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Nebenkosten bei Gewerberaummietvertrag – Doppelte Umsatzsteuer

Das Landgericht Mannheim hat entschieden, dass Vermieter von Gewerberäumen bei der Nebenkostenabrechnung die volle Umsatzsteuer auf alle Nebenkosten erheben dürfen, auch wenn diese nicht mit Vorsteuer belastet sind. Die Revision wurde zugelassen, da es sich um eine grundsätzliche Rechtsfrage handelt, die bisher vom Bundesgerichtshof noch nicht entschieden wurde. Das Urteil stellt klar, dass Mieter keinen Anspruch auf Rückzahlung von vermeintlich zu viel gezahlten Nebenkosten haben, wenn der Vermieter zur Regelbesteuerung optiert hat.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 4 S 45/23

✔ Kurz und knapp


  • Der Vermieter muss bei einer Option zur Regelbesteuerung auf die Gesamtsumme der Nettobetriebskosten die Umsatzsteuer erheben.
  • Betriebskosten, die selbst der Umsatzsteuer unterliegen, müssen vom Vermieter zunächst von enthaltenen Umsatzsteueranteilen befreit werden.
  • Nach dem Umsatzsteuergesetz nicht steuerbare Leistungen sind unverändert mit den befreiten Kostenpositionen zusammenzuführen.
  • Auf die ermittelten Bruttobetriebskosten sind die vom Mieter geleisteten Vorauszahlungen inklusive Mehrwertsteuer anzurechnen.
  • Eine doppelte Erhebung der Umsatzsteuer auf bereits versteuerte Betriebskosten ist unzulässig und führt zu einer Überzahlung des Mieters.
  • Der Mieter kann die zu viel gezahlten Nebenkosten gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 BGB vom Vermieter zurückfordern.
  • Der Mieter kann zudem die auf die Nebenkosten gezahlte Umsatzsteuer als Vorsteuer vom Finanzamt erstattet verlangen.
  • Die Abrechnung muss formelle Voraussetzungen erfüllen, andernfalls steht dem Mieter ein Zurückbehaltungsrecht zu.

Mehrwertsteuer auf Nebenkosten: Gerichtsurteil klärt Gewerberaummiete

Nebenkosten sind für Mieter ein häufig diskutiertes Thema. Insbesondere bei Gewerberaummietverträgen kann die korrekte Abrechnung und Umlage der Betriebskosten komplex sein. Oftmals ist unklar, wie Mehrwertsteuer-Regelungen hier zu berücksichtigen sind. Vermieter müssen sicherstellen, dass sie die gesetzlichen Vorgaben einhalten und Mieter nicht überfordern. Gleichzeitig haben Mieter ein Interesse daran, nicht mehr als nötig zu zahlen. Ein sorgfältiger Umgang mit Nebenkosten ist daher für beide Seiten wichtig. Im Folgenden soll ein konkreter Gerichtsentscheid zu diesem Thema vorgestellt und analysiert werden.

✔ Der Fall vor dem Landgericht Mannheim


Doppelte Umsatzsteuer bei Nebenkostenabrechnung eines Gewerberaummietvertrags: Ein umstrittener Fall

In diesem Rechtsstreit ging es um die Nebenkostenabrechnung für das Jahr 2018 eines Gewerberaummietvertrags in der L…straße 24, Mannheim. Die Klägerin, Betreiberin eines Friseursalons und Wellnessinstituts, forderte von der Beklagten, der Vermieterin der Räumlichkeiten, die Rückzahlung angeblich zu viel gezahlter Nebenkosten. Die Beklagte hatte die Mieträumlichkeiten am 13.03.2016 an die Klägerin vermietet. Im Mietvertrag wurde festgelegt, dass neben der Grundmiete von 1.900 Euro zzgl. 19% Mehrwertsteuer auch anteilig sämtliche Nebenkosten zu tragen seien, die ebenfalls mit 19% Mehrwertsteuer belastet wurden.

Die Klägerin hatte für das Jahr 2018 monatliche Vorauszahlungen von 400 Euro zzgl. 19% Mehrwertsteuer geleistet. Die Beklagte stellte der Klägerin am 08.12.2019 eine Nebenkostenabrechnung über insgesamt 5.609,91 Euro aus, abzgl. der geleisteten Vorauszahlungen in Höhe von 4.800 Euro. Zusätzlich forderte sie 153,88 Euro Mehrwertsteuer auf den Differenzbetrag von 809,91 Euro, was eine Nachzahlung von insgesamt 963,79 Euro ergab. Die Klägerin zahlte diesen Betrag, forderte jedoch später mit Anwaltsschreiben vom 28.11.2022 die Rückzahlung der ihrer Meinung nach zu viel gezahlten Nebenkosten in Höhe von 1.065 Euro.

Die Klägerin argumentierte, dass die Nebenkostenabrechnung formell und materiell unwirksam sei, da die Abrechnung den umsatzsteuerrechtlichen Anforderungen nicht entspreche und teilweise doppelt versteuerte Betriebskosten enthalten würde. Sie verlangte die Rückzahlung von 732,21 Euro, was der Differenz zwischen der gezahlten Nachforderung und ihrer Berechnung der tatsächlichen Nebenkosten entsprach.

Entscheidung des Landgerichts Mannheim: Ablehnung der Klage

Das Landgericht Mannheim entschied am 03.04.2024 zugunsten der Beklagten und hob das Urteil des Amtsgerichts Mannheim vom 22.06.2023 auf. Die Klage der Klägerin wurde abgewiesen. Das Gericht urteilte, dass die Nebenkostenabrechnung formell ordnungsgemäß sei, da sie den Anforderungen des § 259 BGB entspreche. Die Abrechnung enthielt eine Zusammenstellung der Gesamtkosten, den Verteilerschlüssel, die Berechnung des Anteils der Mieterin und den Abzug der geleisteten Vorauszahlungen.

