AG Berlin-Mitte – Az.: 27 C 21/20 – Urteil vom 08.10.2020
1. Die Beklagte wird verurteilt, folgenden Mangel in der von der Klägerin innegehaltenen Wohnung ### B. zu beseitigen:
Bei Starkregen dringt infolge Rückstaubildungen im Abflusssystem aus dem im Bad der Wohnung befindlichen Gully und aus dem Duschwannenablauf im Bad Wasser aus und tritt in die Wohnung ein.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte 80 % und die Klägerin 20 %.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.
Tatbestand:
Zwischen der Klägerin als Mieterin und der Beklagten als Vermieterin besteht auf der Grundlage des Mietvertrages vom 1. Juli 1985 ein Mietverhältnis über die aus dem Klageantrag ersichtliche Wohnung. Bei der Mietsache handelt es sich um eine Souterrainwohnung im Gartenhaus, deren Fußboden etwa 30 cm unterhalb der Oberkante der Hoffläche liegt. Wegen der Einzelheiten des Mietvertrages wird auf die Kopie, Blatt 5 ff. der Akten, Bezug genommen.
Die Klägerin behauptet, dass bei Starkregen infolge von Rückstaubildung im Abflusssystem über den im Badezimmer der streitgegenständlichen Wohnung befindlichen Gully sowie über den Abfluss der Dusche das bei Starkregen kapazitätsbedingt nicht mehr über die örtliche Kanalisation abgeführte Wasser im Bad eindringe und die Wohnung überschwemme. Zur Veranschaulichung der Örtlichkeiten verweist die Klägerin auf die Skizze, Blatt 43 der Akten. Zu entsprechenden Wassereinbrüchen sei es am 15.6.2007, am 1.12.2016, am 4.5.2017, am 22.7.2017 sowie am 2.8.2019 gekommen, die Wohnung habe mehrere Zentimeter unter Wasser gestanden.
Bei dem letzten vorgenannten Schadensfall habe der beauftragte Handwerker mitgeteilt, dass sich durch Anbringung einer Rückstauklappe im Kellerbereich, der sich direkt unter dem Bade der Klägerin befände, derartige Vorkommnisse zwar nicht ausschließen, aber zumindest in ihre Häufigkeit verhindern lassen würden.
Die Klägerin behauptete zunächst auch, dass der Gully auf dem Hof aufgrund von Einleitungen von Farbresten, Bauschutt etc. verstopft gewesen sei und dies im August 2019 dazu geführt habe, dass bei Starkregen Wasser über die Eingangstreppe in die tiefer als der Hof gelegene Wohnung geflossen sei; durch eine Reinigung des Hofgullys könne dies (in Zukunft) verhindert werden. Diesen Vortrag hat die Klägerin nicht aufrechterhalten.
Die Klägerin forderte die Beklagte vorgerichtlich mehrfach vergeblich zum Einbau einer Rückstauklappe auf.
Nachdem die Klägerin zunächst sinngemäß beantragt hatte, die angemietete Wohnung so instand zu setzen, dass bei Starkregenfällen das von der Abwasseranlage des Hofes abgeführte Regenwasser nicht über den Eingang in die Wohnung eindringt und nicht aus dem im Bad der vorgenannten Wohnung befindlichen Gully Wasser austritt und in die Wohnung eindringt, beantragt die Klägerin nunmehr nur noch, die Beklagte zu verurteilen, folgenden Mangel in der von der Klägerin innegehaltenen Wohnung ### B. zu ### beseitigen:
Bei Starkregen dringt infolge Rückstaubildungen im Abflusssystem aus dem im Bad der Wohnung befindlichen Gully und aus dem Duschwannenablauf im Bad Wasser aus und tritt in die Wohnung ein.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie meint, auch wenn es in den vergangenen Jahren durch die Klimaveränderungen zu Starkregenereignissen gekommen sei, stünde der Klägerin kein Instandsetzungsanspruch zu, da sie als Vermieterin nur die Einhaltung der zum Zeitpunkt der Gebäudeerrichtung geltenden Bauvorschriften und Regeln der Baukunst schulde. Seit Bestehen des Mietverhältnisses sei die Grundstücksentwässerung unverändert.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist gemäß § 535 I Satz 2 BGB begründet.
Die Beklagte hat einen Anspruch auf Instandsetzung der Entwässerung der von ihr angemieteten Wohnung dergestalt, dass nicht mehr regelmäßig damit zu rechnen ist, dass bei Starkregen durch die beiden Entwässerungseinrichtungen auf Fußbodenhöhe im Bad Abwasser in die Wohnung eindringt.
Die Beklagte hat die durch Starkregen verursachten Schadensfälle in der streitgegenständlichen Wohnung nicht bestritten, von denen sie aufgrund der jeweiligen Handwerkerbeauftragungen letztlich auch bereits vorgerichtlich Kenntnis hatte.
Der Vermieter hat die Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu erhalten. Zwar ist unstreitig, dass die Mietsache bei Anmietung nicht mit Rückstausicherungen ausgerüstet war und der Vermieter ist grundsätzlich nicht zu einer Modernisierung der Mietsache verpflichtet.
Die streitgegenständliche Mietsache ist aber zu Wohnzwecken vermietet und der Mieter einer Wohnung kann nach der allgemeinen Verkehrsanschauung erwarten, dass nicht regelmäßig Abwasser in die Mieträume eindringt, da derartige Wassereinbrüche erhebliche Vermögensschäden und auch Gesundheitsschäden verursachen können, die auch nur eingeschränkt durch eine Versicherung abgedeckt werden können. Da auch in B. vermehrt mit Starkregen zu rechnen ist, vgl. nur „Die Welt“ vom 25.11.2019 unter Bezugnahme auf eine Untersuchung des Deutschen Wetterdienstes, besteht eine konkrete Gefahr, dass sich entsprechende Schadensereignisse ohne einen Rückstauschutz in der angemieteten Wohnung wiederholen, da sie sich im Souterrain befindet.
Unter diesen Umständen ist aufgrund der veränderten Umweltbedingungen ein nachträglicher Mangel der Wohnung entstanden. Der Mieter kann auch bei einer Altbauwohnung erwarten, dass sie zumindest einen Mindeststandard aufweist, der ein zeitgemäßes Wohnen ermöglicht, vgl. BGH vom 26.7.2004. Dazu zählt auch, dass nicht regelmäßig damit zu rechnen ist, dass Abwasser in die Wohnung eindringt.
Der Klage ist daher stattzugeben.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 I, 269 III ZPO, wobei zu berücksichtigen ist, dass die Klägerin die Klageforderung teilweise zurückgenommen hat, wenn auch die Reinigung des Hofgullys wertmäßig hinter der Installation eines Rückstauschutzes deutlich zurückbleibt.
Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.