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Mietwohnung bereits anderweitig verpachtet – Mieterauskunftsanspruch über Pachteinnahmen

Eine Mieterin verlässt für Sanierungsarbeiten ihre Wohnung, kann danach aber nicht zurückkehren, weil der Vermieter das Gebäude an ein Servicewohnen-Unternehmen verpachtet hat. Statt die Wohnung wiederzubekommen, klagt sie auf Herausgabe oder Entschädigung. Das Gericht hat nun in einem bemerkenswerten Urteil entschieden: Die Wohnung gibt es nicht zurück, dafür aber das Recht auf Auskunft darüber, was der Vermieter an Pacht für ihre ehemalige Wohnung kassiert.

Übersicht

Zum vorliegenden Urteil Az.: 64 S 199/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: LG Berlin II
  • Datum: 05.03.2025
  • Aktenzeichen: 64 S 199/24
  • Verfahrensart: Urteil
  • Rechtsbereiche: Mietrecht, Schuldrecht, Zivilprozessrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Die Mieterin der Wohnung, die nach vorübergehendem Auszug für Sanierungsmaßnahmen die Rückgabe ihrer Wohnung oder hilfsweise finanzielle Ansprüche geltend machte.
  • Beklagte: Der Vermieter des Gebäudes, der das gesamte Anwesen an eine andere Gesellschaft verpachtet hatte und die Rückgabe der Wohnung an die Mieterin für unmöglich hielt.

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Eine Mieterin gab ihre Wohnung für Sanierungsarbeiten an den Vermieter, der das gesamte Gebäude dann an eine Gesellschaft verpachtete, die dort Servicewohnen betreibt. Die Mieterin sollte zurückkehren, aber die Pächterin lehnte ihre Aufnahme ab, weshalb die Mieterin in eine Ausweichwohnung umzog. Die Mieterin begehrte die Rückgabe der Wohnung oder hilfsweise Auszahlung fiktiver Mieteinnahmen der Pächterin bzw. Auskunft über die Pachteinnahmen des Vermieters für die Wohnung.
  • Kern des Rechtsstreits: War die Rückgabe der Wohnung an die Mieterin für den Vermieter rechtlich unmöglich geworden und falls ja, hat die Mieterin einen Anspruch auf Zahlung oder Auskunft über die Pachteinnahmen, die der Vermieter von der Pächterin für die betreffende Wohnung erzielt, insbesondere im Hinblick auf die Nutzung der Wohnung durch die Pächterin?

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Landgericht Berlin wies den Antrag der Mieterin auf Rückgabe der Wohnung sowie den Antrag auf Zahlung fiktiver Mieteinnahmen der Pächterin ab. Es gab jedoch dem Hilfsantrag der Mieterin auf Auskunft über die Höhe der Pachteinnahmen statt, die der Vermieter auf die Wohnung entfallend erzielt.
  • Begründung: Die Rückgabe der Wohnung ist dem Vermieter unmöglich, da er das Gebäude verpachtet hat und die Pächterin die Mieterin nicht aufnehmen will. Ein Anspruch auf Auszahlung fiktiver Mieteinnahmen der Pächterin besteht nicht, da der Vermieter diese Einnahmen nicht selbst erhält. Ein Anspruch auf Auskunft über die Pachteinnahmen des Vermieters für die Wohnung besteht jedoch, auch wenn die Pächterin weitergehende Rechte hat; in diesem Fall kann der anteilige Wert geschätzt werden, wobei der Vorteil der Ausweichwohnung anzurechnen ist.
  • Folgen: Die Mieterin erhält ihre ursprüngliche Wohnung nicht zurück und bekommt keine pauschale Zahlung basierend auf den Einnahmen der Pächterin. Sie hat aber das Recht, vom Vermieter Auskunft über die auf ihre Wohnung entfallenden Pachteinnahmen zu erhalten, um einen möglichen finanziellen Anspruch gegen den Vermieter zu prüfen. Eine zentrale Rechtsfrage zur Berechnung von Ansprüchen bei Unmöglichkeit wurde zur Klärung durch den Bundesgerichtshof zugelassen.

Der Fall vor Gericht


Mieterin nach Sanierung ausgesperrt: Anspruch auf Auskunft über Pachteinnahmen des Vermieters statt Rückgabe der Wohnung – Urteil LG Berlin

Das Landgericht Berlin II hat in einem bemerkenswerten Fall entschieden, dass eine Mieterin, die ihre Wohnung wegen Sanierungsarbeiten vorübergehend verlassen hatte, zwar keinen Anspruch auf Rückgabe der Wohnung hat, wenn der Vermieter diese inzwischen langfristig anderweitig verpachtet hat.

Vermieterin schließt sanierte Wohnung ab, Mieterin mit Umzugskartons im Treppenhaus, Konflikt um Zugang und Pacht.
Vermieterin schließt Wohnung nach Sanierung ab, Pacht an Servicewohnen – Streit um Mietrecht und Rückgabe. | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Allerdings steht ihr ein Anspruch auf Auskunft über die Pachteinnahmen zu, die der Vermieter für ihre spezifische Wohnung erzielt. Diese Entscheidung weicht bewusst von früherer höchstrichterlicher Rechtsprechung ab und betont den Grundsatz von Treu und Glauben im Mietverhältnis.

Ausgangssituation: Mieterin zieht für Sanierung aus – Vermieter verpachtet Gebäude für Servicewohnen

Die Auseinandersetzung begann mit einem langjährigen Mietverhältnis. Die Mieterin bewohnte seit Mai 2009 eine Wohnung, die Eigentum der Vermieterin ist. Im Mai 2020 trafen beide Parteien eine sogenannte Umsetzungsvereinbarung. Diese sah vor, dass die Mieterin ihre Wohnung zeitweise räumt, damit die Vermieterin umfangreiche Sanierungsmaßnahmen durchführen konnte. Die Mieterin kam dieser Vereinbarung nach und zog in eine von der Vermieterin gestellte Ausweichwohnung.

