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Ordentliche Mietvertragskündigung bei erheblichem Zahlungsverzug des Mieters gerechtfertigt

LG Berlin, Az.: 67 S 14/17, Beschluss vom 14.03.2017

Die Kammer beabsichtigt, die Berufung als offensichtlich unbegründet im Beschlusswege zurückzuweisen.

Gründe

I.

Ordentliche Mietvertragskündigung bei erheblichem Zahlungsverzug des Mieters gerechtfertigt
Foto: Mazirama / Bigstock

Die nach § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zulässige Berufung ist gemäß § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO zurückzuweisen, da sie offensichtlich unbegründet ist und auch die sonstigen Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 S. 1 ZPO vorliegen.

Das Amtsgericht hat die Beklagten zutreffend verurteilt, die von ihnen innegehaltene Wohnung zu räumen und im beräumten Zustand an die Klägerin herauszugeben. Sie sind hierzu nach §§ 985, 546 Abs. 1 BGB verpflichtet, da die auf einen Zahlungsrückstand von 3.517,53 EUR gestützte ordentliche Kündigung vom 09.06.2015 das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis rechtswirksam zu beenden vermochte.

Die Kündigungserklärung genügt zunächst den Anforderungen der §§ 573 Abs. 3, 568 Abs. 1 BGB. Sie ist nicht nur durch die bevollmächtigte Hausverwaltung der Klägerin unterschrieben und damit in schriftlicher Form erfolgt, sondern führt überdies die bis dahin aufgetretenen Zahlungsrückstände in Bezug auf die Höhe und die betreffenden Monate als Grund für die Kündigung an.

Es liegt überdies ein den §§ 573 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB genügender Kündigungsgrund vor.

Gemäß § 573 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Vermieter nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Ein solches ist nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB insbesondere zu bejahen, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt. Eine solche Pflichtverletzung ist im vorliegenden Fall gegeben.

Die Erheblichkeit der Pflichtverletzung nach § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist im Rahmen einer umfassenden Gesamtabwägung zu klären, bei der sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind (vgl. (vgl. Kammer, Urt. v. 16.06.2016 – 67 S 125/16 -, juris Tz. 15 f. m. w. N. = ZMR 2016, 695). Dazu zählen vor allem die beanstandungsfreie Dauer des bisherigen Mietverhältnisses, das Gewicht und die nachteiligen Auswirkungen der Vertragspflichtverletzung, eine mögliche Wiederholungsgefahr und der dem Mieter zur Last zu legende Grad des Verschuldens (vgl. Kammer, a.a.O., Tz. 18 m. w. N.).

Gemessen daran, war dem Zahlungsverzug der Beklagten in der Gesamtschau ein derartiges Gewicht beizumessen, das die Annahme einer erheblichen Pflichtverletzung rechtfertigt. Auch wenn das Mietverhältnis zwischen den Beklagten und dem Rechtsvorgänger der Klägerin, in welches die Klägerin in der Folgezeit eingetreten ist, seit dem 01.07.1997 besteht, wiegt ein Zahlungsrückstand in Höhe von 3.517,53 EUR aufgrund der damit für die Klägerin verbundenen wirtschaftlichen Folgen so schwer, dass dieser ein Festhalten am Mietverhältnis nicht zuzumuten ist. Dabei haben die Beklagten den Zahlungsrückstand auch zu verschulden. Es kann dahinstehen, ob die Beklagten als Mieter für ihr mangelndes Verschulden nicht ohnehin schon darlegungs- und beweisbelastet sind (vgl. BGH, Urt. v. 13.04.2016 – VIII ZR 39/15 -, juris Tz. 17 m. w. N. = NZM 2016, 550). Denn die Beklagten als Mieter kommt zumindest eine sog. sekundäre Darlegungslast dergestalt zu, dass sie Gründe, die einem Verschulden entgegenstehen, vorbringen (vgl. Kammer, a.a.O., Tz. 25 m. w. N.). Schon diesen Anforderungen sind die Beklagten zumindest in Bezug auf den Beklagten zu 1, der weiterhin Mietvertragspartei ist, nicht gerecht geworden. Dass im Rahmen des Verschuldens selbst dann auf den Beklagten zu 1 abzustellen ist, wenn dieser zwischenzeitlich ausgezogen sein sollte, hat das Amtsgericht zutreffend erkannt. Darüber hinaus ist aber auch hinsichtlich des Beklagten zu 2 ein fahrlässiges Verschulden im Sinne des § 276 Abs. 1, Abs. 2 BGB anzunehmen, obwohl von ihm dargetan wurde, der Zahlungsverzug sei auf unvorhersehbare wirtschaftliche Entwicklungen zurückzuführen, mit denen starke Depressionen einhergingen. Denn trotz einer zu seinen Gunsten unterstellten Depression ist ihm dennoch zuzumuten, die Hilfe Dritter zu suchen, um der Erfüllung ihn treffender vertraglicher Pflichten nachzukommen. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass seine Lebensgefährtin, die Beklagte zu 3, mit ihm einen gemeinsamen Haushalt in der streitgegenständlichen Wohnung führt.

