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Mietvertragskündigung durch Vertreter im Auftrag – Zulässigkeit

LG Berlin, Az.: 65 S 363/10, Urteil vom 22.03.2011

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg vom 24. September 2010 – 207 C 267/10 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß §§ 313 a, 540 Abs. 2, 543 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.

II.

1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Sie ist unbegründet. Die der Entscheidung zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen keine andere Entscheidung, §§ 513, 529, 546 ZPO.

Mietvertragskündigung durch Vertreter im Auftrag - Zulässigkeit
Foto: Seamartini/Bigstock

Dem Räumungs- und Herausgabeanspruch der Klägerin aus §§ 546 Abs. 1, 985 BGB steht die formelle Unwirksamkeit der Kündigung vom 25. November 2009 entgegen, denn die Kündigung genügt nicht den Anforderungen der §§ 568, 126 BGB.

Ohne Erfolg wendet die Klägerin sich gegen die zutreffenden Feststellungen des Amtsgerichts, mit denen es die Einhaltung der Schriftform verneint, weil die Unterzeichnerin des Kündigungsschreibens durch die Verwendung des Zusatzes „i. A.“ zu erkennen gegeben habe, keine eigene Erklärung im fremden Namen abzugeben, sondern eine fremde Erklärung lediglich zu übermitteln.

Wird die der Schriftform unterliegende Erklärung durch einen Vertreter abgegeben, muss das Vertretungsverhältnis deutlich zum Ausdruck kommen. Dies kann zwar durch einen entsprechenden Zusatz bei der Unterschrift geschehen. Die Anforderungen des § 126 BGB werden aber nur gewahrt, wenn sich der rechtsgeschäftliche Vertretungswille zumindest andeutungsweise aus der Urkunde ergibt, wie das Amtsgericht zutreffend feststellt. Für die Frage, ob jemand eine Erklärung in fremdem Namen abgibt, kommt es auf deren objektiven Erklärungswert an. Maßgeblich ist gemäß §§ 133, 157 BGB hier, wie sich die Kündigungserklärung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte für den Empfänger darstellt. Hierbei sind – bei Unterstellung der Maßstäbe des Bundesarbeitsgerichts in von der Klägerin zitierten Entscheidung (vgl. Urteil v. 13.12.2007 – 6 AZR 145/07 Rn. 14) – außer dem Wortlaut der Erklärung alle Umstände zu berücksichtigen, die unter Beachtung der Verkehrssitte Schlüsse auf den Sinn der Erklärung zulassen. Von Bedeutung können insbesondere die dem Rechtsverhältnis zugrunde liegenden Lebensverhältnisse, die Interessenlage, der Geschäftsbereich, dem der Erklärungsgegenstand angehört, und verkehrstypische Verhaltensweisen sein (vgl. BAG Urteil v. 13.12.2007 – 6 AZR 145/07 Rn. 14). Offen bleiben kann, ob diese Maßstäbe – wie die Klägerin geltend macht – im Anwendungsbereich des § 126 BGB generell gelten, nicht aber die vom BGH zur Schriftform von Rechtsmittelschriftsätzen (vgl. etwa BGH Urteil v. 05.11.1987 – V ZR 139/87). Die Rechtsauffassung der Klägerin zu ihren Gunsten unterstellt, ergibt sich keine andere rechtliche Bewertung.

Auch das BAG geht davon aus, dass der Zusatz „i. A.“ regelmäßig darauf hindeutet, dass der Unterzeichner nicht selbst handelnd wie ein Vertreter die Verantwortung für den Inhalt des von ihm unterzeichneten Schreibens übernehmen will. Der Zusatz „i. V.“ bringe demgegenüber zum Ausdruck, dass der Erklärende selbst für den Vertretenen handelt (vgl. BGH Urteil v. 27.05.1993 – III ZB 9/93 Rn. 8; Urteil v. 05.11.1987 Rn. 3, m. w. N.; BAG a.a.O., Rn. 15).

Zuzugeben ist der Klägerin, dass im Ausnahmefall aufgrund von Besonderheiten der Gesamtumstände dem Zusatz „i. A.“ eine andere als die übliche Bedeutung beigemessen werden kann (vgl. BGH a.a.O., Rn. 9). Solche Umstände sind hier – anders als in der von der Klägerin zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG a.a.O.) – jedoch nicht gegeben.

In dem vom BAG zu entscheidenden Fall ist die Unterzeichnerin des Kündigungsschreibens dem Kläger von Anfang an als Vertreterin der Beklagten gegenüber getreten. Sie hat das Einstellungsgespräch geführt und den Arbeitsvertrag unterzeichnet. Sie gab dem Kläger Einsatzanweisungen, führte Kritikgespräche mit ihm und mahnte ihn ab. Hinzu kam, dass dem Kündigungsschreiben eine von einem der beiden Geschäftsführer unterzeichnete Generalvollmacht beigefügt war, die sich u. a. auf die Vornahme von Kündigungen bezog.

Hier kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass die Unterzeichnerin des Kündigungsschreibens der Beklagten seit dem Eintritt der Klägerin in das Mietverhältnis im Jahr 2007 als Mitarbeiterin der von der Klägerin beauftragten Hausverwaltung der Beklagten (wie auch den anderen Mietern) gegenüber getreten ist. Das belegt der von der Klägerin vorgelegte Schriftverkehr durchaus. So hat die Unterzeichnerin Mitteilungen an die Beklagte ebenso unterzeichnet wie die Begleitschreiben zu Heiz- und Betriebskostenabrechnungen. Alle Unterschriften waren mit dem Zusatz „i. A.“ versehen.

