KG Berlin – Az.: 8 U 168/13 – Beschluss vom 20.01.2014
Der Senat beabsichtigt, die Berufung durch Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 ZPO zurückzuweisen.
Gründe
I.
Die Berufung der Beklagten richtet sich gegen das am 25. September 2013 verkündete Urteil der Zivilkammer 29 des Landgerichts Berlin, auf dessen Tatbestand und Entscheidungsgründe Bezug genommen wird.
Die Beklagten tragen zur Begründung der Berufung vor:
Das Recht des Beklagten zu 2) auf rechtliches Gehör sei verletzt worden, weil ihm die Klageschrift nicht zugestellt worden sei, obwohl dem Landgericht die aktuelle Anschrift des Beklagten zu 2) mitgeteilt worden sei (Bl.101).
Das Landgericht habe im Urteil festgestellt, dass das Mietverhältnis mit Ablauf des 4.9.2013 beendet sei, obwohl es im Termin am 14.8.2013 ausdrücklich dargelegt habe, dass das Mietverhältnis nicht zum 4.9.2013 enden würde (Bl.101).
Das Landgericht verkenne, dass die Klägerin einer stillschweigenden Verlängerung des Mietvertrages zu keinem Zeitpunkt widersprochen habe (Bl.101). Der Widerspruch hätte innerhalb von zwei Wochen ab Gebrauchsfortsetzung erfolgen müssen. Vor Beendigung des Mietverhältnisses könne der Widerspruch nicht zum Ausdruck gebracht werden. Die Klägerin habe keinen Widerspruch ausgesprochen. Weder das Schreiben vom 3.1.2013, noch das Schreiben vom 28.1.2013 enthalte einen Widerspruch. Auch die Räumungsklage selbst stelle keinen Widerspruch dar. Davon abgesehen sei insoweit auch nicht die 2-Wochen-Frist gewahr worden.
Im Übrigen habe die Klägerin mit Schreiben vom 28.11.2012 unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, das Mietverhältnis zu verlängern.
Die Widerklage sei begründet (Bl.102).
Die Verlängerung des Mietverhältnisses sei den Beklagten zugesichert worden. Frau S habe im Juni des Jahres 2012 in den Geschäftsräumlichkeiten der Firma a GmbH u. Co.KG in der C die Verlängerung des Mietverhältnisses um weitere 5 Jahre vom 01.02.2013 bis zum 28.02.2018 zu dem bisherigen Mietzins zugesichert. Es sei zugleich auch die schriftliche Fixierung der fünfjährigen Mietzeit für den Monat September 2012 zugesichert worden. Frau A S sei befugt gewesen, eine derartige Zusicherung abzugeben. Sie habe ihnen den Nachtrag Nr.3 zugeschickt und sei Ansprechpartner in allen mietrechtlichen Angelegenheiten gewesen. Zumindest resultiere die Vertretungsbefugnis aus Duldungs- und Anscheinsvollmacht.
Das Landgericht sei verpflichtet gewesen, Frau A S als Zeugin zu vernehmen. Es werde beantragt, die Zeugin S und den Beklagten zu 1) zu diesem Beweisthema zu hören (Bl.103/104).
Die nunmehrige Verweigerung der Verlängerung des Mietverhältnisses sei treuewidrig nach § 242 BGB. Die Formnichtigkeit führe zu einem untragbaren Ergebnis.
Im Vertrauen auf die Zusicherung der Verlängerung hätten die Beklagten umfangreiche Investitionen in die Mieträume vorgenommen und hätten die Eingangstür für 5.569,20 € und die Schaufensterfront für 11.500,00 € erneuert. Dies sei der Klägerin bekannt gewesen.
Die Beklagten beantragen, das am 25. September 2013 verkündete Urteil der Zivilkammer 29 des Landgerichts Berlin aufzuheben und die Klägerin widerklagend zu verurteilen, mit den Beklagten zu 1) und 2) einen Mietvertrag über die Gewerberäumlichkeiten in der M, Erdgeschoss, bestehend aus einem Gastraum mit 5 Einzelräumen, 1 Herren-WC mit Vorraum, 1 Damen-WC mit Vorraum und Nebenräumen mit einer Größe von 188,56 qm und einer monatlichen Bruttowarmmiete in Höhe von 2.012,88 € (wobei auf die Nettokaltmiete 1.377,00 € entfallen) und einer Mietvertragsdauer für die Zeit vom 01.02.2013 bis zum 28.02.2018 abzuschließen, hilfsweise, die Klägerin zu verurteilen, mit den Beklagten zu 1) und 2) einen Nachtrag zum bestehenden Mietvertrag zwischen den Parteien vom 01.02.2009/ 01.04.2009 und 18.02.2011/22.02.2011 zu den vorgenannten Bedingungen abzuschließen.
Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hält das angefochtene Urteil für zutreffend und trägt ergänzend vor:
Die Klage sei dem Beklagten zu 2) wirksam zugestellt worden. Jedenfalls habe der Prozessbevollmächtigte des Beklagten zu 2) vollumfänglich Kenntnis von der Klageschrift gehabt.
Im Übrigen werde auf § 27 des Mietvertrages verwiesen (Bl.120).
Das Landgericht habe im Termin zur mündlichen Verhandlung nur seine vorläufige Rechtsauffassung geäußert.
Da die Beklagten das Angebot vom 28. November 2012 auf Abschluss eines Nachtrages nicht angenommen hätten, könnten sie daraus auch keine Rechte herleiten (Bl.121).
Eine Zusicherung zum Abschluss eines Mietvertrages habe es nicht gegeben.
Frau S sei nicht befugt gewesen, ohne Rücksprache mit der Klägerin langfristige Mietverträge abzuschließen (Bl.121).
Der in zweiter Instanz vorgetragenen Sachverhalt, die Zeugin S habe die schriftliche Fixierung zugesichert, werde bestritten (Bl.121). Dieser Vortrag sei falsch und widersprüchlich. Noch in erster Instanz hätten die Beklagten behauptet, man habe sich auf eine Mietpreisreduzierung geeinigt (Bl.121).
Es werde bestritten, dass die Beklagten umfangreiche Investitionen vorgenommen hätten.
Davon abgesehen sei das Mietverhältnis am 3. Juni 2013 nochmals gekündigt worden. Es ende damit jedenfalls am 31. Dezember 2013 (Bl.122).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in beiden Rechtszügen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.
II.
Der Senat ist einstimmig davon überzeugt, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Der Senat folgt den im Wesentlichen zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, die durch die Berufungsbegründung nicht entkräftet worden sind. Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:
Nach § 513 Absatz 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Beides ist nicht der Fall.
Es kann dahin gestellt bleiben, ob die Klageschrift dem Beklagten zu 2) wirksam zugestellt worden ist.
Das Fehlen der Klagezustellung gehört zu den nach § 295 Abs. 1 ZPO heilbaren Verfahrensmängeln (BGHZ 4, 328, 335; 25, 66, 72; BGH, NJW 1972, 1373). Der Mangel der Zustellung kann nicht mehr geltend gemacht werden, wenn die Partei ihn in der nächsten mündlichen Verhandlung nicht gerügt hat, obgleich sie erschienen ist und ihr der Mangel bekannt war oder bekannt sein musste (BGH, NJW 1972, 1373. Die Voraussetzungen eines solchen Rügeverzichts liegen hier vor. Die Parteien haben in dem Termin vom 14. August 2013 zur Sache verhandelt, ohne dass der Beklagtenvertreter die Rüge mangelnder Klagezustellung erhoben hat.
Der geltend gemachte Räumungs- und Herausgabeanspruch ist gemäß § 546 Abs.1 BGB begründet. Das streitgegenständliche, bis zum 31. Januar 2013 fest abgeschlossene Mietverhältnis war mit Ablauf des 31. Januar 2013 beendet.
Der Senat folgt dem Landgericht nicht, soweit dieses in der angefochtenen Entscheidung ausführt, dass die in § 22 Ziffer 3 des Mietvertrages enthaltene Regelung, wonach bei Beendigung des Mietverhältnisses § 545 BGB für beide Vertragspartner keine Anwendung finden soll, unwirksam sei. Die vom Landgericht zitierten Entscheidungen des Landgerichts München (WuM 1984, 106) und des OLG Schleswig (NJW 1995, 2858) betreffen Wohnraummietverhältnisse. Bei Geschäftsraummietverhältnissen ist eine gesetzesverweisende Klausel jedoch wirksam. Ein Verstoß gegen §§ 305 Abs.2 Nr.2, 305 c Abs.1, 307 Abs.1 Satz 2 BGB liegt nicht vor (Schmidt-Futter/Blank, Mietrecht, 11. Auflage, § 545, Rdnr.33 a; Palandt/Weidenkaff, BGB, 73. Auflage, § 545, Rdnr.4; OLG Rostock, NZM 2006, 584).
