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Mietvertragsunterschriften auf unterschiedlichen Vertragsurkunden wahren Schriftform

LG Münster – Az.: 8 O 178/21 – Urteil vom 17.06.2022

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Feststellung der Beendigung eines zwischen ihnen geschlossenen Mietvertrags in Anspruch.

Am 28.03/06.04.2018 schlossen die Parteien einen Mietvertrag zur Nutzung eines klägerischen Grundstücks für die Errichtung und den Betrieb einer Mobilfunkanlage auf einem Funkmast in D, Nähe V, Flurstück … im Grundbuch von C, Bl. … (vgl. Anl. K1, Bl. 391 ff. d.A.). Bei dem klägerischen Grundstück handelt es sich um ein unbebautes Grundstück im Außenbereich.

Auf Seiten der Klägerin handelte bei Vertragsschluss der frühere Bürgermeister, Herr A. Auf Beklagtenseite wurde der Vertrag durch Herrn B und Frau E von der Regionalvertretung der Beklagten in W mit dem Zusatz „i.A.“ unterzeichnet.

Der Vertrag enthält u.a. folgende weitere Bestimmungen (vgl. Anl. K1, Bl. 391 ff.d.A.):

㤠3.1 Der Abschluss des Mietvertrages erfolgt auf 15 Jahre (Festlaufzeit).

[…] Ab dem 01.05.2018 bis zum Baubeginn erhält der Vermieter ein monatliches Entgelt für die Bereitstellung der Mietsache in Höhe von 50,00 Euro.

§ 3.2 Die P ist berechtigt, die Verlängerung der Festlaufzeit 3-mal um 5 Jahre verlängern zu können (Option) “

„§ 2.2 Der P wird hiermit das Recht eingeräumt, auf der […] entsprechend gekennzeichneten Grundstücksfläche auf eigene Kosten eine Funkübertragungsstelle mit einem freistehenden Antennenträger bis zu einer Höhe von maximal 31 Meter im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften zu errichten, zu betreiben, zu unterhalten, zu ändern, zu erneuern und auszutauschen.“

„§ 4 Kündigung Beide Parteien haben das Recht den Vertrag aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Frist zu kündigen.

Für den Vermieter liegt ein wichtiger Grund insbesondere dann vor, wenn

– die P mit der Errichtung der Miete für zwei aufeinanderfolgende Termine ganz oder zu einem nicht unerheblichen Teil trotz schriftlicher Mahnung in Verzug ist,

– die P einen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache trotz Abmahnung fortsetzt.

Für die P liegt ein wichtiger Grund insbesondere dann vor, wenn

– eine für die Errichtung oder den Betrieb der Funkübertragungsstelle erforderliche Genehmigung nicht oder nur unter Auflagen erteilt wird oder eine erteilte Genehmigung nachträglich aufgehoben wird,

– durch Umgebungsveränderungen der Sende- und Empfangsbetrieb nicht nur vorübergehend beeinträchtigt wird oder die Notwendigkeit der Funkübertragungsstelle entfällt.

Darüber hinaus ist die P berechtigt, diesen Vertrag jederzeit mit einer Frist von 6 Monaten zum Ende eines Monats zu kündigen.“

„§ 5.2 Die Kalenderjahresmiete für die durch diesen Vertrag eingeräumten Rechte beträgt netto: 2.000,00 Euro und ist monatlich in Höhe von netto 166,66 Euro bis zum 3. Werktag eines Monats […] zu überweisen.“

㤠8 Haftung

§ 8.1 Für Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit haftet die P gegenüber dem Vermieter nach den gesetzlichen Vorschriften. Das Gleiche gilt für Schäden, die auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung der P oder eines ihrer Erfüllungsgehilfen beruhen.

§ 8.2 Der Vermieter haftet nach den gesetzlichen Bestimmungen.“

Mietvertragsunterschriften auf unterschiedlichen Vertragsurkunden wahren Schriftform
(Symbolfoto: Amnaj Khetsamtip/Shutterstock.com)

Mit schriftlichem Nachtrag vom 28.05./03.06.2019 ersetzten die Parteien die Ziffer 2.2 des ursprünglichen Mietvertrags und vereinbarten, dass die Beklagte auf der klägerischen Grundstücksfläche eine Funkübertragungsstelle mit einem freistehenden Antennenträger bis zu einer Höhe von maximal 35m im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften errichten und betreiben dürfe (vgl. zum genauen Wortlaut der Ziffer Anl. K2, Bl. 400 ff. d.A.). Auf Beklagtenseite wurde der Nachtrag durch Herrn B und Frau Z von der Regionalvertretung der Beklagten in W mit dem Zusatz „i.A.“ unterzeichnet.

Am 01.05.2020 wurde Herr L Bürgermeister der klägerischen Gemeinde. Unter dem 08.07.2020 verfasste dieser für die Klägerin ein Schreiben an die Beklagte mit der Mitteilung, dass er erwäge, den vom Amtsvorgänger geschlossenen Vertrag zu kündigen.