Während die Wohnung der Mieterin leer stand und saniert wurde, traf die Vermieterin eine weitreichende Entscheidung: Sie verpachtete den gesamten Gebäudekomplex, in dem sich auch die Wohnung der Mieterin befindet, an eine dritte Firma, die K… GmbH. Diese Firma betreibt in dem Gebäude nun „Servicewohnen“ für Senioren. Damit war die ursprüngliche Wohnung der Mieterin Teil eines größeren gewerblichen Konzepts geworden. Die Vermieterin argumentierte daraufhin, dass eine Rückgabe der Wohnung an die Mieterin nicht mehr möglich sei, da die neue Pächterin, die K… GmbH, die Aufnahme der ursprünglichen Mieterin als Bewohnerin im Rahmen des Servicewohnens ablehne. Für die Ausweichwohnung wendete die Vermieterin nach eigenen Angaben monatlich mehr Geld auf, als die Mieterin Miete zahlte.

Streit um Rückkehr: Mieterin fordert Wohnung, Geld oder Auskunft – Vermieter beruft sich auf Unmöglichkeit

Die Mieterin wollte diese Situation nicht hinnehmen. Ihr vorrangiges Ziel war die Herausgabe des Besitzes an ihrer ursprünglichen Wohnung. Sie wollte dorthin zurückkehren, wo sie gemäß ihrem Mietvertrag wohnberechtigt war. Für den Fall, dass die Rückgabe rechtlich oder tatsächlich unmöglich sein sollte, stellte sie zwei Hilfsanträge: Erstens forderte sie die Zahlung eines Betrags von 16.457,00 Euro. Dieser Betrag entsprach ihrer Berechnung nach den fiktiven Mieteinnahmen, welche die Pächterin K… GmbH mit der Wohnung im Zeitraum von Mai bis November 2023 hätte erzielen können, abzüglich der von ihr selbst gezahlten Miete. Zweitens, als weitere Alternative, verlangte sie Auskunft darüber, welche Pachteinnahmen die Vermieterin tatsächlich von der K… GmbH für die spezifische, ehemals von ihr bewohnte Wohnung erhält.

Die Vermieterin widersprach allen Forderungen. Sie beharrte darauf, dass ihr die Rückgabe der Wohnung unmöglich sei (Subjektive Unmöglichkeit). Die Pächterin weigere sich standhaft, die Mieterin aufzunehmen. Dies sei durch die Aussage des Gesellschafters der Pächterin vor Gericht bestätigt worden. Finanzielle Ansprüche der Mieterin lehnte die Vermieterin ebenfalls ab. Sie argumentierte, dass die von der Pächterin erzielten Einnahmen nicht mit dem ursprünglichen Mietgebrauch der Mieterin vergleichbar seien. Die Pacht sei für das Gesamtkonzept des Servicewohnens gezahlt worden und umfasse weit mehr als das reine Wohnrecht. Daher könne man keinen Anteil als Ersatz für den entgangenen Wohngebrauch der Mieterin herausrechnen (kein sogenanntes stellvertretendes Commodum nach § 285 BGB). Auch eine Auskunft über die Pacht sei nicht geschuldet, da ein wohnungsbezogener Anteil nicht eindeutig ermittelbar sei. Zudem verwies sie auf die Kosten für die Ausweichwohnung, die bereits eine erhebliche Belastung darstellten.

Die Mieterin hielt dagegen, dass die Vermieterin als Eigentümerin die Wohnung sehr wohl herausgeben könne und die Unmöglichkeit selbst vorsätzlich herbeigeführt habe. Sie warf der Vermieterin vor, sie gegenüber der Pächterin wahrheitswidrig als „Messie“ dargestellt zu haben, um deren Ablehnung zu provozieren. Sie glaubte, die Vermieterin könne die Pächterin durchaus zur Aufnahme bewegen. Hilfsweise beharrte sie auf ihrem Anspruch auf das stellvertretende Commodum nach § 285 BGB, da zumindest die Wohnung als solche identisch sei und die Vermieterin Einnahmen erziele, eben weil sie die Wohnung nicht zurückgebe.

Das Amtsgericht Charlottenburg hatte in erster Instanz die Klage vollständig abgewiesen und sich der Argumentation der Vermieterin angeschlossen. Dagegen legte die Mieterin Berufung beim Landgericht Berlin II ein.

Entscheidung des Landgerichts Berlin: Keine Rückgabe der Wohnung, aber Recht auf Auskunft über Pachteinnahmen

Das Landgericht Berlin II änderte das Urteil des Amtsgerichts teilweise ab und gab der Berufung der Mieterin in einem wichtigen Punkt statt.

  1. Der Hauptantrag auf Einräumung des Besitzes an der ursprünglichen Wohnung wurde abgewiesen. Die Mieterin kann nicht in ihre alte Wohnung zurückkehren.
  2. Der erste Hilfsantrag auf Zahlung fiktiver Mieterträge, die die Pächterin erzielen könnte, wurde ebenfalls abgewiesen.
  3. Der zweite Hilfsantrag auf Auskunft über die Höhe der Pacht, die die Vermieterin für die streitgegenständliche Wohnung von der Pächterin erhält, wurde hingegen zugesprochen. Die Vermieterin muss offenlegen, was sie durch die Verpachtung der Wohnung der Mieterin einnimmt.

Die Kosten des Rechtsstreits wurden anteilig auf beide Parteien verteilt (9/16 für die Mieterin, 7/16 für die Vermieterin). Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, wobei der Vermieterin die Möglichkeit eingeräumt wurde, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung abzuwenden.

Begründung zur Wohnungsrückgabe: Rechtliche Unmöglichkeit durch langfristigen Pachtvertrag (§ 275 Abs. 1 BGB)

Das Landgericht bestätigte die Auffassung des Amtsgerichts, dass der Vermieterin die Rückgabe der Wohnung derzeit rechtlich unmöglich ist im Sinne des § 275 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Der Grund liegt in dem langfristigen Pachtvertrag (bis 2032), den die Vermieterin mit der K… GmbH geschlossen hat. Durch diesen Vertrag hat die Vermieterin den Besitz an dem gesamten Gebäude, einschließlich der Wohnung der Mieterin, auf die Pächterin übertragen. Sie kann diesen Vertrag nicht einseitig kündigen, um der Mieterin die Wohnung zurückzugeben.

