Skip to content
Menü

Nutzung Eigentumswohnung als Monteurs- oder Ferienwohnung – Zulässigkeit

LG Bremen – Az.: 4 S 267/19 – Beschluss vom 12.05.2020

1. Die Kammer beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Bremen vom 16.10.2019, Az.: 28 C 42/19, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

2. Der Klägerin wird Gelegenheit gegeben, binnen drei Wochen Stellung zu nehmen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Klägerin hat auf der Basis der Berufungsbegründung mit Schriftsätzen vom 06.12.2019 und 17.03.2020 keine Aussicht auf Erfolg.

1.

Die Klage ist auch im Hinblick auf die erstmals in zweiter Instanz erhobenen Hilfsanträge gemäß § 533 Nr. 1 und 2 ZPO zulässig, da sie sachdienlich sind und eine Entscheidung über sie auf der Basis der Tatsachen getroffen werden kann, die ohnehin nach § 529 ZPO der Verhandlung und Entscheidung zugrundezulegen sind.

2.

In der Sache hat die Klage nebst Hilfsanträgen jedoch keinen Erfolg.

Nach § 513 Abs. 1 ZPO kann die Berufung nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder die nach § 529 ZPO zu Grunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen bzw. der Klage jedenfalls in einem der Hilfsanträge auf der Basis der nach § 529 ZPO zugrundezulegenden Tatsachen stattzugeben ist. Dies alles ist hier nicht der Fall.

Der Klägerin steht weder aus § 1004 BGB noch aus § 15 Abs. 3 WEG ein Anspruch auf Unterlassung der von dem Beklagten praktizierten Nutzung der Wohnung in der Gestalt ihrer wechselnden Vermietung an Handwerksmonteure durch eine Zwischenvermieterin zu.

2.1.

Was den Klagantrag angeht, den Beklagten unter Androhung von Ordnungsgeld zu verurteilen, es zu unterlassen, die in seinem Sondereigentum stehende 2-Zimmer-Wohnung im Dachgeschoss links, 50,92 m², Woltmershauser Straße 250, 28197 Bremen, vom mehr als 2 Personen zu nutzen oder nutzen zu lassen, fehlt es an einer Verbietungsgrundlage.

2.1.1.

Eine generelle gesetzliche oder teilungserklärungsmäßige Vorgabe, mit wie vielen Personen die Wohnung des Beklagten genutzt werden darf, existiert nicht. Dass die Teilungserklärung vorsieht, dass Nebenkosten wie Reinigung, Instandhaltung und Instandsetzung und Beleuchtung des Treppenhauses sowie die Stromkosten für die Beleuchtung des Treppenhaues und für die Klingelanlage, für die Außenbeleuchtung des Hauses, für die Beleuchtung der Kellerflure und der sonstigen gemeinschaftlichen Räume sowie der Wasserverbrauch einschließlich der Grundgebühr und der Kanalnutzungsgebühr von den jeweiligen Eigentümer nach der Zahl der in ihrer Wohnung lebenden Personen gezahlt werden, legt die Zahl der Personen, die in den jeweiligen Wohnungen leben dürfen, weder direkt noch indirekt fest, sondern passt die Verteilung der Kosten eben gerade an die Zahl der jeweiligen Wohnungsnutzer an. Dass in der Wohnung des Beklagten nicht mehr als 2 Personen leben dürfen, lässt sich daraus deshalb nicht ableiten.

2.1.2.

Auch ist nicht erkennbar, dass bei einem Wohnenlassen von mehr als 2 Personen in der Wohnung des Beklagten eine Überbelegungssituation entsteht, deren Ausmaß bereits abstrakt erkennen lässt, dass dies mit Unzuträglichkeiten für die übrigen Hausbewohner einhergehen muss, die das von ihnen gemäß § 14 Nr. 1 WEG hinzunehmende Maß überschreiten.

Die Rechtsprechung sieht eine solche Überbelegung regelmäßig jedenfalls dann nicht als gegeben an, wenn in einer 50 qm großen 2-Zimmer Wohnung zwei nicht familiär verbundene Personen leben (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.05.1994 – 20 W 216/94; OLG Stuttgart, Beschluss vom 13.08.1992 – 8 W 219/92) oder für jede erwachsene Person ca. 10 qm vorhanden sind (vgl. BayObLG, Beschluss vom 09.02.1994 – 2Z BR 7/94 = NJW 1994, 1662; KG Berlin, Beschluss vom 10.07.1002 – 24 W 3030/92 = WuM 1992, 554).

