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Muss Mieter die Installation von Rauchwarnmeldern dulden?

AG Hamburg-Barmbek, Az.: 814 C 125/11, Urteil vom 29.11.2011

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Der Streitwert wird auf 500 Euro festgesetzt.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien verbindet ein Mietverhältnis über die im Klagantrag bezeichnete 1-Zimmer-Wohnung. Die Klägerin ist Eigentümerin und Vermieterin. Die beklagte Mieterin hat in der Wohnung im Januar 2011 geeignete Rauchwarnmelder fachgerecht installiert und zwar in dem einen Zimmer sowie im Flur der Wohnung.

Muss Mieter die Installation von Rauchwarnmeldern dulden?
Foto: auremar/Bigstock

Die Klägerin beabsichtigt ihrerseits, Rauchwarnmelder zu installieren und forderte die Beklagte vorgerichtlich mehrfach erfolglos auf, die Installation zu dulden.

Die Klägerin hält sich für gesetzlich verpflichtet und in der Kehrseite für berechtigt zum Einbau eigener Rauchwarnmelder.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, Mitarbeitern einer von der Klägerin beauftragten Firma nach vorheriger Ankündigung in der Zeit zwischen 9:00 Uhr und 13:00 Uhr sowie 15:00 Uhr und 18:00 Uhr den Zutritt zu der Wohnung, Hamburg, zu gewähren und in den zum Schlafen oder von Kindern genutzten Raum/Räumen sowie im Flur der Wohnung jeweils die Installation eines Rauchwarnmelders an der Decke des Raumes zu dulden.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, eine Verpflichtung zu Duldung bestehe nicht.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Randnummer 10

I. HbauO

Der Klägerin steht kein Duldungsanspruch aus § 45 VI S.3 HBauO zu. Die Vorschrift besagt, dass in Hamburg belegene und bei Verkündung des Gesetzes bereits vorhandene Wohnungen bis zum 31.12.2010 mit Rauchwarnmeldern auszurüsten sind.

A.

Die Vorschrift benennt indes – anders als zum Beispiel die entsprechende Vorschrift der Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern, dort § 48 IV LBauO – keinen Verpflichteten. Der Normadressat ist nicht bezeichnet.

Adressat bauordnungsrechtlicher Pflichten ist grundsätzlich der Bauherr.

Diesen aber hat die Rechtsvorschrift über die Nachrüstungsverpflichtung des vorhandenen Wohnungsbestandes ersichtlich nicht gemeint. Ob indes der Eigentümer, der Vermieter oder der Mieter (oder alle drei) durch die Regelung verpflichtet sind, erschließt sich aus der HBauO nicht. Anders als zum Beispiel für die in § 4 II HBauO geregelte Verpflichtung zum Anschluss an das öffentliche Wasserversorgungsnetz, die nach ausdrücklichem Wortlaut der Norm dem Eigentümer obliegt, lässt § 45 VI S.3 HBauO offen, wer die Nachrüstung vornehmen muss. Die Norm beschreibt nur einen zu erreichenden Zustand der Wohnung.

Das Nicht-Erreichen dieses Zustandes ist auch nicht ordnungsgeldbewährt. Aus § 80 HBauO (Ordnungswidrigkeiten) lässt sich daher nicht rückschließen, wer zur Nachrüstung verpflichtet ist. Schließlich schweigt auch der Gesetzentwurf zur Neufassung der Hamburgischen Bauordnung zum 01.04.2006, in welchem die hier gegenständliche Nachrüstungsverpflichtung eingeführt wurde, zu der Frage, wer gemäß § 45 VI S.3 HBauO verpflichtet ist (vergl. Gesetzentwurf Senat – Drucksache 18/2549 – vom 05.07.2005; Begründung zu § 45 Absatz 6).

Eine Verpflichtung der Klägerin zur Nachrüstung der Wohnung mit Rauchwarnmeldern ist daher dem Gesetz nicht zwingend zu entnehmen, schon gar nicht eine ausschließliche Verpflichtung des Wohnungseigentümer oder des Vermieters.

B.

Aber selbst wenn angenommen werden soll, die Klägerin sei als Eigentümerin und Vermieterin mindestens auch durch die Vorschrift der Hamburgischen Landesbauordnung zur Nachrüstung verpflichtet, und wenn darüber hinaus weiter angenommen werden soll, dass eine solche öffentlich-rechtliche Verpflichtung gemäß § 242 BGB die zivilrechtliche Durchschlagskraft hat, einen Duldungsanspruch hinsichtlich der mit der Erfüllung der Verpflichtung einhergehenden Besitzstörung des Mieters zu begründen, so wäre eine solche Verpflichtung doch – hier von Seiten Dritter – bereits erfüllt, so dass eine korrespondierende zivilrechtliche Berechtigung nicht hergeleitet werden kann, denn die bauordnungsrechtlich gesetzlich gebotenen Rauchwarnmelder sind installiert. Bauordnungsrechtlich gibt es keinerlei Ansatzpunkt dafür, dass der von Gesetzes wegen zu erreichende Zustand der Nachrüstung mit Rauchwarnmeldern allein durch den oder jedenfalls auf Veranlassung des Eigentümer(s)/Vermieter(s) hergestellt werden darf. Auch die Installation durch Dritte, möglicherweise ihrerseits sogar selbst Verpflichtete, siehe oben, wird den Anforderungen der HbauO gerecht.

