AG Münster – Az.: 48 C 1463/20 – Urteil vom 14.07.2022
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2,63 Euro nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.05.2020 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand:
Ohne Tatbestand (gemäß § 313a Abs. 1 ZPO).
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist überwiegend unbegründet.
I.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte lediglich einen Anspruch auf Zahlung von 2,63 Euro aus der Betriebskostenabrechnung 2018 (Anl. K2, Bl. 30 ff. d. A.) i.V.m. dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietvertrag i.V.m. § 556 Abs. 3, Abs. 1 BGB.
1. Die klägerische Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2018 ist bezüglich des Umlageschlüssels inhaltlich fehlerhaft.
Eine Abrechnung ist nach der Rechtsprechung des BGH formell ordnungsgemäß, wenn der Mieter in der Lage ist, die zur Verteilung anstehenden Kostenpositionen zu erkennen und anhand des ihm mitgeteilten Verteilerschlüssels den auf ihn entfallenden Anteil an diesen Kosten rechnerisch nachzuprüfen. Der BGH konkretisiert diesen allgemeinen Satz in ständiger Rechtsprechung dahingehend, dass – soweit keine besonderen Abreden getroffen sind -, in die Abrechnung bei Gebäuden mit mehreren Wohneinheiten regelmäßig folgende Mindestangaben zu einer Zusammenstellung der Gesamtkosten, die Angabe und ggf. Erläuterung der zugrunde gelegten Verteilerschlüssel, die Berechnung des Anteils des Mieters und der Abzug von Vorauszahlungen aufzunehmen sind (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, 15. Aufl. 2021, BGB § 556 Rn. 338).
Erfüllt eine Abrechnung nicht die notwendigen Anforderungen, ist nach den Rechtsfolgen zu unterscheiden, die durch die Erteilung der Abrechnung ausgelöst werden. Eine inhaltlich fehlerhafte Abrechnung erfüllt den Abrechnungsanspruch des Mieters nicht (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, 15. Aufl. 2021, BGB § 556 Rn. 402).
Die inhaltliche Fehlerhaftigkeit des Umlageschlüssels nach Quadratmetern ergibt sich daraus, dass sich der jeweilige Kostenanteil der Beklagten rechnerisch nicht ergibt, wenn für die Monate Januar bis Mai eine Gesamtquadratmeterzahl von 550,27 m² und für die Monate Juni bis Dezember einer Gesamtquadratmeterzahl von 551,26 m² zugrunde gelegt werden. Da das inhaltlich fehlerhaft Rechenwerk zulasten der Klägerin geht, ist für das gesamte Abrechnungsjahr eine Gesamtquadratmeterzahl von 551,26 m² in Ansatz zu bringen.
2. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die Kosten des Winterdienstes in Höhe von insgesamt 81,64 Euro aus der Betriebskostenabrechnung 2018 zu erstatten.
Ausweislich § 4 des Vertrags über die Durchführung von Winterdiensten vom 16.11.2016 (Bl. 50 ff. der Akte) erfolgt der Winterdienst zwar zum Pauschalpreis von monatlich 119 Euro von November bis April zuzüglich der gesetzlich festgelegten Mehrwertsteuer. Für die Monate Januar bis April und November sowie Dezember 2018 ergäbe sich somit ein Betrag in Höhe von 6 x 119 Euro = 714 Euro zzgl. USt = 849,66 Euro. Die Kosten des Monats Dezember 2017 wären in die Betriebskostenabrechnung 2018 nicht mit einzustellen, da sie in dem Betriebskostenjahr nicht angefallen sind.
Ausweislich § 23 Ziff. 2 des zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietvertrages verpflichtet sich indes lediglich der Erdgeschossbewohner bei Glatteis und Schnee zum Reinigen und Streuen aller zum Hausgrundstück gehörenden Bürgersteige sowie der Haus- und Hofzugänge. Die zur Erfüllung vorstehender Pflichten erforderlichen Mittel und Gerät hat der Mieter auf seine Kosten zu stellen.
Da die Beklagte unstreitig nicht Mieterin einer Erdgeschoßwohnung ist, können auf sie auch keine Kosten des Winterdienstes abgewälzt werden. Denn nach dem zwischen Parteien bestehenden Mietvertrag ist der Erdgeschossbewohner für den Winterdienst verantwortlich.
