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Pachtverhältniskündigung – ergänzende Vertragsauslegung

OLG Zweibrücken – Az.: 7 U 88/20 – Urteil vom 07.07.2021

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Schlussurteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 29.06.2020, Az. 4 O 92/19, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Kosten der Nebenintervention hat die Nebenintervenientin zu tragen.

3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von ……… Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe von ……… Euro leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Räumung von Gewerbeflächen und im Rahmen der Hilfswiderklage um das (Nicht-)Bestehen von Schadensersatzansprüchen der Klägerin gegen die Beklagte.

Die streitgegenständliche Fläche befindet sich auf einem abfallwirtschaftlich genutzten Gesamtareal, auf dem es zwei ehemalige Deponien („H………“ im Süden und „M………ben“ im Norden) gibt. Die „H………“ ist ein massiver, im Vergleich zum umgebenden Gelände ca. 30 m hoher Deponiekörper. Die Deponie „M………“ ist eine tiefer liegende, in weiten Teilen ebene Fläche.

Die „H………“ wurde früher von der Klägerin als Hausmülldeponie betrieben. Die Deponie „M………“ wurde früher durch die Klägerin als Deponie für feste Abfallstoffe betrieben. Auf dem Gelände der Deponie „M………“ werden verschiedene Entsorgungsanlagen (Bauschuttaufbereitung, Kompostierungsanlage, Biobeet, Halle zur Lagerung von teerhaltigem Straßenaufbruch) betrieben (= Abfallwirtschaftszentrum bzw. AWZ). Diese sind immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig. Erlaubnisinhaberin ist die Klägerin. Gegenstand des Räumungsantrags der Klägerin sind die Flächen des AWZ.

Die Beklagte nutzte die Flächen des AWZ auf der Grundlage eines mit der Klägerin – diese handelnd durch den Eigenbetrieb Stadtentsorgung (E………) – geschlossenen Vertrags vom 27.01.2000, wegen dessen Einzelheiten auf die Anlage K3 Bezug genommen wird, zum Pachtzins von monatlich 11.504,07 Euro. In § 8 dieses Vertrags findet sich unter der Überschrift „Vertragsdauer“ folgende Regelung:

„(1) Das neue Vertragsverhältnis beginnt am 01. Januar 2000 und endet am 31. Dezember 2009. Es verlängert sich jeweils um 5 Jahre, wenn es nicht spätestens ein Jahr vor dem jeweiligen Fristablauf schriftlich gekündigt wird. Falls nach Beendigung des Vertrages der E……… durch eine Drittfirma weiterhin Maßnahmen betreiben läßt, wie sie in diesem Vertrag geregelt sind, so erklärt sich der ……… bereit, die maschinellen Anlagen der Firma öffentlich auszuschreiben. Satz 3 gilt nicht, wenn der E……… lediglich die Grünabfallkompostierung weiterhin betreibt oder betreiben lässt.

(2) Der E……… ist daneben zur fristlosen Kündigung des Vertrages berechtigt, wenn

a) die Firma ihren wesentlichen vertraglichen Verpflichtungen nicht nachkommt und die Pflichtverletzung nicht nach einer Abmahnung mit Frist von zwei Wochen durch den E……… abstellt,

b) die Firma mit der Entrichtung der Pacht nach § 7 des Vertrages mindestens 3 Monate im Rückstand ist,

c) die Firma den Vertrag, die öffentlich-rechtlichen Genehmigungen bzw. Erlaubnisse, sowie die jeweils gültigen Satzungsbestimmungen im Rahmen des Abfallrechts verletzt,

d) die Firma mehr als 17.500 ³ in einem Jahr ablagert; es sei denn, sie ist hierzu gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 dazu verpflichtet,

e) über die Firma ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, oder der Antrag auf Eröffnung eines solchen Verfahrens mangels Masse abgelehnt wurde. [………]“

Die Klägerin kündigte diesen Vertrag mit Schreiben vom 16.02.2009; wegen der Einzelheiten des Schreibens wird auf die Anlage K4 Bezug genommen. Die Beklagte nahm die Kündigung unter Verzicht auf die Einhaltung der Kündigungsfrist, deren Nichteinhaltung zur Verlängerung des Vertrages bis Ende des Jahres 2014 geführt hätte, an, da sodann ein Neuvertrag geschlossen werden sollte.

Die Stadt ……… – Eigenbetrieb Stadtentsorgung -, vertreten durch die Werkleiter, und die Beklagte schlossen sodann am 16.03.2010 einen neuen Vertrag, wegen dessen Einzelheiten auf die Anlage K5 Bezug genommen wird. Dieser hatte (wie der Altvertrag) neben der Überlassung der Flächen die Erbringung abfallwirtschaftlicher Tätigkeiten durch die Beklagte nach Maßgabe der entsprechenden Genehmigungsbescheide zum Gegenstand (§ 1 Abs. 2 des Altvertrags). In der Präambel dieses Neuvertrags heißt es:

