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Mietvertragskündigung bei Beleidigungen eines Objektbetreuers durch den Mieter

AG München –  Az.: 433 C 13417/14 –  Urteil vom 30.10.2014

1. Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts München (Gz. 433 C 13417/14) vom 14.07.2014 wird aufrechterhalten.

2. Die weiteren Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten als Gesamtschuldner.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagtenpartei kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von € 12.000,00 abwenden, wenn nicht die Klagepartei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Räumung einer Mietwohnung.

Mit Mietvertrag vom 01.09.2011 mieteten die Beklagten für die Zeit ab 18.11.2011 von der Klägerin eine Wohnung im Anwesen L-straße … in … M. Der monatliche Grundmietzins beträgt € 818,18.

Mit Klageschriftsatz vom 03.06.2014, den Beklagten zugestellt am 18.06.2014, kündigte die Klägerin das Mietverhältnis der Parteien fristlos, hilfsweise ordentlich, wegen Störung des Hausfriedens durch Lärmbelästigungen und Beleidigungen von Mitbewohnern und Angestellten der Klägerin. Bezüglich der Einzelheiten der Kündigungsgründe wird Bezug genommen auf die Klage vom 03.06.2014, Bl. 1 ff. d. A., dort Seite 3-6.

Die Klägerin trägt vor, die Beklagten hätten am 22.08.2013 die Objektbetreuerin W. 10 Minuten lang angeschrien und als „fette Kaugummidrecksau“ und „dreckige Schweinedrecksau“ bezeichnet. Ferner hätten sie die Zeugin W. bedroht.

Das Gericht hat die Beklagten durch Versäumnisurteil vom 14.07.2014 kostenpflichtig verurteilt, die Wohnung im Hause L-straße … in … M. im 1. OG rechts, bestehend aus 3 Zimmern, Küche, Diele, Badezimmer (74,38 m²) geräumt an die Klägerin herauszugeben.

Gegen das den Beklagten am 18.07.2014 zugestellte Versäumnisurteil haben diese mit am 30.07.2014 beim Amtsgericht München eingegangenem Schriftsatz vom 28.07.2014 „Widerspruch“ eingelegt.

Die Klägerin beantragt zuletzt: Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts München vom 14.07.2014 wird aufrecht erhalten.

Die Beklagten beantragen: Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts München vom 14.07.2014 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Mit Schriftsatz vom 21.08.2014 rügen die Beklagten die fehlende Vollmacht der Klägerin nach § 174 BGB. Die Beklagten bestreiten Belästigungen und unzumutbares, den Hausfrieden störendes Verhalten ihrerseits und tragen vor, sie verließen regelmäßig gegen 8 Uhr morgens die Wohnung und kehrten erst um 20 Uhr zurück. Die tagsüber behaupteten Lärmbelästigungen könnten daher nicht von ihnen stammen. Auch nächtliche Ruhestörungen hätten sie nicht verursacht. Zu vielen Zeitpunkten der behaupteten Lärmbelästigungen seien sie nachweislich überhaupt nicht in der Wohnung gewesen. Einmal zu den aufgeführten Daten seien sie 14 Tage in H. gewesen. Die Beklagten bestreiten Beleidigungen und Beschimpfungen der Objektbetreuerin W. sowie ein aggressives Verhalten dieser gegenüber. Sie tragen vor, sie würden rücksichtslos, wie Schweine, zum Tode gezwungen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung der Zeuginnen W. und We.. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 30.10.2014. Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestands Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die Protokolle der öffentlichen Sitzungen vom 18.09. und 30.10.2014 sowie die sonstigen Aktenbestandteile.

Entscheidungsgründe

I.

Die zulässige Klage ist begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten Anspruch auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Mietwohnung gemäß § 546 Abs. 1 BGB, weil das Mietverhältnis der Parteien jedenfalls durch die hilfsweise ausgesprochene ordentliche Kündigung vom 03.06.2014 wirksam zum 31.08.2014 beendet wurde.

