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Nach Ablauf Frist Betriebskostenabrechnung kein Anspruch auf Betriebskostenvorauszahlungen

LG Aachen – Az.: 2 S 245/15 – Urteil vom 10.03.2016

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 28.07.2015 – 108 C 139/14 – teilweise abgeändert und unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen insgesamt wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 557,38 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 06.07.2014 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz haben die Klägerin zu 80 % und der Beklagte zu 20 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 74 % und der Beklagte zu 26 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Wegen der tatsächlichen Feststellungen wird nach §§ 313a Abs. 1, 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand der angegriffenen Entscheidung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die in formeller Hinsicht unbedenkliche Berufung hat teilweise Erfolg.

1. Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf unterzahlte Betriebskostenvorauszahlungen für das Jahr 2011 in Höhe von 484,00 € (11 x 44,00 € für die Monate Februar bis Dezember 2011) und für das Jahr 2012 in Höhe von 864,00 € (12 x 72,00 €) zu.

Denn die Klägerin hat bereits über die Betriebskosten für die Jahre 2011 und 2012 abgerechnet. Ferner ist auch die Abrechnungsfrist des § 556 Abs. 3 S. 2 BGB bereits abgelaufen.

In Abkehr von der bisherigen Rechtsprechung schließt sich die Kammer – wie auch das Amtsgericht – jedenfalls für den hier vorliegenden Fall der im Vordringen befindlichen Auffassung an, dass der Vermieter nach Ablauf der Abrechnungsfrist keinen Anspruch auf die nicht geleisteten Vorauszahlungen hat, wenn er – wie hier – in die Betriebskostenabrechnung statt der tatsächlich geleisteten Vorschüsse die Sollvorauszahlungen einstellt, ohne dies deutlich zu machen (ebenso KG, Hinweisbeschluss vom 16.06.2014, 8 U 29/14, zit. nach juris; LG Bonn, Urteil vom 16.01.2014, 6 S 43/13, zit. nach NZM 2014, 387; LG Krefeld, Beschluss vom 10.11.2010, 2 S 34/10, zit. nach juris; Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, 12. Auflage 2015, § 556 S2. 473; Langenberg/Langenberg, Betriebskosten- und Heizkostenrecht, 7. Auflage 2014, J Betriebskostenprozess S2. 47).

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann der Vermieter Betriebskostenvorauszahlungen nur so lange geltend machen, als eine Abrechnung noch nicht erteilt und die Abrechnungsfrist noch nicht abgelaufen ist. Nach dem Eintritt der Abrechnungsreife richtet sich der Anspruch des Vermieters dagegen nur noch auf einen möglicherweise zu seinen Gunsten ergebenden Saldo aus der Betriebskostenabrechnung (BGH, Urteil vom 26.09.2012, XII ZR 112/10, zit. nach NZM 2013, 85, 88; Urteil vom 30.03.2011, VIII ZR 133/10, zit. nach NZM 2011, 478, 479).

Ist dieser Saldo falsch errechnet worden, indem der Vermieter (versehentlich) zu hohe (Soll-)Vorauszahlungen in die Abrechnung eingestellt hat, kann der Vermieter die Betriebskostenabrechnung nach Ablauf der Frist aus § 556 Abs. 3 S. 2 BGB nicht mehr zum Nachteil des Mieters korrigieren (BGH, Urteil vom 30.03.2011, VIII ZR 133/10, zit. nach NZM 2011, 478, 479).

Dies gilt erst recht für den Fall, dass der Vermieter – wie hier – bewusst zu hohe Vorauszahlungen in die Abrechnung eingestellt hat in dem Wissen, dass die tatsächlich geleisteten Vorauszahlungen des Mieters geringer waren.