Die Weigerung der Pächterin, die Mieterin aufzunehmen, wurde durch die Zeugenaussage ihres Gesellschafters als endgültige Entscheidung bestätigt. Diese Entscheidung basierte unter anderem auf Informationen und Fotos über den früheren Zustand der Wohnung, die die Vermieterin der Pächterin zur Verfügung gestellt hatte. Das Gericht prüfte auch, ob es für die Vermieterin zumutbar wäre, intensiver auf die Pächterin einzuwirken (analog § 275 Abs. 2 BGB). Angesichts der Befürchtungen der Pächterin vor Konflikten im Servicewohnen erschien es jedoch unwahrscheinlich, dass selbst finanzielle Anreize die Pächterin umstimmen könnten. Die Mieterin konnte keine konkreten, erfolgversprechenden Maßnahmen aufzeigen, die die Vermieterin hätte ergreifen können.

Entscheidend für das Gericht war: Auch wenn die Vermieterin die Unmöglichkeit durch den Abschluss des Pachtvertrages und die Weitergabe von Informationen selbst verursacht haben mag, ändert dies nichts an der Tatsache, dass die Leistung (Wohnungsrückgabe) aktuell objektiv unmöglich ist.

Begründung zur Zahlungsforderung: Kein Anspruch auf fiktive Mieteinnahmen der Pächterin (§ 285 BGB)

Den Anspruch der Mieterin auf Zahlung der von der Pächterin (K… GmbH) erzielbaren Mieteinnahmen lehnte das Gericht ab. Es fehle an einer rechtlichen Grundlage hierfür. Insbesondere greife § 285 BGB (Herausgabe des stellvertretenden Commodums) nicht. Diese Vorschrift besagt, dass ein Schuldner (hier die Vermieterin), der von seiner Leistungspflicht befreit wird (weil die Leistung unmöglich ist), das herausgeben muss, was er als Ersatz für die geschuldete Leistung erhalten hat. Die von der Mieterin geforderten Mieteinnahmen sind jedoch Einnahmen der Pächterin, nicht der Vermieterin. Die Vermieterin erhält Pacht von der Pächterin, aber nicht die Miete von den Endbewohnern des Servicewohnens. Somit fehlt es am erforderlichen Zusammenhang zwischen der Unmöglichkeit der Wohnungsrückgabe und den geforderten Geldern. Auch andere Anspruchsgrundlagen wie Schadensersatz oder Bereicherungsrecht führten zu keinem anderen Ergebnis.

Begründung zum Auskunftsanspruch: Vermieter muss Pachteinnahmen offenlegen trotz abweichender Nutzung (§ 285 BGB)

Im Gegensatz zu den anderen Ansprüchen bejahte das Landgericht den Anspruch der Mieterin auf Auskunft über die von der Vermieterin erzielten Pachteinnahmen, soweit diese auf die streitbefangene Wohnung entfallen. Dieser Anspruch ergibt sich aus einer Kombination von §§ 275 Abs. 4, 285 und 242 BGB (Treu und Glauben).

Die Begründung hierfür ist zentral und weicht bewusst von einer früheren Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) ab. Nach § 285 BGB muss die Vermieterin das herausgeben, was sie infolge der Unmöglichkeit der Wohnungsrückgabe erlangt hat. Das sind die Pachteinnahmen für die betreffende Wohnung. Das Gericht stellte fest, dass die erforderliche Kausalität gegeben ist: Die Vermieterin erzielt die Pacht gerade weil sie die Wohnung nicht mehr der Mieterin überlassen kann.

Der Knackpunkt war die Frage der Identität zwischen der geschuldeten Leistung (Überlassung der Wohnung zur Miete) und dem erlangten Ersatz (Pacht für die Wohnung im Rahmen eines Servicewohnen-Konzepts). Das Amtsgericht und auch der BGH in einer früheren Entscheidung (BGHZ 167, 312) hatten argumentiert, dass § 285 BGB nicht anwendbar sei, wenn die an den Dritten (hier die Pächterin) eingeräumten Nutzungsrechte (Pacht, Untervermietung, Erbringung von Servicedienstleistungen) über den ursprünglichen Mietgebrauch hinausgehen.

Das Landgericht Berlin hielt diese strenge Sichtweise für unbillig (ungerecht). Es argumentierte, dass zumindest eine Teilidentität vorliegt. Die Kernleistung – die Überlassung der Wohnung selbst – ist in beiden Fällen gegeben. Dass die Pächterin zusätzliche Rechte erhalten hat, ändere nichts daran, dass die Vermieterin Einnahmen für genau die Wohnung erzielt, die sie der Mieterin schuldet. In solchen Fällen müsse es möglich sein, den Anteil der Pachteinnahmen, der auf den reinen Wohnwert entfällt, im Wege der Schätzung gemäß § 287 der Zivilprozessordnung (ZPO) zu ermitteln. Um diese Schätzung vornehmen und einen möglichen Zahlungsanspruch beziffern zu können, benötigt die Mieterin aber zunächst die Auskunft über die Gesamthöhe der Pacht und deren Kalkulationsgrundlagen.

Das Gericht berücksichtigte auch, dass die Mieterin nicht untätig ist, sondern Miete zahlt und im Gegenzug die Nutzung der Ausweichwohnung erhält. Den Wert dieser Nutzung (also die von der Vermieterin getragenen Kosten für die Ausweichwohnung) muss sich die Mieterin auf einen eventuellen Zahlungsanspruch aus den Pachteinnahmen anrechnen lassen (analog § 285 Abs. 2 BGB). Ob nach dieser Anrechnung tatsächlich noch ein Zahlungsanspruch zugunsten der Mieterin verbleibt, kann erst nach Erteilung der Auskunft und Bezifferung festgestellt werden. Der Anspruch auf Auskunft besteht jedoch unabhängig davon.