Davon abgesehen hat das Landgericht in der angefochtenen Entscheidung in jeder Hinsicht zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin fristgerecht ihren einer stillschweigenden Verlängerung entgegenstehenden Willen bekundet hat.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der sich der Senat anschließt, kann der Widerspruch grundsätzlich auch schon vor dem Beginn der zweiwöchigen Widerspruchsfrist erhoben werden (BGH, Urteil vom 8. Januar 1969 – VIII ZR 184/66, WM 1969, 298, unter 3 b; BGH, Beschluss vom 9. April 1986 – VIII ZR 100/85, NJW-RR 1986, 1020, unter [II] 3; BGH, Urteile vom 16. September 1987 – VIII ZR 156/86, NJW-RR 1988, 76, unter 2 c bb, sowie vom 7. Januar 2004 – VIII ZR 103/03, NJW-RR 2004, 558, unter II 1 b cc; jeweils zu § 568 BGB aF; BGH, NJW 2010, 2124). Dies entspricht auch der wohl einhelligen Meinung in der Literatur (Staudinger/Emmerich, BGB (2006), § 545 Rdnr. 14; MünchKommBGB/Bieber, 5. Aufl., § 545 Rdnr. 16; Schmidt-Futterer/Blank, Mietrecht, 9. Aufl., § 545 BGB Rdnr. 25; Erman/Jendrek, BGB, 12. Aufl., § 545 Rdnr. 7; Bamberger/Roth/Ehlert, BGB, 2. Aufl., § 545 Rdnr. 7; Schach in: Kinne/Schach/Bieber, Miet- und Mietprozessrecht, 5. Aufl., § 545 Rdnr. 2; Lammel, Wohnraummietrecht, 3. Aufl., § 545 Rdnr. 33).
Das Schreiben der Klägerin vom 28. Januar 2013 bringt auch klar und eindeutig zum Ausdruck, dass die Klägerin mit der Verlängerung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Zeit nicht einverstanden ist (vgl. insoweit Schmidt/Futterer/Blank, a.a.O., § 545 BGB, Rdnr.21). Unerheblich ist, ob die Klägerin den Beklagten mit Schreiben vom 28. November 2012 noch ein Angebot auf Verlängerung des Mietverhältnisses unterbreitet hat. Die Beklagten haben das Angebot nicht angenommen. Der Klägerin stand es folglich frei, einer Fortsetzung des Mietverhältnisses zu widersprechen.
Die Beklagten haben gegen die Klägerin auch keinen Anspruch auf Abschluss eines neuen Mietvertrages oder eines Nachtrages zum Mietvertrag vom 1. Februar 2008. Nach dem Vortrag der Beklagten haben sie mit Frau S vereinbart, dass im September 2012 ein schriftlicher Vertrag über die Verlängerung des Mietverhältnisses um weitere fünf Jahre abgeschlossen werden sollte. Unstreitig ist es nicht zum Abschluss eines entsprechenden Vertrages gekommen. Gemäß § 154 Abs.2 BGB gilt aber, wenn eine Beurkundung des beabsichtigten Vertrages verabredet worden ist, im Zweifel ein Vertrag nicht als geschlossen, bis die Beurkundung erfolgt ist.
Die Beklagten haben auch nicht schlüssig vorgetragen, dass sie mit Frau S als Vertreterin der Klägerin einen wirksamen Vorvertrag abgeschlossen hätten, der die Klägerin zum Abschluss eines Hauptvertrages verpflichten würde. Es kann dahin gestellt bleiben, ob Frau S vertretungsberechtigt war. Ein wirksamer Vorvertrag setzt jedenfalls voraus, dass sich die Parteien über alle wesentlichen Punkte geeinigt haben (Palandt/Ellenberger, BGB, Einf. v. § 145, Rdnr.20). Die Klägerin hat unwidersprochen vorgetragen, dass die Beklagten noch mit Schreiben vom 5. Dezember 2012 ihr gegenüber neben der Verlängerung des Mietverhältnisses auch die Vereinbarung einer Reduzierung des Mietzinses behauptet haben. Wenn die Beklagten nun die Vereinbarung der Fortgeltung des bisherigen Mietzinses behaupten, ist ihr Vortrag unsubstantiiert, da widersprüchlich.
Die Verweigerung der Verlängerung des Mietverhältnisses ist auch nicht treuewidrig nach § 242 BGB. Das von den Beklagten zitierte Urteil des Bundesgerichtshofes vom 18. Oktober 2000 – XII ZR 179/98 – setzt sich überhaupt nicht mit der Frage auseinander, unter welchen Umständen das Berufen auf einen Formmangel treuewidrig ist. Davon abgesehen ist aber auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Frage, unter welchen Umständen das Berufen auf einen Formmangel treuewidrig ist, für den vorliegenden Fall nicht relevant, da aus den dargelegten Gründen zwischen den Parteien weder ein schriftlicher noch ein mündlicher Mietvertrag zustande gekommen ist.
Irrelevant ist, ob die Beklagten umfangreiche Investitionen in die Mieträume vorgenommen haben, zumal die Beklagten noch nicht einmal vorgetragen haben, zu welchem Zeitpunkt die behaupteten Investitionen erfolgt sein sollen.
Im Übrigen hat die Sache keine grundsätzliche Bedeutung, eine Entscheidung des Senats zur Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist nicht erforderlich und eine mündliche Verhandlung nicht geboten.
Es wird daher angeregt, die Fortführung der Berufung zu überdenken.
Es ist beabsichtigt, den Streitwert für den zweiten Rechtszug gemäß § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG auf 16.524,00 € festzusetzen.