Zivilrechtlich mag der Vorgang als Geschäftsführung ohne Auftrag oder nach § 267 BGB erfasst werden. Das ist vorliegend unerheblich. Jedenfalls begründet sich aus der HBauO kein Duldungsanspruch (mehr), wenn der Mieter bereits selbst in dem bauordnungsrechtlich gebotenen Umfang Rauchwarnmelder fachgerecht installiert hat.

II. § 554 II BGB

A.

Der Klägerin steht auch kein Anspruch aus § 554 II BGB zu.

Grundsätzlich stellt der Einbau von Rauchwarnmeldern eine Maßnahme zur Verbesserung der Mietsache dar (einhellige Auffassung, vergl. AG Hagenow, Urteil vom 01.04.2010, Aktenzeichen 10 C 359/09; AG Hamburg-Bergedorf, Urteil vom 16.11.2009, Aktenzeichen 410d C 181/09; AG Hamburg-Blankenese, Urteil vom 16.02.2011, Aktenzeichen 531 C 341/10).

Es handelt sich um eine Bagatellmodernisierung im Sinne von § 554 III S. 3 BGB.

Solche Maßnahmen hat der Mieter nach den Einzelheiten der Vorschrift des § 554 BGB zu dulden.

B.

Indes liegt keine Verbesserung der Mietsache vor, wenn die gemietete Wohnung bereits in jenem Zustand ist, in den sie der Vermieter nunmehr versetzen möchte. Die Wohnung wird nicht dadurch besser, dass die Rauchwarnmelder vom Vermieter (oder auf seine Veranlassung) angeschraubt werden.

C.

Verbessert wird lediglich der vermieterseitig zur Verfügung gestellte Ausstattungszustand der Wohnung. Für das erkennende Gericht bestehen insoweit jedoch bereits grundsätzliche Bedenken, ob § 554 II S.1 BGB Wohnraummodernisierungen unter Verdrängung vorhandener, gleichwertiger Mietereinbauten erlaubt (oder ob dieser Gesichtspunkt erst und nur bei der Zumutbarkeitsregelung gemäß § 554 II S.2-4 BGB zu berücksichtigen ist).

Dabei geht es ja nicht nur um die Rauchwarnmelderfälle. Mit gleicher Argumentation könnte der Vermieter ja auch eine mieterseitig eingebrachte Einbauküche verdrängen, wenn er während des laufenden Mietverhältnisses den Wunsch entwickelt, die Wohnung nun vermieterseitig mit einer Einbauküche zu versehen.

Der Gedanke lässt sich auf zahlreiche andere Ausstattungsmerkmale erstrecken.

Nach Auffassung des Gerichts muss § 554 II S.1 BGB einschränkend dahingehend ausgelegt werden, dass Modernisierungsmaßnahmen des Vermieters vom Mieter nicht geduldet werden müssen, wenn der Mieter eben jene Verbesserung der Mietsache inhaltsgleich bereits (in mietrechtlich zulässiger Weise!) vorgenommen hat.

D.

Selbst wenn grundsätzlich eine Duldungspflicht für solche Modernisierungsmaßnahmen bestehen sollte, die nicht die Ausstattung der Wohnung als solche verbessern, sondern nur den vermieterseitigen Anteil an dieser Ausstattung erhöhen, so wäre es doch für die Beklagte im vorliegenden Fall eine Härte, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen des Vermieters nicht zu rechtfertigen ist.

aa. Eine die Duldungspflicht ausschließende Härte ist nicht allein deshalb zu verneinen, weil es sich nur um eine vergleichsweise unbedeutende Beeinträchtigung handelt. Auch Bagatelleingriffe können eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung darstellen, gerade in Relation zu dem mit ihnen verfolgten Nutzen.

bb. Für die Prüfung einer nicht zu rechtfertigenden Härte sind insbesondere folgende Umstände zu berücksichtigen:

  • die Auswirkungen der durchzuführenden Arbeiten
  • deren Folgen für den Mietgebrauch
  • vorausgegangene Verwendungen des Mieters und
  • die zu erwartende Mieterhöhung, sofern nicht nur ein allgemein üblicher Zustand geschaffen wird (Aufstellung zitiert nach Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Aufl. Rn. VII 135).

cc. Das letztgenannte Kriterium ist offensichtlich ohne Belang, denn es handelt sich um die Herstellung eines allgemein üblichen, seit 01.01.2011 sogar gesetzlich gebotenen Zustandes (s.o., § 45 VI HBauO).

