AG Spandau – Az.: 7 C 257/20 – Urteil vom 30.06.2021
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerinnen als Gesamtgläubigerinnen 356,02 Euro zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Berufung wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert wird auf 445,00 Euro festgesetzt.
Entscheidungsgründe
I.
Die Klage ist zum überwiegenden Teil begründet. Die Klägerinnen haben Anspruch auf Rückzahlung der – restlichen – Kaution in Höhe von 356,02 Euro. Der fällige Kautionsrückzahlungsanspruch ist infolge der durch den Beklagten erklärten Aufrechnung mit der vereinbarten Miete vom 1. Mai 2019 bis 15. Mai 2019 in Höhe von 88,98 Euro erloschen. In diesem Umfang hatte der Beklagte gemäß § 546a Abs. 1 BGB Anspruch auf Entschädigung in Höhe des anteiligen Mietzinses für den Zeitraum 3. bis 6. Mai 2019. Soweit er darüber hinaus die Aufrechnung mit der „1/2 Miete bis 15.5.2019“ erklärt, geht die Aufrechnung ins Leere. Im Einzelnen:
1) Soweit es die Zeit von der Beendigung des Mietverhältnisses (30. April 2019) bis zur Terminvergabe des Beklagten am 3. Mai 2019, haben zwar die Klägerinnen die Mieträume nicht an den Beklagten zurückgegeben. Gleichwohl steht dem Beklagten für diesen Zeitraum ein Anspruch nach § 546 a Abs. 1 BGB nicht zu, weil eine „Vorenthaltung“ im Sinne dieser Bestimmung nicht gegeben ist. Ein Vorenthalten gemäß § 546a Abs. 1 BGB liegt nach ganz herrschende Auffassung in Rechtsprechung und Literatur nur dann vor, wenn der Mieter die Mietsache nach beendetem Mietverhältnis nicht zurück gibt und das gegen den Willen des Vermieters geschieht (vgl. BGH, VIII ZR 214/16 NJW 2917, 2997; BGH, WuM 2010, 632; BGH, WuM 2006, 102; Schmidt-Futterer, Mietrecht, 14. Aufl. 2019, § 546 a Rn. 45). Zwar haben die Klägerinnen die Mietsache nicht mit Ablauf des 30. April 2019 zurückgegeben. Das allein löst indes noch nicht den gesetzlichen Anspruch auf eine Nutzungsentschädigung aus. Hinzukommen muss vielmehr, dass der Mieter den rechtsgrundlosen Besitz gegen den Willen des Vermieters aufrecht erhält. Das kann für den Streitfall nicht festgestellt werden. Den E-Mail-Mitteilungen der Parteien ist zu entnehmen, dass der Beklagte selbst den Klägerinnen den 3. Mai 2019 als Termin für die Rückgabe der Mietsache benannt hatte und keinen früheren Zeitpunkt, der an der Weigerung der Klägerin gescheitert wäre. Dieser Termin stellt gemäß § 271 BGB den für die Leistungszeit maßgeblichen Zeitpunkt dar (vgl. hierzu Schmidt-Futterer, a.a.O., § 546 Rn. 74). Vorher kommt der Mieter nicht in Verzug oder enthält die Mietsache dem Vermieter nicht gemäß § 546 a BGB vor, so dass er sich selbst dann nicht nutzungsentschädigungspflichtig macht, wenn der angebotene Rückgabezeitpunkt nach dem Ende des Vertragszeitraums liegt.
2) Im Hinblick auf den Zeitraum vom 3. Mai 2019 bis zum 6. Mai 2019, haben die Klägerinnen dem Beklagten die Mietsache vorenthalten. Den angebotenen Übergabetermin am 3. Mai 2019 haben die Klägerin nicht wahrgenommen. Dass sie sich hierzu erst am nächst folgenden Wochentag, dem 6. Mai 2019, in der Lage sahen, geht nicht zu Lasten des Beklagten.
3) Über den 6. Mai 2019 hinaus haben die Klägerinnen dem Beklagten die Mietsache nicht vorenthalten. Vielmehr fehlt es ab dem 6. Mai 2019 – Angebot der Klägerinnen zur Rückgabe der Wohnung – an einem Rücknahmewillen des Beklagten, da er seinerseits um Verlegung des angebotenen Übergabetermins auf den 15. Mai 2019 gebeten hatte (vgl. Schmidt-Futterer, a.a.O., § 546 a Rn. 47). Dem Beklagten ist unstreitig die Übergabe der Mieträume zum 6. Mai 2019 angeboten worden. Das stellt ein tatsächliches Angebot im Sinne des § 294 BGB dar. Dass der Beklagte sich zur Annahme der angebotenen Leistung nicht in der Lage sah, geht nicht zu Lasten der Klägerinnen. Denn der Beklagte geriet allein dadurch in Annahmeverzug, dass er die angebotene Leistung nicht annahm; aus welchem Grund dies geschah und ob er die Nichtannahme zu vertreten hatte, ist ohne Belang, weil der Annahmeverzug kein Verschulden des Gläubigers voraussetzt (vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 80. Aufl., § 193 Rn. 10). Mit Beginn des Annahmeverzugs lag aber keine verspätete Rückgabe im Sinne des § 546 a BGB mehr vor, so dass die Klägerinnen ab diesem Zeitpunkt auch nicht mehr verpflichtet waren, den für Mai 2019 anteiligen Mietzins als Nutzungsentschädigung weiter zu zahlen. Der Annahmeverzug endete auch nicht bis zum 15. Mai 2019, da der Beklagte unstreitig den vereinbarten Rückgabetermin am 15. Mai 2019 abgesagt hatte, mithin die ihm obliegende Mitwirkungshandlung bis zu diesem Zeitpunkt nicht vorgenommen hatte. Da der Beklagte ausdrücklich die Aufrechnung mit der halben Miete bis 15. Mai 2019 erklärt hat, kommt es auf die Frage, ob der Annahmeverzug vor dem 28. Mai 2019 endete nicht an. Insoweit haben allerdings die Klägerinnen den Beklagten den 24. Mai 2019 als Ersatztermin angeboten. Einen früheren Rückgabetermin hat der Beklagte den Klägerinnen hingegen nicht klar benannt; ein solcher ist auch seiner Mitteilung vom 15. Mai 2019 nicht zu entnehmen. Hierin heißt es lediglich, dass er den 22. Mai 2019 „gerne anbieten möchte, aber nicht sicher zusagen könne“.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Kosten sind gegeneinander aufzuheben, auch wenn die zurückgenommenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten Nebenforderungen im Sinne von § 4 ZPO darstellen Für die Kostenentscheidung ist allein maßgeblich, in welchem Umfang die Klägerinnen mit den ursprünglich geltend gemachten Forderungen durchdringen (vgl. BGH NJW 1988, 2173 ff. – II 1 -; Olivet, Die Kostenverteilung im Zivilurteil, 4. Aufl., Rn. 236; PG-Schneider, ZPO, 2. Aufl., § 92 Rn. 4).
III.
Die weiteren prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 708 Nr. 11, 713, 511 Abs. 4 ZPO.