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Mündliche Vereinbarung über Mietpreisreduzierung – Formnichtigkeit

LG Wiesbaden, Az.: 9 O 344/15, Urteil vom 01.12.2016

Das Versäumnisurteil des Gerichts vom 23.06.2016 zu 9 O 344/15 bleibt aufrechterhalten.

Die Beklagten haben die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von elf Zehnteln des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil darf nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden.

Tatbestand

Die Klägerin als Vermieterin nimmt die Beklagten als Mieter auf Zahlung von Mietzins in Anspruch.

Die Klägerin ist Eigentümerin der Liegenschaft………… Diese erwarb sie käuflich von Herrn., welcher die im Erdgeschoß der Liegenschaft belegene Verkaufs- und Ladenfläche mit Mietvertrag vom 30.11.2001 mit Wirkung ab dem 01.01.2002 an die Beklagten vermietete. Als Mietzins waren 1.760,00 EUR zuzüglich einer Vorauszahlung von 50,00 EUR auf die sonstigen Betriebskosten von 50,00 EUR, insgesamt also 1.810,00 EUR vereinbart. Die Eigentumsumschreibung auf die Klägerin erfolgte zum 11.08.2008. Ab Januar 2015 leisteten die Beklagten auf den Mietzins und die sonstigen Betriebskosten keinerlei Zahlungen. Die Klägerin kündigte das Mietverhältnis unter dem 11.06.2015 fristlos. Die Beklagten räumten die Mietsache zum 05.03.2016.

Mündliche Vereinbarung über Mietpreisreduzierung - Formnichtigkeit
Foto: : snowing/Bigstock

Die Klägerin behauptet und ist der Auffassung, sie könne von den Beklagten für die Zeit vom 01.01.2015 bis zum 05.03.2016 den vollen Mietzins samt Zahlungen auf die sonstigen Betriebskosten verlangen. Beachtliche Einwendungen gegen die Mietzinsforderung stünden den Beklagten nicht zu. Insbesondere treffe nicht zu, daß die Immobilie seit 2013 nicht mehr ordnungsgemäß verwaltet worden sei. Falsch sei auch, daß die Mülltonnen nicht ordnungsgemäß geleert worden seien. Die Mülltonnen hätten regelmäßig in dem zur Immobilie gehörenden Hinterhof gestanden und seien nur zu den Leerungsterminen vor das Haus gestellt worden. Allerdings keineswegs zwingend vor das Ladenlokal der Beklagten. Wenn die Beklagten dessenungeachtet die Mülltonnen aus eigenem Antrieb vor dem eigenen Ladenlokal abgestellt hätten, so hätten sie sich dies selbst zuzuschreiben. Die entsprechenden Fotografien der Beklagten seien hingegen insoweit nichtssagend und bewiesen nichts. Falsch sei auch, daß sie, die Klägerin, von den Beklagten auf irgendwelche nicht näher spezifizierten Mißstände hingewiesen worden sei. Unzutreffend sei auch, die Parteien hätten sich im Zusammenhang mit dem Umbau beziehungsweise Verkauf der C.-Passage auf einen reduzierten Mietzins von 1.000,00 EUR monatlich geeinigt. Die Beklagten hätten ihr Ladenlokal in der F.-straße betrieben. Dies habe mit tatsächlichen oder vermeintlichen Leerständen in der C.-Passage nichts zu tun. Schließlich habe sie, die Klägerin, als Vermieterin für tatsächliche oder vermeintliche Umsatzrückgänge der Beklagten infolge angeblich ausbleibender Laufkundschaft gewiß nicht einzustehen. Mit einer Vernehmung der Beklagten als Partei sei sie, die Klägerin, ausdrücklich nicht einverstanden.

Gegen die in der Sitzung vom 23.06.2016 trotz ordnungsgemäßer Ladung säumigen Beklagten hat das Gericht auf Antrag der Klägerin ein Versäumnisurteil erlassen, wegen dessen Wortlauts und Inhalts auf eben dieses Bezug genommen wird. Gegen das ihnen zu Händen ihres Prozeßbevollmächtigten am 11.07.2016 zugestellte Versäumnisurteil vom 23.06.2016 haben die Beklagten unter dem 25.07.2016 Einspruch eingelegt, den sie mit Schriftsatz vom 11.10.2016 begründet haben.