Mit Schreiben vom 23.11.2020 sprach der Bürgermeister im Namen der Klägerin die Kündigung des geschlossen Vertrages in Form des Nachtrages „zum 31.05.2021 analog der Kündigungsfrist lt. § 4 des […] Mietvertrages“ aus (vgl. Anlage K 3, Bl. 406 d.A.). Gestützt auf eine analoge Anwendung des § 569 BGB führte er im Kündigungsschreiben folgende 12 Kündigungsgründe aus:

1. unkalkulierbares Risiko der Klägerin durch gesundheitliche Spätfolgen aufgrund von Mobilfunkstrahlung (z.B. erhöhtes Krebsrisiko durch elektromagnetische Strahlenfelder) und keine Haftungsfreistellung oder Ähnliches für Klägerin

2. fehlende Aufklärung der Klägerin durch die Beklagte hinsichtlich möglicher Gesundheitsgefährdungen auch unterhalb der Grenzwerte der 26. BImSchV

3. fehlende Beurteilung des 5G-Standards bei Vertragsabschluss

4. von der Klägerin angebotener Alternativstandort zum Bau und Betreiben der Funkmastanlage sei von der Beklagten nicht in Betracht gezogen worden

5. Funkmastanlage an dem vereinbarten Standort stelle erheblichen Eingriff in Natur und Landschaftsbild dar, der von Klägerin als Gemeinde nicht getragen werden könne

6. vollkommen unzureichende Haftungsregelung der Beklagten, wodurch die Klägerin ein hohes Haftungsrisiko trage

7. Verwendung von geplanter chinesischer Funktechnik (Huawei-Technik) führe zu einem Sicherheitsrisiko wegen fehlenden Datenschutzes

8. vereinbarter niedriger Mietzins stehe im krassen Missverhältnis zum tatsächlichen, hohen Marktwert des klägerischen Grundstücks

9. vereinbarte unterschiedliche Kündigungsfristen (insbesondere Sonderkündigungsrecht der Beklagten mit einer Frist von 6 Monaten) seien sittenwidrig

10. Nachtragsvereinbarung mit Erhöhung des Funkmastes von ursprünglich 31m auf nunmehr 35m stelle einen vertragswidrigen Gebrauch dar

11. Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot, da Beklagte Alternativstandorte kategorisch ablehne

12. Verstoß gegen das Schriftformgebot gemäß § 550 BGB, da Unterzeichnende des Vertrages und des Nachtrags nicht vertretungsbefugte Gesellschafter der Beklagten GmbH gewesen seien.

Hinsichtlich der Einzelheiten der vorgebrachten Kündigungsgründe wird auf Anlage K 3 (Bl. 405 ff. d.A.) verwiesen.

Am 14.12.2020 begann die Beklagte nach Erhalt sämtlicher öffentlich-rechtlicher Genehmigungen und Standortbescheinigungen mit Baumaßnahmen für die Errichtung des Funkmastes auf dem streitgegenständlichen Grundstück.

Mit Schreiben vom 21.12.2020 sprach der Bürgermeister im Namen der Klägerin abermals die Kündigung des Vertrages aus. Unter Bezugnahme auf die Kündigungsgründe im ersten Schreiben wurde die Kündigung diesmal „außerordentlich fristlos“ gemäß § 543 BGB erklärt (vgl. Anl. K4, Bl. 357 d.A.).

Mit Schreiben vom 22.12.2010 erklärte die Konzernmutter der Beklagten, die D. T. AG, dass sie die Kündigung erhalten habe, diese aber für unwirksam halte, da kein Kündigungsgrund vorliege. Wegen der Einzelheiten dieses Schreibens wird auf Anl. K5 (Bl. 358 ff. d.A.) verwiesen.

Inzwischen ist der Funkmast seitens der Beklagten in Betrieb genommen worden. Im Hinblick auf den genauen Standort des Funkmastes auf dem klägerischen Grundstück im Außenbereich wird auf Anl. 4 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom 20.05.2022 (Bl. 492 d.A.) verwiesen. Mietzahlungen sind seitens der Beklagten geflossen und wurden auf Wunsch der Klägerin am örtlichen Amtsgericht zur Verwahrung hinterlegt.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag durch Kündigung vom 23.11.2020 bzw. vom 21.12.2020 beendet worden sei. Zur umfangreichen Begründung unter Vertiefung der vorgebrachten zwölf Kündigungsgründe wird insbesondere auf die Klageschrift vom 05.05.2021 (dort Bl. 6 ff. d.A.) Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt, festzustellen, dass der zwischen den Parteien geschlossene Mietvertrag, Az:… … vom 28.03.2018/06.04.2018 mit erstem Nachtrag vom 03.06.2019/28.05.2019, beendet ist durch wirksame Kündigungen der Klägerin, ordentlich mit Kündigungsschreiben vom 23.11.2018 sowie außerordentlich fristlos mit Kündigungsschreiben vom 21.12.2020.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Kündigungen unwirksam seien und der Vertrag weiter fortbestehe.

