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Mietvertrag – Wann ist die Kaution zurück zu zahlen?

Gericht verurteilt Vermieterin zur Rückzahlung von Nebenkostenvorauszahlungen und Mietkaution.

Eine Vermieterin vermietete eine Wohnung mit Untermietvertrag. Über die Nebenkosten rechnete sie nicht ab. Der Untermieter stand im Leistungsbezug und zahlte die Miete direkt an die Vermieterin. Die Klägerin zahlte die Bruttomiete und die Mietkaution direkt an die Vermieterin und schloss mit dem Untermieter einen Abtretungsvertrag. Nach Auszug trat der Untermieter seinen Anspruch auf Rückzahlung der Mietkaution an die Klägerin ab. Die Klägerin zeigte die Abtretung gegenüber der Beklagten an. Das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek verurteilte die Vermieterin zur Rückzahlung von 3.965 Euro aus übergegangenem Recht, die der Klägerin als Trägerin der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zustehen. Die Beklagte wurde auch zur Rückzahlung der Mietkaution verurteilt. Die Beklagte legte Berufung ein. Das Gericht entschied, dass die Klägerin aktivlegitimiert ist und von der Beklagten die Zahlung von 5.225 Euro nebst Zinsen verlangen kann. Der gesetzliche Forderungsübergang sichert den Grundsatz, dass staatliche Fürsorgeleistungen nachrangig sind. Daher geht der Anspruch gegen den Dritten, in diesem Fall die Vermieterin, auf den Träger der Leistungen über. […]

LG Hamburg – Az.: 333 S 16/21 – Urteil vom 31.03.2022

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Wandsbek vom 30.04.2021, Az. 716a C 129/20, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die angefochtene Entscheidung ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.225,00 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Klägerin verlangt aus übergegangenem Recht des Herrn … von der Beklagten Rückzahlung von Nebenkostenvorauszahlungen und der Mietkaution.

Die Beklagte mietete eine 2-Zimmer-Wohnung im 2. OG … Hamburg und vermietete diese mit Untermietvertrag vom 16.01.2017 an Herrn … für monatlich 420 Euro netto-kalt zzgl. Betriebskostenvorauszahlungen von 185 Euro und Heizkostenvorauszahlungen von 120 Euro. Das Mietverhältnis dauerte vom 01.02.2017 bis 28.02.2018. Anschließend zog der Untermieter … in eine ebenfalls von der Beklagten vermietete Wohnung in der … in Hamburg. Über die Nebenkosten rechnete die Beklagte nicht ab.

Der Untermieter … stand und steht (bis Okt. 2020, vgl. Anlage K5) im Leistungsbezug. Die Klägerin zahlte die monatliche Bruttomiete in Höhe von 725 Euro von Februar 2017 bis Februar 2018 ebenso direkt an die Beklagte wie am 02.02.2017 die Mietkaution in Höhe von 1.260 Euro. Die Klägerin schloss mit dem Untermieter … am 23.02.2018 einen Abtretungsvertrag, nach welchem der Untermieter … seinen Anspruch auf Rückzahlung der Mietkaution nach Auszug aus der Wohnung an die Klägerin abtritt. Die Klägerin zeigt die Abtretung gegenüber der Beklagten an. Die Beklagte bestätigte den Empfang der Anzeige am 27.02.2018.