Vorliegend wird die Wohnung von der Zwischenmieterin für eine Zahl von bis zu 4 Monteuren beworben, also für eine Personenzahl, die sich in dem vorzitierten Rahmen bewegt. Dass diese Richtgröße wann und wie häufig in der Wohnung des Beklagten überschritten wurde, hat die Klägerin erstinstanzlich nicht substantiiert („3 oder mehr … Monteure ohne familiäres Näheverhältnis“) vorgetragen. Soweit die Klägerin dies nunmehr in zweiter Instanz auf eine Belegung mit 7 Personen „am 19. August 2019“ bzw. 5 Personen „zwischen Juli und 15. August“ spezifiziert, sind diese Angaben wiederum zum einen nicht nachvollziehbar (inwiefern lebten am 19. August 2019 in der Wohnung 7 Personen – Besuchskontakte sind irrelevant – und was heißt „zwischen Juli und 15. August“ und welches Jahr ist gemeint?), und würde zum zweiten ein allzu gelegentliches Überschreiten der genannten Richtwerte nicht ohne weiteres sofort ein Verbietungs- bzw. Begrenzungsrecht rechtfertigen und ist zudem dieser Vortrag gemäß § 531 II ZPO zurückzuweisen, da die Klägerin Gelegenheit und Anlass hatte, diesen Vortrag bereits in erster Instanz zu bringen, was sie nicht getan hat.

2.2.

Soweit die Klägerin mit ihren Hilfsanträgen, den Beklagten unter Androhung von Ordnungsgeld zu verurteilen, es zu unterlassen, die in seinem Sondereigentum stehende 2-Zimmer-Wohnung im Dachgeschoss links, 50,92 m², Woltmershauser Straße 250, 28197 Bremen, an mehr als 2 Monteure oder Feriengäste zu vermieten bzw. vermieten zu lassen, bzw. den Beklagten unter Androhung von Ordnungsgeld zu verurteilen, es zu unterlassen, die in seinem Sondereigentum stehende 2-Zimmer-Wohnung im Dachgeschoss links, 50,92 m², Woltmershauser Straße 250, 28197 Bremen, als Monteurzimmer oder an Feriengäste zu vermieten oder vermieten zu lassen,

2.2.1.

die Art der Nutzung der Wohnung des Beklagten als Monteurs- oder Ferienwohnung mit kurzfristig wechselnder Vermietung beanstandet,

2.2.1.1.

hält diese sich im Rahmen der durch die Teilungserklärung bestimmten Nutzung zu Wohnzwecken. Nach der entscheidungsmaßgeblichen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bewegt sich in Ermangelung einer anderweitigen Festlegung in der Teilungserklärung die Vermietung einer Eigentumswohnung an in kurzer Zeit wechselnde Feriengäste oder andere Mieter im zulässigen Rahmen einer in der Teilungserklärung Wohnungszwecken gewidmeten Wohnung. Ob eine konkrete Nutzungsform den Rahmen einer nicht weiter durch Bestimmungen in der Teilungserklärung oder sonstigen Vereinbarungen beschränkten Wohnnutzung überschreitet, bestimmt sich danach, ob diese die anderen Wohnungseigentümer stärker beeinträchtigt, als bei einer Nutzung des Wohneigentums zu Wohnzwecken typischer Weise zu erwarten ist (BayObLG NZM 2001, 137 f.; OLG Saarbrücken, NZM 2006, 588 f.). Danach ist gemäß Art 14 GG i.V.m. § 13 Abs. 1 WEG die Nutzung einer Wohnung weder auf die in der Wohnungseigentumsanlage vorherrschenden Wohnnutzungsart, noch überhaupt auf Nutzung der Wohnung ausschließlich zu Wohnzwecken beschränkt, sofern sich denn die konkrete Nutzung typischerweise in dem genannten Rahmen zu bewegen pflegt (BGH Urteil vom 15.01.2010 – V ZR 72/09, juris – Rdz. 16). Dies sieht der Bundesgerichtshof im Rahmen der danach gebotenen typisierenden Betrachtungsweise auch in den Fällen einer kurzzeitigen und wechselnden Vermietung von Eigentumswohnungen an Feriengäste oder andere Mieter als gegeben an (BGH Urteil vom 15.01.2010 – V ZR 72/09, juris – Rdz. 16). Demzufolge kommt es nach diesen Grundsätzen auch nicht darauf an, ob eine derartige Vermietung bau- oder steuerrechtlich als gewerbliche anzusehen ist (BGH Urteil vom 15.01.2010 – V ZR 72/09, juris – Rdz. 17).