Die materielle Ordnungsmäßigkeit der Abrechnung wurde ebenfalls bestätigt. Das Gericht stellte fest, dass der Vermieter gemäß § 9 UStG zur Umsatzbesteuerung der Nebenkosten optieren könne, unabhängig davon, ob die Nebenkosten mit Vorsteuer belastet seien oder nicht. Im vorliegenden Fall konnte die Klägerin sowohl die auf die Vorauszahlungen geleistete Mehrwertsteuer von 912 Euro als auch die auf die Nachzahlung von 153,88 Euro beim Finanzamt geltend machen.

Begründung des Gerichts: Verweis auf das Umsatzsteuergesetz

Das Gericht führte aus, dass die Beklagte zur Regelbesteuerung optiert habe und somit auch auf die Nebenkosten die volle Umsatzsteuer von 19% erheben dürfe. Dies gilt auch für Nebenkosten, die nicht mit Vorsteuern belastet seien, wie beispielsweise die Grundsteuer oder Wassergebühren. Der Vermieter müsse zuerst alle Nebenkosten auf Nettobasis angeben und verteilen, bevor er die Umsatzsteuer auf die Nebenkosten ausweise. Das Gericht verwies darauf, dass eine Betriebskostenabrechnung, die einerseits auf Bruttobetriebskosten basiere und andererseits lediglich die Nettovorauszahlungen des Mieters berücksichtige, eine verzerrte Abrechnungsweise darstelle, die einen zusätzlichen Fehlbetrag zulasten des Mieters schaffen könne.

Das Gericht erklärte, dass die Beklagte entweder den Nettobetrag der von der Klägerin geleisteten Vorauszahlungen von den Gesamtkosten hätte abziehen und die Mehrwertsteuer auf den Differenzbetrag hätte aufschlagen dürfen oder auf die gesamten Nebenkosten die Umsatzsteuer hätte aufschlagen und die Bruttovorauszahlungen hätte abziehen können. Beide Methoden führen zu demselben Ergebnis, sodass die Nachforderung der Beklagten in Höhe von 963,79 Euro berechtigt sei.

Zulassung der Revision: Grundsätzliche Bedeutung der Rechtsfrage

Das Gericht ließ die Revision nach § 543 Abs.2 S. 1 ZPO zu, da die Sache grundsätzliche Bedeutung habe und die Entscheidung des Revisionsgerichts zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich sei. Es wurde festgestellt, dass der Bundesgerichtshof bislang nicht entschieden habe, ob der Vermieter dem Mieter auch auf Nebenkosten, die bereits mit Vorsteuern belastet seien, zusätzlich den vollen Umsatzsteuersatz in Rechnung stellen dürfe. Dies sei eine offene Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung.

Die Entscheidung des Landgerichts Mannheim stellt klar, dass bei der Vermietung von Gewerberaum und der Option zur Regelbesteuerung alle Nebenkosten unabhängig von ihrer umsatzsteuerlichen Vorbelastung der vollen Umsatzsteuer unterliegen. Die Klägerin hatte daher keinen Anspruch auf Rückzahlung der ihrer Meinung nach zu viel gezahlten Nebenkosten.

✔ Die Schlüsselerkenntnisse in diesem Fall


Das Urteil des Landgerichts Mannheim bestätigt, dass Vermieter von Gewerberäumen bei Option zur Regelbesteuerung berechtigt sind, auf sämtliche Nebenkosten die volle Umsatzsteuer zu erheben, unabhängig davon, ob diese bereits mit Vorsteuer belastet sind. Diese Entscheidung schafft Klarheit in einer bisher höchstrichterlich ungeklärten Frage und dient der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Mieter haben demnach keinen Anspruch auf Rückzahlung von Nebenkosten, wenn der Vermieter die gesetzlichen Vorgaben zur Umsatzbesteuerung einhält.

✔ FAQ – Häufige Fragen: Nebenkosten bei Gewerberaummietverträgen


Welche Nebenkosten dürfen bei Gewerberaummietverträgen auf den Mieter umgelegt werden? (9)

Bei Gewerberaummietverträgen können verschiedene Nebenkosten auf den Mieter umgelegt werden. Diese umfassen Betriebskosten wie Wasser, Heizung, Müllentsorgung, Gebäudereinigung, Grundsteuer und Versicherungen. Auch Kosten für Strom und Gas können dazugehören, wenn sie nicht separat abgerechnet werden. Die Abrechnung erfolgt in der Regel jährlich, und der Mieter hat das Recht, die Abrechnung zu überprüfen und Einwendungen zu erheben.

Die Umlage der Nebenkosten erfolgt meist nach dem Anteil der vermieteten Fläche. Alternativ kann eine Umlage nach Verbrauch erfolgen, beispielsweise bei Strom oder Wasser, sofern die Verbrauchsmengen zuverlässig erfasst werden können.

Nur Kosten, die in der Betriebskostenverordnung aufgeführt sind, dürfen umgelegt werden. Dazu gehören unter anderem Wasserversorgung, Heizkosten, Grundsteuer, Versicherungen, Hausmeisterdienste, Aufzugskosten, Hausstrom, Müllabfuhr, Straßenreinigung, Winterdienst, Gartenpflege und Verwaltungskosten. Reparatur- und Instandhaltungskosten dürfen hingegen nicht umgelegt werden, es sei denn, es wurde eine andere Regelung im Mietvertrag getroffen.

Ein wesentlicher Unterschied zum Wohnraummietrecht besteht darin, dass im Gewerbemietrecht Verwaltungskosten und Instandhaltungskosten umgelegt werden können, sofern dies im Mietvertrag ausdrücklich und detailliert vereinbart wurde. Pauschale Kostenpunkte sind oft unwirksam, wenn sie nicht klar und verständlich im Mietvertrag beschrieben sind.

