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Mietvertragskündigung wegen Belästigung durch Gestank

AG Frankfurt – Az.: 33 C 2300/17 (98) – Urteil vom 08.02.2018

Der Beklagte wird verurteilt, die innegehaltene Wohnung XXX, XX/X. Mieteinheit, XXXXX Frankfurt am Main, bestehend aus 2 Zimmern, Küche, Terrasse, Flur, Bad mit WC und Dusche, Keller, Boden, zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.

Dem Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 30.04.2018 gewährt.

Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 3.000,00 Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten über ein Räumungsbegehren der Klägerin nach Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung.

Die Klägerin ist gemäß Mietvertrag vom 29.03.2016 (Bl. 7 ff. d. A.) Vermieterin, der Beklagte Mieter der näher in dem Tenor bezeichneten Wohnung. Die monatliche Nettokaltmiete beträgt 296,55 Euro.

Aufgrund von Beschwerden der Nachbarn wegen Geruchsbelästigung aus der Wohnung des Beklagten fand am 08.06.2016 ein unangemeldeter Hausbesuch der Mitarbeiterinnen der Klägerin beim Beklagten statt. Die weiteren Wohnungs- und Ortsbesichtigungen seitens der Mitarbeiter der Klägerin fanden am 27.07.2016, am 10.08.2016, am 07.12.2016, am 22.02.2017, am 28.06.2017 und am 12.07.2017 statt. Wegen Einzelheiten wird auf den Inhalt der Klageschrift vom 20.07.2017 nebst Anlagen (Bl. 1 ff. d. A.) Bezug genommen.

Mit Schreiben vom 20.10.2016 (Bl. 18 d. A.), 14.11.2016 (Bl. 19 d. A.) und 24.02.2017 (Bl. 21 f. d. A.) mahnte die Klägerin den Beklagten ab.

Mit Schreiben vom 03.07.2017 (Bl. 23 f. d. A.) kündigte die Klägerin das Mietverhältnis fristlos und hilfsweise fristgerecht.

Die Klägerin behauptet, von der streitgegenständlichen Mietwohnung gehe seit dem Juni 2016 immer wieder ein penetranter Gestank aus. Bei den Wohnungsbesichtigungsterminen am 27.07.2016, 10.08.2016, 22.02.2017, 12.07.2017 sei die Wohnung vermüllt gewesen. Verdorbene Lebensmittel mit Ungezieferbefall haben in der Wohnung herumgelegen, insbesondere auf dem Fußboden. Am 22.02.2017 habe der Beklagte eine Kochplatte zwischen Papierbergen und Plastiktüten betrieben. Auf der Terrasse habe der Beklagte zwei Haufen mit Haferflocken und Körner verstreut, um Ringeltauben zu füttern. Am 28.06.2017 habe der Beklagte verdorbene Lebensmittel auf der Terrasse gelagert. Zwar habe sich die Wohnung bei dem Hausbesuch am 07.12.2016 in einem guten Zustand befunden. Seit dem 22.02.2017 habe sich aber das Verhalten des Beklagten bezüglich der Vermüllung seiner Wohnung nicht gebessert. Die Zeugin Kunz sei in der Nutzung ihrer darüber liegenden Wohnung erheblich beschränkt.

Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die innegehaltene Wohnung XXX, XX/X. Mieteinheit, XXXXX Frankfurt am Main, bestehend aus 2 Zimmern, Küche, Terrasse, Flur, Bad mit WC und Dusche, Keller, Boden, zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise dem Beklagten eine Räumungsfrist zu gewähren.

Der Beklagte bestreitet, dass aus seiner Wohnung ein Gestank ausgehe, der Fußboden verklebt sei, verdorbene Lebensmittel in der Wohnung und auf der Terrasse herumliegen würden. Er würde zwar eine Kochplatte auf seinem Schreibtisch betreiben, dies sei aber nicht gefährlich. In seinem früheren Domizil, der Gartenlaube, habe er sich aufgrund eines Heizventilators eine Beinwunde zugezogen.

