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Modernisierungsvergleich – Vertragsstrafenvereinbarung der Mietvertragsparteien

LG Berlin – Az.: 67 S 8/21 – Urteil vom 23.03.2021

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 19. November 2020 verkündete Urteil des Amtsgerichts Mitte – 4 C 1/18 – unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Klägerin geändert und die Klage abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die zulässige Berufung ist begründet, während die zulässige Anschlussberufung in der Sache keinen Erfolg hat.

Entgegen der Ansicht des Amtsgerichts ist die Vollstreckungsgegenklage (§§ 767 Abs. 1, 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) insgesamt unbegründet.

Die Beklagten sind zur Vollstreckung einer Vertragsstrafe in Höhe von 10.000,- € (für die Monate Juli bis Oktober 2018) aus Ziffer 9 des im Modernisierungsvergleich mit Beschluss vom 9. November 2016 vereinbarten Anspruch auf Vertragsstrafe berechtigt. Für diesen Zeitraum steht ihnen der geltend gemachte Anspruch auf Vertragsstrafe über den von dem Amtsgericht zuerkannten Anspruch hinaus zu, ohne dass eine Herabsetzung der Vertragsstrafe gerechtfertigt ist.

Die Parteien hatten sich gem. Ziffer 9 des Vergleichs darauf geeinigt, dass für den Fall, dass zu dem vereinbarten Zeitpunkt nicht alle Arbeiten in der Wohnung vollständig und fachgerecht ausgeführt und fertiggestellt waren – unter Ausnahme von ganz geringfügigen Mängeln, die die Nutzbarkeit und den Wohnwert nicht beeinträchtigen -, die Klägerin für Verzögerungen ab dem 15. November 2017 250,00 € pro Verzögerungstag, pro Monat maximal 2.500,00 € an die Beklagten zahlt.

Ausgehend davon ist die verlangte Vertragsstrafe schon aufgrund der in dem maßgeblichen Zeitraum nicht zu verzeichnenden Fertigstellung der Wohnung im Hinblick auf den nicht vollständigen Abschluss sämtlicher Arbeiten sowie aufgrund der festgestellten Mängel verwirkt, bei denen es sich nicht um von der Vertragsstrafenvereinbarung ausgenommene ganz geringfügige Mängel handelt, die die Nutzbarkeit und den Wohnwert nicht beeinträchtigten.

Angesichts der das Berufungsgericht gemäß § 314 Satz 1 ZPO bindenden tatsächlichen Feststellungen im unstreitigen Tatbestand und den Entscheidungsgründen des erstinstanzlichen Urteils lagen jedenfalls folgende Beeinträchtigungen im Zeitraum Juli bis Oktober 2018 vor:

Der Balkon war erst Ende März 2019 mit dem Aufstellen der Trennwände vollständig fertig gestellt, die erforderliche „Ausbesserung“ der Wohnungseingangstür erfolgte erst im Dezember 2018, die Heizung funktionierte mindestens bis zum 15. Oktober 2018 nicht einwandfrei, die Gegensprechanlage wurde erst am 18. Oktober 2018 fertiggestellt, ebenso der vor der Modernisierung funktionierende Kabelanschluss.

Allein diese Beeinträchtigungen erfüllen in der Gesamtschau die vereinbarten Voraussetzungen des Anspruchs auf Zahlung einer Vertragsstrafe in der vereinbarten Höhe, ebenso der ab Mitte bis Ende Oktober 2018 noch nicht fertiggestellte Balkon und die mangelhaft ausgestattete Wohnungseingangstür, weshalb dahinstehen kann, ob darüber hinaus die im Streit stehenden geltend gemachten „Mängel“ die Voraussetzungen für das Verwirken der Vertragsstrafe erfüllen:

