LG Krefeld, Az.: 2 S 65/16, Urteil vom 20.12.2017
Das Versäumnisurteil des Landgerichts Krefeld vom 16.08.2017 wird aufrechterhalten.
Die Beklagten tragen die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens.
Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die Parteien streiten um Nutzungsentschädigungsansprüche aus einem spätestens zum 22.10.2013 fristlos beendeten Mietverhältnis. Mit Urteil vom 07.10.2016 hat das Amtsgericht Kempen die Beklagten antragsgemäß zur Zahlung von 7.380,00 € nebst Zinsen verurteilt. Auf die Feststellungen des Amtsgerichts in dem angegriffenen Urteil wird Bezug genommen.
Mit ihrer form- und fristgerechten Berufung verfolgen die Beklagten ihr erstinstanzliches Begehren auf Klageabweisung weiter.
Die Beklagten sind der Ansicht, das Amtsgericht habe unzutreffend als Nutzungsentschädigung den vollen Mietzins angesetzt. Vielmehr hätte ein angemessen geminderter Mietzins Berechnungsgrundlage für die Nutzungsentschädigung sein müssen. Das Urteil des Amtsgerichts Kempen vom 06.05.2014 (Az.: 1 C 197/13) sei für diese Frage auch nicht präjudiziell, da das Gericht dort habe dahingestellt sein lassen, ob die von den Beklagten gerügten Mängel bestünden und hierüber somit gerade keine Entscheidung getroffen habe. Die von den Klägern geltend gemachten Forderungen seien darüber hinaus bereits abgegolten, weil ein Schwedenofen bei Räumung in der Wohnung verblieben sei. Hierfür stehe ihnen eine Entschädigung in Höhe von 2.500,00 € zu, da die Kläger insoweit ihre Abwendungsbefugnis ausgeübt hätten. Jedenfalls hätten die Kläger hinsichtlich des Monats September 2014 nur anteilig einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung bis zum 10.09.2014, da die Beklagten zu diesem Zeitpunkt ohne weitere Möglichkeit zur Nutzung der streitgegenständlichen Wohnung geräumt worden seien.
Die Beklagten haben zunächst beantragt, das Urteil des Amtsgerichts Kempen vom 07.10.2016 – 13 C 452/16 aufzuheben und die Klage abzuweisen. Im Termin vom 16.08.2017 ist antragsgemäß Versäumnisurteil gegen die nicht erschienenen Beklagen ergangen, das dem Beklagtenvertreter am 28.08.2017 zugestellt worden ist. Der hiergegen gerichtete Einspruch der Beklagten ist am 11.09.2017 bei Gericht eingegangen.
Die Beklagten beantragen nunmehr, das Versäumnisurteil vom 16.08.2017 sowie das Urteil des Amtsgerichts Kempen vom 07.10.2016 – 13 C 452/16 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.
Sie nehmen insoweit im Wesentlichen auf ihre erstinstanzlichen Ausführungen Bezug.
II.
Der Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil ist zulässig, hat jedoch in der Sache keinen Erfolg, da die zulässige Berufung der Beklagten unbegründet ist.
1. Die Kläger haben gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung in Höhe von 7.380,00 € nebst Zinsen als Nutzungsentschädigung bzw. Schadensersatz für den Zeitraum Januar bis einschließlich September 2014 aus §§ 546a Abs. 1, Abs. 2, 280 Abs. 2, 286 BGB. Das streitgegenständliche Mietverhältnis wurde spätestens zum 22.10.2013 wirksam beendet. Die Beklagten haben die Mietwohnung erst mit Räumung am 10.09.2014 an die Kläger herausgegeben. Bis zu diesem Zeitpunkt schulden die Beklagten dem Kläger Nutzungsentschädigung gem. § 546a Abs. 1 BGB, danach bis zum Ende des Monats September 2014 Schadensersatz gem. §§ 546a Abs. 2, 280 Abs. 2, 286 BGB.
a. Gemäß § 546a Abs. 1 BGB kann der Vermieter für die Dauer der Vorenthaltung der Mietsache als Entschädigung die vereinbarte Miete verlangen. War die Mietsache bei Beendigung des Mietverhältnisses mangelhaft und die Miete deshalb entsprechend gemindert, stellt die geminderte Miete die vereinbarte Miete dar (Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Aufl., § 546a BGB Rn. 68).
Das Amtsgericht Kempen hat im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass die Nutzungsentschädigung in Höhe des vollen vereinbarten Mietzinses besteht. Inwieweit das Urteil des Amtsgerichts Kempen vom 06.05.2014 (Az.: 1 C 197/13) für den streitgegenständlichen Rechtsstreit präjudiziell ist, kann dabei dahinstehen, denn jedenfalls war die Nutzungsentschädigung nicht gemindert, weil der zum Zeitpunkt der Beendigung des Mietverhältnisses geschuldete Mietzins nicht gemindert war.
