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Mietvertragskündigung um 22:30 Uhr eingeworfen – Zugang wann?

LG Krefeld – Az.: 2 S 27/21 – Urteil vom 21.09.2022

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Krefeld vom 30.11.2021 (Az. 12 C 99/21) unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen wie folgt abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 158,04 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.03.2021 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin zu 90%, der Beklagte zu 10%.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Seite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision der Klägerin wird in dem aus den Entscheidungsgründen ersichtlichen Umfang zugelassen.

Gründe:

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten nach Beendigung ihres Wohnraumietverhältnisses auf Rückzahlung der von ihr geleisteten Kaution in Anspruch. Nach Abrechnung der Kaution durch den Beklagten streiten die Parteien nur noch darum, ob dieser zu Recht mit einem Mietzinsanspruch für Mai 2020 in Höhe von 1.070,00 Euro nebst Verzugszinsen und Rücklastschriftkosten sowie mit Ansprüchen aus den Betriebskostenabrechnungen für 2019 und 2020 in Höhe von insgesamt 126,58 Euro für die Kostenpositionen „Tiefgarage“ und „sonstige Betriebskosten“ aufgerechnet hat.

Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des amtsgerichtlichen Urteils Bezug genommen.

Mietvertragskündigung um 22:30 Uhr eingeworfen – Zugang wann?
(Symbolfoto: Andrey_Popov /Shutterstock.com)

Das Amtsgericht hat mit dem angefochtenen Urteil den Beklagten verurteilt, an die Klägerin 31,46 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.03.2021 zu zahlen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Umlage der Betriebskostenpositionen „Tiefgarage“ und „sonstige Betriebskosten“ sei hinreichend bestimmt durch die Regelung in § 24 des Mietvertrags i. V. m. „Sonstigen Vereinbarungen und Erläuterungen“ vereinbart worden. Danach sollten die umlagefähigen Betriebskosten gemäß einer beispielhaften Abrechnung betreffend das Jahr 2013 berechnet werden. In dieser beispielhaften Betriebskostenabrechnung seien die Positionen „Tiefgarage“ und „sonstige Betriebskosten“ unstreitig enthalten. Ferner habe der Beklagte hinsichtlich der Mietzahlung und der diesbezüglichen Verzugszinsen und der Rücklastschriftgebühr für den Monat Mai 2020 einen Anspruch auf Zahlung von insgesamt 1.102,83 EUR gehabt. Das Mietverhältnis sei durch die Kündigung der Klägerin vom 04.02.2020 erst zum Ablauf des 31.05.2020 beendet worden, da die Kündigung dem Beklagten erst am 05.02.2020 zugegangen sei. Zugang erfordere, dass die Erklärung so in den Bereich des Empfängers gelangt, dass unter normalen Umständen mit einer Kenntnisnahme zu rechnen sei. Hier sei bei dem unstreitigen Einwurf des Briefes am 04.02.2020 um 22:30 Uhr nicht mehr mit einer Entnahme am selben Tag, sondern erst am darauffolgenden Tag zu rechnen gewesen.

Gegen dieses Urteil, zugestellt am 03.12.2021, hat die Klägerin mit am 09.12.2021 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und begründet.

Die Klägerin meint, das Amtsgericht habe die Klage rechtsfehlerhaft teilweise abgewiesen. Entgegen der Auffassung des Amtsgericht seien die Kostenpositionen „sonstige Betriebskosten“ und „Tiefgarage“ im Rahmen der Betriebskostenabrechnungen der Jahre 2019 und 2020 nicht umlagefähig, da diese nicht im Einzelnen aufgeführt würden. Der Mieter könne sich durch die Einsichtnahme in die Betriebskostenverordnung nicht darüber klar werden, welche Kostenpositionen sich unter dem Begriff „sonstige Betriebskosten“ und „Tiefgarage“ verbergen würden. Ferner sei durch die Kündigung der Klägerin das Mietverhältnis zum 30.04.2020 und nicht erst zum 31.05.2020 beendet worden, denn die Vorgänge am 04.02.2020 seien rechtlich als Willenserklärung unter Anwesenden anzusehen, sodass der Zugang der Kündigungserklärung noch am 04.02.2020 erfolgt sei.

