Skip to content
Menü

Mietvertragsverlängerungsklausel – komplizierte und unverständliche Klauseln sind unwirksam

AG Neustadt/Rübenberge – Az.: 44 C 343/20 – Urteil vom 21.09.2020

In dem Rechtsstreit hat das Amtsgericht Neustadt a. Rbge. auf die mündliche Verhandlung vom 31.08.2020 für Recht erkannt:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Beendigung eines gewerblichen Mietvertrages.

Die Parteien schlossen am 22.01.2018 einen gewerblichen Mietvertrag beginnend am 01.03.2018, befristet auf zwei Jahre bis zum, 28.02.2020. Mietgegenstand sind Räumlichkeiten im Haus der Hauptstr. 56, 31515 Wunstorf zum Zwecke des Betriebs eines Nagelstudios durch die Beklagte. Der monatliche Mietzins wurde in Höhe von 270,00 Euro vereinbart. § 2 Absatz 2 des Mietvertrags lautet: „Wird das Mietverhältnis nicht durch Optionsausübung verlängert und wird es nicht spätestens 3 Monate vor Ablauf gekündigt, verlängert es sich jeweils um ein Jahr“ (s. Mietvertrag BI. 9 d. A.).

Die Beklagte kündigte das Mietverhältnis mit Schreiben vom 02.12.2019, dem Kläger zugestellt am 04.12.2019, zum 29.02.2020 (s. Kündigungsschreiben Bl. 15 d.A.). Mit Schreiben vom 17.12.2019 teilte der Kläger der Beklagten mit, die Kündigung sei verspätet eingegangen und er betrachte sie daher als Kündigung zum 01.03.2021 (für die Einzelheiten des Schreibens s. BI. 20 d.A.). Die Beklagte räumte das Mietobjekt am 28.02.2020 und sendete die Schlüssel postalisch an den Beklagten zurück. Sie legte ein Schreiben bei, in dem sie erklärte, fristgerecht gekündigt zu haben (für Einzelheiten s. BI. 18 d.A.). Ab März 2020 stellte die Beklagte die Mietzahlungen ein.

Der Kläger ist der Ansicht, das Mietverhältnis hätte spätestens drei Monate vor dessen Ablauf von der Beklagten gekündigt werden müssen, also spätestens am 30.11.2019. Die Kündigung sei unwirksam und das Mietverhältnis habe sich um ein Jahr verlängert. Durch die Zurückweisung der Kündigung habe die Beklagte die Räume über den 29.02.2020 hinaus noch angemietet. Die Beklagte sei mit der Miete für den Monat März 2020 im Rückstand. Der Kläger ist der Ansicht der § 2 des Mietvertrages beschreibe keine Kündigung im eigentlichen Sinne, sondern erfordere eine Willenserklärung durch die das Angebot einer Vertragsverlängerung abgelehnt würde. Er ist zudem der Ansicht die drei Tage Karenzzeit-Regelung des § 573 c BGB sei in diesem Fall nicht anwendbar.

Der Kläger beantragt,

1. festzustellen, dass der mit der Beklagten am 22.01.2018 abgeschlossene gewerbliche Mietvertrag mit Verlängerungsklausel nicht ordnungsgemäß gekündigt ist.

2. die Beklagte zu verurteilen, 270,00 Euro nebst Zinsen seit dem 03.03.2020 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, das Mietverhältnis sei bereits durch Zeitablauf zum 28.02.2020 beendet. § 2 Abs. 2 aus dem Mietvertrag sei unwirksam da er in sich widersprüchlich sei. Diese Unklarheiten gingen zu Lasten des Klägers. Die Beklagte ist weiter der Ansicht, auch wenn § 2 des Mietvertrages wirksam sei, habe sie die Kündigung fristgerecht zugestellt. Eine Genehmigung der Kündigung durch den Kläger sei nicht erforderlich gewesen.

Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst deren Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung des Mietzinses für den Monat März 2020 aus § 535 Abs. 2 BGB.

Der Mietvertrag ist durch Zeitablauf zum 28.02.2020 beendet worden. Der Mietvertrag wurde über die vertraglich vereinbarte Laufzeit hinweg nicht automatisch verlängert.

