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Mietvertragskündigung wegen Aufnahme eines Lebensgefährten

LG Berlin – Az.: 67 S 119/17 – Beschluss vom 16.05.2017

Die Kammer beabsichtigt, die Berufung als offensichtlich unbegründet im Beschlusswege zurückzuweisen.

Gründe

I.

Die Berufung ist gemäß gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückzuweisen, da sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und auch die sonstigen Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO vorliegen.

Das Amtsgericht hat der erhobene Räumungsklage zutreffend abgewiesen. Dagegen vermag die Berufung, die sich nur noch auf die behaupteten Vertragsverletzungen des Beklagten zu 1) im Zusammenhang mit der Aufnahme der Beklagten zu 2) stützt, nichts zu erinnern.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten zu 1) keinen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung. Denn die von der Klägerin ausgesprochenen Kündigungen haben das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis nicht beendet. Das hat das Amtsgericht im Ergebnis zutreffend erkannt. Die Voraussetzungen für eine außerordentliche Kündigung nach den §§ 543 Abs. 1, 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB sind ebensowenig wie die für eine ordentliche Kündigung nach den §§ 573 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB erfüllt.

Soweit die Klägerin ihre Kündigungen auf eine unerlaubte und ihr mangels Anzeige zeitweilig unbekannt gebliebene Gebrauchsüberlassung an die Beklagte zu 2) gestützt hat, kann dahinstehen, ob das Verhalten des Beklagten zu 1) überhaupt pflichtwidrig war, insbesondere, ob es sich bei der Beklagten zu 2) als seiner zeitweiligen Lebensgefährtin überhaupt um eine ”Dritte” i.S.d. §§ 540 Abs. 1, 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 553 Abs. 1 BGB handelte (vgl. Emmerich, in: Staudinger, BGB, Neubearb. 2014, § 540 Rz. 5 m.w.N.). Denn selbst wenn den Beklagten zu 1) durch die nicht genehmigte und angezeigte Überlassung des (Mit-)Gebrauchs der Wohnung an die Beklagte zu 2) eine Pflichtverletzung zur Last fiele, wäre diese mangels hinreichender Erheblichkeit nicht geeignet, eine Kündigung des Mietverhältnisses zu rechtfertigen.

Während eine außerordentliche Kündigung nach den §§ 543 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB eine mit der Gebrauchsüberlassung einhergehende Verletzung der Rechte des Vermieters ”in erheblichem Maße” verlangt, kann der Vermieter eine verhaltensbedingte Kündigung des Mieters gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB nur dann erfolgreich aussprechen, wenn die schuldhafte Pflichtverletzung ”nicht unerheblich” ist. An beiden Voraussetzungen fehlt es.

Im Falle einer unbefugten Gebrauchsüberlassung ist für die Frage, ob die schuldhafte Pflichtverletzung des Mieters hinreichend erheblich ist, sowohl für die Wirksamkeit einer darauf gestützten außerordentlichen als als auch für die einer ordentlichen Kündigung – nicht anders als bei sonstigen verhaltensbedingten Kündigungen auch – im Rahmen einer umfassenden Gesamtabwägung auf sämtliche Umstände des Einzelfalls abzustellen (vgl. BGH, Urt. v. 2. Februar 2011 – VIII ZR 74/10, NJW 2011, 1065 Tz. 20; Kammer, Urt. v. 6. Oktober 2016 – 67 S 203/16, ZMR 2017, 238, juris Tz. 16 m.w.N.; Weidenkaff, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 543 Rz. 20). Für diese Abwägung sind neben der beanstandungsfreien Dauer des bisherigen Mietverhältnisses und den nachteiligen Auswirkungen der Vertragspflichtverletzung auf den Vermieter auch ein möglicher Anspruch des Mieters auf Erteilung der – tatsächlich nicht eingeholten – Untermieterlaubnis sowie ein pflichtwidriges (Vor-)Verhalten des Vermieters erheblich (vgl. BGH, a.a.O. Tz. 22; Urt. v. 4. Juni 2014 – VIII ZR 289/13, NJW 2014, 2566 Tz. 23; Urt. v. 15. April 2015 – VIII ZR 281/13, NJW 2015, 2417 Tz. 33, Kammer, a.a.O. m.w.N.).

Gemessen an diesen Grundsätzen wäre eine auf der ungenehmigten und nicht angezeigten Gebrauchsüberlassung an die Beklagte zu 2) beruhende Pflichtverletzung des Beklagten zu 1) nicht hinreichend erheblich gewesen, um eine außerordentliche oder ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses zu rechtfertigen. Denn zu Gunsten des Beklagten zu 1) streitet nicht nur der Umstand, dass das Mietverhältnis zum Zeitpunkt des ersten Kündigungsausspruchs bereits seit knapp 30 Jahren – und damit seit geraumer Zeit – unbeanstandet währte. Gegen die Erheblichkeit des behaupteten Pflichtverstoßes spricht ebenfalls, dass den Beklagten gemäß § 553 Abs. 1 Satz 1 BGB ein berechtigtes Interesse zur teilweisen Überlassung der Wohnung an seine Lebensgefährtin zugestanden hätte, so dass die Klägerin ohnehin zur Genehmigung der Gebrauchsüberlassung verpflichtet gewesen wäre (vgl. Kammer, a.a.O., juris Tz. 17 m.w.N.). Es tritt hinzu, dass die nicht umfassend, sondern räumlich und persönlich lediglich beschränkt erfolgte Gebrauchsüberlassung nicht geeignet war, die wirtschaftlichen und rechtlichen Interessen der Klägerin mehr als nur unwesentlich zu beeinträchtigen. Das entspricht der – im Ergebnis – zutreffenden Erkenntnis des Amtsgerichts.

II.

Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 2 Wochen, auch zur Frage, ob die Berufung vor dem Hintergrund des erteilten Hinweises zurückgenommen wird. Auf die damit verbundene Kostenreduzierung gemäß Nr. 1222 KV weist die Kammer vorsorglich hin.

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