LG Berlin – Az.: 65 S 39/18 – Beschluss vom 18.06.2018
Die Kammer beabsichtigt, die zulässige, insbesondere statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Berufungsklägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Neukölln vom 31. Januar 2018 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen, weil sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist.
Gründe
I.
Das angefochtene Urteil des Amtsgerichts beruht weder auf einer Rechtsverletzung gemäß § 546 ZPO, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung, § 513 ZPO.
1. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist unbegründet. Die der Entscheidung zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen keine andere Entscheidung, §§ 513, 529, 546 ZPO.
a) Die Beklagte hat gegen den Kläger keinen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der von ihm inne gehaltenen Räumlichkeiten aus § 546 Abs. 1 BGB, denn das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis ist durch die von der Beklagten außergerichtlich mit Schreiben vom 9. März 2017 und im Rechtsstreit mit Schriftsatz vom 19. September 2017 ausgesprochenen Kündigungen weder fristlos noch fristgemäß beendet worden.
aa) Die Voraussetzungen des § 543 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BGB liegen nicht vor. Die Kammer folgt den zutreffenden Feststellungen des Amtsgerichts nach eigener rechtlicher Prüfung.
bb) Im Ergebnis zutreffend hat das Amtsgericht auch die Wirksamkeit der ordentlichen Kündigungen nach § 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB verneint.
Nach § 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB kann der Vermieter das Mietverhältnis kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat; ein solches liegt insbesondere dann vor, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat.
Der Mieter verletzt seine vertraglichen Pflichten bereits dann, wenn er eine Gebrauchsüberlassung an einen Dritten vornimmt, ohne zuvor die Erlaubnis des Vermieters nach § 553 Abs. 1 BGB einzuholen. Das gilt nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch, wenn er letztlich einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis hat (vgl. BGH, Urt. v. 02.02.2011 – VIII ZR 74/10, NJW 2011, 1065, juris Rz. 20; BayObLG, NJW-RR 1991, 461, 462 sowie NJW-RR 1995, 969, 970; OLG Hamm, NJW-RR 1997, 1370; MünchKommBGB/Häublein, 5. Aufl., § 573 Rn. 52; Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Aufl., § 543 Rn. 79). Einer vorhergehenden Abmahnung bedarf es insoweit nicht. Zu prüfen ist jedoch – wie auch sonst – unter Würdigung der Umstände des Einzelfalls, ob der Vertragsverstoß des Mieters ein die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses rechtfertigendes Gewicht hat (vgl. BGH, aaO).
Hier hat die Beklagte schon einen Vertragsverstoß des Klägers nicht hinreichend konkret vorgetragen und unter Beweis gestellt, wie das Amtsgericht zutreffend festgestellt hat. Die Kammer folgt insoweit den Feststellungen des Amtsgerichts nach eigener rechtlicher Prüfung. Es ergibt sich kein belastbarer Anhaltspunkt, dass der Kläger die von der Beklagten gemieteten Räumlichkeiten Dritten überlassen hätte. Zuzugeben ist der Beklagten zwar, dass die Anmeldung einer Person im Sinne des § 17 Abs. 1 BMeldeG sowie das Anbringen eines Namensschildes am Briefkasten deutliche Indizien sind, die für eine Überlassung der Räumlichkeiten an die Person sprechen können. Ungeachtet der Ankündigung, eine dies belegende „Hausauskunft“ im Bestreitensfalle vorlegen zu wollen, ist dies nicht geschehen. Der Kläger hat zwar eingeräumt, dass der Herr A. sich am 15. Februar 2016 unter der Anschrift der Wohnung angemeldet hat, allerdings hat er sich bereits am 6. April 2016 in eine andere Wohnung abgemeldet.
Selbst wenn zugunsten der Beklagten unterstellt wird, dass damit eine Gebrauchsüberlassung einherging und eine Pflichtverletzung des Klägers begründete, so kommt diesem – im Zeitpunkt des Ausspruchs der außergerichtlichen Kündigung bereits fast ein Jahr zurückliegenden – einmaligen Vorgang noch keine den Ausspruch einer Kündigung rechtfertigendes Gewicht zu.
Soweit die Beklagte behauptet hat, dass über längere – nicht näher bezeichnete – Zeiträume drei „afrikanisch aussehende Personen“ an einem Tag in die streitgegenständliche Wohnung gegangen und am nächsten Morgen aus der Wohnung herausgekommen sind, wird darauf (zu Recht) schon keine Kündigung gestützt. Selbstverständlich darf ein Mieter Besucher empfangen, diese dürfen – unabhängig von ihrer kontinentalen Herkunft – auch gelegentlich übernachten. Eine (erlaubnisbedürftige) Gebrauchsüberlassung im Sinne des § 540 Abs. 1 BGB liegt darin nicht. Zu Recht ist das Amtsgericht daher dem diesbezüglichen Beweisantritt nicht nachgegangen.
b) Die mit der Berufung geltend gemachte Klageabweisung wird dahin ausgelegt, dass die Beklagte sich gegen die Auferlegung der Kosten nach § 91a Abs. 1 ZPO wendet; die Parteien hatten die Hauptsache bezüglich der vom Kläger erhobenen Feststellungsklage übereinstimmend für erledigt erklärt. Aus den Feststellungen unter a) ergibt sich folgerichtig, dass die Entscheidung des Amtsgerichts auch insoweit rechtsfehlerfrei ist.
II.
Die Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme gemäß § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO und gegebenenfalls Rücknahme der Berufung binnen 2 Wochen. Es wird darauf hingewiesen, dass sich die Gerichtsgebühren bei Zurücknahme der Berufung ermäßigen.