Zulassung der Revision: Grundsatzfrage zur Anwendung von § 285 BGB bei abweichender Nutzung

Aufgrund der Abweichung von der BGH-Rechtsprechung zur Frage der Identität bei § 285 BGB hat das Landgericht die Revision der Vermieterin zum Bundesgerichtshof gemäß § 543 Abs. 2 ZPO zugelassen. Die Frage, ob § 285 BGB auch dann anzuwenden ist, wenn die dem Dritten eingeräumten Rechte über die ursprünglich geschuldeten hinausgehen, hat grundsätzliche Bedeutung. Die Revision der Mieterin (bezüglich der abgewiesenen Ansprüche auf Wohnungsrückgabe und Zahlung fiktiver Mieten) wurde nicht zugelassen, da hier keine vergleichbaren Rechtsfragen von übergeordneter Bedeutung aufgeworfen wurden. Der Fall wird somit möglicherweise den Bundesgerichtshof beschäftigen, um die Auslegung des § 285 BGB in Konstellationen wie dieser höchstrichterlich zu klären.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil des LG Berlin zeigt, dass Mieter bei unmöglicher Wohnungsrückgabe nach einer Sanierung zumindest Anspruch auf Auskunft über die durch Weiterverpachtung erzielten Einnahmen des Vermieters haben können. Besonders bedeutsam ist die Abweichung von bisheriger BGH-Rechtsprechung, indem das Gericht eine Teilidentität zwischen gewöhnlicher Vermietung und kommerzieller Nutzung (hier: Servicewohnen) anerkennt und damit den Grundsatz von Treu und Glauben stärkt. Dies eröffnet Mietern neue Möglichkeiten, an den Gewinnen teilzuhaben, die Vermieter durch zweckentfremdende Nutzung ihrer Wohnungen erzielen, selbst wenn eine Rückkehr in die Wohnung rechtlich unmöglich geworden ist.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet „subjektive Unmöglichkeit“ im Zusammenhang mit Mietverhältnissen und wann kann sich ein Vermieter darauf berufen?

Im Recht bedeutet „Unmöglichkeit“ allgemein, dass eine geschuldete Leistung nicht erbracht werden kann. Man unterscheidet dabei die objektive von der subjektiven Unmöglichkeit.

Was bedeutet subjektive Unmöglichkeit?

Subjektive Unmöglichkeit liegt vor, wenn die geschuldete Leistung nur für den Schuldner (in diesem Fall: den Vermieter), aber nicht für jedermann unmöglich ist. Es geht also um ein persönliches Hindernis aufseiten des Vermieters.

Stellen Sie sich vor, ein Vermieter hat zugesagt, eine spezielle, seltene Ersatzfliese für das Badezimmer zu beschaffen, die nur noch an einem einzigen Ort weltweit verfügbar ist. Wenn nun diese einzige Quelle abbrennt und nur der Vermieter aufgrund eines persönlichen, nicht überwindbaren Hindernisses (z.B. ein Reiseverbot in das betroffene Land, das nur ihn betrifft) nicht an den letzten Restbestand gelangt, während jeder andere diese Fliese kaufen könnte, wäre das ein Beispiel für subjektive Unmöglichkeit für diesen Vermieter. Im Mietrecht bezieht sich dies meist auf eine Pflicht des Vermieters gegenüber dem Mieter.

Wann kann sich ein Vermieter darauf berufen?

Ein Vermieter kann sich auf subjektive Unmöglichkeit berufen, um von einer bestimmten Pflicht befreit zu werden, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:

  1. Es muss eine Leistung geschuldet sein: Es muss eine vertragliche Pflicht des Vermieters geben (z.B. eine Reparatur durchzuführen, Zugang zu ermöglichen, etwas bereitzustellen).
  2. Die Leistung ist nur für den Vermieter unmöglich: Die Erfüllung der Pflicht muss dem Vermieter persönlich und endgültig unmöglich sein, nicht nur vorübergehend schwierig oder teuer. Für andere Personen müsste die Erbringung der Leistung aber möglich sein.
  3. Die Unmöglichkeit ist nicht vom Vermieter verschuldet: Der Vermieter darf die Umstände, die zur subjektiven Unmöglichkeit führen, nicht selbst schuldhaft herbeigeführt haben.

Grenzen im Mietrecht

Im Mietrecht sind die Fälle, in denen sich ein Vermieter erfolgreich auf subjektive Unmöglichkeit einer Kernpflicht berufen kann, eher selten. Grundlegende Vermieterpflichten, wie die Überlassung und Erhaltung der Mietsache in einem vertragsgemäßen Zustand, gelten als so wesentlich, dass persönliche Schwierigkeiten des Vermieters (z.B. Geldmangel, Krankheit, Organisationsprobleme) normalerweise keine subjektive Unmöglichkeit im rechtlichen Sinne darstellen, die ihn von der Pflicht entbindet.

Beispielsweise gilt die Beschaffung von Standardersatzteilen oder die Beauftragung anderer Handwerker in der Regel nicht als subjektiv unmöglich, nur weil der Vermieter seinen „Stammhandwerker“ nicht bekommt oder die Kosten höher sind als erwartet. Solche Risiken gehören grundsätzlich zum Vermieterrisiko.

Beruft sich ein Vermieter auf subjektive Unmöglichkeit, muss im Streitfall genau geprüft werden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen tatsächlich vorliegen und ob die Unmöglichkeit nicht doch in seinen Verantwortungsbereich fällt. Geschieht die Leistung dennoch nicht, kann dies zu rechtlichen Konsequenzen wie Mietminderung oder Schadensersatzansprüchen für den Mieter führen, insbesondere wenn die Unmöglichkeit vom Vermieter verschuldet wurde.


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Was ist eine „Umsetzungsvereinbarung“ im Mietrecht und welche rechtlichen Folgen hat sie für Mieter und Vermieter?

Stellen Sie sich Ihren Mietvertrag als das grundlegende Regelwerk für Ihr Wohnverhältnis vor. Eine Umsetzungsvereinbarung ist dann wie ein zusätzliches Dokument, das Sie und Ihr Vermieter gemeinsam erstellen, um spezifische Vorhaben oder Änderungen zu regeln, die während des laufenden Mietverhältnisses anstehen. Sie ist keine eigenständige Art von Mietvertrag, sondern eine ergänzende Vereinbarung zum bestehenden Vertrag.

Worum geht es typischerweise in einer Umsetzungsvereinbarung?

