Skip to content
Menü

Mietvertrag – Wegfall der Geschäftsgrundlage bei Leerstand umliegender Geschäfte

LG Baden-Baden – Az.: 1 O 85/10 – Urteil vom 29.12.2010

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 9.103,50 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils € 1.011,50 seit 04.02.2010, 04.03.2010, 08.04.2010, 06.05.2010, 07.06.2010, 06.07.2010, 05.08.2010, 06.09.2010 und 06.10.2010 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin für die Zeit ab 01.11.2010 bis 10.04…. jeweils monatlich € 1.011,50 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab jeweils dem 04. Werktag eines Monats zu zahlen.

3. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 45 %, die Beklagte 55 %.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

6. Der Streitwert des Verfahrens wird auf € 27.172,50 festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten Zahlung von rückständigem und künftigem Mietzins sowie die Verpflichtung zum Betrieb einer … stelle.

Die Klägerin ist Hauptmieterin des Objekts … in … und betriebt dort einen … markt. Mit Untermietvertrag vom … vermietete die Klägerin an die Beklagte ca. 65 qm der eigenen Mietfläche, bestehend aus einem … raum und Nebenräumen, zum Zwecke einer … stelle (Anlage K 1, B 1). Mietbeginn war der …. Die Kündigung des Mietverhältnisses sollte erstmals zum Ende des 7. Mietjahres, gerechnet ab Mietbeginn, mit gesetzlicher Kündigungsfrist, möglich sein. Der Mietpreis wurde monatlich mit netto € 850,– zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer über € 161,50, damit insgesamt in Höhe von € 1.011,50, fällig jeweils am Monatsanfang bis zum 3. Werktag, vereinbart. In § 13 verpflichtete sich die Beklagte ihr Geschäft das ganze Jahr über betriebsbereit und geöffnet zu halten.

Eine weitere Teilfläche von ca. 50 qm hatte die Klägerin durch Untermietvertrag an den Zeugen … zum Betrieb einer … stelle vermietet.

Mit Schreiben vom … hat die Klägerin der Beklagten die Untervermietung der streitgegenständlichen Fläche gestattet.

Die Beklagte hat den Geschäftsbetrieb zum … eingestellt und mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom … das Mietverhältnis fristlos gekündigt (Anlage K 3). Bereits zuvor hat der weitere Untermieter, der Zeuge … den … betrieb eingestellt.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom … hat die Klägerin von der Beklagten die Zustimmung zur anderweitigen Vermietung der streitgegenständlichen … fläche erbeten, dem die Prozessbevollmächtigten der Beklagten, unter Vorbehalt der Rechte aus § 537 BGB, zugestimmt haben.

Die Klägerin begehrt mit Klageantrag Ziffer 1 die Zahlung rückständiger Mieten für Februar 2010 bis einschließlich April 2010 über € 3.034,50, darüber hinaus Zahlung künftiger monatlicher Miete (Klageantrag Ziffer 2) sowie die Verpflichtung zum Betrieb der … verkaufsfiliale (Klageantrag Ziffer 3).

Die Klägerin behauptet, vor Abschluss des zwischen den Parteien bestehenden Untermietverhältnisses seien feste Besucherzahlen durch die Klägerin nicht zugesichert worden. Sie ist der Ansicht, die tatsächlichen Umsätze und Gewinnentwicklungen gehörten wie auch die Einstellung des Betriebs des … shops des Zeugen … zum Verwendungsrisiko des Mieters, die weder die fristlose Kündigung des Untermietvertrages noch die Aufhebung oder Anpassung des Vertrages wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage rechtfertigten.

Die Schließung des Betriebs der Beklagten wirke sich negativ auf das Ansehen und den Geschäftserfolg des Geschäfts der Klägerin aus. Die Beklagte sei nach § 13 des Untermietvertrages zum Betrieb, der sie auch nicht unangemessen benachteilige, verpflichtet.