Denn nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes hat der Vermieter in der Betriebskostenabrechnung die Vorauszahlungen anzusetzen, die der Mieter für den Abrechnungszeitraum tatsächlich geleistet hat. Stellt er statt der Ist-Vorauszahlungen die Soll-Vorauszahlungen in die Abrechnung ein, ist die Betriebskostenabrechnung nicht materiell ordnungsgemäß erstellt worden, sondern weist einen inhaltlichen Fehler auf (BGH, Urteil vom 18.05.2011, VIII ZR 240/10, zit. nach NZM 2011, 627, 628; Beschluss vom 23.09.2009, VIII ZA 2/08, zit. nach NZM 2009, 906, 906).

Der Vermieter, der die Betriebskostenabrechnung – wie hier – auf Basis der Soll-Vorauszahlungen erstellt in dem Wissen, dass diese gar nicht (vollständig) geleistet worden sind, erstellt damit bewusst eine inhaltlich falsche Abrechnung. Mangels Schutzwürdigkeit darf er sodann nicht besser behandelt werden, als der Vermieter, der versehentlich – wie in dem Ausgangsfall des Bundesgerichtshofes – zu hohe Vorauszahlungen in die Abrechnung einstellt.

Dies entspricht auch dem Wortlaut sowie dem Sinn und Zweck der Regelung des § 556 Abs. 3 S. 2 + 3 BGB. Der Wortlaut des § 556 Abs. 3 S. 3 BGB bezieht sich auf sämtliche Nachforderungen des Vermieters aus der Betriebskostenabrechnung. Es ist dem Wortlaut nicht zu entnehmen, dass die Vorschrift nicht den Fall umfasst, dass zu hohe Betriebskosten in die Abrechnung eingestellt wurden und nunmehr die unterzahlten Betriebskosten geltend gemacht werden.

Die Abrechnungsfrist des § 556 Abs. 3 S. 2 BGB und der durch § 556 Abs. 3 S. 3 BGB angeordnete Ausschluss von Nachforderungen nach Fristablauf dienen der Abrechnungssicherheit und sollen Streit vermeiden. Sie gewährleisten eine zeitnahe Abrechnung, damit der Mieter in einem überschaubaren zeitlichen Zusammenhang mit dem Abrechnungszeitraum entweder über ein sich bei der Abrechnung zu seinen Gunsten ergebendes Guthaben verfügen kann oder Gewissheit darüber erlangt, ob und in welcher Höhe er mit einer Nachforderung des Vermieters rechnen muss (vgl. BGH, Urteil vom 12.01.2011, VIII ZR 296/09, zit. nach NZM 2011, 241, 242 f.; Urteil vom 12.12.2007, VIII ZR 190/06, zit. nach NZM 2008, 204, 204, jeweils m.w.N). Dieser Zweck würde verfehlt, wenn der Vermieter entweder die in der Betriebskostenabrechnung fälschlicherweise in Ansatz gebrachten Soll-Vorauszahlungen korrigieren könnte oder die unterzahlten Vorauszahlungen neben dem Saldo der Betriebskostenabrechnung geltend machen könnte.

Dem Beklagten ist es hier auch nicht gemäß § 242 BGB verwehrt, die Klägerin an dem zu Unrecht erfolgten Einstellen der Soll-Vorauszahlungen in die Betriebskostenabrechnungen festzuhalten (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 30.03.2011, VIII ZR 133/10, zit. nach NZM 2011, 478, 479). Zum einen hat die Klägerin die eingestellten Vorauszahlungen nicht als Soll-Vorauszahlungen bezeichnet, so dass der unterlaufene Fehler für den Beklagten – anders als bei der zuvor zitierten Entscheidung des Bundesgerichtshofes – nicht offensichtlich war. Zum anderen kann die Kenntnis der BGH-Rechtsprechung, dass anstelle der Soll-Vorauszahlungen die tatsächlich geleisteten Vorauszahlungen in eine Betriebskostenabrechnung einzustellen sind, bei der Klägerin als gewerblicher Großvermieterin vorausgesetzt werden.