Diese Vereinbarung wird oft dann geschlossen, wenn es um konkrete, oft umfangreiche Maßnahmen geht, die den normalen Gebrauch der Wohnung beeinflussen. Beispiele hierfür sind:

  • Umfassende Modernisierungen oder Instandsetzungen: Wenn größere Arbeiten anstehen (z.B. energetische Sanierung, Strangsanierung), die Lärm, Schmutz oder vorübergehende Einschränkungen mit sich bringen.
  • Vorübergehender Umzug: Wenn der Mieter die Wohnung für die Dauer der Arbeiten verlassen muss.
  • Regelungen zu Ausgleichszahlungen oder Ersatzwohnraum: Um die Belastungen für den Mieter abzufedern.
  • Konkrete Zeitpläne oder Abläufe: Um festzuhalten, wann welche Arbeiten stattfinden sollen.
  • Vereinbarungen über zukünftige Mietanpassungen nach den Maßnahmen (allerdings unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben).

Welche rechtlichen Folgen hat eine Umsetzungsvereinbarung?

Eine Umsetzungsvereinbarung ist ein rechtlich bindender Vertrag zwischen Mieter und Vermieter. Das bedeutet:

  • Sie müssen sich an das halten, was darin vereinbart wurde. Sowohl der Mieter als auch der Vermieter sind an die getroffenen Regelungen gebunden.
  • Die Vereinbarung schafft neue Rechte und Pflichten oder ändert bestehende Rechte und Pflichten aus dem ursprünglichen Mietvertrag – aber nur in Bezug auf die Punkte, die konkret in der Umsetzungsvereinbarung geregelt sind.

Wie unterscheidet sich eine Umsetzungsvereinbarung vom Mietvertrag?

Der Mietvertrag regelt das grundsätzliche Mietverhältnis – wer ist Mieter, wer ist Vermieter, welche Wohnung wird gemietet, wie hoch ist die Miete, welche Hausordnung gilt etc.

Eine Umsetzungsvereinbarung ist demgegenüber eine spezielle Vereinbarung, die nur für einen bestimmten Anlass oder ein bestimmtes Projekt (z.B. die Durchführung einer Modernisierung) getroffen wird. Sie ergänzt den Mietvertrag und kann dessen Regelungen für den spezifischen vereinbarten Sachverhalt modifizieren. Der ursprüngliche Mietvertrag bleibt für alle anderen Aspekte, die nicht in der Umsetzungsvereinbarung geregelt sind, weiterhin gültig.

Für Sie als Mieter bedeutet das: Wenn eine Umsetzungsvereinbarung unterschrieben wurde, regelt sie die dort genannten Punkte verbindlich und kann Ihre ursprünglichen mietrechtlichen Ansprüche und Pflichten in Bezug auf diese Punkte verändern.


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Unter welchen Umständen hat ein Mieter Anspruch auf Auskunft über die Einnahmen, die der Vermieter mit der vermieteten Sache erzielt?

Generell gilt im Mietrecht der Grundsatz, dass jede Partei ihre eigenen Angelegenheiten regelt. Ein Mieter hat nicht automatisch ein Recht, Einblick in die finanziellen Verhältnisse seines Vermieters zu nehmen, einschließlich der Einnahmen aus der vermieteten Wohnung oder Sache.

Ein Anspruch auf Auskunft über die Einnahmen des Vermieters kann jedoch in sehr speziellen Fällen und unter engen Voraussetzungen bestehen. Dies basiert auf dem Gedanken von Treu und Glauben, einem grundlegenden Prinzip im deutschen Recht, das besagt, dass alle Parteien ehrlich und fair miteinander umgehen müssen (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch).

Wann kann ein solcher Auskunftsanspruch bestehen?

Ein Auskunftsanspruch kann dann entstehen, wenn der Mieter die Informationen über die Einnahmen benötigt, um ein eigenes Recht geltend zu machen oder sich gegen einen Anspruch des Vermieters zu verteidigen, und er die notwendigen Informationen nicht selbst auf anderem Wege erhalten kann.

Stellen Sie sich vor, die Miete wird erhöht, und die Begründung des Vermieters hängt direkt mit der Nutzung der Immobilie vor Ihrer Anmietung zusammen. Oder es geht um die Abrechnung von Betriebskosten, bei der die Aufteilung der Kosten davon abhängt, wie bestimmte Teile des Gebäudes – vielleicht auch gewerblich – genutzt werden. In solchen Situationen könnte die Art und Höhe der Einnahmen aus dieser Nutzung für Ihre rechtliche Position relevant sein.

Ein Beispiel, das in der Rechtsprechung diskutiert wurde, betrifft Fälle, in denen die ursprüngliche Nutzung einer Fläche (z.B. als Gewerbe oder Pachtfläche) relevant für die zulässige Miethöhe bei einer Neuvermietung als Wohnraum ist (etwa im Rahmen der Mietpreisbremse). Wenn der Vermieter sich auf eine hohe Vormiete stützt, die angeblich aus einer anderen Nutzung resultierte, könnte der Mieter unter Umständen ein berechtigtes Interesse haben, Informationen über diese früheren Einnahmen zu erhalten, um die Rechtmäßigkeit der aktuellen Miete zu prüfen.

Welche Informationen kann der Mieter verlangen?

Wenn ein Auskunftsanspruch besteht, beschränkt er sich in der Regel auf die spezifischen Einnahmen oder Umstände, die für den konkreten rechtlichen Streitpunkt relevant sind. Es geht also nicht darum, alle Einkünfte des Vermieters offenzulegen, sondern nur die notwendigen Details, um die eigene rechtliche Lage zu klären. Dies können beispielsweise konkrete Zahlen zu früheren Mieten oder Pachteinnahmen sein, falls diese nachweislich für die Berechnung der aktuellen Miete relevant sind.

Der Vermieter muss die Auskunft klar und verständlich erteilen und gegebenenfalls notwendige Unterlagen vorlegen, um seine Angaben zu belegen.