Mit Versäumnisurteil vom 08.10.2020 hat das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 5.225 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.06.2020 zu zahlen sowie die Klägerin von den nicht anrechenbaren Kosten der Beauftragung der Rechtsanwälte B1. … H. in Höhe von 279,62 Euro freizuhalten. Mit Urteil vom 30.04.2021 hat das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek das Versäumnisurteil vom 08.10.2020 insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Freihaltung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verurteilt worden ist. Im Übrigen hat es das Versäumnisurteil aufrechterhalten. Das Amtsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt, dass die Klägerin aktivlegitimiert sei und dem Untermieter … ein Anspruch auf Rückzahlung der für den Zeitraum vom 01.02.2017 bis 28.02.2018 geleisteten Nebenkostenvorauszahlungen in Höhe von zusammen 3.965 Euro (13 × 305 Euro) zustünde, der gemäß § 33 Abs. 1 SGB II auf die Klägerin übergegangen sei. Wegen des Abtretungsvertrags stehe der Klägerin auch ein Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung der Mietkaution zu. Die Behauptung der Beklagten, ihr stünde eine Gegenforderung in Höhe von 500 Euro zu, mit der sie aufrechnen könne, sei völlig unplausibel und daher unbeachtlich. Die Behauptung der Beklagten, sie habe an den Untermieter die Kaution bar ausgezahlt, sei unglaubhaft.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass das angefochtene Urteil zu ihren Lasten auf Rechtsfehlern beruhe. Die Klägerin sei keine „gemeinsame Einrichtung“. Folglich stünden ihr die Ansprüche nicht zu. Den behaupteten und durchgehenden Leistungsbezug des Untermieters … habe die Klägerin nicht schlüssig dargelegt. Das Amtsgericht habe die ganz speziellen Umstände (insbesondere die Untersuchungshaft) in der Situation der Beklagten nicht zu deren Gunsten gewürdigt. Dies sei aber angebracht gewesen. Das Vorgehen der Klägerin sei rechtsmissbräuchlich und verstoße gegen § 242 BGB. § 33 SGB II sei vorliegend nicht anwendbar. Das Amtsgericht habe zu Unrecht den Einwand der Erfüllung nicht beachtet.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Wandsbek, Az.: 716a C 129/20 aufzuheben und die Klage auch insoweit abzuweisen, als die Beklagte verurteilt wurde, an die Klägerin 5.225 Euro nebst Zinsen hierauf in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 18.06.2020 zu zahlen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Wandsbek, Az.: 716a C 129/20 zurückzuweisen.

Auf die weiteren tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Amtsgericht Hamburg-Wandsbek hat zu Recht und mit zutreffender Begründung einen Zahlungsanspruch der Klägerin gegen die Beklagte in Höhe von 5.225 Euro nebst Zinsen bejaht.

1. Die Klägerin kann von der Beklagten die Zahlung von 3.965 Euro aus übergegangenem Recht verlangen. In der Höhe dieses Betrages ist die Klägerin durch den gesetzlichen Forderungsübergang Inhaberin von Ansprüchen des Herrn … die aufgrund des Wohnraummietvertrags mit der Beklagten (Anlage K1, Bl. 9 d. Akte) entstanden sind, geworden, § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB II.

Nach Maßgabe des § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB II gehen Ansprüche von Personen, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beziehen, gegen Dritte, die nicht Leistungsträger nach § 12 SGB I sind, bis zur Höhe der geleisteten Aufwendungen auf die Träger der Leistungen nach diesem Buch über, wenn bei rechtzeitiger Leistung des Anderen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nicht erbracht worden wären. Mit Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen kommt es kraft Gesetzes zu einem Gläubigerwechsel, denn durch diese Legalzession soll der Grundsatz gesichert werden, dass staatliche Fürsorgeleistungen nachrangig sind (BeckOK Sozialrecht 63. Edition SGB II § 33 Rn: 1, 6; BSG NZS 2016, 873). Der Anspruchsübergang ist Ausgleich dafür, dass der Anspruch gegen den Dritten im Zeitpunkt der Bedürftigkeit für den Hilfsberechtigten nicht realisierbar war und der Lebensunterhalt insoweit bereits durch die Zahlung von Leistungen nach dem SGB II gedeckt worden ist (Schütze in Knickrehm/KreikebohmA/Valtermann, Kommentar zum Sozialrecht 6. Auflage zu SGB II § 33 Rn: 2).

a) Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Sie ist Leistungsträger im Sinne des § 33 Abs. 1 SGB II. Allgemein versteht man unter „Träger der Leistungen“ die Bundesagentur für Arbeit sowie die kreisfreien Städte und Kreise bzw. die zugelassenen kommunalen Träger (§§ 6 Abs. 1, 6a SGB II) (vgl. BeckOK Sozialrecht 63. Edition SGB II § 33 Rn: 6). Gemäß § 44 b Abs. 1 Satz 2 SGB II werden die Aufgaben der Träger nach dem zweiten Buch des Sozialgesetzbuches von den sog. „gemeinsamen Einrichtungen“ wahrgenommen. Eine derartige gemeinsame Einrichtung wird nach § 44 b Abs. 1 Satz 1 SGB II von den Trägern im Gebiet jedes kommunalen Trägers nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II gebildet. In Hamburg erfolgt diese Bildung der gemeinsamen Einrichtung durch die „Vereinbarung nach § 44 b Abs. 2 SGB II durch öffentlich-rechtlichen Vertrag gemäß § 53 SGB X über die Zusammenarbeit, die nähere Ausgestaltung und Organisation sowie den Standort der gemeinsamen Einrichtung im Bereich der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II“ zwischen der Bundesagentur für Arbeit, vertreten durch die Agentur für Arbeit Hamburg und der Freien und Hansestadt Hamburg (vgl. Drucksache der Bürgerschaft der Freien und Hansestadt Hamburg 19/8032). Nach § 1 Abs. 2 dieses öffentlich-rechtlichen Vertrags führt die gemeinsame Einrichtung den Namen „Jobcenter team.arbeit.hamburg“ und ist damit identisch mit der Klägerin.

