AG Saarbrücken – Az.: 121 C 217/16 (13) – Beschluss vom 20.06.2016
In dem Rechtsstreit … gegen … Beklagter …
1. wird der Antrag des Beklagten auf Prozesskostenhilfe als unbegründet zurückgewiesen.
2. werden nach Erledigung der Hauptsache die Kosten des Rechtsstreits dem Beklagten auferlegt.
Gründe
1. Die Kosten des Verfahrens sind der Beklagtenseite aufzuerlegen.
Dies folgt nach beiderseitiger Erledigungserklärung nach § 91a ZPO.
a) Die Klage hatte zum Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses Aussicht auf Erfolg.
Die Klägerseite machte ursprünglich € 790,99 aus einer Betriebskostenabrechnung geltend. Diese wurde am 21.9.2015 erteilt. Zahlungsfrist von 14 Tagen wurde gesetzt.
Nach Ansicht des AG Hamburg-Bergedorf wird im Falle einer formell und materiell richtigen Nebenkostenabrechnung dieser Anspruch sofort fällig, ohne dass es einer Frist bedurft hätte:
Gegenüber der Betriebskostenabrechnung hat die Beklagte Einwendungen nicht erhoben. Unmittelbar nach Zustellung der Klagschrift hat die Beklagte diesen Betrag auch ohne Zinsen bezahlt. Der Klägerin stehen insoweit die geltend gemachten Zinsen und die Mahnkosten noch zu. Denn die Betriebskostenabrechnung wurde mit Zugang bei der Beklagten fällig. Insoweit schreibt Langenberg, Betriebskostenrecht der Wohn- und Gewerberaummiete, 5. Aufl. 2009 Rdnr. H1, mit Zugang einer formell ordnungsgemäßen Abrechnung beim Mieter entstehe der Nachzahlungsanspruch des Vermieters, damit werde dieser Nachzahlungsanspruch auch fällig. Dem schließt sich dieses Gericht an. In diese Richtung kann (wohl) auch die Entscheidung des BGH in ZMR 2005, 439 (443) und ZMR 06, 358 (361) verstanden werden. Die Richtigkeit dieser Auffassung ergibt sich nach Auffassung des Vorsitzenden aus § 271 BGB. Denn danach ist eine Leistung sofort fällig („kann verlangen“), wenn eine Zeit für die Leistung weder bestimmt, noch aus den Umständen zu entnehmen ist. Der Mietvertrag sieht hier Regelungen für die Fälligkeit einer Betriebskostennachforderung nicht vor. Auch aus den Umständen ist nicht zu entnehmen, dass die durch eine Abrechnung dokumentierte Nachzahlungsforderung nicht sofort fällig werden sollte. Im Hinblick darauf, dass Einwendungen gegenüber der Betriebskostenabrechnung nicht geltend gemacht wurden, auch nicht im vorliegenden Prozess, muss die Abrechnung dementsprechend auch als materiell ordnungsgemäß angesehen werden. Formelle Mängel bestehen nicht. Insoweit kann auch in einem Umkehrschluss auf die Entscheidungen des Landgerichts Berlin (63 S 100/07 und 63 S 467/10) zurückgegriffen werden. Dort ist zutreffend entschieden, dass bei einer fehlerhaften Heizkostenabrechnung der Nachforderungsbetrag für den Vermieter nicht fällig ist. Im Umkehrschluss gilt: Ist die Abrechnung formell und materiell richtig – insoweit sind hier Einwendungen nicht vorgebracht, der Saldo ist auch gezahlt worden -, so tritt Fälligkeit sofort ein, das heißt mit Zugang der Abrechnung bei dem Mieter.
(AG Hamburg-Bergedorf, Urteil vom 04. Dezember 2012 – 409 C 174/12 –, Rn. 11, juris)
Es kann im konkreten Fall dahingestellt bleiben, ob dem Beklagten über die Ansicht dieser Entscheidung hinaus „aus den Umständen“ (§ 271 Abs. 1 BGB) eine die Fälligkeit tangierende Prüffrist für die Einsichtnahme in die Belege und deren Kontrolle einzuräumen ist.
So wird etwa im Versicherungsrecht dem Haftpflichtversicherer zwar eine angemessene Prüfungsfrist zugebilligt, allerdings dogmatisch oft so aufgehängt, dass vor deren Ablauf lediglich eine Klage noch nicht i.S.v. § 93 ZPO veranlasst ist. (AG Hamm, Urteil vom 16. April 2014 – 24 C 128/13 –, Rn. 41, juris).
Einer Fristsetzung durch die Klägerseite bedurfte es nach Ablauf dieser denkbaren Frist aber so oder so nicht; die Fristsetzung der Klägerseite war mithin obsolet, schadete aber auch nicht.
Eine die Fälligkeit hinausschiebende Frist „aus den Umständen“ wäre indes abgelaufen. Vertragliche Vereinbarungen und gesetzliche Sonderregeln fehlen insoweit – § 556 BGB stellt insoweit nur eine Kappungsgrenze zugunsten des Vermieters dar.
Nachdem der Beklagte aber im Schreiben vom 16.12.2015 einräumt, dass ihm spätestens zu diesem Zeitpunkt die Belege vorlagen, hätte eine solche Frist spätestens zu diesem Zeitpunkt zu laufen begonnen. Zum Zeitpunkt des Eingangs des Mahnbescheidsantrags bei Gericht am 29.2.2016 war sie daher jedenfalls abgelaufen, wobei das Gericht offenlassen kann, welche Prüfzeit es im Rahmen des § 271 Abs. 1 BGB und einem Wohnraummietverhältnis grundsätzlich für notwendig hielte.
Nicht zu Gunsten des Beklagten zu berücksichtigen war eine Art Verwaltungszuschlag für die ARGE. Denn die mögliche Prüffrist aus § 271 Abs. 1 BGB kann nicht zwischen privaten und öffentlichen Mietern unterscheiden. Auch die ARGE hat sicherzustellen, dass in hinreichend kurzer Frist über eine Nebenkostenabrechnung entschieden werden kann. Verwaltungsverzögerungen können dem Vermieter nicht entgegengehalten werden.
Aus den gleichen Gründen kann sich der Beklagte auch nicht (mehr) auf ein Zurückbehaltungsrecht aus § 273 BGB im Hinblick auf sein Prüfrecht stützen.
b) Die Kosten waren dem Kläger nicht aus dem Gesichtspunkt des § 93 ZPO heraus aufzuerlegen. Ein Fall des sofortigen Anerkenntnisses liegt schon nicht vor, nachdem der Beklagte der Forderung am 8.3.2016 – mithin 2 Tage vor dem erledigenden Ereignis der Zahlung vom 10.3.2016 voll widersprochen hat. Im Übrigen kann auch auf obige Ausführungen verwiesen werden.
2. Aus den gleichen Gründen war auch der Antrag aus Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussichten zurückzuweisen.