Die Klägerin beantragt, unter teilweiser Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts Krefeld vom 30.11.2021 (Az.: 12 C 99/21) den Beklagten zu verurteilen, an sie einen weiteren Betrag in Höhe von 1.191,45 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.03.2021 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin kostenpflichtig zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seiner erstinstanzlichen Argumentation.

II.

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.

Der Beklagte hat für die Jahre 2019 und 2020 einen um insgesamt 126,58 EUR zu hohen Betrag an Betriebskosten gegenüber der Klägerin abgerechnet und dementsprechend in dieser Höhe zu Unrecht gegenüber dem Kautionsrückzahlungsanspruch der Klägerin aufgerechnet. Hingegen hat er zu Recht mit einem Mietzinsanspruch für Mai 2020 nebst Verzugszinsen und Rücklastschriftkosten in Höhe von insgesamt 1.102,83 EUR aufgerechnet.

1. Die Position „sonstige Betriebskosten“ ist in den Betriebskostenabrechnungen 2019 und 2020 nicht wirksam auf die Klägerin umgelegt worden. Der Saldo der Abrechnungen war dementsprechend um insgesamt 34,83 EUR zu kürzen.

Gemäß § 556 Abs. 1 BGB können die Parteien eines Wohnraummietvertrages vereinbaren, dass der Mieter bestimmte, in der Betriebskostenverordnung bezeichnete Betriebskosten trägt. Erforderlich für eine wirksame Umlage auf den Mieter gemäß §556 Abs. 1 BGB ist indes, dass der Mieter durch die der Umlage zugrundeliegende Vereinbarung in die Lage versetzt wird, zu ersehen, welche Kosten auf ihn zukommen (vgl. BGH, Urteil vom 19.12.2018, VIII ZR 254/17). Gemessen daran genügt hier die Umlage hinsichtlich der Position „sonstige Betriebskosten“ dem Bestimmtheitserfordernis nicht. Die Parteien haben nach den erstinstanzlichen Feststellungen in §24 des Mietvertrages i.V.m. den „Sonstigen Vereinbarungen und Erläuterungen“ i. V. m. der beispielhaften Betriebskostenabrechnung für 2013 vereinbart, dass „sonstige Betriebskosten“ vom Mieter zu tragen seien. Eine weitere Aufschlüsselung der „sonstigen Betriebskosten“ erfolgte nicht. Mangels konkreter Bezeichnung der unter die „sonstigen Betriebskosten“ fallenden Kostenarten wird indes nicht erkennbar, welche der möglichen sonstigen Betriebskosten im Einzelfall tatsächlich in der Beispielsabrechnung umgelegt wurden und in Zukunft gegenüber der Klägerin umlegbar sein sollten.

2. Auch die Position „Tiefgarage“ ist in den Betriebskostenabrechnungen 2019 und 2020 nicht wirksam auf die Klägerin umgelegt worden. Der Saldo der Abrechnungen war dementsprechend um insgesamt 91,75 EUR zu kürzen.