Die Unterzeichnerin der Kündigung hat – anders als die in dem vom BAG zu entscheidenden Fall – gegenüber der Beklagten vor dem Kündigungsschreiben nach dem von der Klägerin vorgelegten Schriftverkehr jedoch keine Erklärungen abgegeben, die sich auf den Bestand oder den Inhalt des Rechtsverhältnisses der Parteien in vergleichbarer Weise auswirkten und dem Schriftformerfordernis unterlagen, etwa, indem sie das Rechtsverhältnis begründeten oder änderten. Das am weitesten reichende Gewicht kommt nach dem zu den Akten gereichten Schriftverkehr den Begleitschreiben zu den Heiz- und Betriebskostenabrechnungen zu, die allerdings ebenfalls mit dem Zusatz „i. A.“ unterschrieben sind. Aus diesen lässt sich jedoch nicht ableiten, dass die Beklagte vom maßgeblichen Empfängerhorizont aus diesen ein dem Ausspruch einer Kündigung vergleichbares Gewicht beimessen musste; sie wird sie vielmehr als Information („Wissenserklärung“) bzw. im Sinne einer Rechnung verstanden haben. Allen Schreiben gemeinsam ist im Übrigen, dass sie typische Verwaltungsaufgaben zum Gegenstand haben, nicht aber den Bestand des Rechtsverhältnisses selbst betreffen. Auch der juristisch nicht geschulte Mieter differenziert – wenn überhaupt – regelmäßig nach diesen Kriterien. Die Unterzeichnerin der Kündigung ist dem Mieter damit im vorangegangenen Schriftverkehr immer als das gegenüber getreten, was sie ist (bzw. war): eine Mitarbeiterin bzw. Sachbearbeiterin der Hausverwaltung, die typische Aufgaben der laufenden Verwaltung wahrnimmt. Dazu gehört die Entgegennahme von Mängelanzeigen ohne weiteres ebenso wie etwa die Teilnahme an Gerichtsterminen als informierte Vertreterin der Hausverwaltung.

Bei einer professionellen Hausverwaltung darf die oben dargestellte Differenzierung zwischen Aufgaben der laufenden Verwaltung und der rechtsgeschäftlichen Vertretung zudem ohne weiteres vorausgesetzt werden, wie das Amtsgericht ebenfalls zutreffend ausführt.

Entscheidend hinzu kommt der Gesichtspunkt, dass die der Kündigung beigefügte Vollmacht die … GmbH zur Verwaltung beauftragt, wobei die Vollmacht den Ausspruch von Kündigungen abdeckt. Sie bevollmächtigt die Hausverwaltung als GmbH, nicht aber Einzelpersonen. Letztere kann als juristische Person nicht selbst handeln, sondern nur durch natürliche Personen; gemäß § 35 Abs. 1 GmbHG sind dies die Geschäftsführer. Ausweislich der Fußzeile des für das Kündigungsschreiben verwendeten Geschäftspapiers sind Geschäftsführer der Hausverwaltungs-GmbH … , … und … , nicht aber die Unterzeichnerin der Kündigung Frau … . Die Unterzeichnerin des Kündigungsschreibens ist weder in der Kopf- noch in der Fußzeile genannt, noch behauptet die Klägerin, dass sie auch Geschäftsführerin sei. Anders als in der von der Klägerin zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Beschluss v. 27.05.1993 – III ZB 9/93) ergeben sich daher auch insoweit keine Anhaltspunkte dafür, dass die Unterzeichnerin eine eigene Verantwortung für den Inhalt des Schreibens übernehmen und nicht nur eine Erklärung der (bevollmächtigten) Geschäftsführer übermitteln wollte.

Dafür spricht – entgegen der Auffassung der Klägerin – auch die Eingangsformulierung in der „Wir“-Form [„Wie Sie wissen, sind wir die (…) bevollmächtigte Verwaltung“] und der Ausspruch der Kündigung selbst. Wenn die Person, die das Schreiben mit dem Zusatz „i. A.“ unterschrieben hat, die Formulierung wählt: „Namens und in Vollmacht des Vermieters kündigen wir hiermit das (…) Mietverhältnis“, so lässt das vor dem Hintergrund, dass die bevollmächtigte Hausverwaltung drei Geschäftsführer hat, keinen anderen Schluss zu als den, dass deren Erklärung mitgeteilt wird, nicht aber eine eigene der Unterzeichnerin, die nicht zum Kreis der Geschäftsführer zählt. Der Zusammenhang zwischen der Eingangsformulierung und dem Zusatz „i. A.“ deutet auf Distanz – die Wiedergabe einer fremden Erklärung – nicht aber die Abgabe einer eigenen Erklärung hin.

Da die Einhaltung der Schriftform Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung ist, kommt es nicht darauf an, ob die Beklagte dies beanstandet hat, § 125 BGB.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 8 EGZPO

3. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 1, 2 ZPO nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, die sich auf die Anwendung des Gesetzes und höchstrichterlich bereits entschiedener Rechtsgrundsätze beschränkt.

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