Die Klägerin beantragt zuletzt:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 3.034,50 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils € 1.011,50 seit 04.02.2010, 04.03.2010 und 07.04.2010 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird im weiteren verurteilt, an die Klägerin über den 01.05.2010 hinaus monatlich, jeweils zum 3. Werktag eines Monats im Voraus Miete in Höhe von € 1.011,50 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem jeweiligen Folgetag zu zahlen, und zwar bis zur Beendigung des Mietverhältnisses am …

3. Die Beklagte wird verurteilt, die von ihr auf einer Teilfläche von ca. 65 qm bestehend aus … raum und Nebenräumen auf dem Anwesen … in … (Lageplan gemäß Anlage K 1) betriebene … stelle Montag bis Freitag von 8 Uhr bis 20 Uhr und Samstag von 8 Uhr bis 18 Uhr geöffnet zu halten und zu betreiben.

Die Beklagte beantragt: Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte ist der Ansicht, Klageantrag Ziffer 2 sei unzulässig, da die Leistung von einer Gegenleistung abhängig sei, deren Verwirklichung in Zukunft nicht gesichert sei. Insofern fehle es der Klägerin jedenfalls am Rechtsschutzbedürfnis. Im übrigen habe die Beklagte die Zahlungseinstellung mit der von ihr vertretenen Rechtsauffassung begründet und damit nicht ihren Unwillen zur Zahlung zum Ausdruck gebracht.

Die Beklagte behauptet, Geschäftsgrundlage für die Anmietung der … fläche sei ein von der Klägerin vorgestelltes Gesamtkonzept wie auch die Zusicherung von Kundenzahlen gewesen. Danach habe neben der Filiale der Beklagten auch eine Filiale der … auf der gleichen Fläche betrieben werden sollen. Am … habe der Expansionsleiter der Klägerin, der Zeuge … ausdrücklich eine Kundenzahl von 1.000 Kunden täglich zugesichert, die auch als Kalkulationsgrundlage der Klägerin gedient habe. Auch habe die Klägerin gegenüber dem Zeugen … eine Kundenzahl von 800 bis 1.000 Kunden täglich zugesichert. Tatsächlich werde der … durchschnittlich von maximal 350 bis 550 Kunden täglich besucht, so dass ein wirtschaftlicher Betrieb der … nicht möglich sei. Monatlich erleide die Beklagte hierdurch Verluste von € 4.000,– bis € 5.000,–.

Zudem hätten Pflichtverletzungen der Klägerin zur Verringerung der Kundenzahlen geführt. Die Klägerin habe auch keine von der Beklagten zur Erhöhung der Kundenfrequenz unterbreiteten Vorschläge aufgegriffen. Der … sei von der Klägerin größtenteils nur mit einer Person besetzt gewesen, die für die Kasse und zur Einräumung von Waren verantwortlich gewesen sei. Technische Einrichtungen, wie Kassen, habe die Klägerin nicht funktionsfähig erhalten, wodurch Kunden zurückgewiesen, der … geschlossen oder lange Wartezeiten entstanden seien. Das Personal der Klägerin sei unfreundlich gewesen, was sich ebenfalls auf die Kundenfrequenz ausgewirkt habe.

Die Beklagte ist der Ansicht, nach alledem zur fristlosen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigt gewesen zu sein, weshalb Ansprüche der Klägerin auf Zahlung von Mietzins ab … nicht begründet seien und keine Verpflichtung zum Betrieb der … bestehe.

Sie behauptet ferner, die Klägerin habe den streitgegenständlichen Teil der … fläche bereits anderweitig vermietet oder zur Nutzung überlassen. Eine Betriebspflicht zum Betrieb einer … filiale durch die Beklagte sehe der Mietvertrag nicht vor. § 13 sei unbestimmt und verstoße gegen § 307 BGB, da sich die Betriebspflicht auf „das ganze Jahr“ beziehe und die Beklagte unangemessen benachteilige. Schließlich sei der Beklagten vertraglich die Untervermietung gestattet. Im übrigen verhalte sich die Klägerin treuwidrig, indem sie zunächst von der Beklagten die Zustimmung zur anderweitigen Vermietung eingeholt habe, nunmehr dem entgegen den Betrieb durch die Beklagte fordere. Mit Schreiben vom … habe die Klägerin vielmehr auf eine Betriebs- und Öffnungspflicht der Beklagten verzichtet. Hierfür spreche auch der Umstand, dass die Klägerin die Beklagte seit Einstellung des Betriebs ab … bis zur klageweisen Geltendmachung Mitte … zu keinem Zeitpunkt zur Aufnahme des Geschäftsbetriebs aufgefordert habe. Jedenfalls seien etwaige Rechte der Klägerin damit verwirkt, zumal sie die Betriebs- und Offenhaltungspflicht nicht hinsichtlich der … filiale geltend gemacht habe.

