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Mietvertrag – Was ist ein aufwändig gestaltetes Wohnumfeld?

Mietpreis-Erhöhung abgelehnt: Berufungsgericht stärkt Mieterrechte.

Ein Berufungsgericht hat die Klage eines Vermieters auf Mieterhöhung abgewiesen und damit die Rechte von Mietern gestärkt. Der Vermieter hatte eine Erhöhung der Miete um 47,18 Euro auf 363,86 Euro (netto/kalt) für eine 64,63 Quadratmeter große Wohnung gefordert. Das Gericht stellte jedoch fest, dass die Zustimmung zu einer Erhöhung nicht zu schulden war, da die geforderte Miete die ortsübliche Vergleichsmiete nach Maßgabe des Berliner Mietspiegels 2021 überschritt. Der Vermieter konnte sich nicht auf positive Merkmale der Wohnung berufen, die nur theoretisch vorhanden waren, aber in der Realität nicht umgesetzt wurden. Das Gericht bewertete die einzelnen Gruppen des Mietspiegels und kam zu dem Ergebnis, dass die ortsübliche Vergleichsmiete bei 301,56 Euro lag, was weniger war, als der Mieter bereits zahlte. Die Nebenentscheidungen beruhten auf verschiedenen Paragraphen der Zivilprozessordnung. Eine Revision des Urteils wurde nicht zugelassen.

LG Berlin – Az.: 66 S 108/22 – Urteil vom 09.12.2022

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Amtsgerichts Kreuzberg vom 28.03.2022, Az. ###, abgeändert. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Der Kläger hat mit Schreiben vom 13.5.2021 die Zustimmung zur Erhöhung der Miete für die von dem Beklagten gemietete Wohnung mit Wirkung ab dem 01.08.2021 verlangt, und zwar von bisher 316,68 Euro um 47,18 Euro auf dann 363,86 Euro (netto/kalt). Das Amtsgericht hat den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Mit seiner Berufung begehrt der Beklagte die Abweisung der Klage, weil mit dem Klagebegehren nach Maßgabe des Berliner Mietspiegels 2021 die ortsübliche Vergleichsmiete überschritten sei.

Anstelle des Tatbestandes wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil des Amtsgerichts Bezug genommen. Ergänzungen sind auch nach Maßgabe der §§ 313a Abs. 1 Satz 1, 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht veranlasst.

II.

Die Berufung des Beklagten ist gemäß §§ 511 ff. ZPO zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und rechtzeitig begründet worden.

Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.

1. Die konkrete Ermittlung der hier maßgeblichen Miethöhe anhand der Spanneneinordnung ergibt, dass der Beklagte mit Recht einwendet, die Zustimmung zu einer Erhöhung nicht zu schulden. Zutreffend hat das Amtsgericht zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete für die 64,63 m² große Wohnung das Mietspiegelfeld G1 herangezogen. Bei zutreffender Spanneneinordnung ergibt sich:

a) Gruppe 1 ist entsprechend den Ausführungen des Amtsgerichts zum fehlenden Fliesenspiegel negativ zu werten.

Der Kläger verkennt bereits grundlegende Mechanismen zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete, wenn er annimmt, es könne dabei auch berücksichtigt werden, dass er zu früheren Zeiten eine Modernisierung der Wohnung angeregt oder gar vom Beklagten gefordert habe, die dieser abgelehnt habe. Ob es solche Diskussionen und Vorgänge gegeben hat oder nicht, ist so lange unerheblich, wie sie nicht zu einer tatsächlichen Veränderung in der Wohnung geführt haben. Wenn der Vermieter meint, der Mieter Stimme zu Unrecht einer geplanten Modernisierung nicht zu, ist es seine eigene Verantwortung und sein eigenes Risiko, gegen die Weigerung des Mieters im Wege einer Duldungsklage vorzugehen. Wenn dies nicht geschieht und es folgerichtig zu keiner Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse in der Wohnung kommt, hat dies keinerlei Einfluss auf die Ermittlung einer ortsüblichen Vergleichsmiete. Mit dieser wird nicht beschrieben, welcher Nutzwert der streitgegenständlichen Wohnung zukäme, wenn Veränderungen stattgefunden hätten, zu denen es aber nicht gekommen ist; die ortsübliche Vergleichsmiete spiegelt stattdessen ausschließlich die in der jeweiligen Wohnung zum maßgeblichen Zeitpunkt tatsächlich vorliegende Realität. Nachdem der Kläger also die von ihm vorgetragenen Vorschläge für eine Verbesserung des Badezimmers nicht umgesetzt hat, kann er sich auf positive Merkmale des Bades, die es danach bis heute nicht tatsächlich gibt, auch nicht berufen.