Da lediglich für den klägerischen Anspruch der zwischen den Parteien abgeschlossene Mietvertrag maßgeblich ist, ist es auch unerheblich, ob die Klägerin mit anderen Mietparteien anderweitige mietvertragliche Regelungen in den jeweiligen Mietverträgen vereinbart hat. Dieser Umstand geht zulasten der Klägerin, wenn sie mit den unterschiedlichen Mietparteien nicht gleichlautende Mietverträge abschließt.
3. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die sich aus der Betriebskostenabrechnung ergebenden Kosten für die Reinigung i.H.v. 252,84 Euro zu erstatten.
Denn die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass eine vertragliche Übernahme der Reinigungskosten durch die Beklagte zwischen den Parteien vereinbart wurde.
Nach § 5 Ziff. 3 m) des Mietvertrages werden zwar Kosten der Gebäude- und Grundstücksreinigung – sofern nicht bereits von Buchstabe k) erfasst – umgelegt. Alle berechtigten Kosten der Haus- und Grundstücksreinigung können aber nur umgelegt werden, soweit die Durchführung der Arbeiten nicht von einzelnen Mietparteien im Haus erfolgt (sh. Hausordnung).
Nach Ziff. 2 der zwischen den Parteien vereinbarten Hausordnung ist jeder Hausbewohner verpflichtet, den zu seiner Wohnung führenden Teil des Flures und der Treppe sowie gemeinsam benutzte Toiletten zweimal wöchentlich (mittwochs und samstags) zu reinigen und auch an den übrigen Tagen sauber zu halten.
Da die Beklagte ausweislich des Mietvertrages i.V.m. der Hausordnung selber zur Reinigung verpflichtet ist, können ihr auch keine Kosten eines externen Unternehmens für die Reinigung aufgebürdet werden. Es ist auch keine konkludente Änderung der Hausordnung durch die Klägerin ersichtlich. Denn nach § 27 Ziff. 2 des Mietvertrages hätte die Klägerin der Beklagten die Änderung (Reinigung durch Unternehmen) in geeigneter Weise bekannt geben müssen. Eine derartige Bekanntgabe ist vorliegend nicht ersichtlich, insbesondere ist diese nicht durch eine schlichte Übersendung einer Betriebskostenabrechnung erfolgt. Vielmehr hätte die Klägerin die Beklagte durch schriftliche konkrete Anzeige über die Änderung der Hausordnung mit Übersendung eines entsprechenden zugrunde liegenden Reinigungsvertrages in Kenntnis setzen müssen.
Sofern die Klägerin bestritten hat, dass die Beklagte ihrer Reinigungspflicht nicht nachgekommen ist, kann sie diesen Einwand im Rahmen der abgerechneten Betriebskostenabrechnung nicht geltend machen. Vielmehr hätte sie die Beklagte im Hinblick auf ihre Reinigungspflicht anmahnen müssen, um im Anschluss nach Fristablauf etwaige durch ein Drittunternehmen durchgeführte Reinigungen in Rechnung stellen zu können. Dass dies der Fall war, ist durch die Klägerin nicht dargelegt worden.
Da lediglich für den klägerischen Anspruch der zwischen den Parteien abgeschlossene Mietvertrag maßgeblich ist, ist es auch unerheblich, ob die Klägerin mit anderen Mietparteien anderweitige mietvertragliche Regelungen in den jeweiligen Mietverträgen vereinbart hat. Dieser Umstand geht zulasten der Klägerin, wenn sie mit den unterschiedlichen Mietparteien nicht gleichlautende Mietverträge abschließt.
4. Aufgrund eines Verstoßes der Klägerin gegen den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz steht ihr an Versicherungskosten gegenüber der Beklagten lediglich ein Betrag i.H.v. 2,63 Euro zu.
Der Wirtschaftlichkeitsgrundsatz besagt, dass der Vermieter bei Maßnahmen und Entscheidungen, die Einfluss auf die Höhe der Betriebskosten haben, auf ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis Rücksicht zu nehmen hat (Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, 15. Aufl. 2021, BGB § 556 Rn. 461).