Wegen Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.01.2018 (Bl. 72 ff. d. A.) Bezug genommen.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen A., B., C. und D. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 22.01.2018 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Räumung der von dem Beklagten innegehaltenen Wohnung aus §§ 546 Abs. 1, 985 BGB. Das Mietverhältnis ist aufgrund der außerordentlichen Kündigung vom 03.07.2017 wirksam beendet.

Die Kündigung ist formell wirksam, da sie ausreichend begründet ist im Sinne des § 569 Abs. 4 BGB. Das Verhalten des Beklagten als Kündigungsgrund wurde ausreichend dargelegt und individualisiert.

Die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses vom 03.07.2017 war auch gem. § 569 Abs. 2 i. V. m. § 543 Abs. 1 BGB materiell wirksam, weil der Klägerin die Fortsetzung des Mietverhältnisses mit dem Beklagten nicht mehr zuzumuten war.

Mietvertragskündigung wegen Belästigung durch Gestank
(Symbolfoto: Von Andrey_Popov/Shutterstock.com)

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht es zur Überzeugung des Gerichts fest, dass aus der Wohnung des Beklagten ein sehr starker, penetranter Gestank ausgeht, der die Hausgemeinschaft belästigt. Der Beklagte sammelt in seiner Wohnung eine Vielzahl von Pfandgütern in blauen Müllsäcken und viele Gegenstände, welche eigentlich in Müllentsorgung gehören wie Verpackungen und Reste. Der Beklagte lagert verderbliche Lebensmittel auf der Terrasse und entsorgt sie nicht rechtzeitig. Ferner betreibt er eine Kochplatte auf einem Schreibtisch, der ausweislich der von der Klägerin vorgelegten Bildaufnahmen mit Müll und Papierstapel zugedeckt ist, so dass die anderen Mieter im Haus gefährdet sind. Dass sich die Wohnung des Beklagten in einem solchen Zustand bis zum Ausspruch der fristlosen Kündigung immer wieder befand, haben die Zeuginnen B., C. und D. eindeutig und glaubhaft bekundet. Sie haben plastisch und nachvollziehbar von den von ihnen wahrgenommenen Haus- und Ortsbesuchen bekundet und den Zustand der Wohnung und der Terrasse sowie den penetranten Gestank sogar im Treppenhaus detailliert beschrieben. Sie konnten den Gestank auch eindeutig der Wohnung des Beklagten zuordnen. Die Aussagen waren nicht einseitig belastend für den Beklagten. Die Zeugin B. hat geschildert, dass die Wohnung des Beklagten bei dem Besuch am 07.12.2016 sich im guten Zustand befunden hat. Die Zeugin A. hat eindrucksvoll bekundet, dass aus der Wohnung ein Gestank hochkomme, der sie daran hindert, die Fenster von ihrer Wohnung und die Balkontür aufzumachen. Von ihrer Wohnung aus kann sie die auf der Terrasse des Beklagten gelagerten Lebensmittel beobachten. Entgegen der Auffassung des Beklagten hat das Gericht keine Anhaltspunkte an der Glaubwürdigkeit der Zeuginnen zu zweifeln. Das Gericht erkennt nicht, dass die Zeuginnen B., C. und D. trotz des Arbeitsverhältnisses mit der Klägerin ein eigenes Interesse am Ausgang des Prozesses haben sollten. Vielmehr haben sie durch die wiederholten Gespräche mit dem Beklagten zum Ausdruck gebracht, dass der Beklagte eine Chance auf das Fortbestehen des Mietverhältnisses hätte, wenn er sein Verhalten ändern würde. Das Gericht erachtet auch die Zeugin A. als glaubwürdig. Die Zeugin war bei seiner Aussage ruhig und gefasst. Zwar ist das Verhältnis zwischen der Zeugin A. und dem Beklagten offenbar angespannt. Die Anspannung ist aber angesichts der räumlichen Nähe der beiden Wohnungen und der Geruchsbelästigung nicht verwunderlich.

