LG Berlin – Az.: 65 S 289/15 – Urteil vom 17.03.2016
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 2. Juli 2015 – 8 C 39/15 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Dieses und das angefochtene Urteil des Amtsgerichts sind vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird gemäß §§ 313 a, 540 Abs. 3 ZPO i. V. m. § 26 Nr. 8 EGZPO abgesehen.
II.
1. Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist unbegründet. Die der Entscheidung zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen keine andere Entscheidung, §§ 513, 529, 546 ZPO.
Die Klägerin hat gegen die Beklagten zu 1) bis 3) keinen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der von den Beklagten zu 2) und zu 3) inne gehaltenen Räumlichkeiten aus § 546 Abs. 1, 2 BGB.
a) Einem Anspruch auf Räumung und Herausgabe gegen die Beklagte zu 1) steht bereits entgegen, dass diese im Einvernehmen mit dem Beklagten zu 2) und der Verwaltung der Rechtsvorgänger der Klägerin aus dem Mietverhältnis ausgeschieden ist. Dies hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 19. Mai 2015 ausdrücklich unstreitig gestellt. Ebenso unstreitig hat die Beklagte zu 1) keinen Besitz an den Räumlichkeiten, deren Räumung und Herausgabe die Klägerin begehrt.
b) Frei von Rechtsfehlern hat das Amtsgericht auch einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe gegen den Beklagten zu 2) verneint, denn das zwischen ihm und der Klägerin bestehende Mietverhältnis ist durch die mit Schreiben vom 18. November 2015 und die in der Klageschrift ausgesprochene Kündigung weder fristlos noch (hilfsweise) fristgemäß beendet worden, §§ 546 Abs. 1, 542, 543 Abs. 1, bzw. § 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB.
aa) Im Ausgangspunkt zutreffend geht die Klägerin – ebenso aber auch das Amtsgericht unter Hinweis auf die auch von der Klägerin in Bezug genommene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urt. v. 15.04.2015 – VIII ZR 281/13, in Grundeigentum 2015, 853, juris) – davon aus, dass die Verletzung der Pflicht des Mieters, Instandsetzungs- oder Modernisierungsarbeiten zu dulden, den Ausspruch einer fristlosen (oder fristgemäßen) Kündigung rechtfertigen kann. Das Vorliegen der Voraussetzungen hat das Amtsgericht hier jedoch zutreffend verneint; die Einwände der Klägerin rechtfertigen keine andere Entscheidung.
Nach § 543 Abs. 1 Satz 2 BGB liegt ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung des Mietverhältnisses vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Die Beantwortung der Frage, ob eine Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses gegeben ist, ist Ergebnis einer wertenden Betrachtung, in die alle im Einzelfall in Betracht kommenden Umstände einzubeziehen sind; dabei ist nicht nur das für die Kündigung maßgebliche Verhalten des Mieters, sondern auch zu berücksichtigen, inwieweit der Vermieter seinerseits seine mietvertragliche Rücksichtnahmepflicht verletzt hat bzw. ihm Vertragsverstöße zur Last fielen oder der Mieter Grund zu der Annahme haben konnte, dass der Vermieter – hier die Klägerin – ihren Wiederherstellungspflichten nicht nachkommen würde (vgl. BGH a.a.O., juris Rn. 19, 33; Urteil v. 04.06.2014 – VIII ZR 289/13, in: NJW-Spezial 2014, 579, juris Rn. 14).
Der hier maßgebliche Pflichtenkreis der Parteien ergibt sich aus § 555a BGB. Danach hat der Mieter Erhaltungsmaßnahmen zu dulden, § 555a Abs. 1 BGB; der Vermieter hat sie dem Mieter rechtzeitig anzukündigen, soweit nicht eine – hier weder vorgetragene noch ersichtliche – Ausnahme nach § 555a Abs. 2 Hs. 2 BGB vorliegt.
Die Ankündigungspflicht für den Fall von Instandsetzungsarbeiten ist anerkannt (vgl. BGH Urt. v. 04.03.2009 – VIII ZR 110/08, in Grundeigentum 2009, 646, juris Rn. 16), wurde aber erstmals im Rahmen des Mietrechtsänderungsgesetzes (2013) ausdrücklich gesetzlich geregelt. Anders als die Modernisierungsankündigung nach § 555c BGB unterliegt sie keiner besonderen Form oder Frist, wobei es sich dabei um eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers handelt (vgl. BT-Ds. 17/10485, S. 18), die den Bedürfnissen der Praxis entspricht (vgl. Eisenschmid in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Aufl., 2015, § 555a Rn. 37, m. w. N.).