2. Der Klägerin steht dagegen gegen den Beklagten ein Anspruch auf Nachforderung aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2010 in Höhe von 766,11 € und aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2011 in Höhe von 7,44 € zu. Von diesen Salden sind die klägerseits in die Klageaufstellung aufgenommen Positionen „Guthaben Heizkostenabrechnung 2009“ in Höhe von 80,17 €, „Überzahlung Betriebskostenvorauszahlungen 02+03/2010“ in Höhe von 52,00 € und „Überzahlung Heizkostenvorauszahlungen 01-03/2010“ in Höhe von 84,00 € in Abzug zu bringen, so dass sich der Anspruch der Klägerin auf 557,38 € beläuft.

a) Die Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2010 und 2011 sind formell ordnungsgemäß.

Formell ordnungsgemäß ist eine Nebenkostenabrechnung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, wenn sie den allgemeinen Anforderungen des § 259 BGB entspricht, also eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthält. Ob die Nebenkostenabrechnung die Voraussetzungen erfüllt, die an ihre Wirksamkeit zu stellen sind, richtet sich nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes danach, ob der Mieter in der Lage ist, die zur Verteilung anstehenden Kostenpositionen zu erkennen und anhand des ihm mitgeteilten Verteilerschlüssels den auf ihn entfallenden Anteil an diesen Kosten rechnerisch nachzuprüfen (BGH, Urteil vom 09.10.2013, VIII ZR 22/13; Urteil vom 23.06.2010, VIII ZR 227/09; Urteil vom 17.11.2004, VIII ZR 115/04). Hiernach sind bei Gebäuden mit mehreren Wohneinheiten regelmäßig folgende Mindestangaben in die Abrechnung aufzunehmen: Eine Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und ggf. Erläuterung der zugrunde gelegten Umlageschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters, der Abzug seiner Vorauszahlungen sowie die gedankliche und rechnerische Verständlichkeit. Sie hat grundsätzlich dem durchschnittlichen Verständnisvermögen eines juristisch und betriebswirtschaftlich nicht geschulten Mieters zu entsprechen. Bei der Abrechnung über eine Wirtschaftseinheit sind die Kosten der gesamten Einheit anzugeben (LG Aachen, Urteil vom 15.11.2012, 2 S 280/12; Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, 12. Auflage 2015, § 556 S2. 340). Darüber hinaus gilt hinsichtlich der Angabe und Erläuterung der Umlageschlüssel: Entfallen manche Betriebskosten nur auf einzelne Häuser oder nehmen die beteiligten Häuser in unterschiedlichem Umfang an denselben Kosten teil, sind die Kosten entsprechend zuzuordnen, was anhand der jeweils ausgewiesenen relevanten Flächen bestimmbar sein muss (LG Aachen, Urteil vom 15.11.2012, 2 S 280/12; Schmidt-Futterer/Langenberg, Mietrecht, 12. Auflage 2015, § 556 S2. 340).

Diese Voraussetzungen erfüllen die Abrechnungen. Die Klägerin hat in den Betriebskostenabrechnungen unter Ziff. 5 die Abrechnungseinheiten und Umlegungsgrößen verständlich dargestellt. Einer näheren Erläuterung der verwandten Umlegungsgrößen bedurfte es dabei nicht, da diese von sich heraus verständlich sind. Ferner hat sie unter Ziff. 6 die Vorverteilungen nachvollziehbar offengelegt. Anhand dieser Vorgaben hat sie unter Ziff. 4 die auf den Beklagten entfallenden Betriebskosten in verständlicher Art und Weise berechnet. Eine rechnerische Nachprüfbarkeit ist für den Beklagten gegeben.