Umsatzsteuer kann ebenfalls auf die Nebenkosten anfallen, wenn dies im Mietvertrag vereinbart wurde. Der Vermieter kann zur Umsatzsteuer optieren, wenn der Mieter ein Unternehmer ist und das Grundstück ausschließlich für umsatzsteuerpflichtige Zwecke nutzt. In diesem Fall muss der Mieter auch die Umsatzsteuer auf die Nebenkosten zahlen.

Es ist wichtig, dass Mieter die Nebenkostenabrechnung sorgfältig prüfen, da Fehler in der Abrechnung zu überhöhten Betriebskosten führen können, die insbesondere für junge Unternehmen belastend sein können.


Darf der Vermieter auf die Nebenkosten zusätzlich Umsatzsteuer erheben, auch wenn diese bereits mit Vorsteuer belastet sind?

Der Vermieter darf auf die Nebenkosten zusätzlich Umsatzsteuer erheben, auch wenn diese bereits mit Vorsteuer belastet sind. Dies ergibt sich aus der Möglichkeit der sogenannten Umsatzsteueroption. Grundsätzlich ist die Vermietung von Immobilien gemäß § 4 Nr. 12a UStG umsatzsteuerfrei. Der Vermieter kann jedoch nach § 9 UStG auf diese Steuerbefreiung verzichten und zur Umsatzsteuer optieren, wenn der Mieter ein Unternehmer ist und das Mietobjekt ausschließlich für umsatzsteuerpflichtige Umsätze verwendet.

Die Umsatzsteueroption ermöglicht es dem Vermieter, die Vorsteuer aus seinen Ausgaben geltend zu machen, was insbesondere bei hohen Investitionskosten vorteilhaft sein kann. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Urteil vom 30.09.2020 (Az.: XII ZR 6/20) klargestellt, dass die Nebenkostenabrechnung bei gewerblichen Mietverhältnissen ebenfalls umsatzsteuerpflichtig ist, wenn der Vermieter zur Umsatzsteuer optiert hat. Dies gilt unabhängig davon, ob die einzelnen Nebenkostenpositionen bereits mit Vorsteuer belastet sind.

Die Entscheidung des BGH basiert auf der Annahme, dass die Vermietung und die Nebenkostenabrechnung als einheitliche Leistung betrachtet werden, die insgesamt der Umsatzsteuer unterliegt. Ein praktisches Beispiel verdeutlicht dies: Wenn der Vermieter die Kosten für die Müllentsorgung, die bereits Vorsteuer enthalten, an den Mieter weiterberechnet, muss er auf diesen Betrag zusätzlich Umsatzsteuer erheben. Der Mieter kann diese Umsatzsteuer jedoch als Vorsteuer abziehen, sofern er selbst umsatzsteuerpflichtige Umsätze tätigt.

Das Landgericht Mannheim hat in einem Urteil vom 03.04.2024 (Az.: 4 S 45/23) bestätigt, dass die Erhebung von Umsatzsteuer auf die Nebenkosten im Rahmen eines gewerblichen Mietverhältnisses zulässig ist, wenn der Vermieter zur Umsatzsteuer optiert hat. Dies gilt auch dann, wenn die Nebenkosten bereits Vorsteuer enthalten, da die gesamte Leistung (Miete und Nebenkosten) umsatzsteuerpflichtig ist.

Für den Mieter bedeutet dies, dass er nicht doppelt belastet wird, da er die gezahlte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen kann. Für den Vermieter bedeutet dies, dass er die Umsatzsteuer, die er auf die Nebenkosten erhebt, an das Finanzamt abführen muss, aber gleichzeitig die Vorsteuer aus den entsprechenden Rechnungen abziehen kann.


Welche formellen Anforderungen muss eine Nebenkostenabrechnung bei Gewerberaummietverträgen erfüllen?

Eine Nebenkostenabrechnung bei Gewerberaummietverträgen muss bestimmte formelle Anforderungen erfüllen, um wirksam zu sein. Diese Anforderungen sind in § 259 BGB geregelt und wurden durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) konkretisiert. Die Abrechnung muss eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthalten. Dies bedeutet, dass die Abrechnung gedanklich und rechnerisch nachvollziehbar sein muss. Ein durchschnittlicher Mieter muss in der Lage sein, die Abrechnung zu überprüfen und die einzelnen Posten nachzuvollziehen.

Wichtige Bestandteile einer formell ordnungsgemäßen Nebenkostenabrechnung sind der Abrechnungszeitraum, die Angabe der Gesamtkosten, der Verteilungsschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und der Abzug der geleisteten Vorauszahlungen. Der Abrechnungszeitraum muss klar angegeben sein und beträgt üblicherweise ein Jahr. Die Gesamtkosten der einzelnen Betriebskostenarten müssen aufgeführt werden. Dies umfasst alle umlagefähigen Kosten, die im Abrechnungszeitraum angefallen sind. Der Verteilungsschlüssel, nach dem die Kosten auf die Mieter umgelegt werden, muss angegeben werden. Dies kann beispielsweise nach Fläche oder Verbrauch erfolgen. Der Verteilungsschlüssel muss im Mietvertrag vereinbart sein und in der Abrechnung klar ersichtlich sein. Der auf den Mieter entfallende Anteil der Gesamtkosten muss berechnet und dargestellt werden. Dies erfolgt durch Anwendung des Verteilungsschlüssels auf die Gesamtkosten. Die vom Mieter bereits geleisteten Vorauszahlungen müssen von den Gesamtkosten abgezogen werden, um die Nachzahlung oder das Guthaben zu ermitteln.

