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Modernisierungsankündigung – formelle Wirksamkeit

LG Berlin, Az.: 63 S 103/14

Urteil vom 19.12.2014

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Schöneberg vom 18. März 2014 – 15 C 439/12 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Von der Darstellung der tatsächlichen Feststellungen wird nach §§ 313a Abs. 1, 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.

II.

Die Berufung ist unbegründet.

Die Klägerin kann von der Beklagten nach § 555d Abs. 1 BGB die Duldung der jetzt noch streitgegenständlichen Maßnahmen verlangen.

Modernisierungsankündigung - formelle Wirksamkeit
Foto: Gecko Studio/Bigstock

Zu Unrecht meint die Beklagte die Modernisierungsankündigung vom16. Mai 2012 sei formell unwirksam. Es war zur Einhaltung der Vorgaben von § 554 Abs. 3 S. 1 BGB a.F. nicht erforderlich, dass die Klägerin hinsichtlich jeder einzelnen Maßnahme angab, welche Mieterhöhung daraus jeweils resultieren soll. Etwas anderes ergibt sich insbesondere nicht aus dem Urteil der Kammer vom 8. März 2013 – 63 S 267/12 – (Grundeigentum 2013, 747f). Zwar hat die Kammer dort ausgeführt, dass es nicht ausreichend sei, die voraussichtliche Mieterhöhung in einem einheitlichen Betrag und nicht für jede einzelne Modernisierungsmaßnahme getrennt auszuweisen. Dies hat sie damit begründet, dass der Mieter auf einer hinreichenden Beurteilungsgrundlage entscheiden können müsse, welche der Vielzahl einzelner Maßnahmen er zu dulden hat und ob, ggf. welche der einzelnen Maßnahmen für ihn mit einer Härte i.S.d. § 554 Abs. 2 Satz 2 BGB aF verbunden ist. Von beidem hänge maßgeblich die von ihm zu treffende Entscheidung ab, ob er von seinem Sonderkündigungsrecht nach § 554 Abs. 3 Satz 2 BGB aF Gebrauch machen möchte (Kammer, a.a.O.). Diesem Informationsbedürfnis wird aber auch dann genügt, wenn der Vermieter – wie hier – die jeweiligen Kosten der einzelnen Maßnahmen angibt. Denn anhand dieser Informationen kann der Mieter selbst errechnen, welche Mieterhöhung die jeweilige Maßnahme voraussichtlich nach sich ziehen wird. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Vermieter ihm – wie hier – den entsprechenden Rechenweg mitteilt.

Ohne Erfolg macht die Beklagte zudem geltend, die bloße Angabe der Wärmedurchgangskoeffizienten sei deshalb nicht ausreichend, weil dabei die vorhandenen Rollläden nicht berücksichtigt würden. Denn weil in Bezug auf die vorhandenen Rollläden keine Änderung erfolgen soll, können diese bei der Erläuterung einer Energieeinsparung außer Betracht bleiben.

Die in Rede stehende Maßnahme stellt eine solche zur Einsparung von Energie dar.

Nach dem Sachverständigengutachten ist die Behauptung der Klägerin, dass die vorhandenen Fenster einen U-Wert von (allenfalls) 2,0 W/m²K haben, bewiesen. Der Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, dass die Glasflächen der Fenster selbst schon einen U-Wert von 3,1 W/m²K haben. Entgegen der Ansicht der Beklagten kommt es nicht darauf an, ob die Fensterrahmen aus Kunststoff oder Aluminium gefertigt sind. Nach den Feststellungen des Sachverständigen ist der Rahmenanteil mit 30 % zu berücksichtigen. Dies bedeutet, dass auf die Glasflächen 70 % entfallen. Selbst wenn man den Rahmen völlig unberücksichtigt lassen würde, wäre schon allein aufgrund der Glasfläche ein U-Wert von 2,17 W/m²K gegeben (70 % von 3,1 W/m²K). Der U-Wert des Rahmens kann nur noch zu einer Erhöhung dieses Wertes führen.