Insbesondere weist sie darauf hin, dass die Grenzwerte der 26.. BImSchV beim Betrieb der Funkübertragungsstelle – insoweit zwischen den Parteien auch unstreitig – eingehalten werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien samt Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.05.2022 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.

I.

Der zwischen den Parteien mit Datum vom 28.03/06.04.2018 wirksam geschlossene Vertrag in der Form des Nachtrags ist seitens der Klägerin nicht wirksam gekündigt worden.

1. Zwischen den Parteien ist ein wirksamer Mietvertrag über ein Grundstück gemäß §§ 578 Abs. 1, 535 BGB geschlossen worden.

a) Ob die Beklagte bei Vertragsschluss (und Nachtragsschluss) ordnungsgemäß durch die Herrn B und Frau E bzw. Frau Z von der Regionalvertretung der Beklagten in W vertreten worden ist, kann dahinstehen. Denn die Beklagte hat den Abschluss des Mietvertrages jedenfalls durch schlüssiges Verhalten gemäß § 177 Abs. 1 BGB genehmigt. Zwar setzt eine stillschweigende Genehmigung in der Regel voraus, dass der Genehmigungsberechtigte von der Genehmigungsbedürftigkeit des Rechtsgeschäfts wusste oder mit ihr rechnete; hierfür ist vorliegend nichts ersichtlich. Trotz Fehlens eines solchen Erklärungsbewusstseins ist aber dann von einer konkludenten Zustimmung auszugehen, wenn der Genehmigungsberechtigte – wie hier – das Rechtsgeschäft für den Vertragspartner erkennbar als gültig behandelt (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 17.03.2005 – 10 U 172/04 -, BeckRS 2005, 6525 m.w.N.). Unstreitig hat die Beklagte den streitgegenständlichen Funkmast errichtet und in Betrieb genommen, die vertraglich vereinbarten Mietzahlungen geleistet und die Kündigungserklärungen der Klägerin (vorgerichtlich durch ihre Konzernmutter und im Gerichtsverfahren selbst) zurückgewiesen.

b) Der streitgegenständliche Mietvertrag ist auch nicht auf Grund der Regelungen zur Vertragsdauer und zu den Kündigungsmöglichkeiten oder des vereinbarten Mietzinses wegen Verstoßes gegen die guten Sitten gem. § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Es kann vorliegend nicht festgestellt werden, dass der Inhalt des Mietvertrags mit grundlegenden Wertungen der Rechts- oder Sittenordnung unvereinbar ist oder, dass auf Grund einer Gesamtwürdigung des Rechtsgeschäfts ein objektiver Sittenverstoß im Verhalten der Beklagten gegenüber der Klägerin liegt.

aa) Der das Schuldrecht bestimmende Grundsatz der allgemeinen Vertragsfreiheit ermöglicht es grds., auch rechtsgeschäftliche Bindungen über einen langen Zeitraum einzugehen. Insofern ist die zwischen den Parteien vereinbarte Laufzeit von 15 Jahren nebst einem Optionsrecht zugunsten der Beklagten auf Verlängerung des Mietvertrages für drei weitere Male um jeweils fünf Jahre für sich genommen unter Berücksichtigung der in § 544 BGB enthaltenen Wertung – nach dieser Bestimmung kann ein Mietvertrag, der für eine längere Zeit als 30 Jahre geschlossen ist, nach Ablauf von 30 Jahren nach Überlassung der Mietsache außerordentlich mit gesetzlicher Frist gekündigt werden – allein wegen der rechtsgeschäftlichen Bindung über einen langen Zeitraum nicht zu beanstanden.

Die Grenzen der durch die langfristige Vertragsbindung und durch den Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung für die Klägerin für den gesamten Mietzeitraum bewirkten langfristigen Vertragsbindung, die durch die guten Sitten § 138 BGB und den Grundsatz von Treu und Glauben § 242 BGB gezogen werden, sind vorliegend unter Berücksichtigung und Abwägung der beiderseitigen Interessen eingehalten. Ein anerkennenswertes Interesse der Klägerin, nicht auf derart lange Dauer an einen Mietvertrag gebunden zu sein, wäre z.B. dann zu bejahen, wenn die Mietsache selbst einem schnellen technischen Wandel unterläge, was jedoch nicht der Fall ist. Die vorliegend für die Klägerin allein in Betracht kommende Vermietung des Grundstücks und ihre insoweit erfolgte Bindung an die Beklagte als Vertragspartnerin führt weder dazu, dass die Klägerin der Beklagten wirtschaftlich ausgeliefert wäre, noch, dass sie in ihrer wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit unzumutbar beschränkt wäre. Die Klägerin trägt neben der Duldung bestimmter baulicher Änderungen auf dem Grundstück praktisch kein Risiko, welches nicht durch entsprechende Zahlungsansprüche aus dem Mietvertrag gedeckt wäre. Außerdem besteht für sie mit dem Regelfall der Festlaufzeit auch eine langfristige Planungssicherheit.