Ein praktisches Beispiel verdeutlicht dies. Wenn die Gesamtkosten für Heizung im Abrechnungszeitraum 10.000 Euro betragen und der Verteilungsschlüssel nach Fläche erfolgt, wobei der Mieter 10 % der Gesamtfläche nutzt, dann beträgt der Anteil des Mieters 1.000 Euro. Von diesem Betrag werden die bereits geleisteten Vorauszahlungen abgezogen, um die endgültige Nachzahlung oder das Guthaben zu ermitteln.

Die formelle Ordnungsmäßigkeit der Nebenkostenabrechnung ist entscheidend, da formelle Fehler zur Unwirksamkeit der Abrechnung führen können. Dies bedeutet, dass der Vermieter keine Nachforderungen geltend machen kann, solange die Abrechnung nicht formell korrekt ist.


§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils


  • § 556 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Dieser Paragraph regelt die Vereinbarung über die Miete. Er legt fest, dass Betriebskosten Teil der Miete sind und regelt die Umlage der Betriebskosten auf den Mieter. Im vorliegenden Fall ist dies relevant, weil die Parteien vereinbart haben, dass die Mieterin die Nebenkosten trägt.
  • § 14 UStG (Umsatzsteuergesetz): Vorschriften über die Rechnungstellung. Eine Rechnung muss bestimmte Angaben enthalten, um den Vorsteuerabzug zu ermöglichen. Dies ist relevant, weil die Klägerin beanstandet hat, dass die Nebenkostenabrechnung diesen Anforderungen nicht genügt.
  • § 4 Nr. 12a UStG: Steuerbefreiung für die Vermietung und Verpachtung von Grundstücken. Die Beklagte hat auf diese Steuerbefreiung verzichtet und zur Regelbesteuerung optiert, was bedeutet, dass sie auf die Miete und Nebenkosten Umsatzsteuer erhebt.
  • § 9 UStG: Option zur Steuerpflicht. Ein Unternehmer kann auf die Steuerbefreiung verzichten und zur Regelbesteuerung optieren, wenn der Mieter das Grundstück für umsatzsteuerpflichtige Umsätze verwendet. Dies ist im vorliegenden Fall geschehen.
  • § 259 BGB: Vorschriften über die Rechnungslegung. Dieser Paragraph ist relevant, da er die Anforderungen an die formelle Ordnungsmäßigkeit einer Nebenkostenabrechnung festlegt, die der Vermieter erfüllen muss, um den Mieter zur Zahlung zu verpflichten.
  • § 812 BGB: Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung. Die Klägerin hat eine Rückzahlung verlangt, weil sie der Meinung war, zu viel gezahlte Nebenkosten zurückfordern zu können. Die Beklagte hat argumentiert, dass keine ungerechtfertigte Bereicherung vorliegt.
  • OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.12.2011, Az.: I-10 U 96/11: Dieses Urteil besagt, dass Fehler in der Nebenkostenabrechnung, die die Anforderungen des § 14 UStG betreffen, den Anspruch des Vermieters nicht unbedingt fällig machen. Der Mieter hat jedoch ein Zurückbehaltungsrecht.
  • BGH, Urteil vom 30.09.2020, Az.: XII ZR 6/20: Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Steuerpflicht nicht anteilig entfällt, wenn einzelne Nebenkosten nicht mit Vorsteuern belastet sind. Diese Entscheidung ist relevant, weil sie Klarheit darüber schafft, dass der volle Umsatzsteuersatz auch auf nicht vorsteuerbelastete Nebenkosten erhoben werden kann.


⬇ Das vorliegende Urteil vom Landgericht Mannheim

LG Mannheim – Az.: 4 S 45/23 – Urteil vom 03.04.2024

In dem Rechtsstreit wegen Forderung hat das Landgericht Mannheim – 4. Zivilkammer – aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 03.04.2024 für Recht erkannt:

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das am 22.06.2023 verkündete Urteil des Amtsgerichts Mannheim, Az.: 18 C 1002/23 abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung des Urteils durch die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Beschluss: Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 732,21 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Gegenstand des Rechtsstreits ist ein Anspruch der Gewerberaummieterin gegen die Vermieterin auf Rückzahlung von (angeblich) zu viel gezahlten Nebenkosten.

Das Anwesen in der L…straße 24 in 68165 Mannheim ist in Wohnungs- und Teileigentum aufgeteilt. Der Beklagten gehören die Gewerberäume im Erdgeschoss. Diese vermietete sie mit Geschäftsraummietvertrag vom 13.03.2016 an die Beklagte. In jenem Vertrag wurde, soweit entscheidungserheblich, Folgendes geregelt:

„§ 6 Mietzins

(1) Die monatliche Grundmiete beträgt Euro 1.900,00 (in Worten: Eintausendneunhundert Euro) zuzüglich der jeweils gültigen Mehrwertsteuer von derzeit 19%. Sie ist im Voraus, spätestens am 3. Werktag eines jeden Monats…zu zahlen.

(2) Neben dem Mietzins hat die Mieterin anteilig sämtliche Nebenkosten zu zahlen. Diese Nebenkosten sind insbesondere:

– Heizungwartung

– Heizungskosten gem. Abrechnung

– Wasserver-/-entsorgung

– Müllentsorgung

Sollten durch den Betrieb der Mieterin im Bereich der Müllentsorgung besondere Kosten entstehen, trägt diese zusätzlich die Mieterin.

– Straßenreinigung

– Allgemeiner Stromverbrauch

– Schornsteinfeger

– Gewässerschadenhaftpflichtversicherung

– Feuer-, Leitung- und Sturmversicherung

– Haftpflichtversicherung

– Kosten der Aufzugsanlage

– Kabelfernsehen

– Hausmeister

– Schneebeseitigung

– Grundsteuer

– sonstige umlagefähigen Kosten

Auf diese von der Vermieterin jährlich abzurechnenden Nebenkosten leistet die Mieterin monatlich eine Vorauszahlung in Höhe von Euro 400,00 (in Worten: Vierhundert Euro) zuzüglich der jeweils gültigen Mehrwertsteuer von derzeit 19%.

a) Die Nebenkosten werden unter entsprechendem Nachweis der Entstehung auf die Mieterin anhand der Ergebnisse vorhandener Messeinrichtungen oder anteilig entsprechend der gemieteten Fläche umgelegt und abgerechnet.“

Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K 1 (I, S. 8 – 14) verwiesen.