Die Bestimmung des § 2 Abs. 2 ist eine allgemeine Geschäftsbedingung im Sinne des § 305 Abs. 1 S. 1 BGB. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei der anderen bei Abschluss eines Vertrages stellt. Der Kläger verwendete bei Abschluss des Vertrages mit der Beklagten einen standardisierten Mietvertrag für gewerbliche Objekte. Es ist unklar, ob der Kläger diesen schon öfter verwendet hat. Jedenfalls reicht aber schon das erstmalige Verwenden aus.

Die Verlängerungsklausel ist gemäß § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, da sie den Vertragspartner des Verwenders unangemessen benachteiligt. Die unangemessene Benachteiligung folgt aus der Unklarheit und Undurchschaubarkeit dieser Bestimmung und dem damit einhergehenden Verstoß gegen das Transparenzgebot. Das Mietverhältnis endete daher entsprechend § 2 Abs. 1 des Mietvertrages zum 28. Februar 2020.

Mietvertragsverlängerungsklausel - komplizierte und unverständliche Klauseln sind unwirksam
(Symbolfoto: Von Palatinate Stock/Shutterstock.com)

In § 2 Abs. 2 des Mietvertrages heißt es: „Wird das Mietverhältnis nicht durch Optionsausübung verlängert und wird es nicht spätestens 3 Monate vor Ablauf gekündigt, verlängert es sich jeweils um ein Jahr“. Diese vom Kläger verwendete Klausel ist durch die verwendete doppelte Verneinung außerordentlich schwer verständlich. Die Klausel ergibt auch keinen Sinn. Denn eine Möglichkeit der Verlängerung des Mietverhältnisses durch einseitiges Ausüben einer Option ist zwischen den Parteien nicht vereinbart worden. Wenn zwischen den Parteien aber ein Optionsrecht zur Verlängerung des Mietvertrages nicht vereinbart worden ist, ist zweifelhaft wie und unter welchen Voraussetzungen eine Verlängerung durch Optionsausübung möglich sein soll. Durch den Verweis auf die Optionsausübung wird die Lesbarkeit der Klausel erheblich erschwert. Insgesamt ist die vom Kläger verwendete Klausel unnötig kompliziert und unverständlich, da die Frage ob sich das Mietverhältnis ohne Zutun des Mieters verlängern soll, nicht klar und einfach beantwortet wird.

Dies gilt umso mehr, als gemäß § 2 Abs. 3 des Mietvertrages im Übrigen eine stillschweigende Verlängerung des Mietverhältnisses nach Ablauf der Mietzeit ausgeschlossen sein soll. Dies spricht wiederum dafür, dass der Verwender die Möglichkeit der Verlängerung des Mietverhältnisses an eine ausdrückliche Erklärung der Vertragsparteien geknüpft hat. Der § 2 Abs. 2 des Mietvertrages ist in der Gesamtschau derart widersprüchlich formuliert, dass unklar ist was gelten soll, insbesondere, ob – wie der Kläger behauptet – eine Verlängerung des Mietverhältnisses um ein Jahr schon dann eintreten soll, wenn das Mietverhältnis nicht 3 Monate vor Ablauf gekündigt worden ist.

Die vom Kläger hiergegen vorgebrachten Argumente greifen nicht durch. Generell stellt das Gericht die Vertragsgestaltung durch eine Verlängerungsklausel nicht in Frage. Eine Klausel mit dem Inhalt, dass sich das Mietverhältnis um ein Jahr verlängert, wenn es nicht drei Monate vor Ablauf gekündigt wird, wäre ohne Zweifel zulässig. Die von dem Kläger angeführte höchstrichterliche Rechtsprechung ist nicht einschlägig. Sie behandelt die hier verwendete Klausel nicht, die wie dargelegt, durch die doppelte Verneinung und den Verweis auf ein nicht vereinbartes Optionsrecht den Anforderungen an eine klare Vertragsgestaltung nicht entspricht und somit unwirksam ist.

Da die die Verlängerungsklausel des § 2 Abs. 2 des Mietvertrages wie dargestellt unwirksam ist, bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung des Mietverhältnisses fristgerecht erfolgt ist.

Aus den oben genannten Gründen steht dem Kläger auch kein Anspruch auf Verzugszinsen aus §§ 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB oder Prozesszinsen aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB zu.

Der Feststellungsantrag ist unbegründet. Denn das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis hat – wie dargelegt – am 28. Februar 2020 geendet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO, die der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 Abs. 1 S. 1 ZPO.

 

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!