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Mietvertragskündigung bei verbotswidriger Treppenhausnutzung

LG Köln, Az.: 10 S 99/16, Urteil vom 02.12.2016

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 28.02.2017 gewährt.

Gründe

I.

Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs.1 S.1 ZPO in Verbindung mit §§ 542, 543, 544 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Klägerin hat Erfolg.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung aus § 546 Abs. 1 BGB zu. Denn jedenfalls ihre im Schreiben vom 11.08.2015 hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung hat das Mietverhältnis, das zwischen den Parteien bestand, beendet.

Ein Kündigungsgrund gemäß § 573 BGB lag vor. Danach steht dem Vermieter ein ordentliches Kündigungsrecht zu, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Ein solches ist nach § 573 Abs. 2 Nr.1 BGB gegeben, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass vertragliche Pflichtverletzungen im Sinne von § 573 BGB zwar nicht nur unerheblich sein dürfen. Allerdings ist eine ordentliche Kündigung eines Vermieters nicht nur dann möglich, wenn Gründe vorliegen, die ihn auch zu einer fristlosen Kündigung im Sinne der §§ 543 Abs.1, 569 Abs.2 BGB berechtigen würden, sondern bereits bei Pflichtverstößen geringeren Gewichts; es ist insbesondere nicht zu verlangen, dass dem Vermieter die Fortsetzung des Vertrages bis zum Ablauf der Kündigungsfrist unzumutbar ist (BGH, Urteil vom 11.01.2006, – VIII ZR 364/04 -, NJW 2006, S.1585, Rz. 19 m.w.N.).

Mietvertragskündigung bei verbotswidriger Treppenhausnutzung
Foto: DoroshinOleg/Bigstock

Gemessen an diesem Maßstab stellt sich das Gesamtverhalten der Beklagten im streitgegenständlichen Objekt als erhebliche Pflichtverletzung dar, welche die Klägerin zu einer ordentlichen Kündigung berechtigte. Denn die Beklagte hat sich nach dem festgestellten Sachverhalt über mehrere Jahre hinweg den Wünschen und zulässigen Vorgaben ihrer Vermieterin widersetzt und ihr Verhalten nicht einem angemessenen Miteinander mit allen anderen Mietern im Haus angepasst. So hat sie trotz der Schreiben der Klägerin vom 24.11.2008, 15.03.2010, 23.01.2013, 04.09.2013, 06.03.2015, 17.04.2014, 14.04.2015, und 30.04.2015, in denen die Klägerin das Abstellen von Gegenständen im Treppenhaus rügte und die Beklagte unter Fristsetzungen zur Abhilfe aufforderte, immer wieder Gegenstände – unter anderem ein Schuhregal, zahlreiche ummantelte 5-Liter-Glasgefäße und Kartons – im Treppenhaus abgestellt. Durch dieses vertragswidrige Verhalten hat sie den Hausfrieden derart gestört, dass unter Abwägung der beiderseitigen Belange ein deutlich überwiegendes Interesse der Klägerin an der Beendigung des Mietverhältnisses gegeben ist. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte sich bis zuletzt uneinsichtig gezeigt hat, für sich nämlich das Recht in Anspruch genommen hat, Gegenstände im Treppenhaus abstellen zu dürfen. Dass sie dazu nicht berechtigt war, ergibt sich bereits daraus, dass der Hausflur nicht Gegenstand des Mietvertrages ist und der entgegenstehende Wille ihrer Vermieterin an Hand der genannten Schreiben unzweifelhaft zu erkennen war. Entgegen der Ansicht der Beklagten können die Aufforderungen der Klägerin an die Beklagte, das Treppenhaus zu räumen, auch nicht – etwa vor dem Hintergrund von Wasserschäden in der Wohnung ihrer Mutter – als rechtsmissbräuchlich angesehen werden. Da nämlich das Treppenhaus im Brandfall einen Fluchtweg darstellt, ist der Vermieter bereits aus Brandschutzgesichtspunkten gehalten, dem Abstellen von Gegenständen in diesem durch Mieter entgegenzuwirken.

Die erfolgte Kündigung verstößt auch nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Zwar hatte die Klägerin der Beklagten mit Schreiben vom 30.04.2015 angekündigt , eine „Klage auf Unterlassung der Nutzung des Hausflurbereichs“ einleiten zu müssen, wenn die Beklagte nicht binnen fünf Tagen den Flur räume. Dies führt aber in der vorliegenden Fallgestaltung nicht dazu, dass die sodann anstelle der Unterlassungsklage erfolgte Kündigungserklärung rechtsmissbräuchlich ist. Dabei hat die Kammer nicht übersehen, dass in Fällen, in denen mit der Fristsetzung eine andere Maßnahme als die Kündigung angedroht worden ist, nach Fristablauf eine Kündigung wegen eines sonst widersprüchlichen Vorverhaltens (§ 242 BGB) regelmäßig nicht wirksam erfolgen kann, ohne zuvor erneut eine Abhilfefrist zu setzen (OLG Hamm, NJW-RR 1991, 1035). Dies gilt dann aber ausnahmsweise nicht, wenn eine neue Fristsetzung ohnehin entbehrlich wäre. So liegt der Fall hier. Bestreitet nämlich der Kündigungsempfänger die Pflichtverletzung, so ist eine Kündigung selbst in Fällen widersprüchlichen Vorverhaltens ohne Abmahnung bzw. Setzen einer Abhilfefrist zulässig (BGH, Urteil vom 13.06.2007, VIII ZR 281/06). Die Beklagte hat vorliegend beharrlich die Auffassung vertreten, zu einem Räumen des Hausflurs nicht verpflichtet zu sein. Auch die zwischenzeitlich durchgeführte Räumung erfolgte nur unter Vorbehalt; die Beklagte „vertritt unverändert den Standpunkt, dass das Aufstellen des Schuhregals im Flur vor ihrer Wohnungstür nicht pflichtwidrig ist“ (Bl. 151 d.A.).

Das Schreiben der Beklagten vom 18.11.2016 bietet keinen Grund für die Wiederöffnung der Verhandlung (§ 156 ZPO).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 7, 713 ZPO, 26 Nr. 8 EGZPO.

Einer Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO bedarf es nicht, weil die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat und eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert, sondern allein aufgrund ihrer tatsächlichen und verfahrensrechtlichen Besonderheiten entschieden wird.

Im Hinblick auf die lange Mietzeit der Beklagten in der streitgegenständlichen Wohnung und den gerichtsbekannt angespannten Kölner Wohnungsmarkt war der Beklagten von Amts wegen eine Räumungsfrist bis zum Ablauf des Monats Februar 2017 zu gewähren. Diese Frist erscheint den Umständen nach angemessen, aber auch ausreichend, um der Beklagten zu ermöglichen, eine geeignete Alternativwohnung zu finden. Die Kammer hat dabei berücksichtigt, dass die Beklagte zwar nach dem Urteil des Amtsgerichts Köln zunächst davon ausgehen konnte, dass das Mietverhältnis mit der Klägerin fortbestehe, sie aber spätestens seit dem Termin vom 11.11.2016 wusste, dass die Kammer die Kündigung als wirksam erachtet.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 3.975,84 EUR festgesetzt.

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