Die Klägerin beantragt, das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.

Die Beklagten beantragen, das Versäumnisurteil vom 23.06.2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Sie behaupten und sind der Auffassung, der geltend gemachte Anspruch bestehe nicht, jedenfalls nicht in der geltend gemachten Höhe. Während das Mietverhältnis bis 2013 störungsfrei verlaufen sei, habe sich die Klägerin alsdann entschlossen, das Mietobjekt grundlegend zu sanieren beziehungsweise abzureißen. Fortan sei eine ordnungsgemäße Instandhaltung beziehungsweise Verwaltung nicht mehr gewährleistet gewesen. Auch seien die Mülltonnen nicht mehr ordnungsgemäß geleert worden und hätten ständig vor dem Eingangsbereich der Beklagten gestanden, was potentielle Kunden naturgemäß abgeschreckt habe. Auf diese Mißstände hätten sie, die Beklagten, die Klägerin wiederholt hingewiesen. Wegen des Entschlusses der Klägerin, das Objekt nicht mehr zu nutzen, hätten mehrere Ladenlokale leergestanden. Folge hiervon sei ausbleibende Laufkundschaft gewesen, wodurch sie, die Beklagten, erhebliche Umsatzeinbußen erlitten hätten. Da der Beklagte zu 1) und die Klägerin Ende 2014 im Hinblick auf die bestehenden Mißstände sich auf einen reduzierten Mietzins von 1.000,00 EUR je Monat geeinigt hätten, sei die Klage jedenfalls nicht in voller Höhe begründet.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze und die zugehörigen Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Auf den zulässigen, insbesondere fristgemäßen Einspruch hin war das Versäumnisurteil vom 23.06.2016 zu 9 O 344/15 vollumfänglich aufrechtzuerhalten (§ 343 ZPO), weil die Klägerin von den Beklagten gemäß dem Mietvertrag vom 30.11.2001 die Zahlung von Mietzins für die Zeit vom 01.01.2015 bis zum 05.03.2016 in der aus dem Versäumnisurteil ersichtlichen Höhe verlangen kann (§ 535 BGB), wohingegen die Beklagten mit ihren Einwendungen hiergegen nicht durchzudringen vermochten (§§ 536 ff. BGB).

Nach dem Mietvertrag vom 30.11.2001 schulden die Beklagten einen monatlichen Mietzins in Höhe von 1.760,00 EUR zuzüglich einer Zahlung auf die sonstigen Betriebskosten in Höhe von 50,00 EUR je Monat. Hieraus errechnen sich für die Zeit vom 01.01.2015 bis zum 30.11.2015 die in dem Versäumnisurteil tenorierten 19.910,00 EUR und für die Zeit vom 01.12.2015 bis zum 05.03.2016 weitere 5.731,67 EUR.

Die Beklagten wenden hiergegen vergeblich ein, sie hätten sich mit der Klägerin Ende 2014 auf einen reduzierten Mietzins in Höhe von 1.000,00 EUR je Monat geeinigt. Ob es eine solche Einigung, wie von den Beklagten behauptet und von der Klägerin in Abrede gestellt, tatsächlich gab, mag dahinstehen. Denn sie wäre jedenfalls formnichtig (§ 125 Satz 2 BGB). Denn für Änderungen des Mietvertrages statuiert dessen § 19 das Schriftformerfordernis. Daß diesem seinerzeit Genüge getan worden wäre, wird noch nicht einmal von den Beklagten behauptet. Im übrigen sind die Beklagten für den Abschluß einer entsprechenden Mietreduzierungsvereinbarung beweislos geblieben. Andere Beweismittel als die Vernehmung ihrer Person als Partei vermögen die Beklagten nicht anzubieten. Mit einer Vernehmung der beweispflichtigen Beklagten als Partei ist die Klägerin indes nicht einverstanden (§ 447 ZPO).

