LG Meiningen – Az.: 4 T 119/20 – Beschluss vom 04.08.2020
Gründe
I.
Mit Antrag vom 18.03.2020, eingegangen am AG Suhl am selben Tag, begehrte der Antragsteller den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit dem Ziel, die von der Antragsgegnerin einberufene Eigentümerversammlung vom 04.04.2020 in Erfurt abzusagen.
Dieser Antrag wurde der Antragsgegnerin am 26.03.2020 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 23.03.2020, eingegangen am 26.3.2020, erklärte der Antragsteller den Antrag in der Hauptsache für erledigt, dieser Erledigungserklärung schloss sich die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 14.04.2020 an.
Mit Beschluss vom 19.05.2020, dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers zugestellt am 09.06.2020, hat das AG Suhl dem Antragsteller die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens auferlegt.
Dagegen wendet sich der Anstragsteller mit sofortiger Beschwerde vom 19.06.2020, eingegangen am selben Tag.
Mit Beschluss vom 23.07.2020 hat das Amtsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
In seiner Beschwerde vertritt der Antragsteller die Ansicht, dass auch eine Eigentümerversammlung durch die Allgemeinverfügung der Stadt Erfurt vom 13.03.2020 verboten worden sei. In der Grundverordnung vom 26.03.2020 sei von Sitzungen die Rede, die einer beruflichen Veranlassung entspringen und/oder zur Erfüllung der beruflichen Arbeitsverpflichtung dienen. Die Eigentümerversammlung stelle aber keine für die Erhaltung des Arbeitsmarktes notwendige Einrichtung dar. Sie habe nicht zwingend abgehalten werden müssen. Außerdem hätten insgesamt ca. 90 Eigentümer aus dem gesamten Bundesgebiet eingeladen werden müssen. Auch das Amt für Gesundheit habe bestätigt, dass die Eigentümerversammlung mit Allgemeinverfügung vom 13.03.2020 untersagt gewesen sei. Wegen der allgemeinen Gefahrenlage habe die Einberufung zur Eigentümerversammlung aber auch ohne Allgemeinverfügung vom 13.03.2020 nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße und gesetzesmäßige Verwaltung der WEG entsprochen. Der Antragsgegner sei schon vor Einreichung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung aufgefordert worden, die Versammlung wieder abzuberufen.
Die zulässige Beschwerde bleibt in der Sache unbegründet.
Nachdem beide Parteien das Verfahren in der Hauptsache für erledigt erklärt hatten, war über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen durch Beschluss zu entscheiden, § 91a ZPO.
Das Amtsgericht kommt zum Ergebnis, dass der Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung bei Einreichung zwar zulässig, aber unbegründet war.
Auf die Gründe im angefochtenen Beschluss wird vollumfänglich verwiesen.
Der Kostenbeschluss nach § 91a ZPO entscheidet über die Kostentragung auf Grundlage der vor Eintritt des erledigenden Ereignisses geltenden Rechtslage nach billigem Ermessen. Das Gericht ist damit sowohl bei der Ermittlung der Rechtslage als auch bei der Bindung an dieser freier gestellt als bei einem Urteil. Die Entscheidung nach § 91a ZPO ist eine Ermessensentscheidung.
Da bei der Ausübung des Ermessens der bisherige Sach- und Streitstand zu berücksichtigen ist, sind in diesem Zusammenhang die näheren Umstände und die Motive, die zur Abgabe der Erledigungserklärung geführt haben, zu berücksichtigen. Als Folge hiervon wird im Allgemeinen der ohne die Erledigung zu erwartende Verfahrensausgang bei der Kostenentscheidung den Ausschlag geben.