Eine Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebotes führt im Regelfall dazu, dass der Mieter die unwirtschaftlich zustande gekommenen Positionen nicht zu bezahlen braucht (BeckOK MietR/Pfeifer, 28. Ed. 1.5.2022, BGB § 556 Rn. 221). Wenn der Mieter substantiiert einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot rügt, trifft den Vermieter die volle Beweislast für dessen Einhaltung (BGH NZM 2010, 279).
Die Klägerin verstößt gegen den Wirtschaftlichkeitsgrundsatz, wenn sie im Rahmen der Betriebskostenabrechnung 2018 für die Gebäudeversicherung 5.296,74 Euro in Ansatz bringt.
Die Beklagte hat zunächst in substantieller Weise einen Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot gerügt. Denn sie hat unter Zugrundelegung der Schäden im Jahre 2014, 2016 und 2018 die sich seit dem Jahr 2011 entwickelnden Kosten der Gebäudeversicherung dargelegt (Bl. 2 des Schriftsatzes der Beklagten vom 29.09.2021). In den Jahr 2011-2015 bewegten sich die Kosten der Gebäudeversicherung in einem Rahmen von 1.445,81 Euro – 1.736,62 Euro. Seit dem Jahr 2016 stiegen die Kosten der Gebäudeversicherung dann rapide von 3.243,06 Euro auf 5.296,74 Euro im Jahr 2018 an. Die Kosten der Gebäudeversicherung haben sich somit seit 2011 mehr als verdreifacht, sodass sich ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis nicht mehr erklären lässt.
Die Klägerin hat auch nicht die Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebotes nachgewiesen. Denn sie hat zur Erklärung des Anstiegs der Kosten der Gebäudeversicherung auch auf den gerichtlichen Hinweis vom 02.06.2022 bereits nicht in einlassungsfähiger Form zu etwaigen Schäden an dem streitgegenständlichen Gebäude, die sich gegebenenfalls auf die Versicherungskosten ausgewirkt haben, vorgetragen und diese in der Folge auch nicht nachgewiesen. Da die Beklagte die klägerseits behaupteten Schadensfälle bestritten hat, hätte die Klägerin darlegen müssen, wo genau in dem versicherten Gebäude was für ein konkreter Schaden an welchem Gebäudeteil entstanden ist. Der klägerische Vortrag ist in diesem Fall einem Sachverständigenbeweis nicht zugänglich, da der Sachverhalt zunächst durch den Sachverständigen hätte ausgeforscht werden müssen, was indes unzulässig ist.
Das arithmetische Mittel der Versicherungskosten in den Jahren 2011-2018 beträgt 2.743 Euro. Somit ergeben sich unter Berücksichtigung des Wirtschaftlichkeitsgebots für die Versicherung anfallende Kosten i.H.v. 2.743 Euro : 551,26 m² x 45,37 m² = 225,76 Euro, die durch die Beklagte zu tragen wären.
Folglich ergibt sich für die Betriebskostenabrechnung 2018 eine Differenz i.H.v. 436,26 Euro abzgl. 225,76 Euro = 210,50 Euro, welche durch die Beklagte nicht zu erstatten ist.
5. Ausgehend von dem klägerseits geltend gemachten Nachzahlungsbetrag i.H.v. 547,61 Euro ergibt sich für die Beklagte eine Nachzahlungsbetrag aus der Betriebskostenabrechnung 2018 in Höhe von (547,61 Euro abzgl. 81,64 Euro abzgl. 252,84 Euro abzgl. 210,50 Euro) 2,63 Euro.
II.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung von 1,60 Euro aus §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 Abs. 1 BGB.
Denn die Klägerin hat weder dazu vorgetragen, woraus ihr Kosten i.H.v. 1,60 Euro entstanden sind, noch dass sich die Beklagte zum Zeitpunkt des Kostenanfalls in Zahlungsverzug befand.
III.
Der klägerische Zinsanspruch i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung des Mahnbescheides (22.05.2020) ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB, 696 Abs. 3 ZPO.
IV.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf § 92 Abs. 2 Nr. 1, 708 Nr. 11, 713 ZPO.
Der Streitwert wird auf 547,61 EUR festgesetzt.