Auf der anderen Seite sind im Rahmen der Abwägung der beiderseitigen Interessen die für den Betrieb der Mobilfunkanlage erforderlichen Investitionen der Beklagten – dass derartige Investitionen in nicht unbeträchtlichem Umfang erforderlich sind, wird von der Klägerin selbst nicht in Abrede gestellt -, um die Mobilfunkversorgung überhaupt gewährleisten zu können, und der technische Wandel gerade auf dem Gebiet des Mobilfunks zu Gunsten der Beklagten, einzubeziehen. Ferner ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte bei Vertragsschluss für die vertragsgemäße Verwendung des streitgegenständlichen Grundstücks auch noch öffentlich rechtliche Genehmigungen und Standortsbescheinigungen einholen musste. Hätte sie die Genehmigungen nicht erhalten, wäre sie – wenn sie nicht einseitig jederzeit mit einer Frist von 6 Monaten hätte kündigen können – für eine nicht unerhebliche Zeit an den Mietvertrag gebunden, ohne dass sie das Grundstück entsprechend dem zwischen den Parteien vereinbarten Zweck hätte verwenden können.

bb) Eine Sittenwidrigkeit lässt sich auch nicht aus den Vereinbarungen zur Mietzinshöhe begründen. Ein sog. Wucher-Rechtsgeschäft liegt gemäß § 138 Abs. 2 BGB vor, wenn Leistung und Gegenleistung objektiv in einem auffälligen Missverhältnis stehen und dabei die Unerfahrenheit, eine Zwangslage, ein Mangel an Urteilsvermögen oder eine erhebliche Willensschwäche des anderen Vertragsteils ausgenutzt wird.

Selbst wenn vorliegend – entsprechend dem klägerischen Vortrag – unterstellt wird, dass der jährlich vereinbarte Mietzins von 2.000 Euro in einem auffälligen Missverhältnis zu dem sachgerechten Mietzins von jährlich 5.000 Euro – 20.000 Euro (je nach Standort der Antenne) steht, fehlt es an einer Unerfahrenheit oder ähnlichen Lage der Klägerin, die von der Beklagten in verwerflicher Weise ausgenutzt worden ist. Bei der Klägerin handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Körperschaft, die – anders als die Beklagte – mit der ortsüblichen Miete ihrer Gemeindeflächen vertraut sein sollte. Eine etwaig fehlende Erfahrung der Klägerin auf einem Wirtschaftsgebiet, wie z.B. bei fehlender Fach- oder Rechtskenntnis, genügt nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht zur Annahme einer Unerfahrenheit im Sinne der Norm (vgl. BGH, Urt. v. 29. 11. 1978 – VIII ZR 7/78 -, NJW 1979, 759). Ein Ausnutzen dieser Lage ist im Übrigen nicht einmal von Klägerseite vorgetragen worden.

2. Der Mietvertrag wurde weder durch Kündigung der Klägerin vom 23.11.2020 noch vom 21.12.2020 beendet. Die Klägerin hat mit diesen Schreiben den Vertrag weder ordentlich noch außerordentlich wirksam gekündigt.

a) Der Klägerin war nicht zur ordentlichen Kündigung gemäß § 542 Abs. 1 i.V.m. § 580a Abs. 1 Nr. 3 BGB berechtigt.

aa) Der Mietvertrag hat sich nicht wegen Verstoßes gegen die Schriftform in einen auf unbestimmte Zeit geschlossenen Mietvertrag umgewandelt.

Zwar gilt bei Nichtbeachtung der Schriftform der Vertrag – ungeachtet der von den Vertragsparteien bestimmten Dauer – als auf unbestimmte Zeit geschlossen (§ 550 Satz 1 BGB) und kann daher grundsätzlich (ordentlich) gekündigt werden (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 26.11.2020 – 5 U 112/19 -, BeckRS 2020, 44534).

Vorliegend wurde jedoch – entgegen der Auffassung der Klägerin – die Schriftform sowohl beim Vertragsschluss im Jahre 2018 als auch beim Nachtragsschluss im Jahre 2019 gewahrt.

Die Schriftform des § 550 BGB ist nach höchstrichterlicher Rspr. gewahrt, wenn sich die für den Abschluss des Vertrages notwendige Einigung über alle wesentlichen Vertragsbedingungen – insbesondere den Mietgegenstand, den Mietzins sowie die Dauer und die Parteien des Mietverhältnisses – aus einer von beiden Parteien unterzeichneten Urkunde ergibt (BGH, Urt. v. 29.04.2009 – XII ZR 142/07 -, BeckRS 2009, 15524 Rn. 22), wobei es nach neuerer Rechtsprechung abweichend von § 126 BGB ausreichen soll, wenn die Vertragsparteien gleichlautende Vertragsurkunden unterzeichnen, ohne dass es eines Zugangs dieser Urkunden beim jeweiligen Vertragspartner bedarf (so jedenfalls BGH, Urt. v. 07.03.2018 – XII ZR 129/16).

