schimmel rings um das Außenfenster,

e) im Wohnzimmer den Schimmel im Eckbereich an der Decke und unterhalb des Fensters oberhalb der Sockelleiste,

2. Die Beklagte wird verurteilt, nach Durchführung der unter Ziffer 1 aufgeführten Maßnahmen die von den Durchfeuchtungen betroffenen Wandbereiche in der vorgenannten Wohnung fachgerecht in optischer Angleichung an die vorhandenen Tapeten und Farbanstriche fachgerecht zu renovieren.

2. Es wird festgestellt, dass der Kläger berechtigt ist, die monatliche Bruttowarmmiete für seine in dem Hause A. Straße in 12105 Berlin im 1.OG links gelegene Wohnung in der jeweils aktuell geltenden Höhe um 10 % zu mindern, bis die in Ziffer 1 aufgeführten Mängel fachgerecht beseitigt sind.

3. Es wird festgestellt, dass der Kläger berechtigt ist den 5 fachen Minderungsbetrag der jeweils aktuellen Miete, der sich aus Ziffer 2 ergibt zurückzuhalten bis die unter Ziffer 1 aufgeführten Mängel fachgerecht beseitigt werden.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrages abwenden, sofern nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Mietvertrag - Pflicht des Mieters zum Lüften der Wohnung
Symbolfoto: Von ronstik /Shutterstock.com

Der Kläger ist aufgrund Mietvertrags vom 27.08.2009 Mieter der streitgegenständlichen Wohnung der Beklagten. Mit Schreiben vom 26.03.2012 zeigte der Kläger der Beklagten Mängel in seiner Wohnung an. Es handelte sich um die im Klageantrag bezeichneten Mängel. Im Juli 2012 hat die Beklagte Mangelbeseitigungsarbeiten durchführen lassen.

Der Kläger meint, dass der Schimmel an verschiedenen Außenwandbereichen auftrete und bauseits verursacht sei. Sie seien durch Heizen und Lüften nicht zu vermeiden.

Durch die Arbeiten der Beklagten seien die Mängel auch nicht wirklich beseitigt worden.

Der Kläger hält eine Mietminderung von 20 % für angemessen.

Der Kläger stellt die Anträge:

1. Die Beklagte wird verurteilt, die folgenden Mängel, die die im Hause in … betreffen, fachgerecht durch geeignete Maßnahmen zu beseitigen bzw. beseitigen zu lassen:

a) die Gefahr der Bildung von Feuchtigkeit und Schimmel im Eingangsbereich der Wohnung (Wohnungsflur) sowie entlang den Leisten an den Wänden links und rechts im Eingangsbereich (Wohnungsflur) der Wohnung,

b) im Gäste-WC, welches sich – von der Wohnungseingangstür aus gesehen – auf der linken Seite des Eingangsbereichs befindet, die Gefahr der Bildung von Feuchtigkeit und Schimmel im oberen linken Bereich der Außenwand sowie den noch vorhandenen Schimmel im Deckeneck links über dem Fensterrand sowie unten links an der Fensterwand im Anschluss zur Treppenhauswand und im Bereich der linken Montagefuge des Fensters,

c) im 1. Schlafzimmer, bei dem es sich um das 1. Zimmer rechts vom Eingangsbereich der Wohnung aus gesehen handelt, die Gefahr der Bildung von Feuchtigkeit und Schimmel auf der rechten Seite im unteren Bereich an der Wand mit der Eingangstür sowie an der sich daran anschließenden rechten Außenwand,

d) im Bad, welches sich auf der linken Seite des Eingangsbereichs (Wohnungsflures) neben dem Gäste-WC befindet, die Gefahr der Bildung von Feuchtigkeit und Schimmel im Deckenbereich und an der Außenwand sowie dort rings um das Kunststofffenster und den in diesen Bereichen noch vorhandenen Schimmel,

e) in der Kammer neben dem Bad die Gefahr der Bildung von Feuchtigkeit und Schimmel im Ixel der Außenwand,

f) im 3. Schlafzimmer die Feuchtigkeit und den Schimmel, die sich rings um das Kunststofffenster und an dieser Außenwand unterhalb dieses Fensters hinter und unter dem dortigen Heizkörper gebildet haben,

g) in der Küche, die gegenüber dem 3.Schlafzimmer gelegen ist, die Gefahr der Bildung von Feuchtigkeit und Schimmel rings um das Kunststofffenster und im Außenwandbereich unten Mitte und links unten sowie den dort noch vorhandenen Schimmel,

h) die Gefahr der Bildung von Feuchtigkeit und Schimmel an der linken Außenwand im unteren und oberen Bereich im Eckbereich an der Decke zwischen der linken und mittleren Außenwand sowie rings um die beiden im Wohnzimmer vorhandenen Kunststofffenster sowie noch dort vorhandenen Schimmel.

2. Die Beklagte wird verurteilt, nach Durchführung der unter Ziffer 1 aufgeführten Maßnahmen die von den Durchfeuchtungen betroffenen Wandbereiche in der vorgenannten Wohnung fachgerecht in optischer Angleichung an die vorhandenen Tapeten und Farbanstriche fachgerecht zu renovieren.

3. Es wird festgestellt, dass der Kläger berechtigt ist, die monatliche Bruttowarmmiete für seine in dem Hause … gelegene Wohnung in Höhe von derzeit 831,61 € und in der jeweils aktuell geltenden Höhe zu mindern, bis die in Ziffer 1 und 2 aufgeführten Mängel fachgerecht beseitigt werden; dabei wird die Höhe der Mietminderung in das Ermessen des Gerichts gestellt.