Die Rolle von Treu und Glauben

Der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ist hier entscheidend. Er verpflichtet nicht nur den Vermieter zur Auskunft, wenn der Mieter sie dringend für seine Rechtsverfolgung benötigt und nicht anders bekommen kann. Er verpflichtet auch den Mieter, sein Auskunftsrecht nicht missbräuchlich geltend zu machen, etwa nur aus Neugier oder um den Vermieter zu schikanieren. Der Anspruch muss zum Zweck der Klärung eines konkreten rechtlichen Anliegens bestehen.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Ein allgemeines Recht, die Einnahmen des Vermieters einzusehen, gibt es nicht. Ein Anspruch auf Auskunft kann aber in Ausnahmefällen bestehen, wenn die Informationen unerlässlich sind, um eine konkrete rechtliche Frage im Mietverhältnis zu klären (z.B. zur Miethöhe oder Betriebskosten) und diese Informationen nur der Vermieter liefern kann. Dieser Anspruch basiert auf dem Gebot des fairen Umgangs miteinander (Treu und Glauben).


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Was bedeutet „stellvertretendes Commodum“ im deutschen Mietrecht und wann kann ein Mieter diesen Anspruch geltend machen?

Der Begriff „stellvertretendes Commodum“ stammt aus dem deutschen Schuldrecht und ist in § 285 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) geregelt. Er bedeutet vereinfacht ausgedrückt einen Ersatz oder Vorteil, den jemand erhält, der eine Leistung eigentlich schuldet, diese Leistung aber aus einem bestimmten Grund nicht erbringen kann. Anstelle der ursprünglich geschuldeten Leistung kann der Gläubiger (im Mietrecht der Mieter) dann unter Umständen diesen erhaltenen Ersatz oder Vorteil herausverlangen.

Was bedeutet das im Mietrecht?

Im Mietrecht schuldet der Vermieter dem Mieter den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache, also zum Beispiel die Nutzung der Wohnung in dem Zustand, der im Mietvertrag vereinbart ist. Wenn der Vermieter aus einem bestimmten Grund nicht mehr in der Lage ist, diesen Gebrauch zu ermöglichen (dies nennt man juristisch „Unmöglichkeit der Leistung“), und er gerade wegen dieses Umstands einen Ersatz oder einen sonstigen Vorteil für die Mietsache erhält, kann dieser Ersatz oder Vorteil das stellvertretende Commodum sein.

Stellen Sie sich vor: Der Vermieter kann Ihnen die vereinbarte Nutzung der Wohnung nicht mehr gewähren, weil die Wohnung zum Beispiel durch ein unerwartetes Ereignis wie einen Brand oder eine behördliche Anordnung unbewohnbar geworden ist. Wenn der Vermieter nun wegen dieses Ereignisses von einer Versicherung oder einer Behörde eine Zahlung erhält, die sich auf die Mietsache bezieht, könnte diese Zahlung ein stellvertretendes Commodum sein.

Wann kann ein Mieter diesen Anspruch geltend machen?

Ein Mieter kann unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Herausgabe des stellvertretenden Commodums nach § 285 BGB haben:

  1. Unmöglichkeit der Leistung: Der Vermieter muss die ursprünglich geschuldete Leistung, nämlich die Überlassung des vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache, nicht mehr erbringen können. Dies muss eine dauerhafte oder zumindest langfristige Unmöglichkeit sein.
  2. Ereignisursache: Die Unmöglichkeit muss auf einem bestimmten Umstand oder Ereignis beruhen.
  3. Vorteil wegen des Umstands: Der Vermieter muss gerade infolge dieses Umstands, der zur Unmöglichkeit führt, einen Ersatz oder einen Vorteil für die Mietsache erhalten haben. Dies kann zum Beispiel Geld aus einer Versicherung, eine Entschädigung bei Enteignung oder unter bestimmten Umständen ein Vorteil aus dem Verkauf der Sache sein, wenn der Verkauf mit der Unmöglichkeit der Nutzung zusammenhängt. Der Vorteil muss quasi an die Stelle der nicht mehr möglichen Leistung treten.
  4. Wahlrecht des Mieters: Der Mieter hat ein Wahlrecht. Er kann entweder andere Ansprüche geltend machen, die ihm wegen der Unmöglichkeit zustehen (z. B. bestimmte Schadensersatzansprüche), oder er kann stattdessen vom Vermieter verlangen, dass ihm das stellvertretende Commodum herausgegeben wird.

Beispiel:

Ein Mieter hat eine Wohnung gemietet. Das Haus, in dem sich die Wohnung befindet, wird von der Stadt wegen Baufälligkeit abgerissen (Unmöglichkeit der Nutzung). Der Vermieter erhält von der Stadt eine Entschädigung für den Verlust des Gebäudes und des damit verbundenen Nutzwerts. Diese Entschädigung könnte ein stellvertretendes Commodum sein. Der Mieter könnte dann unter Umständen einen Anspruch auf einen Teil dieser Entschädigung haben, der seinen Verlust der Nutzungsmöglichkeit ausgleicht, anstatt z.B. nur seine Umzugskosten als Schadensersatz zu verlangen.

Abgrenzung zu anderen Ansprüchen

Der Anspruch auf Herausgabe des stellvertretenden Commodums unterscheidet sich von anderen Ansprüchen, die ein Mieter bei Problemen mit der Mietsache haben kann:

  • Mietminderung (§ 536 BGB): Dies ist ein Recht des Mieters, die Miete zu kürzen, wenn die Nutzung der Wohnung wegen Mängeln beeinträchtigt, aber noch nicht unmöglich ist. Das stellvertretende Commodum betrifft dagegen Fälle, in denen die Nutzung unmöglich geworden ist, und es geht darum, einen Vorteil herauszuverlangen, den der Vermieter erhalten hat.
  • Schadensersatz (§ 280 ff. BGB): Schadensersatzansprüche dienen dazu, den Schaden zu ersetzen, den der Mieter durch eine Pflichtverletzung des Vermieters erlitten hat (z. B. Kosten für eine Ersatzwohnung, wenn der Vermieter die Wohnung nicht rechtzeitig übergibt oder die Unmöglichkeit verschuldet hat). Das stellvertretende Commodum ist dagegen kein Schadensersatz. Es ist ein Anspruch auf Herausgabe eines Vorteils, den der Vermieter erhalten hat. Der Mieter muss sich entscheiden, ob er Schadensersatz für seinen eigenen Schaden verlangt oder ob er das stellvertretende Commodum herausverlangt, sofern die Voraussetzungen dafür vorliegen.