Wegen der weitergehenden Einzelheiten des Parteivortrages wird auf den Inhalt der zwischen den Parteivertretern gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Akten des Landgerichts Baden-Baden, 3 O 230/09, waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Aufgrund Beschlusses vom 06.07.2010 (AS. 79 ff.) wurde Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen … und … Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift des Termins zur mündlichen Verhandlung vom 21.09.2010 (AS. 179 ff.) und 02.11.2010 (AS. 221 ff.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber nur teilweise begründet.

I. Die Klage ist zulässig.

Der Antrag der Klägerin auf zukünftige Leistung (Klageantrag Ziffer 2) ist nach § 259 ZPO zulässig. Unerheblich ist nach § 259 ZPO, ob die geltend gemachte zukünftige Leistung von einer Gegenleistung abhängt, so dass auch grundsätzlich die Klage auf zukünftige Mietzahlungen zulässig ist. Die Besorgnis der Nichterfüllung der Mietzinsen ist begründet. Insoweit genügt, dass der Schuldner den Anspruch ernstlich bestreitet (BGH NJW-RR 2005, 1518 ff.). Indem sich die Beklagte auf die Beendigung des Mietverhältnisses durch fristlose Kündigung vom … für die Zeit ab … beruft und auch seither jegliche Zahlungen an die Klägerin vollständig eingestellt hat, bestreitet sie ernstlich das Bestehen weiterer Mietzinsansprüche der Klägerin.

II. Die Klage ist begründet, soweit die Klägerin rückständigen und künftigen Mietzins nebst den ausgeurteilten Zinsen geltend macht. Im Übrigen und hinsichtlich der Verpflichtung der Beklagten zum Betrieb der … filiale ist die Klage unbegründet.

1. Der Klägerin steht gegen die Beklagte aus dem streitgegenständlichen Untermietvertrag in Verbindung mit § 535 Abs. 2 BGB ein Anspruch auf Zahlung monatlichen Mietzinses in Höhe von € 1.011,50 ab … zu.

Für die bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung am 2. November 2010 rückständigen Mieten für … bis einschließlich …, demnach für 9 Monate zu je € 1.011,50, sind Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte in Höhe von € 9.103,50 begründet. Ab … ist der Antrag auf künftige Mietzahlung nebst entsprechenden Zinsen nach Ablauf des 3. Werktages begründet.

a) Zwischen den Parteien wurde wirksam ein Gewerberaummietverhältnis geschlossen, dessen ordentliche Kündigung vertraglich frühestens zum … erfolgen kann. Hiernach steht der Klägerin gegen die Beklagte der Anspruch auf Zahlung monatlichen Mietzinses zu.

b) Der Mietvertrag ist auch nicht wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage gem. §§ 313 Abs. 1, 2 BGB oder wegen schuldhafter Pflichtverletzungen der Klägerin nach § 543 BGB mit Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom … gekündigt worden.

aa) Nach § 313 Abs. 1 BGB kann die Anpassung des Vertrages verlangt werden, wenn sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert haben und die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen hätten, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten. Dies setzt zudem weiter voraus, dass unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der vertraglichen und gesetzlichen Risikoverteilung, einem Teil des Vertrages das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Einer Veränderung der Umstände steht es nach § 313 Abs. 2 BGB gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrages geworden sind, sich als falsch herausstellen. Die Geschäftsgrundlage im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB wird gebildet durch die nicht zum Vertragsinhalt gewordenen, aber beim Vertragsschluss zugrunde gelegten, dem Geschäftsgegner erkennbaren und von ihm nicht beanstandeten Vorstellungen des einen Vertragspartners oder durch entsprechende gemeinsame Vorstellungen, auf denen der Geschäftswille aufbaut (BGH NW 1995, 592 ff.). Nicht ausreichend sind einseitige Erwartungen einer Partei, auch wenn sie diese der anderen Seite bei Vertragsschluss mitgeteilt hat. Entscheidend ist vielmehr, ob das Verhalten des anderen Teils als bloße Kenntnisnahme oder Einverständnis zu werden ist.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 2000, 1714 ff.) ist für eine Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage grundsätzlich insoweit kein Raum, als es um Erwartungen und Umstände geht, die nach den vertraglichen Vereinbarungen in den Risikobereich einer der Parteien fallen sollen. Eine solche vertragliche Risikoverteilung schließt grundsätzlich die Möglichkeit aus, sich bei Verwirklichung des Risikos auf den Wegfall der Geschäftsgrundlage zu berufen. Im Verhältnis zwischen Vermieter und Mieter trägt hiernach grundsätzlich der Mieter das Verwendungsrisiko der Mietsache, wozu insbesondere bei der gewerblichen Miete auch das Risiko zählt, mit dem Mietobjekt Gewinne zu erzielen.