Insoweit kam es gar nicht mehr darauf an, ob auch in der Vergangenheit aufgetretene Zahlungsrückstände im Rahmen der Erheblichkeitsprüfung herangezogen werden können, die nicht in dem betreffenden Kündigungsschreiben erwähnt sind, sondern erstmalig im Räumungsprozess vorgetragen werden.

Ein den Beklagten günstigeres Ergebnis ergibt sich schließlich auch dann nicht, wenn man zu ihren Gunsten unterstellt, dass sie sämtliche rückständigen Beträge noch am Tage des Zugangs der ausgesprochenen Kündigung beglichen haben.

Die Kündigung ist zum einen nicht durch die nachträgliche Begleichung der ausstehenden Beträge innerhalb der Schonfrist des § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB unwirksam geworden, weil eine analoge Anwendung dieser Vorschrift für den Fall, dass die Kündigung bei Zahlungsverzug auf § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB gestützt wird, nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der auch die Kammer folgt, ausscheidet (st. Rspr., vgl. nur BGH, Urt. v. 10.10.2012 – VIII ZR 107/12 -, BGHZ 195, 64 Tz. 27 = NJW 2013, 159).

Zum anderen ist das Festhalten an der ordentlichen Kündigung trotz des erfolgten Ausgleichs der Mietrückstände zumindest im vorliegenden Fall nicht rechtsmissbräuchlich. Zwar ist nach Ansicht der Kammer ein solches Verhalten schon generell nicht geeignet, den Vorwurf der Treuwidrigkeit zu begründen (vgl. Kammer, a.a.O., Tz. 4 ff.). Doch selbst wenn man in einem derartigen Kontext unter Umständen dem Vermieter die Durchsetzung eines Räumungsanspruches unter Heranziehung der Grundsätze von Treu und Glauben verwehren würde, vermochte diese Sichtweise im streitgegenständlichen Fall ein solches Ergebnis nicht zu begründen. Denn nach höchstrichterlicher Rechtsprechung kann der nachträgliche Ausgleich bestehender Mietrückstände nur ganz ausnahmsweise und im Einzelfall als zureichender Gesichtspunkt angesehen werden, um ein Berufen auf die wirksame ordentliche Kündigung als rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 242 BGB erscheinen zu lassen (vgl. BGH, Urt. v. 10.10.2012 – VIII ZR 107/12 -, BGHZ 195, 64 Tz. 31 = NJW 2013, 159); in diesem Zusammenhang hat der Bundesgerichtshof bekräftigt, dass sich die Beantwortung dieser Frage einer allgemeingültigen Betrachtung entzieht und stets vom Tatrichter aufgrund der im obliegenden Würdigung aller konkreten Einzelfallumstände vorzunehmen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 06.10.2015 – VIII ZR 321/14 -, juris Tz. 6 f. = WuM 2016, 225).

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist jedoch kein derartiger Ausnahmefall gegeben, der ein Berufen auf die ordentliche Kündigung treuwidrig erscheinen ließe. Denn ungeachtet der Begleichung sämtlicher hier streitgegenständlicher Rückstände sind die Beklagten bereits in der Vergangenheit unstreitig namentlich in den Jahren 2009 und 2014 – mehrfach – mit dem von ihnen geschuldeten Mietzins in einem kündigungsrelevanten Umfang in Verzug geraten, der im Jahr 2009 sogar zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung führte. Überdies begründet dieser Aspekt im Zusammentreffen mit dem hier kündigungsrelevanten Zahlungsrückstand die abstrakte Wiederholungsgefahr, dass es auch in der Zukunft zu weiteren Zahlungsrückständen kommt (vgl. BGH, Beschluss vom 06. Oktober 2015 – VIII ZR 321/14 -, juris Tz. 9 = WuM 2016, 225).

II.

Die Beklagten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme binnen 2 Wochen. Dies gilt auch zu der Frage, ob die Berufung vor dem Hintergrund des erteilten Hinweises zurückgenommen wird. Auf die damit verbundene Kostenreduzierung gemäß Nr. 1222 KV weist die Kammer vorsorglich hin.

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