Aus einer Gesamtschau des Verhaltens des Beklagten ergibt sich, dass sein Verhalten bezüglich der Vermüllung seiner Wohnung sich in dem Zeitraum 08.06.2016 – 28.06.2017 nicht nachhaltig gebessert hat. Es ist zwar unstreitig, dass die Wohnung des Beklagten sich am 07.12.2016 in einem guten Zustand befunden hat und dass der Beklagte in der Lage war, die Wohnung zu dem Zeitpunkt ordentlich zu reinigen. Der Zustand der Wohnung bei der weiteren Wohnungsbesichtigung am 22.02.2017 war aber nach den übereinstimmenden Aussagen von den Zeuginnen B., C. und D. wieder schlecht. Bei der Ortsbegehung am 28.06.2017 hat die Frau B. erneut einen penetranten Geruch im Flur wahrgenommen und verderbliche Lebensmittel auf der Terrasse gesehen. Bei dem Ortstermin am 12.07.2017, der nach dem Ausspruch der fristlosen Kündigung erfolgte, haben die Zeuginnen B. und C. erneut einen unangenehmen Geruch in der Wohnung wahrgenommen. Entgegen der Auffassung des Beklagten ist es daher nicht ausschlaggebend, dass zwischen der Abmahnung vom 24.02.2017 und der außerordentlichen Kündigung über vier Monate vergangen sind. Der Sinn und Zweck einer Abmahnung ist, dem Mieter zum Erkennen zu geben, welches konkrete Verhalten des Mieters der Vermieter beanstandet und welche Konsequenzen dem Mieter drohen, wenn er sein Verhalten nicht ändert. Dies hat die Klägerin in dem Abmahnungsschreiben getan, indem sie geschrieben hat: „Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass wir bei Eingang weiterer berechtigter Beschwerden, oder wenn unsere Mitarbeiter bei Ortsterminen feststellen, dass weiterhin eine penetrante Geruchsbelästigung von Ihrer Wohnung ausgeht, uns genötigt sehen, vertragsrechtliche Konsequenzen einzuleiten und Ihnen das Mietverhältnis zu kündigen“. Dabei war zu berücksichtigen, dass es sich bei dem vorgenannten Schreiben bereits um die dritte Abmahnung wegen der Geruchsbelästigung gehandelt hat. Der Beklagte konnte daher nicht mehr darauf vertrauen, dass lediglich eine weitere Abmahnung erfolgen würde, wenn aus seiner Wohnung wieder ein unangenehmer Geruch ausgehen würde.

Soweit der Beklagte in dem Schriftsatz vom 05.02.2018 beantragt hat, die Zeugin E. zu vernehmen, da sie in der mündlichen Verhandlung am 28.01.2018 nicht erschienen ist, war dieser Beweisantritt gem. §§ 296 Abs. 2, 282 ZPO zurückzuweisen. Auf diese Aussage kommt es nicht mehr an. Bereits das Ergebnis der Beweisaufnahme am 28.01.2018 ist für die fristlose Kündigung ausreichend.

Entgegen der Auffassung des Beklagten hat die Verhandlung nach Beweisaufnahme gem. § 285 ZPO bereits in der Sitzung am 28.01.2018 stattgefunden. Ferner war dem Beklagten keine Fristverlängerung zur Stellungnahme zu dem Ergebnis der Beweisaufnahme zu gewähren, da der Beklagte bei der Beweisaufnahme anwesend war. Gem. § 310 Abs. 1 ZPO ist das Urteil grundsätzlich drei Wochen nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung zu verkünden.

Gem. § 721 ZPO war dem Beklagten eine Räumungsfrist zuzubilligen, welche das Gericht einerseits bis zum Ablauf des Monats April 2018 als erforderlich, andererseits aufgrund des beschriebenen Zustands in der Wohnung des Beklagten aber auch als ausreichend ansieht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 7 und 11 und § 711 ZPO.

Der Streitwert wird auf 3.587,40 Euro festgesetzt, § 41 Abs. 2 GKG.

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