Bei nachträglichen Änderungen oder Ergänzungen ist die Schriftform des § 550 BGB grundsätzlich genauso einzuhalten wie beim ursprünglichen Vertragsabschluss (BGH, Urt. v. 09.04.2008 – XII ZR 89/06 -, NJW 2008, 2181, 2182). Dementsprechend sind Nachträge, sofern diese für die Vertragsparteien wesentliche Punkte betreffen, im Regelfall schriftlich i. S. d. § 126 BGB niederzulegen und von beiden Seiten zu unterschreiben. Einer körperlichen Verbindung zwischen dem ursprünglichen Pachtvertrag und der Nachtragsvereinbarung bedarf es nicht (BGH, Urt. v. 18.12.2002 – XII ZR 253/01 -, NJW 2003, 1248; Urt. v. 09.04.2008 – XII ZR 89/06 -, a. a. O.). Vielmehr genügt für die Einheit der Urkunde die bloße gedankliche Verbindung, die in einer zweifelsfreien Bezugnahme zum Ausdruck kommen muss (BGH, ebd.).

Diesen höchstrichterlichen Anforderungen genügen die Vertragsurkunden aus 2018 und 2019.

Soweit die Klägerin vorträgt, dass sich eine Vertretungsbefugnis der auf Beklagtenseite unterzeichnenden Personen in beiden Urkunden nicht aus dem Handelsregister ersichtlich sei, geht dieser Einwand fehl. Die Frage, ob eine hinreichende Bevollmächtigung vorliegt oder nicht, ist keine Frage der Schriftform, sondern wirkt sich vielmehr bereits auf das Zustandekommen des Mietvertrags aus (s.o.). § 550 BGB will den rechtsgeschäftlichen Rechtsnachfolger des Vermieters lediglich über den Inhalt eines gesetzlich auf ihn übergehenden Vertrags informieren und nicht darüber, ob ein wirksamer Vertrag besteht. Das Handelsregister gibt demgegenüber Auskunft über die tatsächlichen Vertretungsverhältnisse, auf die es für die Wahrung der Schriftform nicht ankommt (vgl. BGH, Urt. v. 22.04.2015 – XII ZR 55/14 – NJW 2015, 2034).

Wenn auf einer Vertragsseite mehrere Personen unterzeichnen müssen, dies aber nicht getan haben, müssen die vorhandenen Unterschriften zum Ausdruck bringen, ob und für wen in Vertretung unterzeichnet worden ist (vgl. BGH, Urt. v. 07.05.2008 – XII ZR 69/06 -,NJW 2008, 2178). Dies ist hier der Fall. Erkennbar haben B und E bzw. B und Z die jeweiligen Vertragsurkunden erkennbar mit dem Zusatz „i.A.“ für die Beklagte als Unterbevollmächtigte der Regionalvertretung unterschrieben. Dies ergibt sich auch aus der Unterschriftenzeile – welche namentlich die Beklagte auswies – sowie dem Rubrum des Mietvertrags bzw. Nachtrags.

bb) Sofern die Klägerin sich auf eine analoge Anwendung der in § 4 des Mietvertrags zu Gunsten der Beklagten eingeräumten Kündigung beruft wegen der unangemessenen Benachteiligung der Klägerin, kann sie hieraus kein gleichgelagertes Kündigungsrecht herleiten.

Entsprechend obiger Ausführungen zur Sittenwidrigkeit halten die im Mietvertrag enthaltenen Regelungen zur Laufzeit und unterschiedlicher Kündigungsfristen einer Nachprüfung anhand der §§ 310 Abs. 1, 307 Abs. 1 u. Abs. 2 BGB stand, da sie keine unangemessene Benachteiligung der Klägerin darstellen.

Selbst bei Annahme einer unangemessener Benachteiligung ist der Teil der „blue-pencil“- Klausel nur unwirksam und die Regelung gem. 306 Abs. 2 BGB durch dispositives Recht zu ersetzen; die vertraglich vereinbarte Laufzeit bleibt in dem Fall jedoch davon unberührt und der Klägerin steht kein gleichgelagertes Kündigungsrecht zu (vgl. auch LG Aachen, Urt. v. 29.12.2020 – 10 O 200/20 -, Anl. B3, Bl. 161 ff. d.A.).

b) Die Klägerin war ebensowenig gemäß § 4 des Mietvertrags i.V.m. § 543 BGB berechtigt, den Mietvertrag aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos zu kündigen.