Die Beklagte hat zur Regelbesteuerung optiert, d.h. sie hat auf die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12a UStG verzichtet.

Die Klägerin, die einen Friseursalon und ein Wellnessinstitut in den vermieteten Räumlichkeiten betreibt, ist zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Die Klägerin leistete (auch) 2018 monatliche Betriebskostenvorauszahlungen in Höhe von 400 Euro zuzüglich 19% Mehrwertsteuer.

Mit Nebenkostenabrechnung vom 08.12.2019 rechnete die Beklagte über die Betriebskosten im Zeitraum 01.01.2018 bis 31.12.2018 gegenüber der Klägerin wie folgt ab:

„Auf Basis des abgeschlossenen Mietvertrages berechne ich hiermit die Nebenkosten für den Zeitraum vom 01.01.2018 bis 31.12.2018

Versicherungen: 731,27 Euro

Oberflächenwasser: 33,43 Euro

Strom: 75,45 Euro

Müll: 374,40 Euro

Aufzug: 490,02 Euro

Heizung/Wasser: 2.759,78 Euro

Hausmeister/Reinig.: 494,54 Euro

Grundsteuer: 651,02 Euro

Insgesamt: 5.609,91 Euro

abzgl. VZ 12x 400 Euro: 4.800 Euro

Gesamt: 809,91 Euro

zzgl. 19% MwSt.: 153,88 Euro

Nachzahlung: 963,79 Euro“

Hinsichtlich der Einzelheiten der Abrechnung wird auf die Anlage K2, (I, S. 15) verwiesen. Die Beklagte legte jenem Abrechnungsschreiben an die Klägerin die Beträge zugrunde, die die Hausverwaltung der Wohnungseigentümergemeinschaft L…straße 24 in Mannheim – deren Mitglieder nicht sämtlich zur Regelbesteuerung optieren – gegenüber der Klägerin am 21.04.2019 abgerechnet hatte (Anlage K 2; (I, S. 16-19)). In den von der Hausverwaltung geltend gemachten Beträgen für die Positionen „Oberflächenwasser“, „Strom“, „Aufzug“, „Heizung/Wasser“ und „Hausmeister/Reinigung“ war die Umsatzsteuer inkludiert. Bei den übrigen Positionen „Versicherungen“, „Müll“, und „Grundsteuer“ handelt es sich um nicht steuerpflichtige Leistungen.

Nachfolgend bezahlte die Klägerin an die Beklagte den ausgewiesenen Nachzahlungsbetrag in Höhe von 963,73 Euro.

Mit Anwaltsschreiben vom 28.11.2022 forderte die Klägerin die Beklagte u.a. auf, die für das Jahr 2018 zu viel gezahlten Nebenkosten in Höhe von 1.065 Euro bis 14.12.2024 zurückzuzahlen (Anlage K 3; I, S. 21).

Die Klägerin hat in erster Instanz vorgetragen, die Betriebskostenabrechnung vom 08.12.2019 sei formell und materiell unwirksam. Die formelle Unwirksamkeit ergebe sich daraus, dass die Abrechnung nicht die umsatzsteuerrechtlichen Anforderungen an eine Betriebskostenabrechnung wahre. Die materielle Unwirksamkeit folge aus dem Umstand, dass ein Abrechnungsergebnis, das zumindest teilweise auf Umsatzsteuer enthaltene Betriebskosten basiere und andererseits lediglich die Nettovorauszahlungen des Mieters mit und ohne gesonderten Ausweis der Steueranteile berücksichtige, nicht den Vorschriften des Umsatzsteuergesetzes, der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung und den Verwaltungsanweisungen entspreche. Die Beklagte hätte nur zu den Abrechnungspositionen „Grundsteuer“ „Müllgebühren“ sowie „Versicherungen“ die Mehrwertsteuerbeträge von 123,69 Euro, 71,14 Euro und 138,94 Euro hinzuaddieren dürfen, mit der Folge, dass sich die abrechenbaren Nebenkosten insgesamt auf 5.943,58 Euro belaufen hätten. Hiervon hätten die von der Klägerin gezahlten 4.800 Euro zuzüglich bezahlter Mehrwertsteuer von 912 Euro abgezogen werden müssen, so dass sich ein Nachzahlungsbetrag von 231,58 Euro ergeben hätte. Da die Klägerin aber 963,79 Euro nachgezahlt habe, stehe ihr ein Rückforderungsanspruch in Höhe von 732,21 Euro zu.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt, die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 732,21 Euro zuzüglich Zinsen i. H. v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszins seit 15.12.2022 zu zahlen.

Die Beklagte hat in erster Instanz beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat in erster Instanz vorgetragen, dass der Klägerin kein Anspruch auf Rückzahlung zustehe, weil die Betriebskostenabrechnung vom 08.12.2019 korrekt sei. Würde die Abrechnung dahingehend erteilt, dass auf die Jahresbelastung in Höhe von 5.609,91 Euro 19 % Mehrwertsteuer zugeschlagen würden, ergäbe sich eine Jahresbelastung in Höhe von 6.675,79 Euro brutto. Da die Wohnungseigentümergemeinschaft Erbringerin (auch) der in der streitgegenständlichen Abrechnung aufgeführten umsatzsteuerpflichtigen Leistungen sei und die Wohnungseigentümergemeinschaft nicht zur Regelbesteuerung optiert habe (insoweit unstreitig), könne die Beklagte die Vorsteuer nicht abziehen.