b) Der vormalige Mieter der Beklagten, Herr …, hat von der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bezogen, die er nicht benötigt hätte und die nicht erbracht worden wären, wenn er im Zeitpunkt des Leistungserhalts die ihm im Zusammenhang mit dem Mietvertrag mit der Beklagten (Anlage K1) zustehenden Ansprüche erhalten hätte. Voraussetzung für einen Anspruchsübergang der Ansprüche des Sozialleistungsempfängers … gegen die Beklagte auf die Klägerin ist, dass der Zeitraum, in dem Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gewährt werden, mit der zeitlichen Leistungspflicht des Dritten (hier der Beklagten) übereinstimmt (sog. Zeitraumidentität). Diese zeitliche Deckungsgleichheit liegt vor, wenn die Forderung zum Zeitpunkt der Hilfegewährung fällig sowie zur Bedarfsdeckung geeignet gewesen ist (BeckOK Sozialrecht 63. Edition SGB II § 33 Rn: 4). Es kommt mit Blick auf den Forderungsübergang nicht darauf an, ob die Beträge ursprünglich (in voller Höhe) von der Klägerin geleistet wurden. Nach dem Gesetzeswortlaut des § 33 Abs. 1 SGB II gehen einschränkungslos alle Ansprüche gegen einen Dritten, unabhängig von ihrem Rechtsgrund auf den Leistungsträger über, soweit die Zeitraumidentität gewahrt ist und eine Kausalität zwischen nicht rechtzeitiger Erfüllung des Anspruchs durch den Dritten und Hilfegewährung besteht (BeckOK Sozialrecht 63. Edition SGB II § 33 Rn: 3). Ein solch umfassender Forderungsübergang entspricht auch dem Gesetzeszweck der Sicherung der Nachrangigkeit von Sozialleistungen und dient dementsprechend auch der Refinanzierung erbrachter Sozialleistungen (vgl. BSG, Urteil vom 23.06.2016 – B 14 AS 4/15 – Rn: 27 m.w.N.). Die für den gesetzlichen Forderungsübergang erforderliche Kausalität zwischen nicht rechtzeitiger Erfüllung des Anspruchs durch den Dritten und der Hilfegewährung durch den Leistungsträger ist schließlich zu bejahen, wenn es sich für den Leistungsempfänger um zu berücksichtigendes Einkommen oder Vermögen im Sinne der §§ 11, 12 SGB II gehandelt hätte, die der Leistungsempfänger zur Sicherung seines Lebensunterhalts hätte einsetzen müssen (BeckOK Sozialrecht 63. Edition SGB II § 33 Rn: 7). Nicht erforderlich ist, dass bei rechtzeitiger Erfüllung des Anspruchs vom Leistungsträger überhaupt keine Leistung gewährt worden wäre; es reicht, dass die Leistung in geringerer Höhe erbracht worden wäre. Nach den vorgenannten Grundsätzen sind nach § 33 Abs. 1 SGB II Forderungen des Leistungsempfängers gegen die Beklagte in Höhe von 3.965 Euro auf die Klägerin übergegangen.

aa) Der Sozialhilfeempfänger … hat sich seit Februar 2017 bis Oktober 2020 ausweislich der Anlage K5 (Bl. 169 ff. d. Akte) ununterbrochen im Leistungsbezug befunden. Dies ergibt sich zur Überzeugung der Kammer aus der Anlage K5 und damit aus den von der Klägerseite vorgelegten Buchungsunterlagen (Zahldaten) über Zahlungen an den Leistungsempfänger, vgl. §§ 371 a Abs. 3, 437 Abs. 1, 415 Abs. 1 ZPO. Die Kammer verweist insoweit auch auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil.

bb) Der Leistungsempfänger hatte zum 01.01.2019 und zum 01.01.2020 fällige Ansprüche aus dem vormaligen Wohnraummietvertrag gegen die Beklagte in Höhe von 3.965 Euro, die er zur Sicherung seines Lebensunterhalts hätte einsetzen müssen, wären diese nicht durch die Klägerin erbracht worden.