Nach § 543 Abs. 1 BGB kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen. Ein wichtiger Grund liegt nach Satz 2 der Vorschrift vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insb. eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

Ein derartiger wichtiger Grund kann vorliegend nicht festgestellt werden.

aa) Das von der Klägerin angeführte unkalkulierbare eigene Haftungsrisiko (Kündigungsgrund Nr. 1 und 6) als Zustandsstörerin für mögliche Gesundheitsgefährdungen auch unterhalb der Grenzwerte der 26. BImSchV stellt keinen wichtigen Grund i.S.d. Norm dar. Die Beklagte hat ausweislich § 2.3 vertraglich zugesichert, die gesetzlichen Bestimmungen und Vorschriften bei der Errichtung und dem Betrieb der Mobilfunkanlage strengstens zu beachten und ggf., bei Änderung der gesetzlichen Vorgaben im Laufe der Mietvertragszeit, anzupassen. Die entsprechenden Bau- bzw. Standortgenehmigungen für den Betrieb der Anlage lagen bzw. liegen immer noch vor. Außerdem hat die Beklagte gemäß § 8 des Mietvertrages im Innenverhältnis zur Klägerin insbesondere eine Haftung für etwaige (Gesundheits-) Schäden übernommen.

Soweit die Klägerin die Unkalkulierbarkeit ihres eigenen Haftungsrisikos daraus herleiten will, dass sie bei Vertragsschluss nicht gewusst haben will, dass sie selber im Außenverhältnis als Zustandsstörerin hafte, kann sie damit nicht durchdringen. Als öffentlich-rechtliche Körperschaft muss der Klägerin als Gemeinde ihre eigene Zustandsstörung hinlänglich bekannt sein. Eine etwaige Aufklärungspflicht der Beklagten, der sie nicht nachgekommen sei, so wie von Klägerseite behauptet, ergibt sich hieraus nicht. Die etwaige Unkenntnis der eigenen Haftung beruht auf eigenem Verschulden und nicht einem Verschulden der Beklagten.

Soweit die Klägerin das ihrer Ansicht nach unzumutbare Haftungsrisiko auf eine teilweise Haftungslimitierung der Beklagten stützt, führt auch das zu keinem anderen Ergebnis. Selbst wenn die teilweise Deckelung der Haftung eine unangemessene Benachteiligung der Klägerin i.S.d. AGB-Rechts darstellt, führt dies nur zur Streichung des unwirksamen Teils und zur Ersetzung des Teils durch dispositives Recht gemäß § 306 Abs. 2 BGB.

bb) Die außerordentliche fristlose Kündigung ist auch nicht wegen Verletzung (vor-) vertraglicher Informations- bzw. Aufklärungspflichten im Hinblick auf mögliche Gesundheitsgefährdungen auch unterhalb der Grenzwerte der 26. BImSchV (Kündigungsgrund Nr. 2), Verwendung des 5G-Standards (Kündigungsgrund Nr. 3) und „chinesischer Funktechnik“ (Kündigungsgrund Nr. 7) berechtigt.

Eine zur außerordentlichen Kündigung berechtigende Aufklärungspflichtverletzung muss so erheblich sein muss, dass ein Festhalten am Vertrag unzumutbar ist, ähnlich einer Täuschungsanfechtung nach § 123 BGB (vgl. BGH, Urt. v. 16.02.2000 – XII ZR 297/97 -, NJW 2000, 1714).

Die hier einzig in Betracht kommenden Aufklärungspflichten der Beklagten ohne Nachfragen bestehen dann, wenn der andere Teil nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrsanschauung redlicherweise die Mitteilung von Tatsachen erwarten durfte, die für seine Willensbildung offensichtlich von ausschlaggebender Bedeutung sind, was insbesondere bei solchen Tatsachen der Fall ist, die den Vertragszweck vereiteln oder erheblich gefährden können (vgl. Schmidt-Futterer/Streyl, 15. Aufl. 2021, BGB § 543 Rn. 73).

Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Sowohl die möglichen Gesundheitsgefährdungen der Mobilfunkübertragungsstelle auch unterhalb der Grenzwerte der 26. BImSchV als auch die Verwendung des 5G-Standards und der „chinesischen Funktechnik“ stellen keine Tatsachen dar, die den Vertragszweck in erheblichen Maßen gefährden können. Im Gegenteil ergeben sich diese Risiken und Sicherheitsbefürchtungen gerade aus dem zwischen den Parteien schriftlich vereinbartem Mietvertrag, insbesondere aus § 2.2 des Mietvertrags (i.V.m. der wirksamen Nachtragsvereinbarung), der als Hauptzweck des Vertrages die Anmietung des Grundstückes zur Errichtung und zum Betreiben einer 35 m hohen Mobilfunkübertragungsstelle festlegt. Gemäß § 2.3 hat sich die Beklagte darüber hinaus bei Vertragsschluss verpflichtet, sämtliche gesetzlichen Vorgaben einzuhalten und ggf. die Funkübertragungsstelle entsprechend den gesetzlichen Vorschriften anzupassen. Zudem ist der Beklagten in § 2.5 des Mietvertrages explizit auch das Recht eingeräumt worden, Dritten, insbesondere Funknetzbetreibern, den Gebrauch der Mietsache und der Funkinfrastrukturen zu überlassen.