Eine Umlage dieser Kosten scheitert jedenfalls daran, dass die Betriebskostenabrechnungen bezüglich der Position „Tiefgarage“ die in formeller Hinsicht an eine Betriebskostenabrechnung zu stellenden Anforderungen nicht erfüllen und die Umlage insoweit unwirksam ist. Zur formellen Ordnungsmäßigkeit einer Betriebskostenabrechnung ist es erforderlich, dass diese den Anforderungen des §259 BGB entspricht, also eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthält (vgl. BGH, Urteil vom 29.01.2020, VIII ZR 244/18). Die in dem Abrechnungszeitraum angefallenen Betriebskosten müssen in ihren Einzelangaben wie auch in ihrer Gesamtheit derart klar, übersichtlich und aus sich heraus verständlich abgerechnet werden, dass sie sich einem durchschnittlich gebildeten, juristisch und betriebswirtschaftlich nicht geschulten Mieter gedanklich und rechnerisch erschließen und er dadurch in die Lage versetzt wird, den auf das Abrechnungsjahr bezogenen Abrechnungssaldo des Vermieters nachzuprüfen (vgl. BGH, Urteil vom 19.11.2008, VIII ZR 295/07). Diesen Anforderungen genügen die Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2019 und 2020 hinsichtlich der Position „Tiefgarage“ nicht. Aus der Nennung dieser Position heraus erschließt sich dem Mieter gemessen am dargelegten Maßstab nicht, welche Kosten im Einzelnen durch die Vorhaltung der Tiefgarage entstanden sind, sodass er nicht in die Lage versetzt wird die Berechtigung der geltend gemachte Position zu überprüfen.

3. Der weitergehende Zinsanspruch folgt entsprechend der erstinstanzlichen Feststellungen aus §§ 286, 288 Abs. 1 BGB.

4. Zu Recht hat hingegen der Beklagte gegenüber dem Kautionsrückzahlungsanspruch der Klägerin mit seiner vom Amtsgericht festgestellten Forderung in Höhe von 1.102,83 EUR wegen der Miete für den Monat Mai 2020 und der diesbezüglichen Verzugszinsen und Rücklastschriftgebühren aufgerechnet. Der Beklagte hat gemäß § 535 Abs. 2 BGB gegen die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung der Miete bis zur Beendigung des Mietverhältnisses, das vorliegend durch die Kündigung der Klägerin vom 04.02.2020 erst zum Ablauf des 31.05.2020 beendet wurde.

Die Kündigung ist spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats zum Ablauf des übernächsten Monats zulässig (§ 573c Abs. 1 S. 1 BGB), wobei die Wirksamkeit der Kündigungserklärung insbesondere deren Zugang voraussetzt (§ 130 Abs. 1 S. 1 BGB). Dem Amtsgericht ist darin zuzustimmen, dass der Zugang hier erst am 05.02.2020, dem vierten Werktag des Monats, erfolgte, sodass das Mietverhältnis erst zum Ablauf des 31.05.2020 sein Ende fand.

Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin – wie von dem Beklagten bestritten – am 04.02.2020 unmittelbar vor dem Einwurf der Kündigungserklärung in den Briefkasten der Wohnung des Beklagten diesen über die Gegensprechanlage informiert hat, dass sie in seinen Briefkasten ein Schreiben einwerfen wolle und dass es sich bei diesem Schreiben um die Kündigung des streitgegenständlichen Mietvertrages handele. Denn auch hiernach ist die Kündigung nicht vor dem 05.02.2020 zugegangen.

a. Die Klägerin meint, die Kündigungserklärung sei als eine verkörperte Willenserklärung unter Anwesenden zu behandeln und bereits in dem Zeitpunkt als zugegangen anzusehen, in dem sie in den in den Herrschaftsbereich des Beklagten gelangt sei, ohne dass es darüber hinaus der Kenntnisnahme unter normalen Verhältnissen bedurft hätte. Sie stützt ihre Ansicht darauf, dass sie über die Gegensprechanlage der Wohnung des Beklagten in direktem akustischem Kontakt mit dem Beklagten gestanden habe. Das greift im Ergebnis nicht durch.