bb) Die Beklagte ist für die Behauptung, die Klägerin habe vor Abschluss des Untermietvertrages tägliche Besucherzahlen von 1.000 Kunden zugesichert, beweisfällig geblieben.

Der Zeuge … war in den Gesprächen zwischen den Parteien, die vor Abschluss des Untermietvertrages stattfanden, nicht zugegen. Er hat nur Angaben zu den Gesprächen machen können, die er selbst vor Abschluss des eigenen Vertrages mit dem Zeugen … geführt hat. Selbst hiernach sind jedoch zu keinem Zeitpunkt Erwartungen der Klägerin von 1000 Kunden pro Tag angesprochen worden. Im Übrigen ist nach der Aussage des Zeugen davon auszugehen, dass der Zeuge … nur von Zielen der Klägerin gesprochen hat, die statt 600 bis 700 Kunden pro Tag 800 pro Tag angestrebt habe und dass insofern lediglich über Erfahrungswerte gesprochen wurde. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin in diesen Gesprächen die Zusicherung für diese Zahlen gegeben habe, hat der Zeuge … nicht aufzuzeigen vermocht. Gleiches gilt für die Aussage der Zeugin …

Der Zeuge … hat zudem nachvollziehbar und überzeugend ausgesagt, in den Gesprächen mit der Beklagten keinesfalls Zusicherungen zur Kundenfrequenz gemacht zu haben. Er habe allenfalls darüber gesprochen, von welchen Zahlen die Klägerin ihrerseits zur Kalkulation ausgehe. Zudem hat er nachvollziehbar ausgesagt, keinesfalls von 1000 Kunden pro Tag gesprochen zu haben. Seine Planungen seien allenfalls von 600 bis 700 Kunden ausgegangen.

Auch der Untermietvertrag enthält keinerlei Anhaltspunkte für eine tatsächliche Festlegung der zu erwartenden Kundenfrequenz.

Die Voraussetzungen für eine Parteivernehmung der Geschäftsführerin der Beklagten liegen nach § 448 ZPO nicht vor. Die Geschäftsführerin der Beklagten wurde im Verfahren 3 O 230/09, AS. 187 – 195, als Zeugin vernommen. Ihre damalige Aussage wurde verwertet. Auch hieraus ergeben sich keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin die Zusicherung übernommen habe, mit 1.000 Kunden täglich sei zu rechnen. Anlass, die Geschäftsführerin der Beklagten zusätzlich nach § 141 ZPO zu vernehmen, ergaben sich hiernach nicht.

Der Einvernahme des klägerseits benannten weiteren Zeugen … (AS. 213) bedurfte es im Hinblick darauf nicht mehr, ohne dass es auf die Frage ankommt, ob der Beweisantritt der Klägerin verspätet erfolgte.

cc) Die Beklagte hat auch nicht nachvollziehbar dargelegt, dass dem Mietvertrag ein Gesamtkonzept zugrunde liege, das Geschäftsgrundlage des Untermietvertrages geworden sei. Zwar gingen die Parteien zunächst bei Abschluss des Mietvertrages davon aus, dass auch die weitere Verkaufsfläche von der … filiale besetzt sei, Anhaltspunkte dafür, dass der Betrieb des … oder der … filiale von dem Betrieb der … filiale abhängig gewesen sei, sind nicht gegeben, vielmehr ist davon auszugehen, dass beide Objekte gerade unabhängig von dem Betrieb der … filiale sein sollten. Hierfür spricht, dass die Klägerin für den Betrieb des … die Ladenfläche unabhängig von weiteren Vertragsverhandlungen mit dem Zeugen … und der Beklagten angemietet hatte und auch der Mietvertrag zwischen der Klägerin und dem Zeugen … bereits abgeschlossen war, bevor die Verhandlungen mit der Beklagten geführt wurden. Im übrigen ist bei Fehlen weitergehender Anhaltspunkte nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH NJW-RR 2010, 1017 ff.) davon auszugehen, dass es grundsätzlich in den Risikobereich des Mieters fällt, wenn er ein Geschäft wegen Leerstandes umliegender Geschäfte nicht gewinnbringend betreiben kann.