(1) Herr … hat zum 01.01.2019 bzw. 01.01.2020 aus dem Mietvertrag mit der Beklagten (Anlage K1) einen fälligen Anspruch auf Rückzahlung von Nebenkostenvorauszahlungen für den Zeitraum 01.02.2017 – 31.12.2017 und 01.01.2018 – 28.02.2018 in Höhe von insgesamt 3.965 Euro gehabt.

Der Mieter eines beendeten Mietverhältnisses kann die Nebenkostenvorauszahlung, über die der Vermieter nicht fristgemäß abgerechnet hat, ohne den zeitraubenden Umweg über eine (Stufen-)Klage auf Erteilung der Abrechnung sogleich zurückverlangen, wenn er während der Dauer des Mietverhältnisses nicht die Möglichkeit hatte, den Abrechnungsanspruch durch Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts an den laufenden Vorauszahlungen durchzusetzen (BGH, Urteil vom 26.09.2012 – VIII ZR 315/11 – Rn: 8). So verhält es sich hier. Die Beklagte hat im Zeitraum vom 01.02.2017 bis zum 28.02.2018 die vertraglich in § 4 Mietvertrag (Anlage K1) vereinbarten Vorauszahlungen auf Betriebskosten in Höhe von 185 Euro/Monat und Heizkosten in Höhe von 120 Euro/Monat erhalten. Die Beklagte hat über die Vorauszahlungen trotz Abrechnungsreife mit Ablauf des Jahres 2018 bzw. 2019 nicht gemäß § 9 Mietvertrag abgerechnet. Soweit die Beklagte vorgetragen hat, der Eigentümer habe ihr gegenüber auch nicht über diese Nebenkosten abgerechnet, so dass sie zur Abrechnung gar nicht in der Lage sei, führt dies nicht zu einem anderen Ergebnis. Es obliegt dem Vermieter (hier der Beklagten) sich die für die Abrechnung erforderlichen Unterlagen und Daten so rechtzeitig zu beschaffen, dass er die Abrechnungsfrist einhalten kann; andernfalls hat er das Fristversäumnis zu vertreten (Schmidt-Futterer § 556 BGB Rn: 463). Danach hat die Beklagte das Versäumnis der Abrechnungsreife zu vertreten. Es ist vorliegend weder hinreichend dargetan noch ersichtlich, dass die Beklagte alles ihr zumutbare unternommen hat, um von ihrem Vermieter die für die Abrechnung der Vorauszahlungen des Untermieters erforderlichen Unterlagen und Daten zu erlangen.

(2) Wie das Amtsgericht zutreffend entschieden hat, steht der Klägerin gegen die Beklagte ein Rückzahlungsanspruch der von ihr geleisteten Mietkaution in Höhe von 1.260,00 Euro zu. Der Untermieter Herr … hat jedenfalls zum 01.09.2018 einen fälligen Anspruch auf Rückzahlung der an die Beklagte geleisteten Mietsicherheit. Die Zahlung der Mietsicherheit ist ausweislich der Anlage K5 (Bl. 226) am 07.02.2017 von der Klägerin an die Beklagte gezahlt worden. Durch die Leistung der Kaution erwirbt der Mieter einen aufschiebend bedingten Rückgewähranspruch, dessen Bedingung mit Rückgabe der Mietsache eintritt und fällig wird, wenn eine angemessene Überlegungsfrist abgelaufen und dem Vermieter keine Forderungen aus dem Mietverhältnis mehr zustehen (Schmidt-Futterer 14. Auflage § 551 BGB Rn: 95). Die Überlegungsfrist ist – ohne Anhaltspunkte für die Erforderlichkeit einer längeren Frist – regelmäßig 6 Monate nach Rückgabe der Wohnung abgelaufen. Das streitgegenständliche Mietverhältnis (Anlage K1) zwischen der Beklagten und Herrn … dauerte vom 01.02.2017 bis zum 28.02.2018. Da aufrechenbare Gegenansprüche der Vermieterseite (der Beklagten) aus dem Mietverhältnis zwischen ihr und Herrn … weder hinreichend dargetan noch ersichtlich sind, ist der dem vormaligen Mieter … zustehende Kautionsrückzahlungsanspruch in Höhe von 1.260 Euro jedenfalls zum 01.09.2018 fällig gewesen. Zudem hat Herr … als Leistungsempfänger in den Folgemonaten (vgl. Anlage K5) durch die Klägerin den Rückzahlungsanspruch übersteigende Leistungen erhalten, so dass sowohl die für den gesetzlichen Forderungsübergang nach § 33 Abs. 1 SGB II erforderliche Zeitraumidentität als auch die erforderliche Kausalität auch hinsichtlich des Kautionsrückzahlungsanspruchs vorgelegen haben.

