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Modernisierungsmieterhöhung – Umlage und Verteilung der Modernisierungskosten

AG Hamburg – Az.: 48 C 115/21 – Urteil vom 27.01.2022

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 1.489,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Kläger begehren Feststellung, dass die Mieterhöhung für ihre Wohnung nicht über einen bestimmten Betrag hinausgehe, sowie Rückzahlung überzahlter Mietteilbeträge.

Die Kläger sind Mieter, die Beklagten Vermieter der in … gelegenen Wohnung.

In zeitlichem Zusammenhang mit dem Ausbau des Dachgeschosses des Wohnhauses wurde im Lichtschacht ein Aufzug eingebaut. Der Einbau wurde unter dem 17. April 2019 als Modernisierungsmaßnahme angekündigt. Ebenso wurde auf eine beabsichtigte Mieterhöhung hingewiesen.

Die Bauarbeiten wurden im Frühjahr 2020 beendet. Es wurden von den Vermietern Aufwendungen für die Bauarbeiten in Höhe von 235.730,70 € getätigt. Die Gesamtwohnfläche ohne Erdgeschosswohnungen und ohne Souterraineinheit beträgt 1571,71 m². Die Wohnfläche der Kläger beträgt 162 m².

Ende April 2020 teilten die Beklagten den Klägern mit, dass sich ihre Nettomiete aufgrund der Modernisierung ab dem 1.7.2020 um monatlich 161,98 € erhöhen werde. Zur Begründung wurde angeführt, dass sich der Betrag aus einer Umlage von 8 % der angefallenen Modernisierungskosten auf Grundlage des Anteils der von den Klägern innegehaltenen Wohnfläche an der Gesamtfläche des Objekts ohne Erdgeschoss- und Souterrainwohnungen ergebe. Die Kläger leisteten die Miete einschließlich der begehrten Erhöhung ab Juli 2020, jedoch unter Vorbehalt. Sie verlangten von den Beklagten eine Reduzierung des Erhöhungsbetrags auf monatlich 94,29 €. Diesem Ansinnen kamen die Beklagten nicht nach.

Die Kläger sind der Auffassung, die Umlage der Modernisierungskosten auf der Grundlage des Anteils der klägerischen Wohnfläche an der Gesamtfläche des Objekts sei fehlerhaft und unbillig. Die Umlage habe vielmehr nach der Belegenheit im Haus zu erfolgen, namentlich unter Berücksichtigung der Etage, auf der sich die Wohnung befinde. Durch die Belegenheit im ersten Obergeschoss ergebe sich nur ein geringer Nutzen des Aufzugs. Zu berücksichtigen sei, dass das zu zwei Nutzungseinheiten mit einer Größe von jeweils ca. 150 m² ausgebaute Dachgeschoss von dem Aufzug in besonderem Maße profitiere und jene – teilweise gewerblich genutzten – Einheiten unter anderem mit dem Vorhandensein eines modernen Personenaufzugs beworben worden seien. Aus der Rechtsprechung des Landgerichts Hamburg sei abzuleiten, dass eine Beteiligung der Kläger mit 6 % der Modernisierungskosten allein der Billigkeit entspreche. Demnach sei lediglich eine Erhöhung der Miete um 94,29 € gerechtfertigt.

Die Kläger beantragen,

1. festzustellen, dass den Beklagten aufgrund der Mieterhöhungserklärung vom 29.4.2020, betreffend die klägerische Wohnung in … ab dem 1.7.2020 keine über den Betrag von 94,29 € monatlich hinausgehende erhöhte Miete zusteht,

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Kläger 676,90 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 67,69 € seit dem 4.7., 6.8., 4.9., 6.10., 5.11., 4.12.2020 sowie dem 5.1., 4.2, 4.3. und 6.4.2021 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie sind der Auffassung, dem Vermieter stehe es frei, den Verteilerschlüssel nach billigem Ermessen zu bestimmen. Insofern sei die Verteilung nach gemieteten Flächenanteilen – wie geschehen – nicht unbillig. Die Dachgeschosseinheiten seien im Rohbauzustand verkauft worden. Innerhalb der bestehenden WEG gebe es keinen Spielraum für einen anderen als den gewählten Verteilermaßstab.

Wegen der Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Modernisierungsmieterhöhung - Umlage und Verteilung der Modernisierungskosten
(Symbolfoto: hanohiki/Shutterstock.com)

I. Die Klage ist zulässig.

Die Kläger haben gemäß § 256 ZPO ein rechtliches und wirtschaftliches Interesse an der von ihnen begehrten Feststellung. Im Rahmen der Prüfung der Zulässigkeit ist die Begründetheit der Klage nicht vorwegzunehmen.

II. Die Klage ist unbegründet.

Der Feststellungsantrag ist unbegründet, weil den Beklagten ein über den Betrag von 94,29 € monatlich hinausgehender Erhöhungsbetrag der Miete wegen durchgeführte Modernisierungsmaßnahmen, namentlich in Höhe von 161,98 €, zusteht.

Der auf Zahlung gerichtete Antrag ist unbegründet, weil die begehrten Rückzahlungsbeträge in Höhe von monatlich 67,69 € dementsprechend nicht überzahlt worden sind und demnach ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 BGB und aus sonstigen Anspruchsgrundlagen nicht besteht.