dd) Die fristlose Kündigung der Beklagten mit Schreiben vom … ist auch nicht wegen Pflichtverletzungen der Klägerin begründet. Dahingestellt bleiben kann, ob der Sachvortrag der Beklagten zu den einzelnen Pflichtverletzungen überhaupt hinreichend konkretisiert und damit substantiiert ist. Die behaupteten Ereignisse sollen im Jahr … stattgefunden haben und sind daher nicht mehr geeignet, zu Beginn des Jahres … die fristlose Kündigung zu rechtfertigen, § 314 Abs. 2 BGB.

b) Der Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen ergibt sich aus §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 3 Ziff. 1 des Untermietvertrages. Er ist lediglich insoweit unbegründet, als die Klägerin bereits Verzinsung vor Ablauf des dritten Werktages geltend gemacht hat. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (NJW 2010, 2879 ff.) ist der Samstag nicht als Werktag anzusehen.

2. Der Klageantrag, die Beklagte zum Betrieb der … filiale zu verpflichten, ist nicht begründet und die Klage insoweit abzuweisen.

Die Klägerin hat einen etwaigen aus § 13 des Untermietvertrages folgenden Anspruch auf Betrieb und Offenhaltung, unabhängig davon, ob die Bestimmung hinreichend konkretisiert oder nach § 307 BGB unwirksam ist, jedenfalls nach § 242 BGB verwirkt.

Ein Recht ist nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BGH NJW 2008, 2254 ff.) verwirkt, wenn der Berechtigte es längere Zeit hindurch nicht geltend gemacht und der Verpflichtete sich darauf eingerichtet hat und sich nach dem gesamten Verhalten des Berechtigten auch darauf einrichten durfte, dass dieser das Recht nicht mehr geltend machen werde.

Vorliegend hat die Klägerin der Beklagten bereits mit Schreiben vom … gestattet, die … filiale nicht selbst zu betreiben, sondern die Fläche unterzuvermieten. Damit gab die Klägerin konkreten Anlass zur Annahme, dass es ihr nicht auf den Betrieb einer … filiale durch die Beklagte ankam. Im übrigen hat die Klägerin nach Mitteilung der Betriebseinstellung durch die Beklagte im … die Beklagte im … darum gebeten, die Verkaufsfläche anderweitig selbst vermieten zu dürfen, ohne auf die Betriebspflicht der Beklagten hinzuweisen. Damit ist die Klägerin über mehr als 6 Monate bis zur Klageerweiterung Mitte Juli 2010 untätig geblieben und hat damit bei der Beklagten das berechtigte Vertrauen erweckt, eine etwaige Betriebspflicht der Beklagten nicht mehr geltend zu machen. Dass die Klägerin der Beklagten insoweit nur entgegenkommen und eine streitige Auseinandersetzung vermeiden wollte, war für die Beklagte, die sich auf die Einstellung des Betriebs eingerichtet hat, nicht erkennbar.

II. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 1 ZPO.

III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist auf §§ 708 Nr. 11, 711, 709, 108 ZPO gestützt.

IV. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 39, 43, 48 GKG, 23 RVG, 3 ZPO. Er setzt sich zusammen aus € 3.034,50 für den Klageantrag Ziffer 1, € 12.138,– für den Klageantrag Ziffer 2 (OLG Frankfurt OLGR 2004, 201 ff.; KG Berlin, KGR Berlin 2000, 234 ff.) und € 12.000,– für den Klageantrag Ziffer 3 (geschätztes Interesse der Klägerin in ungefährer Höhe des jährlichen Mietzinses, vgl. KG Berlin, Beschluss vom 07.03.2006 – 8 W 2/06).

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!