Mag die Abgabe einer nicht verkörperten Willenserklärung über eine Gegensprechanlage – ähnlich wie im Rahmen eines Telefonats – als solche unter Anwesenden zu beurteilen sein, so folgt daraus nicht, dass auch die Übermittlung einer verkörperten Willenserklärung, wie hier der schriftlichen Kündigung, allein durch die vorherige direkte Kontaktaufnahme zum Empfänger mittels Fernmeldetechnik zu einer solchen unter Anwesenden wird. Vielmehr verbleibt es unabhängig von der vorherigen Kontaktaufnahme dabei, dass es der Klägerin nicht möglich war, die verkörperte Kündigungserklärung im unmittelbaren Kontakt zum Beklagten in dessen Machtbereich zu verbringen.

Im Übrigen müssen verkörperte Willenserklärungen gegenüber einem Anwesenden genauso zugehen wie verkörperte Willenserklärungen unter Abwesenden, in beiden Fällen gilt gleichermaßen § 130 Abs. 1 S. 1 BGB (vgl. MüKoBGB/Einsele, BGB, 9. Aufl., § 130 Rn. 27). Die Willenserklärung muss daher in beiden Fällen so in den Machtbereich des Empfängers gelangen, dass damit zu rechnen ist, der Empfänger könne von ihr Kenntnis nehmen (vgl. MüKoBGB/Einsele, BGB, 9. Aufl., § 130 Rn. 27). Zwar fallen unter Anwesenden die Abgabe der Willenserklärung und der Zeitpunkt der erwartbaren Kenntnisnahme regelmäßig zusammen. Entbehrlich ist letztere indes nicht. Etwas anderes vermag die Kammer auch dem klägerseits zitierten Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 04.11.2004, 2 AZR 17/04) nicht zu entnehmen. Zwar führt dieses aus, es entspreche allgemeiner Auffassung, dass eine verkörperte Willenserklärung unter Anwesenden zugehe, wenn sie durch Übergabe in den Herrschaftsbereich des Empfängers gelange. Weiter führt es aber aus, für den Zugang einer verkörperten Erklärung unter Anwesenden genüge die Aushändigung und Übergabe des Schriftstücks, sodass der Empfänger in der Lage sei, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Auch das BAG setzt mithin die unmittelbare Kenntnisnahmemöglichkeit des Erklärungsempfängers vom Inhalt der Willenserklärung als für den Zugang einer verkörperten Willenserklärung unter Anwesenden erforderlich voraus. Diese war vorliegend und anders als beim BAG nicht gegeben, da der Beklagte die schriftliche Kündigung nicht ausgehändigt erhalten hat, so dass ein Fall der Willenserklärung unter Abwesenden vorliegt.

Zugegangen ist dem Beklagten am 04.05.2020 selbst bei Zugrundelegung des Klägervortrags damit nur die (mündliche) Information über den Einwurf der Kündigung, nicht aber die Kündigung selbst. Hieran ändert sich auch nichts deshalb, weil die Klägerin den Beklagten über die Gegensprechanlage vollständig vom Inhalt des Kündigungsschreibens informiert haben will. Denn eine solche mündliche Kündigung wäre wegen Nichteinhaltung der Schriftform des § 568 BGB unwirksam.

b. Durch den unstreitigen Einwurf der Kündigungserklärung am 04.02.2020 um 22:30 Uhr in den Briefkasten der Wohnung des Beklagten ist diese in den Machtbereich des Beklagten verbracht worden. Wann unter normalen Umständen mit einer Kenntnisnahme vom Inhalt der Erklärung durch den Beklagten zu rechnen war, richtet sich danach, wann nach den gewöhnlichen Verhältnissen mit der Leerung des Briefkastens durch den Beklagten zu rechnen war, sodass sich dieser Kenntnis vom Inhalt der Willenserklärung verschaffen konnte. Dabei ist nicht auf die individuellen Verhältnisse des Empfängers abzustellen, sondern im Interesse der Rechtssicherheit zu generalisieren (vgl. BGH, Urteil vom 21.01. 2004, XII ZR 214/00). Bis um 18:00 Uhr in den Briefkasten eingeworfene Briefe hat die Rechtsprechung als noch am selben Tag zugehend angesehen (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 15.10.1992, Vf. 117-VI-91), erst erhebliche Zeit nach der allgemeinen Postzustellung in einen Wohnungsbriefkasten eingeworfene dagegen als erst am nächsten Tag zugehend (vgl. BAG, Urteil vom 08.12.1983, 2 AZR 337/82).