Die unter § 2.2 des Mietvertrages festgehaltene mögliche Änderung, Erneuerung und Änderung der Funkübertragungsstelle seitens der Beklagten kann gemäß §§ 133, 157 BGB nach dem objektiven Empfängerhorizont auch nur so zu verstehen sein, dass die (den gesetzlichen Anforderungen entsprechende) Errichtung und das Betreiben der 35 m hohen Mobilfunkanlage jeweils nach dem neuesten Stand der Technik – der technischen Entwicklung des Fernmeldewesens Rechnung tragend – vereinbart worden ist. Insofern stellt auch die (geplante) Verwendung der 5G-Technik keine Vertragsgefährdung dar, über die die Beklagte hätte aufklären müssen.

Im Übrigen gilt, dass Parteien, die bei Vertragsverhandlungen notwendigerweise entgegengesetzte Interessen verfolgen, sich grds. jeweils selbst über die sie betreffenden allgemeinen Verhältnisse und evtl. Risiken informieren müssen. Eine Informations- bzw. Aufklärungspflicht kann nur ausnahmsweise bzgl. solcher Umstände angenommen werden, die erkennbar für den Entschluss des anderen Teils von besonderer Bedeutung sind, z.B. wenn der andere Teil besonders schutzbedürftig erscheint. Die Klägerin ist als öffentlich-rechtliche Körperschaft gerade keine besonders schutzbedürftige Privatperson. Nach ihrem eigenen Vortrag sind nicht nur die Diskussionen über mögliche Gesundheitsgefährdungen von Mobilfunkanlagen auch bei Einhaltung der Grenzwerte der 26. BImSchV nicht nur seit vielen Jahren öffentlich, sondern waren „wissenschaftlich begründete Zweifel“ auch schon vor Vertragsschluss bekannt.

Insofern muss die klägerische Gemeinde sich das Wissen ihres damaligen Bürgermeisters zurechnen lassen. Das Risiko einer falschen Einschätzung der politischen Auswirkungen der von der Klägerin getroffenen Entscheidung gehört zu ihrem eigenen Verantwortungs- und Risikobereich, die sie nicht mit Hilfe von Aufklärungspflichten auf die Beklagte als Vertragspartnerin abwälzen kann.

cc) Ferner stellen die weiter angeführten Kündigungsgründe keinen wichtigen Grund i.S.d. § 543 BGB dar.

Sofern die Klägerin der Beklagten vertragswidriges Verhalten vorwirft, da diese nach Vertragsschluss nicht auf das von der Klägerin unterbreitete Alternativgrundstück eingegangen sei (Kündigungsgrund Nr. 4 und Nr. 11), die Funkübertragungsstelle am vereinbarten Standort einen erheblichen Eingriff in Natur und Landschafsbild darstelle (Kündigungsgrund Nr. 5) sowie der vereinbarte Nachtrag der Erhöhung des Funkmastes (Kündigungsgrund Nr. 10) nicht der ursprünglich vereinbarten Höhe von 31m entspreche, dringt sie damit nicht durch. Der ursprüngliche Mietvertrag inklusive Nachtragsvereinbarung ist wirksam zu Stande gekommen, sodass der vertragsgemäße Gebrauch der Beklagten durch Errichtung der Funkübertragungsstelle am geplanten Standort (nach Erhalt aller öffentlich-rechtlichen Genehmigungen) und Betreiben dieses Standorts nicht zu einem vertragswidrigen Gebrauch führen kann.

Auf Grund nicht feststellbarer sittenwidriger Verhaltensverweisen seitens der Beklagten können auch die Kündigungsgründe Nr. 8 und Nr. 9 nach oben stehenden Ausführungen entsprechend keinen vertragswidrigen Gebrauch der Mietsache darstellen. Gleiches gilt für den gerügten, hier aber nach obigen Ausführungen schon nicht vorliegenden Verstoß gegen § 550 BGB (Kündigungsgrund Nr. 12).

dd) Aus vorstehenden Erwägungen war es der Klägerin auch nicht auf Grund einer Gesamtschau aller ins Feld geführten Kündigungsgründe unzumutbar, am Vertrag festzuhalten.