Gemäß § 536 BGB hat der Mieter für die Zeit, in der die Tauglichkeit der Mietsache aufgrund eines Mangels gemindert ist, nur eine angemessen herabgesetzte Miete zu entrichten. Eine unerhebliche Minderung der Tauglichkeit bleibt hierbei außer Betracht. Zeigt sich im Laufe der Mietzeit ein Mangel der Mietsache, so hat der Mieter dies dem Vermieter unverzüglich anzuzeigen. Kann der Vermieter infolge der Unterlassung der Anzeige nicht Abhilfe schaffen, ist der Mieter nicht berechtigt die in § 536 bestimmten Rechte geltend zu machen (§ 536c BGB).
aa. Soweit die Beklagten sich auf etwaige im Innern des Mietobjektes befindliche Mängel stützen (großflächige Schimmelbildung in den Räumen im 1. OG der Rückseite des Hauses, abblätternde Farbe an den Rollläden vorne links in der Wohnung, bei Regen laufe Wasser aus der Dachrinne an der Wand herunter, die Pumpe im Keller laufe andauernd, der Keller stehe teilweise unter Wasser, die Scheiben im Keller seien gesprungen), fehlt es insoweit bereits an der erforderlichen Mängelanzeige. Eine solche erfolgte erstmals während des erstinstanzlichen Verfahrens mit Schriftsatz vom 14.11.2013, mithin nach Beendigung des Mietverhältnisses.
bb. Der monatliche Mietzins war ebenfalls nicht aufgrund der behaupteten äußeren Mängel an dem streitgegenständlichen Mietobjekt gemindert. Dem Mieter steht kein Minderungsrecht zu, sofern die Tauglichkeit nur unerheblich gemindert ist (§ 536 Abs. 1 S. 3 BGB). Die Beklagten haben vorgetragen, dass auf der Rückseite des Hauses Putz und Mauerwerk teilweise beschädigt seien, dass die Kellertüre von Regenwasser teilweise weggefault sei sowie dass die Klingel- und Briefkastenanlage vollkommen unansehnlich sei. Nach dieser Beschreibung handelt es sich um Zustände, die den Gebrauchswert der Wohnung nicht unmittelbar beeinträchtigen, sondern weitgehend um Äußerlichkeiten bzw. Unansehnlichkeiten und damit um nur unerhebliche Mängel. Auch auf ausdrückliche Nachfrage und Hinweis des Gerichts legten die Beklagten Art und Ausmaß der behaupteten Mängel nicht näher dar.
cc. Die Nutzungsentschädigung war auch nach der erfolgten Mängelanzeige mit Schriftsatz vom 14.11.2013 wegen der behaupteten, sich innerhalb des Mietobjektes befindlichen Mängel nicht gemindert. Die Beklagten konnten die vor Beendigung des Mietverhältnisses unterlassene Mängelanzeige von bereits vorher aufgetretenen Mängeln nicht wirksam nachholen.
Nach eigenem Vortrag der Beklagten haben die angeführten Mängel bereits vor Beendigung des Mietverhältnisses vorgelegen. Grundsätzlich steht dem Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses kein Mängelbeseitigungsanspruch gegen den Vermieter mehr zu, da vertragliche Erfüllungspflichten zu diesem Zeitpunkt nicht mehr bestehen (Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Aufl., § 546a Rn.13). Dem liefe es zuwider, könnte der Mieter eine vor Beendigung des Mietverhältnisses unterlassene Mängelanzeige anschließend noch wirksam nachholen. Denn in diesem Fall würde der Vermieter sich der Situation ausgesetzt sehen, entweder eine Kürzung der Nutzungsentschädigung hinnehmen oder eine ehemals vertragliche Verpflichtung erfüllen zu müssen, die bereits nicht mehr besteht. Insoweit ist auch zu berücksichtigen, dass Mängel, die während der Nutzungsentschädigung entstehen, nicht zu einer Minderung führen (vgl. BGH, Urteil v. 27.05.2015 – XII ZR 66/13). Es ist nicht ersichtlich, warum ein Mieter, der eine rechtzeitige Mängelanzeige unterlässt, besser gestellt sein sollte als ein Mieter, bei dem ein Mangel erstmals während der Zeit der Nutzungsentschädigung auftritt.
b. Auch hinsichtlich des Monats September 2014 haben die Kläger einen Anspruch auf Entschädigung in voller Höhe. Zwar endet der Anspruch auf Nutzungsentschädigung gem. § 546a Abs. 1 BGB auch bei Zwangsräumungen taggenau mit der Rückgabe der Mietsache und nicht erst mit Ende des Zeitabschnitts, nach dem der Mietzins bemessen war (Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Aufl., § 546a Rn. 72). Allerdings stehen den Klägern für den restlichen Zeitraum des Monats September weitergehende Schadensersatzansprüche wegen Mietausfalls gemäß §§ 546a Abs. 2, 280 Abs. 2, 286 BGB anteilig in Höhe des restlichen Mietzinses zu, da sie das Objekt nicht sofort weitervermieten konnten. Angesichts des ungewissen Rückgabezeitpunkts war es ihnen unmöglich, einen Nachmieter zu finden.