Dies betrifft insbesondere auch die Aufzugskosten. Insofern ist es nachvollziehbar dargelegt, dass die Positionen „Aufzugskosten TÜV“, „Aufzugskosten Notruf“, „Kosten Aufzugsanlage“ innerhalb der Abrechnungseinheit A (= A. T, Aachen) ohne Vorverteilung anhand der Wohnfläche (Gesamtwohnfläche = 5.502,91 qm; auf den Beklagten entfallende Wohnfläche = 64,00 qm) umgelegt werden. Ferner werden die Positionen „Aufzugskosten Wartung“ und „Aufzugskosten Strom“ zunächst entsprechend den näheren Ausführungen unter Ziff. 6 vorverteilt und sodann ebenfalls innerhalb der Abrechnungseinheit A anhand der Wohnfläche umgelegt. Ob die verschiedenen Kosten tatsächlich in dieser Höhe angefallen sind, ist keine Frage der formellen Ordnungsgemäßheit der Betriebskostenabrechnungen.

Ebenso berührt das fehlerhafte Einstellen der Soll-Vorauszahlungen anstelle der Ist-Vorauszahlungen nicht die formelle Wirksamkeit der Betriebskostenabrechnungen (BGH, Urteil vom 18.05.2011, VIII ZR 240/10, zit. nach NZM 2011, 627, 628; Beschluss vom 23.09.2009, VIII ZA 2/08, zit. nach NZM 2009, 906, 906).

b) Die Betriebskostenabrechnungen der Jahre 2010 und 2011 sind ferner materiell nicht zu beanstanden.

Die Klägerin hat insbesondere hinreichend substantiiert dargelegt, dass sie zur Bildung von Wirtschaftseinheiten und Abrechnung nach dieser berechtigt ist. Die Bildung einer Wirtschaftseinheit verstößt nicht gegen die Vorgabe einer objektbezogenen Abrechnung.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist der Vermieter preisfreien Wohnraums berechtigt, bei der Abrechnung der umlagefähigen Betriebskosten nach billigem Ermessen gemäß § 315 BGB mehrere von ihm verwaltete und der Wohnnutzung dienende Gebäude vergleichbarer Bauweise, Ausstattung und Größe zu einer Abrechnungseinheit zusammenzufassen, wenn der Mietvertrag keine Festlegung enthält; ein unabweisbares (technisches) Bedürfnis für eine gebäudeübergreifende Abrechnung ist nicht erforderlich (BGH, Urteil vom 20.10.2010, VIII ZR 73/10; LG Aachen, Urteil vom 15.11.2012, 2 S 280/12; Langenberg/Langenberg, Betriebskosten- und Heizkostenrecht, 7. Auflage 2014, F. Umlageschlüssel S2. 131). Für preisgebundenen Wohnraum, für welchen eine Förderzusage vor dem 01.01.2002 – wie hier – erteilt wurde, gilt, dass die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Satz 2, Satz 3 II. BV erfüllt sein müssen (BGH, Urteil vom 20.07.2005, VIII ZR 371/04; LG Aachen, Urteil vom 15.11.2012, 2 S 280/12; Langenberg/Langenberg, Betriebskosten- und Heizkostenrecht, 7. Auflage 2014, F. Umlageschlüssel S2. 124, 127). Nach Satz 3 des § 2 Abs. 2 II. BV ist eine Wirtschaftseinheit eine Mehrheit von Gebäuden, die demselben Eigentümer gehören, in örtlichem Zusammenhang stehen und deren Errichtung ein einheitlicher Finanzierungsplan zugrunde gelegt wurde.

Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 2 Satz 2, Satz 3 II. BV hat die Klägerin ausreichend dargelegt. Die Klägerin hat die „Bestandskarte P“, die Bescheide über die Bewilligung der Förderung mit öffentlichen Mitteln für sämtliche Liegenschaften aus den Jahren 1969 und 1971 und die Zusatzberechnung zur Wirtschaftlichkeitsberechnung vorgelegt und unbestritten weiter vorgetragen, dass die Liegenschaften demselben Eigentümer, nämlich der Klägerin, gehören und in unmittelbarer Nachbarschaft liegen. Der einheitliche Finanzierungsplan, der zusammenhängende Errichtungszeitpunkt und die gleiche Nutzungsart können den vorgelegten Unterlagen entnommen werden. Auch wenn die Preisbindung zwischenzeitlich beendet ist, bleibt eine ursprünglich zulässig gebildete Wirtschaftseinheit bestehen (vgl. Langenberg/Langenberg, Betriebskosten- und Heizkostenrecht, 7. Auflage 2014, F. Umlageschlüssel S2. 125).