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Welche Rechte hat ein Mieter, wenn der Vermieter die Mietsache während eines laufenden Mietverhältnisses anderweitig verpachtet und die Rückgabe der Wohnung verweigert?

Wenn Sie einen gültigen Mietvertrag für eine Wohnung haben, gibt Ihnen dieser Vertrag das Recht, die Wohnung zu nutzen. Das ist Ihr grundlegendes Recht als Mieter. Stellen Sie sich vor, Sie haben den Schlüssel und dürften eigentlich jederzeit rein.

Wenn der Vermieter die Wohnung während der Laufzeit Ihres Mietvertrages an jemand anderen vermietet oder zur Nutzung überlässt und Ihnen den Zugang zur Wohnung verweigert, dann greift er damit direkt in Ihr Recht ein, die Wohnung zu nutzen. Das ist eine erhebliche Verletzung des Mietvertrages durch den Vermieter.

Ihr Anspruch auf die Wohnung

Ihr vorrangiges Recht ist es, die Nutzung der Wohnung weiterhin zu verlangen. Solange Ihr Mietvertrag gültig ist und nicht wirksam beendet wurde (zum Beispiel durch eine Kündigung, die rechtlich Bestand hat), haben Sie weiterhin das Recht, in der Wohnung zu leben. Sie können vom Vermieter verlangen, dass er Ihnen den Zugang wieder ermöglicht und sicherstellt, dass Sie die Wohnung wie im Vertrag vorgesehen nutzen können.

Anspruch auf Schadensersatz

Wenn der Vermieter Ihnen die Nutzung der Wohnung verwehrt, entstehen Ihnen dadurch wahrscheinlich Nachteile oder Kosten. Zum Beispiel müssen Sie vielleicht vorübergehend woanders wohnen oder Dinge lagern. Solche Kosten können einen Anspruch auf Schadensersatz begründen. Schadensersatz soll den finanziellen Schaden ausgleichen, der Ihnen durch die Vertragsverletzung des Vermieters entsteht. Es können Kosten sein, die notwendig werden, weil Sie Ihre Wohnung nicht nutzen können (z.B. Kosten für eine Notunterkunft, höhere Mietkosten für eine Ersatzwohnung).

Möglicher Anspruch auf Vermietereinnahmen

Der Vermieter erzielt möglicherweise Einnahmen, indem er die Wohnung, die eigentlich Ihnen zusteht, an jemand anderen überlässt. Unter bestimmten Umständen kann ein Anspruch darauf bestehen, dass der Vermieter diese Einnahmen an Sie herausgibt. Das ist rechtlich oft ein komplexer Punkt, aber die Idee dahinter ist, dass der Vermieter keinen Vorteil aus seinem vertragswidrigen Verhalten ziehen soll.

Wie Rechte geltend gemacht werden

Um diese Rechte durchzusetzen – also die Nutzung der Wohnung wiederzuerlangen, Schadensersatz zu fordern oder gegebenenfalls die Einnahmen des Vermieters zu beanspruchen – ist es in der Regel notwendig, den Vermieter klar und deutlich aufzufordern, seine Pflichten aus dem Mietvertrag zu erfüllen und Ihnen entstandene Schäden zu ersetzen. Wenn der Vermieter dem nicht nachkommt, kann es erforderlich sein, diese Ansprüche rechtlich geltend zu machen.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – Fragen Sie unverbindlich unsere Ersteinschätzung an.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Umsetzungsvereinbarung

Eine Umsetzungsvereinbarung ist eine ergänzende Vereinbarung zum bestehenden Mietvertrag, die zwischen Mieter und Vermieter geschlossen wird, um besondere Regelungen für bestimmte Situationen – wie zum Beispiel Sanierungsarbeiten – festzulegen. Sie regelt konkret, wie mit vorübergehenden Einschränkungen oder Änderungen umgegangen wird, z. B. dass der Mieter während der Arbeiten die Wohnung räumt und eine Ersatzwohnung bezieht. Diese Vereinbarung ist vertraglich bindend und ändert nur die in ihr konkret geregelten Rechte und Pflichten, nicht aber den ursprünglichen Mietvertrag insgesamt. Dadurch kann z. B. die zeitweise Aufgabe der Wohnung geregelt werden, ohne dass der Mietvertrag aufgehoben wird.

Beispiel: Ein Vermieter möchte das Bad einer Wohnung sanieren und vereinbart mit dem Mieter, dass dieser für die Dauer der Arbeiten eine Ersatzwohnung beziehen darf und nach Fertigstellung zurückkehrt. Dies regelt eine Umsetzungsvereinbarung.


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Stellvertretendes Commodum (§ 285 BGB)

Das stellvertretende Commodum ist ein rechtlicher Anspruch des Mieters, wenn der Vermieter die geschuldete Leistung (z. B. die Wohnungsnutzung) nicht mehr erbringen kann (Unmöglichkeit) und stattdessen einen Ersatzvorteil erhalten hat. Der Mieter kann verlangen, dass ihm dieser Ersatzvorteil herausgegeben wird, anstatt nur Schadensersatz oder Mietminderung geltend zu machen. Voraussetzung ist, dass die Unmöglichkeit der Leistung dauerhaft besteht und der Ersatzvorteil gerade wegen dieser Unmöglichkeit erlangt wurde. Es handelt sich also um eine Art Ausgleich, um den Mieter nicht leer ausgehen zu lassen, wenn der Vermieter von der Wohnung profitiert, obwohl er sie nicht mehr überlässt.

Beispiel: Wenn ein Haus wegen eines Schadens nicht mehr vermietet werden kann und der Vermieter deshalb eine Entschädigung von der Versicherung bekommt, könnte der Mieter einen Teil davon als stellvertretendes Commodum verlangen.