2. Der Anspruch der Kläger ist nicht untergegangen.
a. Die Parteien haben bei Räumung der Beklagten nicht vereinbart, dass alle streitgegenständlichen Ansprüche durch Belassen eines Schwedenofens in der zu räumenden Wohnung abbedungen werden sollen. Die von den Beklagten hierzu vorgetragene Äußerung der Kläger, der Ofen habe in dem Objekt zu bleiben, ist vielmehr gemäß §§ 133, 157 BGB so auszulegen, dass die Klägerin ihr Vermieterpfandrecht nach § 562 BGB geltend gemacht hat. Die Kläger waren daher nach § 562b BGB berechtigt, den Ofen bei Räumung der Beklagten in Besitz zu nehmen und einer Entfernung zu widersprechen.
b. Soweit die Beklagten gegenüber der Klageforderung in Höhe von 2.500,00 € die Aufrechnung erklärt haben, so ist sie dadurch nicht erloschen. Den Beklagten fehlt es insoweit an einer aufrechenbaren Gegenforderung.
aa. Die Beklagten haben gegen die Kläger keinen Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung für den bei Räumung in der Wohnung verbliebenen Schwedenofen in Höhe von 2.500,00 € aus §§ 552, 539 BGB. Ein solcher ist durch das bestehende Vermieterpfandrecht der Kläger ausgeschlossen (MüKo-BGB, 7. Aufl., § 539 Rn. 11). Der Vermieter hat für seine Forderungen aus dem Mietverhältnis ein Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Mieters (§ 562 BGB). Der Schwedenofen ist von den Beklagten in die zu räumende Wohnung wirksam eingebracht worden. Es handelt sich insoweit nicht um eine unpfändbare Sache im Sinne des § 562 Abs. 1 S. 2 BGB. Das Vermieterpfandrecht der Kläger war bei seiner Geltendmachung noch nicht gemäß § 562a BGB erloschen, da sich der Ofen bei Räumung der Beklagten noch in der Wohnung befand.
bb. Die Beklagten haben auch keinen entsprechenden Anspruch aus § 812 BGB. Ein Anspruch des Mieters aus ungerechtfertigter Bereicherung ist ausgeschlossen, soweit der Wegnahmeanspruch des Mieters aus § 539 Abs. 2 BGB verjährt ist (MüKo-BGB, 7. Aufl., § 812 Rn. 97). Ansprüche des Mieters auf den Ersatz von Aufwendungen oder auf die Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung verjähren in sechs Monaten nach der Beendigung des Mietverhältnisses (§ 548 Abs. 2 BGB). Bei dem streitgegenständlichen Schwedenofen handelt es sich um einen Einrichtungsgegenstand im Sinne des § 548 Abs. 2 BGB. Nach allgemeiner Auffassung werden unter Einrichtungen bewegliche Sachen verstanden, die mit der Mietsache verbunden werden, um ihrem wirtschaftlichen Zweck zu dienen. Zu den Einrichtungen zählen daher unter anderem Öfen und Heizungen (Schmidt-Futterer, Mietrecht, 13. Aufl., § 539 Rn. 12). Der Lauf der Verjährungsfrist war auch nicht dadurch gehemmt, dass die Kläger ihr Vermieterpfandrecht an dem Ofen ausgeübt haben. Macht der Vermieter gegenüber dem Verlangen des Mieters, die Wegnahme von Einrichtungen nach Beendigung des Mietverhältnisses zu dulden, ein Vermieterpfandrecht geltend, so wird dadurch der Lauf der Verjährungsfrist für den Wegnahmeduldungsanspruch nicht gehemmt (vgl. BGH, Urteil v. 13.05.1987 -VIII ZR 136/86). Der Mietvertrag war spätestens zum 22.10.2013 beendet, mithin trat Verjährung etwaiger Ansprüche der Beklagten spätestens zum 22.04.2014 ein. Hierauf haben sich die Kläger auch berufen.
III.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 525, 542, 543, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Der Streitwert wird auf 7.380,00 EUR festgesetzt.