Wichtig sei, dass in der Betriebskostenabrechnung die zu zahlende Mehrwertsteuer in Höhe von 153,88 Euro ausgewiesen werden, denn den Betrag könne die Klägerin als Vorsteuerabzug geltend machen. Dies gelte umso mehr, als die Klägerin auch ihre laufenden Vorauszahlungen und die darin enthaltenen Mehrwertsteuerbeträge als Vorsteuer geltend gemacht habe.

Mit Urteil vom 22.06.2023 hat das Amtsgericht die Beklagte zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 732,21 Euro verurteilt.

Die Beklagte sei ungerechtfertigt bereichert, denn soweit die Klägerin auf die Betriebskostenabrechnung 2018 eine Zahlung in Höhe von 963,79 Euro geleistet habe, sei dies in Höhe eines Betrags von 732,21 Euro ohne Rechtsgrund erfolgt. Die gegenständliche Abrechnung begegne keinen formellen Bedenken, da im Zusammenspiel mit den beigefügten Hausgeldabrechnungen und Heizkostenabrechnungen, die Voraussetzungen einer geordneten Zusammenstellung, aus der der Verteilungsschlüssel und die geleisteten Vorauszahlungen hervorgehe, erfüllt seien. Soweit jene Abrechnung die Anforderungen des § 14 UStG in formeller Hinsicht nicht erfüllen sollte, sei dies im Ergebnis unerheblich. Fehle es an einer der erforderlichen Angaben, stehe dem Mieter lediglich ein Zurückbehaltungsrecht zu. Ein solches habe die Klägerin nicht ausgeübt, vielmehr habe sie eine Zahlung geleistet. Die Abrechnung weise jedoch inhaltliche Mängel auf, da nicht auf sämtliche Betriebskostenpositionen die Mehrwertsteuer erhoben worden sei. Der Vermieter der nach umsatzsteuerlicher Optierung zur Regelbesteuerung und zivilrechtlich wirksamer Vereinbarung auf die Betriebskostenvorauszahlungen des Mieters Umsatzsteuer erhebe, müsse auf das Abrechnungsergebnis über die Vorauszahlungen genau wie auf die einzelnen Vorauszahlungsbeträge ebenfalls die jeweils geltende Umsatzsteuer erheben. Auf die Gesamtsumme der Netto- Betriebskosten sei vom Vermieter die Umsatzsteuer zu erheben. Die Gesamtsumme der vom Mieter gemäß dem Mietvertrag anteilig zu tragenden Betriebskosten bestimme sich nach einer Addition sämtlicher im Abrechnungszeitraum beim Vermieter angefallenen und umlagefähigen Kosten.

Diese Kosten seien, soweit sie selbst der Umsatzsteuer unterlägen vom Vermieter jeweils vollständig von darin enthaltenen Umsatzsteueranteilen zu befreien. Nach dem Umsatzsteuergesetz nicht steuerbare oder nicht steuerpflichtige Leistungen seien unverändert mit den von den Umsatzsteueranteilen befreiten Kostenpositionen in der Betriebskostenabrechnung zusammenzuführen. Auf diesen Gesamtbetrag sämtlicher Nettobetriebskosten habe der Vermieter dann die geltende Umsatzsteuer anzusetzen. Auf die so ermittelten Bruttobetriebskosten seien die vom Mieter tatsächlich geleisteten Vorauszahlungen einschließlich der hierauf erhobenen Umsatzsteuer im betreffenden Abrechnungszeitraum in Abzug zu bringen. Diese Anforderungen würden in gleicher Weise auch bei Vermietung eines Sondereigentums gelten. Die Beklagte habe bei der Ermittlung der Gesamtkosten nicht hinsichtlich der Positionen, die bereits Umsatzsteuer und solchen die Nettobeträge enthielten, differenziert. Zusätzlich zu den in der Abrechnung ausgewiesenen Beträgen für Grundsteuer, Müllgebühren und Versicherungen sei jeweils 19% Mehrwertsteuer hinzuaddieren. Dies ergebe eine Erhöhung der Gesamtkosten um 333,77 Euro. Der auf die Klägerin umzulegende Gesamtnebenkostenbruttobetrag erhöhe sich daher auf 5.943, 68 Euro. Hiervon seien die geleisteten Bruttovorauszahlungen in Höhe von 5.712 Euro in Abzug zu bringen. Es errechne sich ein berechtigter Nachforderungsbetrag in Höhe von 231,68 Euro. Soweit die Klägerin auf die erfolgte Abrechnung darüberhinausgehend Zahlungen erbracht habe, sei dies ohne Rechtsgrund erfolgt, und gemäß § 812 Abs.1 S. 1 BGB könnten 732,21 Euro zurückverlangt werden.

Gegen das ihr am 11.07.2023 zugestellte Urteil wendet sich die Beklagte mit der Berufung, die am 10.08.2023 beim Landgericht einging und die, nach antragsgemäßer Fristverlängerung auf den 11.10.2023, mit Anwaltsschriftsatz vom 11.10.2023, der am selben Tag beim Landgericht einging, begründet wurde.

Zur Begründung trägt die Beklagte vor, dass sie nicht ungerechtfertigt bereichert sei. Die Beklagte habe aus der Abrechnung der Wohnungseigentümergemeinschaft ihr gegenüber keine Vorsteuer ziehen können. Alle in der streitgegenständlichen Nebenkostenabrechnung aufgeführten Positionen seien der Beklagten entstanden, ohne dass die Beklagte hieraus die darauf zum Teil berechnete Vorsteuer habe erstattet bekommen können.