Auf die Frage, ob und in welchem Umfang der Leistungsempfänger … das ihm ursprünglich zur Zahlung der Mietsicherheit gewährte Darlehen an die Klägerin zurückgezahlt hat, kommt es im Ergebnis nicht an. Eine von der Beklagten befürchtete doppelte Inanspruchnahme wegen des Kautionsrückzahlungsanspruchs einerseits durch die Klägerin und andererseits durch den Untermieter … scheidet bereits deshalb aus, weil der Untermieter … aufgrund der Legalzession nach § 33 Abs. 1 SGB II gar (bzw. mangels Rückabtretung) nicht mehr Forderungsinhaber des Kautionsrückzahlungsanspruchs ist (OLG Celle, Beschluss vom 09.01.2008, Az: 15 WF 293/07).

Doch auch wenn man die in der Rechtsprechung durchaus streitige Frage, ob der Kautionsrückzahlungsanspruch gemäß § 33 Abs. 1 SGB II auf die Klägerin im Wege der Legalzession übergegangen ist, verneinen wollte, würde sich die Aktivlegitimation der Klägerin aus der erfolgten Abtretung vom 23.02.2018 ergeben, da eine Rückabtretung nicht erfolgt ist. Dieser zwischen Herrn … und der Klägerin geschlossene Abtretungsvertrag war der Beklagten bekannt.

Soweit die Beklagte behauptet hat, die Kaution in Höhe von 1.260 Euro bereits direkt an den Untermieter … am 31.02.2017 (bzw. 31.03.2017) ausgekehrt zu haben, glaubt die Kammer der Beklagten nicht. In der mündlichen Verhandlung am 13.01.2022 hat die Kammer die Beklagte zu dieser Frage angehört. Weshalb sie – entsprechend ihrer Behauptung – bereits vor Beendigung des Mietverhältnisses die Kaution an Herrn … kurz nach Mietbeginn ausgezahlt haben will, konnte sie der Kammer nicht nachvollziehbar erklären. Die Kammer stimmt insoweit mit dem Amtsgericht überein, dass es nicht nachvollziehbar ist, wenn der Vermieter vom Mieter eine Mietkaution verlangt und diese zeitnah nach Mietbeginn (hier nach ca. 1 1/2 Monaten) noch während des laufenden Mietverhältnisses wieder an den Mieter auszahlt.

Der Kautionsrückzahlungsanspruch der Klägerin ist auch nicht durch die erklärte Hilfsaufrechnung der Beklagten gemäß § 389 BGB mit einem Kaufpreisanspruch in Höhe von 500 Euro erloschen. Denn dieser Aufrechnung steht das Aufrechnungsverbot des § 394 BGB entgegen. Die Beklagte konnte nicht mit Ansprüchen, die nicht aus dem Mietverhältnis herrühren, gegenüber der Klägerin als Leistungsträgerin aufrechnen. Für die Aufrechnung gegenüber der Mietsicherheit ergibt sich dies bereits aus dem Sicherungszweck und dem Abtretungsvertrag mit dem Untermieter.

Die Kaution soll dem Vermieter für seine Ansprüche aus dem Mietverhältnis eine Sicherheit geben, aber nicht für die Ansprüche, die ihren Ursprung außerhalb des Mietverhältnisses haben.

(3) Die Geltendmachung der streitgegenständlichen Ansprüche durch die Klägerin ist auch nicht nach § 242 BGB treuwidrig. Allein der Umstand, dass die Beklagte unter Umständen selbst Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts hat, schließt eine Geltendmachung der Rückzahlungsansprüche nicht aus.

Im Übrigen hat sich die Beklagte als Treufordernde ausweislich der von ihr verwirklichten Straftatbestände selbst treuwidrig verhalten und kann sich deshalb nicht auf § 242 BGB berufen.

2. Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 288 Abs. 1, 291 BGB.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach § 708 Nr. 10, 711, 713.

Die Revision war nicht zuzulassen. Gründe; die die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich. Der Rechtssache, die einen Einzelfall betrifft, kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu, denn entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfragen, die sich über den Einzelfall hinaus in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen können und deshalb für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung sind, bietet diese Rechtssache nicht. Die Auswirkungen dieses Rechtsstreits berühren auch nicht die Interessen der Allgemeinheit im besonderen Maße (BGHZ 151, 221; NJW 2003, 2319). Sie ist auch zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ersichtlich nicht erforderlich.

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