Wie jede Ankündigungs- oder Mitteilungspflicht ist diese kein Selbstzweck, sondern hat sich mit Blick auf ihren Sinn und Zweck am Informationsinteresse des Erklärungsempfängers zu orientieren. Wie bei der Modernisierungsankündigung dürfte insoweit für die Ankündigung nach § 555a Abs. 2 BGB gelten, dass sie den Mieter vor allem früh- bzw. rechtzeitig über die auf ihn zukommenden Belastungen informieren soll (vgl. auch BT-Ds. 14/4553, S. 37 für die Modernisierungsankündigung). Die Erheblichkeitsschwelle für die Ankündigungspflicht lässt zudem darauf schließen, dass sich die zeitliche Komponente (Rechtzeitigkeit), aber auch die inhaltlichen Anforderungen nach der Art und dem Umfang der in Aussicht genommenen Arbeiten richten. In Abhängigkeit von der Dringlichkeit der Maßnahmen (§ 555a Abs. 2 Hs 2 Alt. 2 BGB) muss dem Mieter in jedem Fall ausreichend Zeit bleiben, sich auf die damit einher gehenden Behinderungen durch notwendige organisatorische Vorsorgemaßnahmen einzustellen (vgl. Eisenschmid in Schmidt-Futterer, a.a.O.). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs folgt aus einer grundsätzlichen Duldungspflicht des Mieters insbesondere nicht, dass etwaige Bauarbeiten ohne jede Rücksichtnahme auf seine Belange durchgeführt werden könnten. Auch bei einer sich aus § 555a Abs. 1 BGB oder § 242 BGB ergebenden Duldungspflicht sind die beabsichtigten Maßnahmen, soweit es sich nicht um Notmaßnahmen handelt (etwa einen Rohrbruch, vgl. insoweit auch BT-Ds. 17/10485, S. 17), vom Vermieter vorher so anzukündigen, dass sich der Mieter nach Möglichkeit darauf einstellen kann. Die Anforderungen an die Ankündigung des Vermieters richten sich dabei – auch nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – nach den Umständen des Einzelfalls, der Dringlichkeit und dem Umfang der Maßnahme; der Mieter seinerseits ist nach Treu und Glauben verpflichtet, an einer baldigen Terminsabstimmung mitzuwirken, damit die erforderlichen baulichen Maßnahmen zeitnah durchgeführt werden können (vgl. BGH Urt. v. 04.03.2009, a.a.O.).
Die Klägerin hat hier erstmals mit einem kurzen Schreiben vom 29. Oktober 2014 darüber informiert, dass die Arbeiten zur Schwammsanierung in der Wohnung der Beklagten am 10. November 2014 beginnen und ca. 3 Wochen in Anspruch nehmen werden. Sie kündigte zudem an, dass sie für die Dauer der Arbeiten ein Hotelzimmer bzw. eine Ferienwohnung in Kreuzberg zur Verfügung stellen, darüber in den nächsten Tagen informieren werde. Da dem Beklagten zu 2) unter anderem aufgrund eines an ihn und die Beklagte zu 3) gerichteten Schreibens des mit den Bauarbeiten befassten Architekten vom 15. Mai 2014 sowie eines Schreibens der Klägerin vom 29. August 2014 bekannt war, dass umfangreiche Sanierungsarbeiten in der von ihm gemieteten Wohnung stattfinden würden, hatte er sich bereits am 8. September 2014 an die Hausverwaltung gewandt und um nähere Informationen zu Art und Umfang der Sanierungsarbeiten sowie gegebenenfalls die Bereitstellung einer Umsetzwohnung gebeten. Darauf hat die Klägerin unstreitig nicht zeitnah reagiert, sondern erstmals mit Schreiben vom 29. Oktober 2014.