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Subjektive Unmöglichkeit

Subjektive Unmöglichkeit liegt vor, wenn eine geschuldete Leistung für den Schuldner (hier: den Vermieter) persönlich unmöglich ist, für andere aber grundsätzlich noch möglich wäre. Das bedeutet, der Vermieter kann eine Pflicht nicht erfüllen, weil ihn ein persönliches Hindernis betrifft, nicht weil die Leistung an sich generell unmöglich ist. Im Mietrecht kann sich der Vermieter nur sehr eingeschränkt darauf berufen, da seine Pflichten grundsätzlich auch dann bestehen, wenn Probleme auftreten. Entscheidend ist außerdem, ob der Vermieter die Unmöglichkeit selbst verschuldet hat.

Beispiel: Ein Vermieter kann einem Mieter die Wohnung nicht übergeben, weil er den einzigen vorhandenen Wohnungsschlüssel verloren hat, aber Ersatzschlüssel sofort verfügbar wären – hier liegt keine subjektive, sondern eher eine vorübergehende Erfüllungshürde vor.


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Anspruch auf Auskunft über Pachteinnahmen

Ein Anspruch auf Auskunft ermöglicht es dem Mieter, Informationen über die Einnahmen des Vermieters aus der vermieteten Sache einzufordern, wenn dies zur Durchsetzung eigener Rechte erforderlich ist. Im vorliegenden Fall beruht dieser Anspruch auf den §§ 275 Abs. 4, 285 und 242 BGB, insbesondere dem Grundsatz von Treu und Glauben. Die Auskunft dient dazu, zu prüfen, ob der Vermieter durch die Verpachtung der Wohnung Ersatzvorteile erlangt hat, die der Mieter geltend machen kann. Dabei muss die Auskunft auf die für den Streitfall relevanten Einnahmen, hier die Pachtanteile für die Wohnung, beschränkt und nachvollziehbar sein.

Beispiel: Eine Mieterin möchte wissen, wie viel Pacht die Vermieterin für ihre vormals von ihr bewohnte Wohnung erhält, um zu prüfen, ob ihr ein Anspruch auf eine finanzielle Ausgleichszahlung zusteht.


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Langfristiger Pachtvertrag und rechtliche Unmöglichkeit (§ 275 Abs. 1 BGB)

Ein langfristiger Pachtvertrag überträgt dem Pächter das Nutzungsrecht an einer Immobilie oder einzelnen Wohnungen für eine vereinbarte Dauer. Im Fall des Mietrechts kann dadurch die Rückgabe oder Nutzung der Wohnung an den ursprünglichen Mieter rechtlich unmöglich werden (§ 275 Abs. 1 BGB). Das bedeutet, der Vermieter ist rechtlich daran gebunden und kann die Wohnung wegen des Vertragsverhältnisses mit dem Pächter nicht mehr frei an den Mieter überlassen. Dies stellt eine sogenannte objektive Unmöglichkeit der Leistungserbringung dar.

Beispiel: Hat die Vermieterin das gesamte Gebäude für zehn Jahre verpachtet, kann sie nicht einseitig die Rückgabe einzelner Wohnungen an frühere Mieter durchsetzen, solange der Pachtvertrag gilt und die Pächterin die Mietrückkehr ablehnt.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 275 Abs. 1 BGB (Unmöglichkeit der Leistung): Regelt, dass der Schuldner von seiner Leistungspflicht befreit wird, wenn die Leistung objektiv unmöglich ist. In diesem Fall schützt die Vorschrift die Vermieterin, weil der Wohnung der Mieterin durch die langfristige Verpachtung an die K… GmbH die Herausgabe momentan nicht möglich ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Rückgabe der Wohnung ist rechtlich unmöglich, da die Vermieterin den Besitz bereits langfristig an die Pächterin übertragen hat und diese sich weigert, die Mieterin aufzunehmen.
  • § 285 BGB (Herausgabe des stellvertretenden Commodums): Bestimmt, dass der Schuldner, wenn die Leistung unmöglich wird und er einen Ersatz erlangt hat, diesen dem Gläubiger herausgeben muss. Die Vorschrift verlangt zudem einen Zusammenhang zwischen der ursprünglich geschuldeten Leistung und dem Ersatz. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht verneint die Zahlungspflicht der Vermieterin für die von der Pächterin erzielten Mieteinnahmen, da diese Einnahmen den Dritten, nicht der Vermieterin, zufließen und somit kein ersatzfähiges Commodum vorliegt.
  • § 242 BGB (Treu und Glauben): Verlangt von den Vertragsparteien, sich loyal zu verhalten und rechtliches Handeln an den Grundsätzen von Fairness und Vertrauensschutz auszurichten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Landgericht stützt den Auskunftsanspruch auf diesen Grundsatz und betont, dass die Vermieterin trotz Unmöglichkeit der Wohnungsrückgabe verpflichtet ist, Transparenz über die erzielten Pachteinnahmen herzustellen.
  • § 287 ZPO (Beweiswirkung der Schätzung): Erlaubt es Gerichten, bei unvollständiger oder fehlender exakter Bemessung von Geldansprüchen eine Schätzung vorzunehmen, um die Höhe von Ansprüchen zu bestimmen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Zur Ermittlung des anteiligen Werts der Pachteinnahmen, die auf die ehemalige Wohnung der Mieterin entfallen, kann das Gericht eine Schätzung vornehmen, um später mögliche Zahlungsansprüche zu beziffern.
  • § 543 Abs. 2 ZPO (Zulassung der Revision): Regelt die Zulassung der Revision wegen rechtlicher Grundsatzfragen oder bei besonderen Umständen des Einzelfalls. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Landgericht hat die Revision zu der Frage zugelassen, ob § 285 BGB auch bei abweichender Nutzung der Wohnung durch Dritte Anwendung findet, da diese eine grundsätzliche Rechtsfrage von übergeordneter Bedeutung darstellt.
  • Mietrecht (insbesondere §§ 535 ff. BGB): Regelt die Rechte und Pflichten aus Mietverträgen, insbesondere die Gebrauchsüberlassung der Mietsache an den Mieter. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Mieterin verfügt über einen Mietvertrag, der ihr Rückgabe und Nutzung der Wohnung garantiert, deren Erfüllung durch die Sanierung und die spätere Verpachtung beeinträchtigt und dadurch Streitgegenstand wurde.

Das vorliegende Urteil


LG Berlin II – Az.: 64 S 199/24 – Urteil vom 05.03.2025


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