dd. Die durchzuführenden Arbeiten haben lästige Auswirkungen. Sie sind damit verbunden, Dritten Zutritt zur Wohnung zu verschaffen, d.h. für vollzeitberufstätige Mieter wie die Beklagte in der Regel mit der „Investition“ eines Urlaubstages. Sie sind in geringem Umfang auch mit Lärm und Staub und den üblichen Wohnungsverunreinigungen durch Handwerker infolge der Installation verbunden.

ee. Die Ausstattung der Wohnung mit vermietereigenen Rauchwarnmeldern hat vor allem negative Folgen für den Mietgebrauch, denn vom Vermieter installierte Geräte sind, sofern nichts anderes vereinbart wird, auch von ihm zu warten. Das heißt, es ist eine in der Regel jährliche Funktions- und Sichtprüfung, ggf. ein Batterietausch erforderlich und in der Folge der vermieterseitigen Installation ebenfalls zu dulden. Das bedeutet wiederum, Dritten Zutritt zur Wohnung zu verschaffen, also für vollzeitberufstätig Mieter in der Regel alljährlich einen Urlaubstag preiszugeben (neben den Tagen für Heizungs-, Warmwasser- und Kaltwasserverbrauchsablesung und sonstigen Anlässen). Darüber hinaus mag es auch zu einer Erhöhung der Betriebskosten führen, wenn die Kosten der jährlichen Funktions- und Sichtprüfung umlagefähig sind (str., vergl. dagegen Langenberg in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9. Aufl., § 556 Rn. 230; dafür Kinne, Grundeigentum 2008, S. 1029 f).

ff. Schließlich werden vorausgegangene Verwendungen des Mieters zur Herstellung eben jener Modernisierung, die nunmehr vermieterseitig durchgeführt werden soll, in voller Höhe nutzlos.

gg. Diesen im einzelnen zwar geringfügigen, in der Summe aber nicht unbeachtlichen Beeinträchtigungen des Mieters stehen keine beachtlichen Interessen des Vermieters gegenüber.

Welches Interesse könnte der Vermieter daran haben, eigene Rauchwarnmelder zu installieren?

aaa. Der Umstand, Verpflichtungen aus § 45 VI HBauO gerecht zu werden, entfällt, s.o.

bbb. Das Interesse, den dauerhaften funktionsfähigen Fortbestand der Installation zu gewährleisten, lässt sich auch auf anderem Wege erreichen, z.B. durch Übernahme einer Wartungsverpflichtung seitens des Mieters. Erst wenn dieser sich nicht dazu bereit erklärt, die von ihm angebrachten Rauchwarnmelder auch rechtsverbindlich gegenüber dem Vermieter selbst ordnungsgemäß zu warten, mag ein Interesse des Vermieters an der Installation eigener Rauchwarnmelder erkennbar werden. Dieser Fall liegt hier nicht vor.

ccc. Bleibt das Verwaltungsvereinfachungsinteresse: Wenn alle Wohnungen einer Anlage vermieterseitig ausgestattet sind, ist die Wartung (und ggf. die Kostenumlage) natürlich einfacher als dann, wenn einzelne Wohnungen wegen vorangegangener mieterseitiger Installation herausfallen. Insoweit stellt sich aber bereits die Frage, ob es sich dabei um ein „berechtigtes“ Interesse im Sinne vom § 554 II S.2 BGB handelt. Jedenfalls aber erscheint es unvertretbar, dem Mieter die oben aufgezeigten Belastungen aufzuerlegen, nur um die Verwaltung auf Vermieterseite zu vereinfachen (so aber wohl AG Blankenese, a.a.O., „Dispositionsbefugnis“ des Vermieters; „Eingriff“ in die Verwaltungspraxis durch mietereigenen Rauchwarnmelder).

Im Ergebnis dieser Abwägung sieht das erkennende Gericht daher, soweit § 554 II BGB überhaupt die vermieterseitige Ausstattung der Wohnung unter Verdrängung bereist zulässig vorgenommener gleichartiger mieterseitiger Installationen umfasst (s.o., C.), den Einbau der Rauchmelder durch die Klägerin jedenfalls als unzumutbare Härte für die beklagte Mieterin an, mit der Folge, dass ein Duldungsanspruch aus § 554 II BGB nicht besteht.

III.

Andere Rechtsgrundlagen sind nicht ersichtlich. Die Klage ist daher abzuweisen.

IV.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711, 3, 511 IV ZPO.

Hinsichtlich der Streitwertfestsetzung geht das Gericht davon aus, dass es sich eindeutig um eine Bagatellsache handelt. Die wirtschaftliche Bedeutung der Angelegenheit für die Klägerin ist marginal.

Indes war die Berufung zuzulassen, weil es, soweit ersichtlich, bislang keine landgerichtliche Entscheidung, wohl aber abweichende amtsgerichtliche Entscheidungen zu der Frage gibt, ob der Mieter den Einbau von Rauchwarnmeldern durch den Vermieter in gesetzliche gebotenem Umfang in der Mietwohnung dulden muss, wenn er selbst bereits in diesem Umfang geeignete Rauchwarnmelder eingebaut hat. Insoweit hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung.

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