Die Beklagten zu 2) und zu 3) haben darauf unter anderem mit dem Schreiben vom 6. November 2014 reagiert, wobei sich dem Inhalt des Schreibens entgegen der Auffassung der Klägerin nicht entnehmen lässt, dass sie sich einer Durchführung der Arbeiten grundsätzlich widersetzen. In Übereinstimmung mit den oben dargestellten Maßstäben haben sie angesichts des möglichen, ihnen allerdings nicht näher bekannt gegebenen Umfangs der Maßnahmen, die hier – das stand nach dem Ankündigungsschreiben fest – mit einer besonders schwer wiegenden Belastung verbunden waren, nämlich einem nur im Ausnahmefall überhaupt zumutbaren zeitweisen Auszug aus der Wohnung, um die Klärung und Sicherstellung nachvollziehbarer eigener Belange gebeten. Zuzugeben mag der Klägerin sein, dass der Mieter im Falle von Instandsetzungsmaßnahmen nicht grundsätzlich einen Anspruch auf Mitteilung von Bauablaufplänen u. ä. hat. Die Klägerin übersieht jedoch, dass sich – wie oben dargestellt – der Umfang der Mitteilungspflicht nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere den in Aussicht genommenen Maßnahmen richtet. Hat der Mieter lediglich Zutritt zu gewähren, so ist sein Informationsbedarf offenkundig deutlich geringer, als wenn er die Wohnung verlassen muss und damit verbunden – wie hier – unter anderem ein Interesse hat zu erfahren und zu klären, wie die Sicherung seines Eigentums erfolgt, aber auch, wo sich etwaiger Ersatzwohnraum befindet und wie er im Einzelnen ausgestattet ist. Dazu gehört nach den heutigen Mindeststandards ohne weiteres auch die Frage, ob der Ersatzwohnraum mit Kühlschrank, Herd und Waschmaschine ausgestattet ist (vgl. BGH Urt. v. 10.02.2010 – VIII ZR 343/08, in WuM 2010, 235, juris). Die auf den Mieter zukommenden Belastungen sind ersichtlich höher, wenn er auf eben diese Ausstattung verzichten muss. Gerade diese Informationen enthielt jedoch auch das Schreiben der Klägerin vom 4. November 2014 nicht, in dem erstmals überhaupt die Umsetzwohnung benannt wurde.
Der Beklagte zu 2) muss sich entgegen der Auffassung der Klägerin mit Blick auf den Stellenwert seines Besitzrechtes an der Wohnung (vgl. nur BVerfG Beschl. v. 26.05.1993 – 1 BvR 208/93, in NJW 1993, 2035, juris Rn. 21ff.) und den (verfassungsrechtlich verbürgten) Schutz seines Eigentums (an den in der Wohnung befindlichen Gegenständen) auch nicht auf Schadenersatz- oder Aufwendungsersatzansprüche verweisen lassen. Diese Auffassung der Klägerin findet weder im Gesetz noch in Rechtsprechung oder Literatur eine Stütze. Im Übrigen verkennt die Klägerin den Inhalt des Begriffs der Duldung und die insoweit – auch höchstrichterlich – entwickelten Grundsätze, denen die Literatur – auch in den von der Klägerin zitierten Fundstellen – folgt.
Der Begriff der Duldung beinhaltet schon seinem Wortsinn nach kein aktives Tun, sondern ein passives Zulassen, gegebenenfalls in engen Grenzen Mitwirkungspflichten nach § 242 BGB wie etwa bei der Terminabstimmung oder bei der Sicherstellung privater höchstpersönlicher Unterlagen (vgl. BGH Urt. v. 15.04.2015, a.a.O.; Eisenschmid, a.a.O., Rn. 31). Daher ist der Mieter mitnichten gehalten, sich selbst um Ersatzwohnraum zu bemühen und die Sicherung seiner Einrichtung in die Wege zu leiten. Dies ist Sache des Vermieters. Zwar hat die Klägerin hier ein Hotelzimmer bzw. eine Ferienwohnung in der Ankündigung vom 29. Oktober 2014 in Aussicht gestellt, diese allerdings erst im Schreiben vom 4. November 2014, den Beklagten laut Vermerk auf dem von der Klägerin zu den Akten gereichten Schreiben übergeben am 5. November 2014, das heißt weniger als eine Woche – genauer 5 Tage – vor dem in Aussicht genommenen Beginn der Arbeiten konkretisiert. Dies dürfte angesichts des Maßstabes, dass der Mieter sich auf die auf ihn zukommenden Belastungen einstellen können soll, nicht ausreichen. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang geltend macht, die Beklagten hätten die Frage der Rechtzeitigkeit nicht beanstandet, so trifft das so nicht zu. Die Beklagten haben aus nachvollziehbaren und berechtigten Gründen um die oben genannten weiteren Informationen gebeten. Der von der Klägerin diesbezüglich geltend gemachte Zeitdruck, der einer weitergehenden Information vor Beginn der Arbeiten entgegen gestanden haben und eine Pflichtverletzung des Beklagten zu 2) begründen soll, ist jedoch nicht auf diesen zurückzuführen, sondern durch die Klägerin verursacht und steht der Annahme einer Rechtzeitigkeit der Ankündigung entgegen, die das Gesetz allerdings vorschreibt. Sie kann den Beklagten die Bitte um weitergehende Informationen daher nicht mit Erfolg als Vertragsverletzung bzw. Duldungspflichtverletzung entgegen halten. Sie selbst hat etwa in ihrem Schreiben vom 7. November 2014 darauf Bezug genommen, dass den Beklagten „seit längerem bekannt” sei, dass „umfangreiche Instandsetzungsmaßnahmen” in ihrer Wohnung geplant sind. Dies war erst recht ihr bekannt, denn die Information der Beklagten beruht auf denen der Klägerin. Es waren aber die Beklagten, die rechtzeitig, nämlich bereits zwei Monate vorher darum gebeten haben, sie näher über die geplanten Maßnahmen zu informieren, damit sie sich – wie vom Bundesgerichtshof, dem Gesetzgeber und der Literatur unterstellt – auf die Maßnahmen und die auf sie zukommenden Belastungen – hier immerhin einen Auszug aus der Wohnung – einstellen können.