Die Erledigungserklärung bedarf zu ihrer Wirksamkeit grundsätzlich der Begründung eines Prozessrechtsverhältnisses, d. h. des Eintritts der Rechtshängigkeit. Der Antrag wurde am 26.03.2020 an die Antragsgegnerin zugestellt, damit wurde der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung rechtshängig. Die Erledigungserklärung ging am selben Tag beim AG Suhl ein. Diese Streitfrage hat aber bei der übereinstimmenden Erledigung kaum praktische Bedeutung, da auf die förmliche Klagezustellung heilend verzichtet werden kann und in der Zustimmungserklärung der Antragsgegnerin gemäß § 91a ZPO in der Regel ein entsprechender Verzicht liegt (s. Althammer in Zähler ZPO, 33. Auflage, § 91a Rn. 17).
Die Antragsgegnerin hatte die Ladung zur Eigentümerversammlung vom 11.03.2020 am 13.03.2020 in die Post gegeben. Erst danach erließ am 13.03.2020 die Stadt Erfurt die Allgemeinverfügung, in der Versammlungen untersagt wurden. Dem Antragsteller ist insoweit zuzustimmen, dass in der Allgemeinverfügung von öffentlichen Veranstaltungen nicht die Rede ist. Jedoch ist im offiziellen Stadtportal der Stadt Erfurt alleine von „öffentlichen Veranstaltungen“ die Rede. Sie galt ab Sonntag, 14. März. Die Antragsgegnerin konnte deshalb zunächst beim Schreiben der Einladung davon ausgehen, dass die Abhaltung einer Eigentümerversammlung, die nicht unter einen dem Begriff der öffentlichen Veranstaltung fällt, stattfinden kann.
Die Antragsgegnerin reagierte andererseits unverzüglich und sagte die Eigentümerversammlung am 19.03.2020 ab.
Zu diesem Zeitpunkt war zwar die einstweilige Verfügung des Antragstellers vom 18.3.2020 per Fax beim AG Suhl eingereicht, eine Zustellung an die Antragsgegnerin erfolgte jedoch erst am 26.3.2020, sodass der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung bei Zustellung des Antrags an die Antragsgegnerin bereits unbegründet gewesen wäre, die Erledigung trat zwischen Anhängigkeit und Rechtshängigkeit ein. Im Hinblick auf die Dispositionsbefugnis der Parteien und die beschränkte Prüfungsaufgabe des Gerichts besitzt der Zeitpunkt des Eintritts des Erledigungsereignisses jedoch keine praktische Bedeutung für die Kostenentscheidung (s. Althammer a. a. O., Rn. 16).
Die Kammer schließt sich aber der Ansicht des Amtsgerichts im angefochtenen Beschluss an, dass im Zeitpunkt der Erstellung der Ladung zur Eigentümerversammlung am 11.03.2020 keine rechtlichen Hindernisse existierten, eine Wohnungseigentümersammlung durchzuführen. Noch in der vorläufigen Thüringer Grundverordnung zur Eindämmung der Corona Pandemie vom 24.03.2020 wurde die Teilnahme an Sitzungen weiterhin für möglich erklärt. Ein rechtliches Hindernis zur Ladung zur Eigentümerversammlung existierte deshalb weder am 11.03.2020 noch am 13.03.2020. Die Kammer schließt sich der Ansicht des Amtsgerichts an, dass die Antragsgegnerin unverzüglich reagierte, indem sie bereits am 19.03.2020 die Eigentümerversammlung absagte.
Die gesundheitlichen Bedenken des Antragstellers zum Zeitpunkt der Antragstellung am 18.03.2020 sind zwar nachvollziehbar, können aber nicht dazu führen, dass ein Anspruch auf Untersagung der Eigentümerversammlung entsteht.
Richtig ist auch, dass er diese Bedenken der Antragsgegnerin gegenüber bereits mit Mail vom 13.03. 2020 formulierte. Andererseits sprachen sich ein anderer Beirat ### für die Abhaltung der Versammlung aus.
Ein Ermessensfehler kann in der Entscheidung des AG Suhl im angefochtenen Beschluss vom 19.05.2020 deshalb nicht gesehen werden, die Entscheidung ist deshalb mit der sofortigen Beschwerde nicht mit Erfolg anfechtbar.