1. Der von den Beklagten geltend gemachte Erhöhungsbetrag begegnet keinen formellen Bedenken.

Eine Modernisierungsmaßnahme im Sinne des § 555b Nr. 4 BGB liegt mit dem Einbau des Aufzugs vor (vgl. BGH NJW 2010, 1220). Die Voraussetzungen nach § 559b BGB sind eingehalten ebenso wie die Kappungsgrenze nach § 559 Abs. 3a BGB.

Auch rechnerisch ist die Vorgabe nach § 559 Abs. 1 BGB eingehalten.

2. Die Verteilung nach dem Anteil der Wohnfläche hält sich auch materiell innerhalb der Vorgaben des § 559 Abs. 3 BGB.

Danach sind bei Modernisierungsmaßnahmen, die mehrere Wohnungen betreffen, die Kosten angemessen auf die einzelnen Wohnungen aufzuteilen. Dem Vermieter steht insoweit ein Ermessen zu, welches gemäß § 315 Abs. 3 BGB der Billigkeit entsprechend ausgeübt werden muss.

Die danach grundsätzlich nicht eng zu ziehenden Grenzen der Billigkeit sind durch die hier von den Beklagten begehrte Erhöhung nach Flächenanteil für die Einheiten ab dem 1. Obergeschoss eingehalten.

Regelmäßig entspricht nicht nur ein bestimmter Verteilungsmaßstab der Billigkeit, sondern es sind mehrere rechtlich nicht zu beanstandende Varianten denkbar. Die gerichtliche Kontrolle ist auf die Einhaltung der Grenzen der Billigkeit beschränkt. Das Gericht setzt nicht seine eigene Ermessensentscheidung an die Stelle derjenigen des Vermieters (LG Berlin, Urteil vom 10.09.2019 – 63 S 277/18).

Dabei ist von dem Grundsatz auszugehen, dass immer dann, wenn keine separate Erfassung der Kosten für die einzelnen Wohnungen erfolgt ist oder ein anderer praktikabler und nachvollziehbarer Umlagemaßstab offensichtlich ist, eine Verteilung der Kosten nach dem Verhältnis der tatsächlichen Wohnfläche der einzelnen Wohnung zur Gesamtfläche, die modernisiert wurde, angemessen ist (Schmidt-Futterer, Mietrecht, 15. Auflage 2021, § 559 BGB Rn. 77). Der Vermieter ist nicht verpflichtet, den unterschiedlichen Gebrauchswert der Modernisierungsmaßnahme zu berücksichtigen. Es ist nicht zwingend, dass bei einem Einbau eines Aufzugs die Bewohner der oberen Geschosse stärker belastet werden (Schmidt-Futterer, Mietrecht, 15. Auflage 2021, § 559 BGB Rn. 79). Selbst die Heranziehung von Erdgeschossbewohnern kann noch der Billigkeit entsprechen, wenngleich auch dies nicht zwingend ist und es vorliegend nicht zu beanstanden ist, dass die Beklagten die Wohnungen im Erdgeschoss und Souterrain nicht in die Umlage miteinbezogen haben.

Aus der von den Klägern angeführten Rechtsprechung des Landgerichts Hamburgs, Urteil vom 30.05.2002 – 333 S 81/01, ergibt sich nichts anderes. Das Landgericht hat im Rahmen der von ihm vorgenommenen Billigkeitskontrolle lediglich festgestellt, dass eine am Gebrauchsvorteil für die einzelnen Wohnungen orientierte Verteilung rechtlich nicht zu beanstanden sei. Diese halte sich „noch“ im Rahmen des dem Vermieter eingeräumten Ermessensspielraum. Damit hat das Landgericht keineswegs ausgeschlossen, dass eine andere Verteilung – wie hier kombiniert aus grundsätzlichem Gebrauchswert, das heißt ohne Erdgeschoss und Souterrain, und Flächenanteil – ebenso der Billigkeit entsprechen kann.

Für eine Ermessensreduktion dahingehend, dass nur eine dem klägerischen Vortrag entsprechende Erhöhung rechtmäßig sei, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Eine solche Ermessensreduktion wird nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen anzunehmen sein. Aus dem Umstand, dass die in zeitlichem Zusammenhang mit dem Einbau des Aufzugs ausgebauten Dachgeschosseinheiten als luxuriös beworben und dabei die Gebrauchsvorteile des Aufzugs herausgestellt worden sein mögen, ergäbe sich eine Ermessensreduktion im Sinne der Kläger nicht. Welche Qualitäten einer (gewerblichen) Nutzungseinheiten im selben Gebäude öffentlich angepriesen werden, ist für die gerichtliche Überprüfung der Billigkeit einer Modernisierungskostenverteilung nach oben beschriebenem Maßstab ebenso unerheblich wie die sonstige Motivlage des Vermieters, welche für die Durchführung der Modernisierungsmaßnahmen ausschlaggebend gewesen sein mag.

III. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO. Der Streitwert für den Feststellungsantrag richtet sich nach dem Jahresbetrag der nach klägerischem Vorbringen nicht gerechtfertigten Erhöhung, § 41 Abs. 5 GKG.

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