Soweit die Beklagte auch den U-Wert der einzubauenden Fenster bestritten hat, ist dies unerheblich. Denn nachdem die Klägerin den Einbau von Fenstern mit einem U-Wert von1,3 W/m²K angekündigt hat, braucht die Beklagte auch nur den Einbau solcher Fenster zu dulden. Der Einbau von Fenstern mit einem schlechteren U-Wert ist von dem Duldungstitel nicht umfasst.

Soweit die Beklagte geltend macht, dass der Einbau der neuen Fenster nicht DIN-gerecht erfolgen werde, weil eine nutzerunabhängige Lüftung nicht vorgesehen sei, hat sie damit ebenfalls keinen Erfolg. Zutreffend hat das Amtsgericht ausgeführt, dass die tenorierten Maßnahmen nach den Regeln der Technik auszuführen sind. Wenn dazu gehört, dass die Fenster über eine nutzerunabhängige Lüftungsmöglichkeit verfügen, braucht die Beklagte auch nur den Einbau solcher Fenster zu dulden, die über entsprechende Ausstattungsmerkmale verfügen. Dies ist aber nicht im hiesigen Erkenntnisverfahren zu klären, weil es nicht Aufgabe dieses Verfahrens ist, jedes technische Detail der durchzuführenden Maßnahmen vorzugeben.

Der Duldungspflicht der Beklagten steht ebenfalls nicht entgegen, dass die Klägerin bisher kein Lüftungskonzept erstellt hat. Denn für die Beklagte selbst kann ein solches allenfalls dann erforderlich sein, wenn die neuen Fenster tatsächlich eingebaut wurden.

Der Umstand, dass die Beklagte Ende der 1980er/Anfang der 1990er Jahre die Fenster selbst austauschen ließ, begründet im Hinblick auf den seitdem verstrichenen Zeitraum keine Härte. Dies ergibt sich hier insbesondere aus den Modernisierungsvereinbarungen vom 14. Februar 1989 und 15. Februar 1993. Nach den darin in § 2 Abs. 5 bzw. Abs. 6 enthaltenen Entschädigungsregelungen für den Fall der Beendigung des Mietverhältnisses ist davon auszugehen, dass die Maßnahmen der Beklagten nach zehn Jahren abgewohnt sein sollen.

Der Umstand, dass die Beklagte an den Fenstern Rollladenkästen mit Rollläden anbringen ließ, begründet ebenfalls keine Härte. Es kann dahinstehen, ob die Beklagte nachvollziehbar erläutert hat, weshalb die bisherigen Rollläden nicht mehr zusammen mit den neuen Fenstern nutzbar sein sollen. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, hätte die Beklagte einen Anspruch gegen die Klägerin, dass diese die neuen Fenster mit gleichwertigen Rollläden versieht. Die Klägerin hat im Übrigen selbst erklärt, dass die Rollläden erhalten bleiben sollen.

Es kann hier im Ergebnis offen bleiben, ob in Hinblick auf die zu erwartende Mieterhöhung eine finanzielle Härte gemäß § 554 Abs. 1 S. 2 u. S. 3 BGB aF besteht. Generalisierende Aussagen sind insoweit nicht möglich (BGH, Beschl. v. 10. Dezember 2013 – VIII ZR 174/13 – NZM 2014, 193).

Auf den Einwand der finanziellen Härte kommt es hier deshalb nicht an, weil die Klägerin mit Schriftsatz vom 30. Januar 2014 vorsorglich noch einmal eine neue Modernisierungsankündigung erklärt hat. Insoweit gilt neues Recht (Art. 229 § 29 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB). Die zu erwartende Mieterhöhung kann dem Duldungsanspruch danach nicht mehr entgegengehalten werden (§ 555d Abs. 2 S. 2 BGB).