Die Kündigung ist formell wirksam. Soweit die Beklagten erstmals mit Schriftsatz vom 21.08.2014 und damit mehr als einen Monat nach Zustellung der Klage eine fehlende Vollmacht der Klägerin rügen, erfolgte die Zurückweisung der Kündigung bereits nicht unverzüglich im Sinne des § 174 S. 1 BGB. Darüber hinaus kommt eine Zurückweisung nach § 174 BGB auch deshalb nicht in Betracht, weil diese Vorschrift auf die von einem Rechtsanwalt im Rahmen des gesetzlichen Umfangs seiner Prozessvollmacht ausgesprochene Kündigung keine Anwendung findet. Insoweit genießen die §§ 78 ff. ZPO Vorrang.

Die Kündigung ist auch inhaltlich wirksam, weil nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts feststeht, dass einer der Beklagten die Objektbetreuerin der Klägerin, die Zeugin W., am 22.08.2013 vorsätzlich und ohne jeglichen Anlass oder rechtfertigenden Grund beleidigt und hierdurch eine nicht unerhebliche Verletzung seiner vertraglichen Pflichten im Sinne der §§ 573 Abs. 1, S. 1 und 2, Nr. 1 BGB begangen hat.

Die Zeugin W. hat glaubhaft bekundet, dass einer der beiden Beklagten, während sie vor dem Haus an ihrem Auto mit Schreibarbeiten befasst gewesen sei, auf sie zu gekommen und unvermittelt als: „Fette Kaugummidrecksau“ und „Dreckige Schweinedrecksau“ bezeichnete habe. Derselbe Beklagte sei auch mit erhobenen Händen drohend auf sie zugekommen, während der andere versucht habe, seinen Bruder festzuhalten.

Die unbeteiligte Zeugin We. hat ebenfalls glaubhaft bekundet, gesehen zu haben, wie die Beklagten das Haus verließen und gehört zu haben, wie einer der Beklagten die Zeugin W. mit den Worten „Du bist eine alte fette kaugummikauende Schweinesau“ beleidigt habe. Dann sei er ein paar Schritte weiter gegangen, habe sich nochmals umgedreht und gesagt: „Und das bist du auch“. Der andere Bruder sei Richtung Hof weitergegangen. Es sei das erste Mal gewesen, dass sie die Brüder in dieser Art erlebt habe, vorher habe sie sie nur schreiend gekannt.

Soweit die Zeuginnen bezüglich des genauen Wortlautes der Beleidigungen und der Entfernung zwischen den Beklagten und der Zeugin W. unterschiedliche Angaben machten, macht dies ihre Angaben nicht weniger glaubhaft. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Vorfall bereits längere Zeit zurück liegt, und die Zeugin We., die sich im Gegensatz zur Zeugin W. über den Vorfall keine Notizen gemacht hat, sich auf Vorhalt zwar hinsichtlich des genauen Wortlauts der Beleidigungen nicht sicher war, sie die Angaben der Zeugin W. jedoch in ihrem Kerngehalt bestätigte.

Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeuginnen bestehen nicht, so zeigte insbesondere die Adressatin der Beleidigungen, die Zeugin W., keinerlei Belastungseifer, sondern sprach von sich auch entlastende Momente an wie z. B., dass die Beleidigungen lediglich von einem der Beklagten ausgegangen seien, und der andere Beklagte versucht habe, seinen Bruder zurückzuhalten. Auch erwähnte die Zeugin von sich aus, dass sie sich durch das dichte Heranrücken eines der Beklagten zwar bedroht gefühlt, dieser sie jedoch nicht angefasst habe.

Der andere Beklagte muss sich das Verhalten seines Bruders gem. § 278 BGB zurechnen lassen, weil dieser in Bezug auf die Erfüllung seiner mietvertraglichen Pflichten als Erfüllungsgehilfe anzusehen ist.

Eine Vernehmung der beklagtenseits nach durchgeführter Beweisaufnahme benannten Zeugen K. und G. war unabhängig von der Frage einer Verspätung des Vorbringens im Sinne des § 296 ZPO nicht veranlasst. Es kann als wahr unterstellt werden, dass die Beklagten den Vormittag in einer Tanzschule und den Abend bei dem Zeugen K. verbracht haben. Jedenfalls für den Nachmittag des 22.08.2014 konnten sie keine „Alibi“-Zeugen benennen. Die Zeuginnen …

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 7 ZPO, die Streitwertfestsetzung aus § 41 GKG.

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