Für die Beklagte seien auch die mit Umsatzsteuer gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft berechneten Positionen ein Teil der entstandenen und der Klägerin nachgewiesenen Kosten. Die Klägerin könne sowohl den in der Abrechnung vom 08.12.2019 ausgewiesenen Betrag von 153,88 Euro vom Finanzamt erstattet verlangen, als auch die 912 Euro, die sie als Mehrwertsteuer auf die Nebenkostenvorauszahlungen für 2018 bezahlt habe. Dass die Beklagte nicht bereichert sei, ergebe sich aus der Stornorechnung vom 10.10.2023 (Anlage B 3; II, S. 37) und der Rechnung vom selben Tag (Anlage B 4; II, S. 38).

Die Beklagte beantragt: Unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts Mannheim vom 04.05.2023 zum Az. 18 C 1002/23 wird die Klage abgewiesen.

Die Klägerin beantragt: Die Berufung wird zurückzuweisen.

Die Klägerin trägt in der Berufungsinstanz vor, dass, wenn der Vermieter zur Umsatzsteuer optiert habe, die Nebenkostenabrechnung für ihn keinen steuerfreien Umsatz mehr darstelle. Er sei dann verpflichtet, auch auf die Nebenkosten als unselbstständigen Teil seiner Mieteinnahmen eigene Umsatzsteuer zu erheben und an das Finanzamt abzuführen. Der Umsatzsteuerpflicht unterlägen dabei alle Nebenkosten, und zwar unabhängig davon, ob die einzelnen Nebenkosten überhaupt nicht mit Vorsteuern belastet seien oder mit einem ermäßigten Steuersatz oder mit dem vollen Steuersatz von 19%. Der Vermieter könne also dem Mieter die volle Umsatzsteuer von 19% auf alle Nebenkosten in Rechnung stellen, wenn dies mietvertraglich vereinbart worden sei. Dabei müsse der Vermieter zuerst alle Nebenkosten auf Nettobasis angeben und verteilen; erst dann könne er die Umsatzsteuer auf die Nebenkosten ausweisen. Ein Abrechnungsergebnis, das einerseits auf Bruttobetriebskosten oder zumindest teilweise Umsatzsteuer enthaltende Betriebskosten basiere und andererseits lediglich die Nettovorauszahlungen des Mieters mit und ohne gesonderten Ausweis des Steueranteils berücksichtige, sei eine verzerrte Abrechnungsweise, die die tatsächlichen Zahlungen des Mieters auf die vereinbarte Umsatzsteuer außer Betracht lasse und einen zusätzlichen Fehlbetrag zulasten des Mieters schaffe.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Feststellungen im amtsgerichtlichen Urteil Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung ist begründet. Sie führt zur Abänderung des angegriffenen Urteils und zur Abweisung der Klage.

1. Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten kein Anspruch aus Rückzahlung zu, denn die Klägerin war zu einer Nebenkostennachzahlung für das Jahr 2018 in Höhe von 963,79 Euro verpflichtet.

a) Die Nebenkostenabrechnung vom 08.12.2019 ist formell ordnungsgemäß, da sie den allgemeinen Anforderungen des § 259 BGB entspricht. In die Abrechnung sind bei Gebäuden mit – wie hier – mehreren Einheiten regelmäßig folgende Mindestangaben aufzunehmen: Eine Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und Erläuterung der zu Grunde gelegten Verteilerschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und der Abzug seiner Vorauszahlungen (BGH, NJW 2009, 283, BGH NJW 2008, 2260 Rdnr. 10; NJW 2008, 2258 = NZM 2008, 477 Rdnr. 15). Eine Abrechnung soll den Mieter in die Lage versetzen, den Anspruch des Vermieters nachzuprüfen, also gedanklich und rechnerisch nachzuvollziehen (BGH, NJW 2005, 219 [unter II 1b]). Erforderlich ist dafür, dass der Mieter erkennen kann, wie (in welchen Rechenschritten) die Umlage der Betriebskosten erfolgt ist. Abzustellen ist auf das Verständnis eines durchschnittlich gebildeten, juristisch und betriebswirtschaftlich nicht geschulten Mieters (vgl. BGH, NJW 2008, 2258 = NZM 2008, 477 Rdnr. 15).

Vorliegend war der hier streitgegenständlichen Nebenkostenabrechnung vom 08.12.2019 die von der Firma HalmWo Verwaltungsgesellschaft mbH gefertigte Gesamt- und Einzelabrechnung beigefügt, aus der sich die Gesamtkosten, die Angabe und Erläuterung der zu Grunde gelegten Verteilerschlüssel und die Berechnung des Anteils der von der Klägerin gemieteten Gewerbeeinheit ergaben.

Sofern die Klägerin rügt, dass die Abrechnung nicht die umsatzsteuerrechtlichen Anforderungen an eine Betriebskostenabrechnung wahre, würden etwaige Fehler nicht zur fehlenden Fälligkeit der Nebenkostenabrechnung führen. Zwar sind bei der Vermietung von Gewerberaum an einen Unternehmer über die stets erforderlichen Angaben hinaus auch die Anforderungen des § 14 UStG zu beachten, wonach die Rechnung Namen von Vermieter und Mieter, die dem Vermieter von Finanzamt erteilte Steuernummer oder die vom Bundeszentralamt für Steuern erteilte Umsatzsteuer- Identifikationsnummer, Ausstellungsdatum, Beschreibung der Leistung nach Menge, Art und Zeitpunkt und Steuersatz anzuführen hat. Fehlt es an einer dieser Angaben, hat der Mieter lediglich ein Zurückbehaltungsrecht bis zur Aushändigung einer vollständigen Abrechnung (OLG Düsseldorf, Urteil vom 15.12.2011, Az.: I-10 U 96/11). Der Anspruch des Vermieters ist aber gleichwohl fällig (LG Krefeld Urt. v. 2.7.2014 – 2 O 335/12, BeckRS 2015, 11632, beck-online). Ein Zurückbehaltungsrecht hat die Klägerin indes nicht ausgeübt, vielmehr hat sie den in der streitgegenständlichen Abrechnung ausgewiesenen Nachzahlungsbetrag von 963,79 Euro vollständig bezahlt.