Zuzugeben ist der Klägerin, dass die von den Beklagten am Ende ihres Schreibens vom 6. November 2014 verlangte Zusage einer Vertragsstrafe für den Fall einer Verzögerung des Rückzugs unzulässig ist. Dies ist allerdings der einzige Gesichtspunkt, der den Beklagten entgegen gehalten werden kann. Dass sie eine Klärung ihrer Unterbringung nach Ablauf des 1. Dezember 2014 für den Fall wünschten, dass die Arbeiten in ihrer Wohnung nicht beendet und ein Rückzug daher nicht möglich ist, ist nicht nur nachvollziehbar, sondern darauf hatten sie mit Blick auf den Inhalt der Duldungspflicht auch einen Anspruch. In diesem Zusammenhang erklärt sich auch, dass die Beklagten hier – ersichtlich um einschätzen zu können, ob ein Rückzug nach 3 Wochen überhaupt realistisch ist – auch ein berechtigtes Informationsinteresse bezüglich der konkret geplanten Arbeiten und des Bauablaufplanes hatten. Dies sind die Umstände des Einzelfalls, die Gesetzgeber, Bundesgerichtshof und Literatur in Bezug nehmen.
Nach alledem ergibt sich schon keine hinreichende, eine Kündigung rechtfertigende Pflichtverletzung des Beklagten zu 2). Aber selbst wenn eine solche zugunsten der Klägerin unterstellt würde, ergäbe sich keine andere rechtliche Bewertung der Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigungen. In die Beurteilung einzubeziehen ist – wie oben ausgeführt – das Verhalten der Klägerin. Aus den vorstehend dargestellten Umständen des hier gegebenen Einzelfalls ergibt sich, dass die Klägerin ihrerseits in erhebliche Weise das (auch) sie treffende Rücksichtnahmegebot und die ihr obliegenden Pflichten aus § 555a Abs. 2 BGB verletzt hat. Nach ihren eigenen Ankündigungen hatte der Beklagte zu 2) zudem durchaus aus einen Anlass zu bezweifeln, dass es der Klägerin gelingen wird, ihre Wiederherstellungspflicht bezüglich der Wohnung rechtzeitig zu erfüllen.
Eine besondere Dringlichkeit kann die Klägerin für sich aus den bereits dargestellten Gründen nicht in Anspruch nehmen; Anhaltspunkte dafür ergeben sich im Übrigen auch deshalb nicht, weil sie unstreitig – ungeachtet entsprechender aktenkundiger Angebote der Beklagten in diesem Rechtsstreit – die Arbeiten nicht aufgenommen hat.
Die vorstehend genannten Gründe stehen auch der Annahme der Voraussetzungen des § 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB entgegen. Von einer Vertragsverletzung des Beklagten zu 2) von einem Gewicht, das ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der Beendigung des Mietvertrags rechtfertigt (§ 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB), kann aufgrund der hier gegebenen Umstände nicht ausgegangen werden.