Danach bewegt sich die vom Kläger beanstandete Nutzungsweise der Beklagtenwohnung in den Grenzen der Festlegungen in der Teilungserklärung der streitbefangenen Wohnungseigentumsanlage.

2.2.2.2.

Die Art der beanstandeten Nutzung als solche kann auch nicht mit Verweis darauf untersagt werden, dass ihretwegen Lärmbelästigungen, Ruhestörungen und Verschmutzungen einhergehen. Der Klägerin ist zwar unbenommen, die Unterlassung dieser konkreten Ausprägung der beanstandeten Nutzung zu verlangen, nicht aber die kurzfristige und wechselnde Vermietung gänzlich auch in störungsfreier Ausprägung verbieten lassen (BGH Urteil vom 15.01.2010 – V ZR 72/09 – und vom 12.11.2010 – V ZR 78/10), wie sie es mit ihrer Klage verlangt.

2.2.2.3.

Soweit die Klägerin in ihrer Berufungsbegründung darauf verweist, dass diese Art der Nutzung unter dem Gesichtspunkt des Drittschutzes wegen fehlender baurechtlicher Nutzungszulassung und einer ungenehmigten Änderung der Nutzungsart gemäß § 4 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO, § 64 BremLBO verbietbar sei, ist dieser Vortrag gemäß § 533 Abs. 2 ZPO präkludiert, da die Klägerin diesen Gesichtspunkt und die dazu erforderlichen tatsächlichen Grundlagen in erster Instanz nicht thematisiert hat und erstmals in zweiter Instanz in ihrem Vortrag anspricht, obgleich die Klägerin Anlass gehabt hatte, dies angesichts der zur Akte gereichten Schreibens ihres Prozessbevollmächtigten vom 09.07.2019 (Anlage K 6 zur Klage = Bl. 58 ff d.A.) bereits in erster Instanz von sich aus zu thematisieren. Der lapidare und nicht näher kommentierte Verweis der Klägerin auf diesen Schreiben, in dem kurz der Gesichtspunkt angesprochen wurde, lässt für sich nicht erkennen, dass dies auch Gegenstand ihres Sachvortrages im Prozess sein soll. Aber selbst wenn dies der Fall wäre, so ist doch dieser Vortrag in tatsächlicher Hinsicht unsubstantiiert, da zum einen nicht dargetan ist, dass die beanstandete Nutzung nach § 4 Abs. 3 Nr. 1 BauNVO genehmigungsbedürftig ist (Wohnung in einem allgemeinen Wohngebiet i.S.d. § 4 BauNVO und nicht etwa in einem Mischgebiet i.S.d. § 6 BauNVO), und zum anderen nicht vorgetragen wird, dass eine Genehmigung zu einer entsprechenden Nutzung oder Nutzungsänderung nach Maßgabe des § 64 BremLBO nicht vorliegt und also die praktizierte Form der Nutzung gegen öffentliches Baurecht verstößt. Und sollte entsprechender Vortrag noch folgen, dürfte dieser gemäß § 531 Abs. 2 ZPO wiederum aus besagten Gründen präkludiert sein.

3.

Demzufolge ist die Berufung offensichtlich unbegründet. Die Kammer beabsichtigt daher, gemäß die Berufung § 522 Abs. 2 BGB durch einstimmigen Beschluss im schriftlichen Verfahren zurückzuweisen, da auch die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 ZPO erfüllt sind. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Einheitlichkeit der Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch ein demgemäß der Revision nicht unterliegendes Urteil. Auch ansonsten ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht geboten, da die rechtliche und tatsächliche Bewertung des Falles im schriftlichen Verfahren sachgerecht vorgenommen werden kann.

4.

Die Klägerin möge deshalb innerhalb der im Beschlusstenor genannten Frist darüber nachdenken und ggf. erklären, ob die Berufung zurückgenommen wird, was eine Ermäßigung der Gebühr gemäß Nr. 1222 der Anlage 1 zum GKG von 4,0 auf 2,0 zur Folge hätte.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Rechtstipps aus dem Mietrecht

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!