b) Die Nebenkostenabrechnung vom 08.12.2019 ist auch materiell ordnungsgemäß. Wie sich aus dem in § 556 Abs. 1 S. 1 BGB niedergelegten Rechtsgedanken ergibt, können die Vertragsparteien vereinbaren, dass der Mieter Betriebskosten trägt. Da § 556 BGB zum Unterkapitel „Vereinbarungen über die Miete“ gehört, sind Betriebskosten nach der Systematik des Gesetzes als Bestandteil der Miete anzusehen. Die vom Mieter zu erbringenden Leistungsentgelte (Grundmiete und Nebenkosten) sind die Gegenleistung für die vom Vermieter geschuldete Gesamtleistung (vgl. BGHZ 163, 1, NJW 2005, 1713, 1714). Außerdem können die Parteien eines gewerblichen Mietverhältnisses vereinbaren, dass der Mieter die Umsatzsteuer auf Miete und Nebenkosten übernimmt, wenn eine solche anfällt (BGH XII ZR 137/99, NZM 2001; XII ZR 292/02, NZM 2004, 785). Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG unterliegen die Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, der Umsatzsteuer. Ausgenommen hiervon ist gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG die Vermietung und die Verpachtung von Grundstücken. Jedoch kann der Unternehmer einen Umsatz, der nach dieser Bestimmung steuerfrei ist, gemäß § 9 Abs. 1, 2 UStG als steuerpflichtig behandeln, wenn der Umsatz an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt wird und der Leistungsempfänger das Grundstück ausschließlich für Umsätze verwendet oder zu verwenden beabsichtigt, die den Vorsteuerabzug nicht ausschließen (BGH XII ZR 6/20, DStR, 2020, 2804).

Im vorliegenden Fall hat die Beklagte gemäß § 9 UStG zur Umsatzbesteuerung der von ihr erbrachten Leistung optiert. Dies gilt unabhängig davon, ob die Nebenkosten ihrerseits mit Umsatzsteuer (Vorsteuer) belastet sind oder nicht. Grund hierfür ist, dass die Nebenkosten umsatzsteuerlich keine durchlaufenden Posten nach § 10 Abs. 1 S. 6 UStG, sondern Entgelt nach § 10 Abs. 1 S. 2 UStG sind, weil durchlaufende Posten nur vorliegen, wenn der Unternehmer eine fremde Schuld und nicht eine eigene erfüllt. D.h. unabhängig von der umsatzsteuerlichen Vorbelastung der Nebenkosten entfällt auf die Nebenkosten mit der Nebenkostenabrechnung die jeweilige gesetzliche Umsatzsteuer. Der Mieter zahlt also auch auf nicht mit Vorsteuer belastete Beträge (bspw. die Grundsteuer) oder mit dem ermäßigten Steuersatz von 7% belastete Beträge (bspw. Wasser) den vollen Umsatzsteuersatz. Bei Wohnungs- oder Teileigentum ist die Weiterbelastung der Nebenkosten für den Fall, dass der Eigentümer zur Steuerpflicht seiner Mieten opiert hat, auch insoweit steuerpflichtig, als er selbst aus der Wohngeldabrechnung der Wohnungseigentümergemeinschaft einen Vorsteuerabzug nicht geltend machen kann (vgl. OFD Köln DB 1985, 2227, BeckVerw 052788).

Die Beklagte hätte entweder, wie sie es getan hat, von den insgesamt zu zahlenden Nebenkosten von 5.609,91 Euro den Nettobetrag der von der Klägerin geleisteten Vorauszahlungen, d.h. 4.800 Euro abziehen und aus dem Differenzbetrag von 809,91 Euro die Mehrwertsteuer von 19%, d.h. 153,88 Euro hinzuaddieren dürfen oder sie hätte, wie sie es mit der unter Anlage B 4 vorgelegten korrigierten Nebenkostenabrechnung getan hat, auf den insgesamt von ihr an die Wohnungseigentümergemeinschaft zu zahlenden Betrag von 5.609,91 Euro die an das Finanzamt zu zahlende Umsatzsteuer von 19%, d.h. 1.065,88 Euro hinzuaddieren und davon die von der Beklagten gezahlten Vorauszahlungen von 4.800 Euro + 19% Umsatzsteuer, d.h. 912,00 Euro, also insgesamt 5.712.00 Euro abziehen dürfen, mit der Folge, dass sich ein Nachzahlungsbetrag von 963,79 Euro ergab. In beiden Fällen ist es der klagenden Mieterin möglich, sowohl die auf die Vorauszahlungen geleistete Mehrwertsteuer (vorliegend 912 Euro), als auch die auf den Nachzahlungsbetrag geleistete Mehrwertsteuer (vorliegend 153,88 Euro) gegenüber dem Finanzamt zu verrechnen.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO und die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 10 i.V.m § 711 S. 1, 2 ZPO.

Die Revision nach § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO wird zugelassen. Die Sache hat grundsätzliche Bedeutung und die Entscheidung des Revisionsgerichts ist zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich. Der Bundesgerichtshof hat im Urteil vom 30.09.2020, Az.: XII ZR 6/20, entschieden, dass die Steuerpflicht nicht anteilig entfällt, soweit einzelne Nebenkosten nicht mit Vorsteuern vorbelastet sind. Über die Frage, ob der Vermieter dem Mieter auch auf Nebenkosten, die bereits mit Vorsteuern belastet sind, zusätzlich den vollen Umsatzsteuersatz in Rechnung stellen darf, mit der Folge, dass das Finanzamt auf derartige Nebenkosten (zunächst) zweimal die Umsatzsteuer erhält, hat der Bundesgerichtshof bislang keine Entscheidung getroffen.

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