Ebenfalls nicht gehört werden können die Beklagten mit dem Einwand, die Verwaltung und Instandhaltung des Mietobjektes sei in dem hier interessierenden Zeitraum unzureichend gewesen. Abgesehen davon, daß ein derartiges Vorbringen seiner Pauschalität wegen jeder Substanz entbehrt, bleibt zu konstatieren, daß die Beklagten insoweit jedenfalls beweislos geblieben sind. Insofern gelten die obigen Ausführungen zur Unzulässigkeit einer Vernehmung der Beklagten als Partei entsprechend. Die von den Beklagten vorgelegten Lichtbilder vermögen hieran nichts zu ändern. Mit Recht weist die Klägerin darauf hin, daß auf eben diesen nicht zwingend ein Dauerzustand, sondern lediglich eine Momentaufnahme abgebildet sein könne, zumal die Mülltonnen an Leerungstagen naturgemäß nicht im Hinterhof, sondern eben vor dem Haus stünden. Inwiefern es dabei der Klägerin angelastet werden können soll, daß sie in der Nähe des Eingangs zu dem Ladenlokal der Beklagten gestanden hätten, wird von den Beklagten nicht weiter erläutert.

Unerheblich ist schließlich der Einwand der Beklagten, von der Klägerin zu vertretender Leerstände wegen hätten sie, die Beklagten, ausbleibender Laufkundschaft wegen erhebliche Umsatzeinbußen erlitten. Abgesehen davon, daß eben dieser Vortrag der Beklagten rudimentär ist – weder werden die Leerstände nach Ort und Dauer näher bezeichnet noch die Umsatzeinbußen beziffert –, bleibt zu konstatieren, daß ein zur Mietminderung berechtigender Mangel der Mietsache eben hierin nicht erblickt werden kann (§§ 536 ff. BGB). Die Beklagten waren lediglich Mieter des von ihnen ehedem innegehaltenen Ladenlokals. Daß dieses selbst einen zur Mietminderung berechtigenden Mangel aufgewiesen hätte, ist weder vorgetragen noch anderweit ersichtlich. Zur Rechtfertigung der von ihnen vorgenommenen Mietkürzung berufen sich die Beklagten aber vergeblich auf tatsächlich oder vermeintlich ausgebliebene Laufkundschaft. Tatsächlich oder vermeintlich ausbleibende Laufkundschaft beziehungsweise zurückgehende Besucherzahlen begründen regelmäßig keinen Mangel im Sinne des Gewährleistungsrechts des Mietrechts. Letzteres deshalb nicht, weil die Eignung eines angemieteten Ladenlokals zum vertragsgemäßem Gebrauch durch hinter den Erwartungen zurückbleibende Besucherzahlen allenfalls mittelbar tangiert wird, was anerkanntermaßen keinen beachtlichen Mangel im Sinne der §§ 536 ff. BGB begründet (vgl. BGH, Urteil vom 21.09.2005 – XII ZR 66/03; BGH, Urteil vom 16.02.2000 – XII ZR 279/97; LG Wiesbaden, Urteil vom 22.08.2008 – 7 O 123/08). Hinzu kommt, daß das Verwendungs- und Gewinnerzielungsrisiko innerhalb eines Mietvertrages typischerweise nicht den Vermieter – dieser trägt regelmäßig das Vermietungs- und Leerstandsrisiko –, sondern den Mieter trifft. Das sind hier die Beklagten. Deren Einwand, ausbleibende Laufkundschaft hätte bei ihnen Umsatzeinbußen verursacht, geht ins Leere.

Die Zinsen rechtfertigen sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges (§§ 286, 288 BGB).

Unerheblicher Einwendungen wegen konnten die Beklagten mit ihrem Einspruch gegen das Versäumnisurteil nicht durchdringen. Vielmehr war dieses aufrechtzuerhalten.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Beklagten haben auch die weiteren Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1 und 2 ZPO. Allerdings war auszusprechen, daß die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf (§ 709 Satz 3 ZPO).

Der Streitwert wird für die Zeit bis zum 05.03.2016 auf 41.630,00 EUR und für die Zeit ab dem 06.03.2016 auf 25.641,67 EUR festgesetzt.

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