Hinsichtlich des Balkons folgt dies aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung. Auch der Mangel an der Wohnungseingangstür stellt entgegen der Ansicht der Klägerin keinen die Vertragsstrafe ausschließenden ganz geringfügigen Mangel dar, der die Nutzbarkeit und den Wohnwert nicht beeinträchtigt. Dies folgt bereits aus Ziffer 7 der Modernisierungsankündigung vom 8. Juli 2016 (dort Seite 5), in der die Wohnwertverbesserung hinsichtlich der neu geplanten Wohnungseingangstür unter anderem mit der Falz- und Bodendichtung zur Vermeidung der Luftzirkulation begründet wird. Einhergehend damit handelt es sich bei der der Ankündigung in diesem Punkt nicht entsprechenden Ausstattung der modernisierten Wohnungseingangstür nicht um einen unbeachtlichen Mangel im Sinne der Vertragsstrafenvereinbarung. Soweit die Klägerin darauf verweist, es handele sich lediglich um eine durch nachträgliche Einstellung der Tür einfach vorzunehmende Nachbesserung, verfängt dies nicht. Abgesehen davon, dass schon nicht nachvollziehbar ist, warum dennoch erst im Dezember die Mangelbeseitigung und damit Fertigstellung der Tür erfolgte, stünde dies der Annahme eines nicht nur geringfügigen Mangels nicht entgegen, für dessen Feststellung nach der klaren Formulierung des Vergleichstextes die nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung der Kläger durch die ausgebliebene vollständige Fertigstellung der Tür maßgeblich durch die bis zur Nachbesserung fehlende Dichtung maßgeblich ist. Bezüglich des unstreitig in dem geltend gemachten Zeitraum fehlenden funktionsfähigen Kabelanschlusses reicht aus, dass ein solcher nach dem unstreitigen Tatbestand vor Beginn der Modernisierung vorhanden war mit der Folge, dass – wie es in dem Vergleich heißt – es sich dabei um eine in der Wohnung vor der Wiederherstellung des Anschlusses nicht fertiggestellte und damit ausweislich der Formulierung der Vertragsstrafenvereinbarung zu berücksichtigende Arbeit handelt.

Der Einwand der Klägerin, die Vereinbarungen bezüglich des Verwirkens der Vertragsstrafe seien eng auszulegen, nach dem Willen der Parteien sei es in erster Linie darum gegangen, den Beklagten ein Druckmittel bei quasi schikanösem Verhalten einzuräumen, ist nicht nachvollziehbar. Dieses von den Beklagten ohnehin nicht geteilte Verständnis findet in dem klar formulierten nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin sorgfältig unter Beteiligung ihres Prozessbevollmächtigten über mehrere Stunden ausgehandelten Modernisierungsvergleich als Ergebnis beidseitiger Verhandlungen mit detaillierten eindeutigen Angaben zu den Voraussetzungen für das Verwirken der pauschal bemessenen interessengerechten Vertragsstrafe keine Stütze. Dass die Parteien tatsächlich abweichend von den ausgefeilten Bestimmungen des Vergleichs übereinstimmend etwas anderes gewollt haben (§§ 133, 157 BGB), hat die Klägerin nicht annähernd konkret dargetan.

Die geltend gemachte Vertragsstrafe ist auch der Höhe nach gerechtfertigt. Eine Herabsetzung gemäß § 343 BGB scheitert bereits an der fehlenden Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf Vollkaufleute (§ 348 HGB).

Die Herabsetzung ist entgegen dem Amtsgericht auch nicht nach § 242 BGB geboten. Ausweislich des aus dem ausführlich abgestimmten Modernisierungsvergleich folgenden Sinn und Zwecks des Vertragsstrafeversprechens, wonach die nicht vollständige Beendigung der Arbeiten in der Wohnung unter Ausnahme von ganz geringfügigen Mängeln nicht nach Umfang und Ausmaß der Beeinträchtigungen gestaffelt, sondern bewusst pauschal sanktioniert werden sollte, erscheint die Vertragsstrafe nicht unangemessen. Ein ausnahmsweise eine Anpassung rechtfertigendes berechtigtes Interesse Klägerin, wie etwa im Fall von ihr nicht zu vertretender Verzögerungen zu erwägen, ist nicht ersichtlich. Hinzu kommt, dass der Klägerin die Verantwortung für den unter maßgeblicher Beteiligung ihres Prozessbevollmächtigen ausgehandelten abgestimmten Vertragsinhalt zukommt, mit der Folge, dass der Inhalt abgesehen von besonders gelagerten Umständen nicht über die Anwendung des § 242 BGB bei ausdrücklicher Nichtgeltung der Vorschrift des § 343 BGB einer allgemeinen Verhältnismäßigkeitskontrolle unterzogen werden kann, zumal die konkret vereinbarte Höhe nicht nach dem Ausmaß der Beeinträchtigung oder eines Verschuldensgrades gestaffelt sondern als pauschalierte Vertragsstrafe vereinbart ist. Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben lässt sich jedenfalls angesichts der entgegen der Ansicht des Amtsgerichts nicht nur geringfügigen, vereinzelten Abweichungen von der vertraglich geschuldeten Beschaffenheit der Mietsache kein außerordentliches Missverhältnis zu der Bedeutung der Beeinträchtigungen in der Weise feststellen, dass die Durchsetzung der Vertragsstrafe in Höhe von monatlich 2.500,00 € nicht mehr interessengerecht im Sinne der in dem Vergleich abgestimmten Verpflichtungen der Parteien wäre und damit einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben darstellen würde (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2008 – I ZR 168/05, NJW 2009, 1882, beck-online).

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch bedarf es einer Überprüfung durch das Revisionsgericht im Hinblick auf die Rechtsfortbildung oder die Wahrung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung.

 

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