LG Berlin, Az.: 63 S 493/12, Urteil vom 02.07.2013
Die Berufung der Klägerin gegen das am 01. Oktober 2012 verkündete Urteil des Amtsgerichts Lichtenberg – 13 C 24/12 – wird auf ihre Kosten mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klägerin die gesamten Kosten des Rechtsstreits erster Instanz zu tragen hat.
Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Von der Darstellung der tatbestandlichen Feststellungen wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.
II.
Die Berufung ist unbegründet.
Die Klägerin kann vom Beklagten nicht nach § 546 Abs. 1 BGB die Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung verlangen.
Das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis ist nicht durch die seitens der Klägerin erklärte Kündigung vom 29. März 2012 beendet worden. Die Kündigung war weder als außerordentliche fristlose (§ 543 BGB) noch als ordentliche Kündigung (§ 573 BGB) wirksam.
Der Beklagte hat durch die Hundehaltung seine vertraglichen Pflichten nicht mehr als unerheblich schuldhaft verletzt im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB.
Ohne Erfolg macht die Klägerin geltend, dass der Beklagte gegen § 11 des Mietvertrages verstoßen habe. Die Klausel in § 11 des Mietvertrages ist nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. Die Regelung hat folgenden Wortlaut:
Die in Rede stehende Klausel benachteiligt den Mieter entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen, weil aus ihr nicht hervorgeht, an welche überprüfbaren Beurteilungsvoraussetzungen die Erteilung der Erlaubnis zur Tierhaltung gebunden sein soll (vgl. dazu BGH, Beschluss v. 25. September 2012 – VIII ZR 329/11 – NJW-RR 2013, 584f Tz 5, zitiert nach juris). Weil aber die Vertragsklausel zur Tierhaltung unwirksam ist, ist der hiesige Fall entgegen der Ansicht der Klägerin nicht mit jenem Sachverhalt vergleichbar, über den die Kammer im Verfahren 63 S 421/11 entschieden hat. In jenem Verfahren war das im Mietvertrag enthaltene Verbot der Hundehaltung als unwirksam angesehen worden.
Fehlt es damit an einer wirksamen vertraglichen Regelung, hängt die Frage, ob die Haltung von Haustieren zum vertragsgemäßen Gebrauch nach § 535 Abs. 1 BGB gehört, von einer umfassenden Abwägung der im Einzelfall konkret betroffenen Belange und Interessen der Vertragsparteien sowie der anderen Haubewohner und Nachbarn ab (BGH, Urteil v. 20. März 2013 – VIII ZR 168/12 – NJW 2013, 1526ff, Tz 24).
Diese Abwägung fällt hier nicht zum Nachteil des Beklagten aus. Die Klägerin trägt nicht vor, dass die streitgegenständliche Wohnung durch die Hundehaltung beschädigt werde. Es ist auch unerheblich, dass das über 380 Wohnungen verfügende Haus im Jahre 1965 in Plattenbauweise errichtet wurde, wobei die Wände zwischen den einzelnen Wohnungen derart dünn sind, dass beinahe sämtliche Geräusche aus den Nachbarwohnungen wahrgenommen werden müssen. Denn die Klägerin trägt nicht vor, dass von den in der streitgegenständlichen Wohnung gehaltenen Hunden irgendwelche Störungen ausgegangen seien. Gleiches gilt auch für den Hundekot im Inneren der Liegenschaft und der Aufzüge. Dass die hier in Rede stehenden Hunde diesen hinterlassen hätten, trägt die Klägerin nicht vor. Unstreitig werden im Haus mehrere Hunde gehalten.
Ob die Hunde in der streitgegenständlichen Wohnung artgerecht gehalten werden können, spielt für die hier allein maßgebliche mietrechtliche Betrachtung keine Rolle (vgl. BGH, Beschluss v. 22. Januar 2013 – VIII ZR 329/11 – Grundeigentum 2013, 346f, Tz 3). Selbst wenn die Haltung nicht artgerecht sein sollte, würde dies zwar möglicherweise tierschutzrechtlich relevant sein, jedoch keine Verletzung der mietvertraglichen Pflichten darstellen.
Danach kann dahinstehen, ob eine mehr als unerhebliche schuldhafte Vertragsverletzung seitens des Beklagten selbst dann nicht vorliegen würde, wenn eine umfassende Abwägung der wechselseitigen konkreten Belange und Interessen hier im Ergebnis dazu geführt hätte, dass das Halten der Hunde in der streitgegenständlichen Wohnung nicht mehr vom vertragsgemäßen Gebrauch umfasst ist. Es kann auch offen bleiben, ob die Klägerin in einem solchen Fall zunächst gehalten gewesen wäre, den Beklagten nach § 541 BGB auf Unterlassung der Hundehaltung in Anspruch zu nehmen.
Weil nach den obigen Ausführungen schon kein Grund für eine ordentliche Kündigung besteht, liegt erst Recht kein eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigender wichtiger Grund im Sinne von § 543 Abs. 1 BGB vor.
Die Kostenentscheidung hinsichtlich der Berufungsinstanz beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die erstinstanzliche Kostenentscheidung war dahingehend abzuändern, dass die Klägerin die Kosten auch des ersten Rechtszugs in vollem Umfang zu tragen hat. Die Säumniskosten waren dem Beklagten nicht nach § 344 ZPO aufzuerlegen gewesen, weil das Versäumnisurteil im schriftlichen Vorverfahren mangels Schlüssigkeit der Klage (§ 331 Abs. 2 und Abs. 3 S. 1 ZPO) nicht in gesetzlicher Weise ergangen war. Eine Veränderung der erstinstanzlichen Kostenentscheidung ist auch zum Nachteil der Berufungsklägerin möglich (vgl. Zöller/Heßler, ZPO, 29. Aufl., § 528 Rn 35).
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.