b) Die Gruppe 2 ist nach unbestrittener Auffassung ausgeglichen.

c) Die Gruppe 3 ist im Ergebnis negativ zu bewerten. Es kann dahinstehen, ob das Amtsgericht insoweit mit Recht angenommen hat, die überwiegend auf Putz verlegten Leitungen seien in 1. Instanz nicht ausreichend dargelegt worden. Der Beklagte hat im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom 9.9.2022 aussagekräftige Fotos zur Akte gereicht (Blatt 150-157), die deutlich über erhebliche Strecken auf Putz verlegte Elektroleitungen und ebenfalls auf Putz montierte Steckdosen zeigen, und zwar in Bad, Küche und im Wohnzimmer. Mit Recht beruft sich der Beklagte daher insoweit auf ein wohnwertminderndes Merkmal.

Selbst wenn zu dieser Frage erstmals in 2. Instanz ausreichend substantiierter Vortrag anzunehmen wäre, wäre dieser Vortrag dem Berufungsurteil zugrunde zu legen, weil er auch anlässlich der Erörterung im Berufungstermin in rein tatsächlicher Hinsicht unstreitig geblieben ist.

d) Gruppe 4 ist gemäß den Feststellungen des Amtsgerichts zum Energieverbrauchsausweis unstreitig positiv einzustufen.

e) Zur Gruppe 5 folgt das Gericht nach eigener Prüfung nicht nach Einschätzung des Amtsgerichts, dass in dem streitgegenständlichen Objekt ein aufwändig gestaltetes Wohnumfeld gegeben ist. Zwar ist erkennbar, dass das streitgegenständliche Hofgelände zu weitergehenden Zwecken, als einer bloßen Durchquerung nutzbar ist, und dass es sich insgesamt um eine strukturierte und instandgehaltene Anlage handelt. Für eine derart aufwändige Gestaltung, dass dies einen generellen Zuschlag auf den Mietzins rechtfertigt, reichen diese Attribute aber nicht aus. Mit Recht verweist der Beklagte insoweit auf die Erfordernisse eines besonderen gärtnerischen und/oder architektonischen Aufwandes, der in unterschiedlichsten konkreten Ausprägungen erscheinen kann, der aber über grundlegende Strukturen, wie Sie das Vorhandensein befestigter Wege oder bepflanzter Bereiche zum Ausdruck bringen, signifikant hinausgehen müssen. Die damit angesprochenen besonderen Maßnahmen, die beispielhaft ihren Ausdruck in einer aufwändigen Gestaltung der Fassaden, in bautechnisch besonders eingefassten Beeten und Verkehrsflächen, in der Anlage eigenständiger Aufenthaltsbereiche abseits der ständig benutzten Verkehrsflächen, dem Vorhandensein besonderer Einrichtungen wie (Brunnen, Rondelle, Laubengänge) etc. finden könnten, sind jedenfalls nicht in einem prägenden und für eine Wohnwerterhöhung ausreichenden Maße feststellbar.

Die Gruppe 5 ist damit als neutral zu bewerten.

Die ortsübliche Vergleichsmiete ist ausgehend vom Mittelwert des Feldes G1 (6,40 Euro) durch Berücksichtigung eines doppelten Abschlages zu bestimmen, nämlich einerseits des auch vom Amtsgericht zu Recht festgestellten Abzugs von 1,43 Euro dafür, dass die Wohnung nicht mit Bad vermietet worden ist, sowie andererseits in Höhe von 20 % der Unterspannendifferenz (0,304 Euro). Der daraus resultierende Wert/m² beträgt 4,666. Multipliziert mit 64,63 m² beträgt die ortsübliche Vergleichsmiete dann 301,56 Euro. Dies ist weniger, als der Beklagte bereits zahlt.

2. Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 10, 711 und 713 ZPO.

Eine Konstellation gemäß § 543 Abs. 2 ZPO (die auch einer Entscheidung durch den Einzelrichter entgegenstehen würde) liegt nicht vor. Der Entscheidung liegen vom Tatrichter zu bewertende Umstände des Einzelfalles zugrunde. Eine Abweichung von tragenden Rechtssätzen einer höchstrichterlichen Entscheidung über einen vergleichbaren Sachverhalt ist ebenfalls nicht erforderlich; die Revisionszulassung kommt daher nicht in Betracht.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

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