4. Es wird festgestellt, dass der Kläger berechtigt ist, die Monatliche Bruttowarmmiete für die vorgenannte Wohnung in Höhe von derzeit 831,61 € und in der jeweils aktuell geltenden Höhe zusätzlich zur Mietminderung zurückzubehalten bis die Klageanträge zu 1. und 2. aufgeführten Mängel fachgerecht beseitigt werden; dabei wird auch die Höhe des die Mietminderung ergänzenden Zurückbehaltungsrechtes in das Ermessen des Gerichts gestellt.

Im Übrigen erklärt der Kläger den Rechtsstreit für erledigt.

Hinsichtlich der ursprünglich angekündigten Anträge wird auf Bl.2/3 Band I der Akten Bezug genommen.

Die Beklagte stellt den Antrag: Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte trägt hierzu vor, dass Baumängel nicht vorlägen und der Klageantrag zu Ziffer 4 unzulässig sei.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 10.02.2014 durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. Hinsichtlich des Inhalts des Sachverständigengutachtens wird auf Bl. 74 ff, Bl. 160 ff, Bl.176 ff Band I und Bl. 11 ff Band II der Akten Bezug genommen.

Hinsichtlich des Sachvortrags im übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie den Inhalt der Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist in dem sich aus dem Tenor ergebenden Umfang begründet. Im Übrigen war sie als unbegründet zurückzuweisen.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Beseitigung der im Tenor aufgeführten Mängel in der Wohnung gemäß § 535 Abs. 1 BGB zu.

Diesbezüglich hat der Sachverständige Feststellungen dahingehend getroffen, dass an den besagten Stellen in der Wohnung Schimmel vorhanden ist. Schimmel stellt grundsätzlich einen Mangel der vertragsgerechten Nutzung der Wohnung dar.

Der Sachverständige hat in seinem Gutachten, dem sich das Gericht vollinhaltlich anschließt, ausgeführt, dass lediglich im Bereich der Trennwand zwischen Kinderzimmer 1 und Fahrstuhlschacht eine kritische Wärmebrücke festgestellt werden konnte. Sonstige baulichen Schwachstellen und gar Baumängel konnte der Sachverständige nicht feststellen.

Der Sachverständige hat allerdings ausgeführt, dass es sich bei der Bauweise des Hauses um eine sehr dichte Bauart handelt. Bauzeit bedingt ging es um ein Höchstmaß an Dichtigkeit. Die Fragung der Entlüftung war damals zweitrangig. Diese hohe Dichtigkeit führt, so der Sachverständige, dazu, dass von den jeweiligen Mietern ein angepasstes Lüftungsverhalten gefordert ist, um Schimmelbildung zu vermeiden. Erforderlich wäre ein 6-8maliges Stoßlüften pro Tag.

Üblicherweise kann von den Mietern verlangt werden, dass sie bis zu 3 Mal am Tag lüften und zwar einmal Morgens, einmal am frühen Abend und einmal kurz vor dem Schlafengehen.

Jegliches darüber hinaus gehende Lüftungserfordernis entspricht nicht dem üblichen Mietgebrauch und ist den Mietern auch nicht zumutbar. Ganz abgesehen davon wurde der Kläger darüber von der Beklagten nicht aufgeklärt, als er die Wohnung anmietete.

Es ist Aufgabe der Beklagten, im Rahmen ihrer Verpflichtung dem Kläger ein vertragsgerechtes Wohnen zu ermöglichen, ein Raumklima zu schaffen, in dem es ausreicht, die Wohnung 3 Mal täglich zu lüften. Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Die Beklagte hat unabhängig davon, dass das Haus keine baulichen Mängel im Sinne der Bauordnung aufweist, für entsprechende zusätzliche Entlüftungsvorrichtungen zu sorgen.

Entsprechend der bejahten Mängel stand dem Kläger auch ein Minderungsrecht zu. Dies ergibt sich aus § 536 Abs. 1 BGB. Gegen den Feststellungsantrag bestehen auch keine Bedenken. Lediglich hinsichtlich der Höhe der beantragten Mietminderung hat das Gericht entsprechend der vom Sachverständigen noch festgestellten vorhandenen Mängel die Quote reduziert. Angemessen erscheint eine Mietminderung in Höhe von 10 %: der Bruttowarmmiete.

Auch der Feststellungsantrag hinsichtlich des Zurückbehaltungsrechts ist zulässig. Hierbei ist jedoch die Rechtsprechung des BGH (zuletzt BGH vom 17.06.2015, Az.: VIII ZR 19/14 Grundeigentum 2015 S. 1089f) zu beachten. Die Höhe des Zurückbehaltungsrechts bestimmt sich jeweils monatlich. Die Beträge sind nicht zu addieren.

Im Übrigen war die Klage abzuweisen, da Mängel laut Gutachten nicht mehr vorhanden waren und unstreitig bereits vor Klageerhebung beseitigt worden sind.

Auf eine bloße Gefahr kann jedoch ein Anspruch nicht gegründet werden. Immerhin sind seit der Beseitigung 2012 die Mängel nicht mehr aufgetreten. Das die von dem Kläger behauptete Gefahr zu einer Beeinträchtigung des Mietgebrauchs führt, ist nicht ersichtlich.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708Nr.7, 711 ZPO.

 

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