Auch materiell sind insbesondere die umgelegten Aufzugskosten nicht zu beanstanden. So ist es zum einen nachvollziehbar, dass im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Aufzugs verschiedene Kostenpunkte anfallen. Zum anderen ist es auch verständlich, dass einige dieser Kosten vorzuverteilen sind und andere nicht, da es teilweise kostengünstiger ist, einzelne Leistungen über die konkrete Abrechnungseinheit hinaus in Anspruch zu nehmen, so dass teilweise eine Vorverteilung vorzunehmen ist. Anhaltspunkte dafür, dass die einzelnen Kosten nicht entstanden sind, sind nicht ersichtlich. Auch die Beklagte erhebt insofern keine konkreten Einwendungen und legt auch nicht dar, dass sie mögliche Erkenntnisse durch Einsichtnahme in die Belege gewonnen hat.

c) Die unstreitig eingetretene Mietminderung für den Zeitraum von März 2010 bis Februar 2013 in Höhe von 41,60 € monatlich, führt zu keiner Reduzierung der Nebenkostennachforderung.

Zutreffend und im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundegerichtshofes führt der Beklagte aus, dass Bemessungsgrundlage einer Mietminderung die Bruttomiete, also der Mietzins einschließlich aller Nebenkosten, ist (BGH, Urteil vom 06.04.2005, XII ZR 225/03, zit. nach NZM 2005, 455; Urteil vom 20.07.2005, VIII ZR 347/04, zit. nach NZM 2005, 699). Der Bundesgerichtshof betont jedoch auch, dass es einer anteiligen Aufteilung der beanspruchten Minderung auf die Nettomiete und die Betriebskosten nicht bedarf (BGH, Urteil vom 13.04.2011, VIII ZR 223/10, zit. nach NZM 2011, 453, 453). Da sich die Minderung, soweit sie gerechtfertigt ist, auf die Gesamtmiete einschließlich aller Nebenkosten bezieht, kann erst auf Grund der Jahresabrechnung der Betriebskosten abschließend ermittelt werden, ob hinsichtlich der Gesamtmiete unter Berücksichtigung der gerechtfertigten Minderung noch eine Nachforderung des Vermieters oder ein Guthaben des Mieters besteht. Dafür ist es unerheblich, ob und ggf. wie die monatlich einbehaltenen Beträge auf die Nettomiete einerseits und die Betriebskostenvorauszahlung andererseits angerechnet werden. Für das rechnerische Gesamtergebnis spielen die unterschiedlichen Abrechnungsmöglichkeiten keine Rolle. Die unterschiedlichen Abrechnungsweisen führen alle zum gleichen Ergebnis (BGH, Urteil vom 13.04.2011, VIII ZR 223/10, zit. nach NZM 2011, 453, 453 f.).

Hier hat die Klägerin die Verrechnung ausdrücklich und ausschließlich auf die Netto-Kaltmiete vorgenommen. Sie erklärt dies – nachvollziehbar – damit, dass der Beklagte in seinem Schriftsatz vom 25.07.2012 erklärt hat, die Miete aufgrund der Minderung um die Mieterhöhung, die ausschließlich die Netto-Kaltmiete betrifft, gekürzt zu zahlen (Anlage K12 Bl. 139 d.A.).