bb) Das Mietverhältnis zwischen dem Beklagten zu 2) und der Klägerin ist durch die eingangs genannten Kündigungen auch nicht beendet worden, soweit die Klägerin die Kündigungen auf eine unerlaubte Gebrauchsüberlassung der gemieteten Räumlichkeiten an die Beklagte zu 3) als dritter Person stützt. Frei von Rechtsfehlern ist das Amtsgericht unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs davon ausgegangen, dass ein Mieter, der eine Untervermietung vornimmt, ohne die erforderliche Erlaubnis seines Vermieters einzuholen, damit seine vertraglichen Pflichten auch dann verletzt, wenn er einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis hat. Nach dem Gesetz und der von der Klägerin für sich in Anspruch genommenen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs reicht die Feststellung einer Pflichtverletzung jedoch nicht aus, eine Kündigung nach § 573 Abs. 1, 2 Nr. 1 BGB zu rechtfertigen. Es muss sich um eine schuldhafte Pflichtverletzung handeln, die die Erheblichkeitsschwelle überschreitet. Diese Voraussetzung hat das Amtsgericht frei von Rechtsfehlern verneint. Ob der Vertragsverletzung im Falle einer vom Vermieter nicht genehmigten Untervermietung ein die ordentliche Kündigung rechtfertigendes Gewicht zukommt, ist anhand einer Würdigung der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, nicht hingegen abstrakt. Hierbei kommt es nach den vom Bundesgerichtshof entwickelten Maßstäben auch auf die Gründe an, die den Mieter dazu bestimmen, einem Dritten ohne die Genehmigung des Vermieters den Gebrauch der Mietsache zu überlassen; insbesondere eine bewusste Missachtung der Belange oder der Person des Vermieters kann der Vertragsverletzung Gewicht verleihen (vgl. BGH Urt. v. 02.02.2011 – VIII ZR 74/10, in NJW 2011, 1065, juris Rn. 20; Blank in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 12. Aufl., § 573 BGB Rn. 40a).
Ob die Beklagte zu 3) als Lebensgefährtin des Beklagten zu 2) nach den vom Gesetzgeber in den vergangenen Jahren aufgrund der geänderten Lebenswirklichkeit entwickelten Kriterien und vorgenommenen Gesetzesanpassungen zum Schutz eheähnlicher Gemeinschaften, die im Übrigen noch nicht einmal zwingend mit einer geschlechtlichen Beziehung einher gehen müssen (vgl. BT-Ds. 14/4553, S. 37f.), überhaupt als „Dritte” im Sinne des § 553 BGB anzusehen ist, kann hier offen bleiben. Der Umstand, dass der Beklagte zu 2) mit der Beklagten zu 3) seit 2005 in einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft in der Wohnung lebt, ist jedenfalls unter Einbeziehung der Wertungen des Gesetzgebers in die Beurteilung des Gewichtes der Pflichtverletzung des Beklagten zu 2) einzubeziehen. Dass die Beklagte zu 3) seit 2005 mit dem Beklagten zu 2) die Wohnung in einer Lebensgemeinschaft bewohnt, ist unbestritten geblieben (vgl. Schriftsatz der Klägerin vom 19. Mai 2015, Bl. 88 d. A.); soweit die Klägerin mündliche Vereinbarungen zur Aufnahme der Beklagten zu 3) in das Mietverhältnis in Abrede gestellt hat, sind diese von den Beklagten auch nicht behauptet worden. Der Umstand kann der Klägerin, die 2007 in das Mietverhältnis als Vermieterin nach § 566 BGB eingetreten ist, auch nicht verborgen geblieben sein, denn die Beklagten zu 2) und zu 3) sind im Zusammenhang mit dem Dachausbau im Mai 2014 von einem mit diesem befassten Unternehmen – wie oben ausgeführt – angeschrieben worden.
Für eine bewusste Missachtung von Belangen oder der Person der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgänger ergeben sich mit Blick auf die hier geltend gemachte Pflichtverletzung – die Aufnahme der Beklagten zu 3) als seine Lebensgefährtin des Beklagten zu 2) im Jahr 2005 ohne eine vorherige Zustimmung der Vermieter – keine Anhaltspunkte; sie werden auch nicht vorgetragen. Die Kammer schließt sich insoweit im Übrigen den zutreffenden Feststellungen des Amtsgerichts nach eigener rechtlicher Prüfung an. Auch im Hinblick auf die vom Gesetzgeber immer wieder thematisierte geänderte Lebenswirklichkeit und darauf basierend geänderte Verkehrsanschauung lässt sich mangels entgegenstehender Umstände diesbezüglich nichts feststellen. Wird die nach den Maßstäben des Bundesgerichtshofs als Umstand einzubeziehende Motivation des Mieters berücksichtigt, hier die des Beklagten zu 2), mit seiner Lebensgefährtin zusammenzuleben, so verliert die Pflichtverletzung weiter an Gewicht.
c) Da das Mietverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 2) nicht beendet ist, besteht auch kein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 3) aus § 546 Abs. 2 BGB.
2. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
3. Die Revision ist gemäß § 543 Abs. 1, 2 ZPO nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordern. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf der Grundlage des Gesetzes, seiner Materialien und höchstrichterlich bereits entwickelter Maßstäbe.