Vorliegend war mit einer Kenntnisnahme des Erklärungsinhaltes durch den Beklagten noch am 04.02.2020 nicht zu rechnen. Nach den entscheidenden gewöhnlichen Verhältnissen ist es dem Empfänger einer Willenserklärung nicht zumutbar, sich zu jeder Tageszeit zu versichern, ob rechtserhebliche Erklärungen in seinen Machtbereich gelangt sind. Zwar ist ein konkreter Zeitpunkt, ab dem nach der Verkehrsanschauung die Überprüfung eines zu einer Privatwohnung gehörenden Briefkastens nicht mehr erwartet wird, insbesondere angesichts der zunehmenden Ausdifferenzierung der Lebensgewohnheiten und der diesbezüglichen Gepflogenheiten schwierig festzulegen. Jedenfalls um 22:30 Uhr war dieser Zeitpunkt indes überschritten.

c. Auch war nicht aufgrund der konkreten Einzelfallumstände selbst bei Zugrundelegung des Klägervortrags eine späte Leerung des Briefkastens durch den Beklagten erwartbar.

Zwar hätte die Klägerin dadurch, dass sie die Willenserklärung nicht nur in den Machtbereich des Beklagten verbracht hat, sondern darüber hinaus den Beklagten über den Einwurf der Erklärung in seinen Briefkasten zu später Stunde mündlich informierte, umfassende Bemühungen unternommen, um dem Beklagten die Kenntnisnahme der Erklärung zu ermöglichen. Dem Empfänger einer Erklärung ist aber zuzugestehen, sich zur Nachtzeit der Zurkenntnisnahme des Inhalts rechtserheblicher geschäftlicher Erklärungen zu entziehen, auch wenn er auf deren Eingang in seinem Machtbereich ebenfalls zur Nachtzeit hingewiesen worden ist. Entsprechend gelten zur Unzeit eingehende Erklärungen via SMS auch dann erst am nächsten Tag zugegangen, wenn der Empfänger einer SMS in der Regel durch einen Hinweiston auf den Eingang einer Nachricht in seinen Machtbereich aufmerksam gemacht wird (vgl. Grüneberg/Ellenberger, BGB, 81. Aufl., § 130 Rn. 7 m.w.N.). Ähnlich ist es im vorliegenden Fall, in dem der Beklagte durch das Klingeln der Klägerin informiert worden sein soll. Der Beklagte hätte zur Kenntnisnahme des Inhalts der Kündigungserklärung seine Wohnung verlassen, mithin gegenüber dem bloßen Öffnen einer SMS einen erheblichen Mehraufwand vornehmen müssen. Ist bereits die inhaltliche Zurkenntnisnahme einer Erklärung via SMS nicht mehr zu erwarten, ist dies erst Recht für die inhaltliche Zurkenntnisnahme einer in einen Wohnungsbriefkasten eingeworfenen Erklärung anzunehmen.

5. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

6. Die Revision wird zugelassen, soweit die Klägerin mit der Berufung ihre erstinstanzlich geltend gemachte Forderung auf Rückzahlung der geleisteten Kaution in Höhe von 1.064,87 EUR hinsichtlich der Mietzahlung für den Monat Mai 2020 weiterverfolgt. Der Frage des Zeitpunktes des Zugangs der Kündigungserklärung kommt grundsätzliche Bedeutung zu. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen, da insoweit die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision im Sinne von § 543 ZPO nicht gegeben sind.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 1.191,45 EUR

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