Da dies zu keiner Schlechterstellung des Beklagten führt und das rechnerische Gesamtergebnis auch bei einer anderen Anrechnungsweise der Mietminderung alles in allem zu einer Nachforderung der Klägerin in Höhe von 766,11 € und 7,44 € führt, ist ein Abzug wegen der Mietminderung nicht vorzunehmen. Zu berücksichtigen ist insofern auch, dass die Betriebskostenvorauszahlungen in voller Höhe anhand der Soll-Vorauszahlungen – wenn auch in fehlerhafter Weise – in die Abrechnung eingeflossen sind, was auch gegen eine Schlechterstellung des Beklagten spricht.

d) Die Klägerin hat in der Erläuterung zur Zusammensetzung der Klageforderung ausdrücklich die Positionen „Guthaben Heizkostenabrechnung 2009“ in Höhe von 80,17 €, „Überzahlung Betriebskostenvorauszahlungen 02+03/2010“ in Höhe von 52,00 € und „Überzahlung Heizkostenvorauszahlungen 01-03/2010“ in Höhe von 84,00 € in Abzug gebracht, so dass die Nachforderungsbeträge entsprechend zu kürzen sind. Insbesondere hat die Klägerin durch den Abzug der Position „Überzahlung Betriebskostenvorauszahlungen 02+03/2010“ berücksichtigt, dass in der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2010 lediglich Vorauszahlungen in Höhe von 1.188,00 € anstelle der unstreitig geleisteten 1.240,00 € (Differenz = 52,00 €) in Ansatz gebracht wurden.

3. Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Höhe von 229,55 € und Mahngebühren in Höhe von 5,00 € nach §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB zu.

Die Klägerin hat einen solchen Anspruch nicht hinreichend substantiiert dargelegt. Es fehlt an einem hinreichend konkreten Vortrag dazu, in Bezug auf welche Forderungen die Rechtsanwälte M tätig wurden und auf welche Forderungen sich die beiden vorgerichtlichen Mahnschreiben bezogen. Es ist deshalb nicht erkennbar, ob die beiden Nachforderungen aus den Betriebskostenabrechnungen 2010 und 2011 Gegenstand der vorgerichtlichen anwaltlichen Tätigkeit und der Mahnschreiben waren.

Die Klägerin erläutert auch nach dem Hinweis des Beklagten, dass überhaupt nicht nachvollziehbar sei, für welche konkrete Forderung die Rechtsanwälte M sich überhaupt bestellt hätten und tätig geworden seien, nicht, was Gegenstand der Beauftragung war. Es werden ferner keine vorgerichtlichen anwaltlichen Schriftsätze der Anspruchsbegründung beigefügt, so dass auch aus dem Inhalt dieser keine Rückschlüsse gezogen werden können. Insbesondere kann dem Umstand, dass die Klägerin die Klageforderung vollständig der Berechnung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zugrunde legt, nicht entnommen werden, dass sich die Tätigkeit der Rechtsanwälte auf sämtliche Forderungen einschließlich der Betriebskostennachforderungen bezog. Denn die Rechtsanwaltsgebühren sind schon zu einem Zeitpunkt in das Mietkonto eingestellt worden, als noch nicht sämtliche später klageweise geltend gemachte Forderungen entstanden waren. Dies ist der Position der Rechtsanwaltskosten in dem Mietkonto zu entnehmen. Es ist dadurch ausgeschlossen, dass sich die Tätigkeit auf sämtliche Forderungen bezog, so dass näherer Vortrag erforderlich gewesen wäre.

Gleiches gilt in Bezug auf die beiden Mahnschreiben.

4. Die Zinsforderung ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

6. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (vgl. § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO). Vielmehr sind alle als Ausgangspunkt bei der Entscheidung der Kammer in Ansatz zu bringenden Gesichtspunkte in der Rechtsprechung des Bundesgerichts hinreichend geklärt. Außerdem handelt es sich um eine reine Einzelfallentscheidung.

Berufungsstreitwert: 2.139,93 €

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