Der Duldungsanspruch der Klägerin ist nicht durch die Modernisierungsvereinbarungen vom 14. Februar 1989 und 15. Februar 1993 ausgeschlossen. Denn diese stehen der Durchführung energiesparender Maßnahmen in der Wohnung der Beklagten nicht entgegen, wie sich aus § 2 Abs. 4 der jeweiligen Vereinbarung ergibt. Die Kammer hatte bereits im Verfahren 63 S 203/11, in dem es um die Pflicht des Mieters zur Duldung der Umstellung der Gasetagenheizung, die er auf eigene Kosten vor 20 Jahren eingebaut hat, auf die im Haus vorhandene Zentralheizung ging,

über eine vergleichbare Modernisierungsvereinbarung zu entscheiden. Im Urteil vom 10. Januar 2012 (Grundeigentum 2012, 270f) hat sie insoweit ausgeführt:

„Ob möglicherweise etwas anderes zu gelten hat, wenn durch die geplante Maßnahme eine erst vor kurzer Zeit vom Mieter vorgenommene und genehmigte Modernisierung zunichte gemacht würde, muss hier nicht entschieden werden. Die von der Beklagten Anfang der Neunzigerjahre eingebaute Gasetagenheizung ist mittlerweile abgewohnt. § 2 (6) der Modernisierungsvereinbarung lässt sich entnehmen, dass die Beklagte im Falle der Beendigung des Mietverhältnisses nach länger als 10 Jahren keine Entschädigung für den Einbau der Heizung mehr erhalten sollte.

Unerheblich ist, in wessen Eigentum die von der Beklagten eingebaute Gasetagenheizung steht. Auf § 2 (1) der Modernisierungsvereinbarung kommt es insofern nicht an. Da die Beklagte auf ihr Wegnahmerecht verzichtet hat, steht die Gasetagenheizung ohnehin unabhängig von den sonstigen vertraglichen Vereinbarungen der Parteien gem. §§ 93, 94 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB im Eigentum des Grundstückseigentümers, weil die Heizung nicht nur für einen vorübergehenden Zweck im Sinne von § 95 Abs. 2 BGB in das Gebäude eingefügt wurde. Dies vermag nichts daran zu ändern, dass die Gasetagenheizung für den Kläger im Hinblick auf die Möglichkeit, im laufenden Mietverhältnis eine höhere Miete zu erzielen, keinen Nutzen hat.

Der Umstand, dass der Rechtsvorgänger des Klägers den Einbau der Gasetagenheizung durch die Beklagte genehmigt hatte, steht der Duldungsverpflichtung der Beklagten gleichfalls nicht entgegen. Einen Verzicht auf Modernisierungen durch den Vermieter haben die Parteien in § 2 (4) der Modernisierungsvereinbarung jedenfalls für energieeinsparende Maßnahmen nicht vereinbart.“

An diesem Ergebnis, welches entsprechend auf den hiesigen Fall übertragen werden kann, hält die Kammer fest. Zwar ist das genannte Urteil der Kammer durch den Bundesgerichtshof mit Urteil vom 10. Oktober 2012 – VIII ZR 25/12 – (NJW-RR 2012, 1480) aufgehoben worden. Diese Aufhebung beruhte aber lediglich darauf, dass die Kammer die Energieeinsparung im Hinblick auf die ursprünglich in der Wohnung vorhanden gewesenen Heizquellen (Ofen, Badeofen, Gasheizgerät) bejaht und nicht geprüft hatte, ob eine solche Energieeinsparung auch im Vergleich mit der vom Mieter installierten Gasetagenheizung gegeben wäre und dass die Kammer den Härteeinwand des Mieters nicht geprüft hatte (BGH a.a.O., Tz 11). Die Auffassung der Kammer, dass die Modernisierungsvereinbarung eine Verpflichtung des Mieters zur Duldung von Maßnahmen zur Energieeinsparung nicht entgegenstehe, hat der Bundesgerichtshof dagegen nicht beanstandet. Hätte die genannte Vereinbarung der Duldungspflicht entgegengestanden, hätte es der vom Bundesgerichtshof geforderten Feststellungen nicht bedurft.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Angriff der Beklagten gegen die vom Amtsgericht auf der Grundlage von § 91a ZPO getroffene Kostenentscheidung hat keinen Erfolg. Zu Unrecht geht sie auch insoweit davon aus, dass die Modernisierungsankündigung vom 16. Mai 2012 unwirksam gewesen sei. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen verwiesen.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

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