Soweit die Klägerin im Hinblick auf die ihrer Auffassung nach bestehende Gesundheitsgefährdung der (nunmehr in Betrieb genommenen) Funkübertragungsstelle auf dem klägerischen Grundstück trotz Einhaltung der 26. BImSchV auf die nach Vertragsschluss veröffentlichen zahlreichen weiteren Studien und wissenschaftlichen Erkenntnissen zu möglichen Gesundheitsgefährdungen der Hochfrequenzstrahlung verweist (vgl. angeführte Studien insbes. auf Bl. 17 ff. d.A. sowie STOA-Studie aus Juli 2021, Schweizer Studie vom 06.04.2021 zum oxidativen Zellstress, die sog. Moskowitz-Veröffentlichungen sowie Urteil eine USamerikanischen Berufungsgerichts bezogen auf die amerikanische Strahlenschutzbehörde zur Überprüfung der Grenzwerte bei Funkstrahlung im Hochfrequenzbereich auf Bl. 200 ff.d.A.), führt dies zu keinem anderen Ergebnis.

Zu den möglicherweise gesundheitlichen Schädigungswirkungen durch die Verwendung von 5G (bei Einhaltung der Grenzwerte der 26. BImSchV) gibt es nach eigenem klägerischen Vortrag gerade keine wissenschaftlichen Forschungsergebnisse (vgl. Bl. 22 d.A.).

Generell kann in einer Situation, in der – wie auch die von der Klägerin angeführten Studien belegen – Untersuchungen zu den Auswirkungen elektromagnetischer Felder auf den Menschen nach wie vor stattfinden und die Forschungen keinesfalls abgeschlossen sind, um einmal gewonnene Erkenntnisse und darauf beruhende Grenzwertfestsetzungen des Verordnungsgebers als überholt anzusehen.

Nach der Rspr. des BGH entfaltet die – wie hier unstreitig vorliegende – Einhaltung der Grenzwerte der 26. BImSchV im Zivilprozess Indizwirkung dafür, dass keine gesundheitsgefährdenden Schädigungen von der baulichen Anlage ausgehen (vgl. BGH, Urt. v. 13.02.2004 – V ZR 217/04 -, NJW 2004, 1317).

Sowohl nach von der Beklagten zutreffend wiedergegebenen aktuellen verwaltungs- und verfassungsrichterlichen Rechtsprechung als auch nach Einschätzung der Bundesregierung schützen die Grenzwerte der 26. BImschV die Bevölkerung ausreichend vor gesundheitlichen Auswirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Felder (vgl. Bl. 219 f. d. A.). Bezüglich der streitgegenständlichen Funkübertragungsstelle hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) sogar mit Beschlüssen vom 22.04.2021 (Anl. B5, Bl. 222 ff. d.A.) bzw. 08.12.2021 (Anl. B 6, Bl. 230 ff.d.A.) die Beschwerden gegen die erstinstanzlich ablehnenden Eilanträge der 150 m bzw. 190 m entfernt von der Sendeanlage befindlichen Nachbarn gegen die Baugenehmigung bzw. Standortbescheinigung zurückgewiesen.

Der BayVGH hat darin u.a. ausgeführt, dass die in diesem Verfahren sich beschwerenden Nachbarn sich weit außerhalb des für Hochfrequenzanlagen nach der 26. BImSchV zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen errechneten Einwirkungsbereich befinden und dass der Umstand, dass es eine wissenschaftliche Diskussion zu schädlichen Umwelteinwirkungen gebe, der Gesetzgeber daraus jedoch keine Schlussfolgerungen im Hinblick auf eine Änderung der Gesetzeslage gezogen habe, nicht dazu führe, dass Gesundheitsgefährdungen vorlägen, wenn man sie nicht mit hinreichender Sicherheit ausschließen könne (vgl. ebd.). Darüber hinaus befindet sich die streitgegenständliche Funkübertragungsstelle – wie auch aus Anl. 4 zum Protokoll der mündlichen Verhandlung ersichtlich – im Außenbereich ohne sichtbar angrenzende nachbarschaftliche Bebauung.

Insofern war dem Beweisangebot der Klägerin hinsichtlich einer gesundheitsschädigenden Wirkung der streitgegenständlichen Funkübertragungsstelle durch Sachverständigenbegutachtung, welches im Übrigen noch nicht einmal auf einen Personenkreis spezifiziert worden ist, nicht nachzugehen.

Eine Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB konnte das Gericht aus vorstehenden Gründen ebenfalls nicht feststellen.

II.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11 und 711 ZPO.

III.

Der Streitwert wird gemäß § 41 Abs. 1 GKG auf 2.166,66 EUR festgesetzt. Bei einem Streit über das Bestehen eines Mietverhältnisses – wie hier vorliegend – richtet sich der Gebührenstreitwert nach § 41 Abs. 1 GKG und nicht nach § 8 ZPO. Die Wertberechnung nach § 8 ZPO ist nur für den Zuständigkeits- und Rechtsmittelwert (Beschwer) maßgeblich (vgl. hierzu auch BGH, Beschluss vom 22.02.2006 – XII ZR 134/03 – NJW-RR 2006, 1004; vgl. auch BGH, Beschl. vom 14.12.2021 – VIII ZR 91/20 – BeckRS 2021, 43491).

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