„Mit Schreiben vom 16. Februar 2009 wurde einvernehmlich der Pachtvertrag vom 27. Januar 2000 sowie alle darauf beruhenden Vereinbarungen zum 31. Dezember 2009 gekündigt. Ausschlaggebend für die Kündigung war die Beantragung vom 11. Februar 2003 auf „Neubescheidung der Bauschuttaufbereitungsanlage“ nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz. Dieser Bescheid soll die rechtliche Basis für den neu abzuschließenden Vertrag sein. Die Bescheiderstellung durch die S……… verzögert sich wegen diversen Nachbeantragungen (Umschlaghalle, Teerhalle). Mit der Bekanntgabe ist im Laufe des Jahres 2010 zu rechnen.“

Der Vertrag enthält auszugsweise folgende Regelungen:

㤠1 Vertragsgegenstand

(1) Der E……… verpachtet an die Firma Teilflächen aus den Flurstück-Nr. ……… und Flurstück-Nr. ……… an der B………straße in ……… Anlage 1

(2) Es gelten die in Anlage 2 genannten Bescheide.

(3) Für die gemäß Bescheid vom 15.10.2009, Az,: 3……… errichtete Halle, inclusive der darauf befindlichen Photovoltaikanlage, gelten folgende Regelungen:

Die Halle bleibt, unabhängig von den Formulierungen des noch abzuschließenden Vertrages, im uneingeschränkten Besitz der Firma. Für die Dauer von 20 Jahren, gerechnet ab dem 01. Januar 2010, fließen die Erlöse aus der auf dem Hallendach montierten Photovoltaikanlage ausschließlich der Firma zu. Sollten die in diesem Zeitraum liegenden Pachtverträge frühzeitig gekündigt bzw. nicht verlängert werden, einigen sich beide Seiten auf eine tragfähige Entschädigung für den Nutzungsausfall.

(3) Ansonsten gilt der Ursprungsvertrag vom 27. Januar 2000, mit Ausnahme von § 1 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2.

(4) Beide Seiten verpflichten sich, nach der rechtskräftigen Bescheidung der Anlage einen neuen Vertrag abzuschließen.

§ 2 Vertragsdauer

Die Vereinbarung gilt ab dem 01. Januar 2010. Sie endet automatisch nach beiderseitigem Unterzeichnen des neuen Vertrages.“

Die Klägerin reichte dementsprechend Nachbeantragungen für die zu diesem Zeitpunkt auf der Grundlage einer vorläufigen Genehmigung nach § 8 a BlmSchG bereits errichtete Müllumschlaghalle und die Teerhalle bei der S……… (im Folgenden: S………) ein. Wegen der Vielzahl der Einzelgenehmigungen sollten die Genehmigungen in einem Gesamtbescheid zusammengefasst werden. Zu einer Genehmigung kam es nicht, da die Klägerin den Antrag zurückzog. Die Gründe hierfür sind zwischen den Parteien streitig.

Am 24.06.2014 schloss die Klägerin mit der ……… GmbH und der Beklagten einen weiteren, als „Werkvertrag“ bezeichneten Vertrag, wegen dessen Einzelheiten auf die Anlage K7 Bezug genommen wird, ab. Als Auftragnehmer ist die G……… GmbH aufgeführt. Dieser Vertrag hatte die Abschlussrekultivierung der ehemaligen Deponie „H………“ um Gegenstand; nach Ziffer 3.3.19 sollte Material von der Deponie „M………“ (AWZ) umgelagert werden in die Deponie „H………“ und dort als Füllmaterial dienen.

Im Frühjahr 2017 brachte der damalige Betriebsleiter der Beklagten – ……… illegal Baumischabfälle in die Deponie „H………“ ein. Gegen ihn wird ein Ermittlungsverfahren geführt. Er hat das Unternehmen der Beklagten verlassen. Weitere Handlungen der Beklagten bzw. ihrer Mitarbeiter, die nach Auffassung der Klägerin eine fristlose Kündigung des Pachtverhältnisses rechtfertigen, sind zwischen den Parteien streitig.

Mit Bescheid vom 11.10.2017 untersagte die S……… die weitere Annahme von Abfällen mit dem Abfallschlüssel 170301* „kohlenteerhaltige Bitumengemische“ und ordnete die unverzügliche Beseitigung und Entsorgung der außerhalb der sog. Teerhalle lagernden Materialien an. Wegen der Einzelheiten des Bescheids wird auf die Anlage K97 Bezug genommen. Der Bescheid ist bestandskräftig.

Im Zuge der behördlich veranlassten Rückbaumaßnahmen wurden im August/September 2018 neben den bereits bekannten, nicht zugelassenen gefährlichen Abfällen auch Teerkorkabfälle und Klärwerkrückstände aufgefunden. Wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage K14 Bezug genommen. Mit Schreiben vom 01.10.2018 kündigte die Klägerin „alle Vertragsverhältnisse für die im Vertrag vom 16.03.2010 überlassenen Grundstücksflächen außerordentlich und fristlos“. Hilfsweise erklärte sie die „Kündigung zum nächstmöglichen Termin“. Wegen der Einzelheiten des Schreibens wird auf die Anlage K41 Bezug genommen.

Seit Ende 2018 ist die Beklagte nicht mehr als Entsorgungsfachbetrieb im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes zertifiziert. Zwischen den Parteien ist streitig, ob dies auf einem Entzug oder auf einer freiwilligen Rückgabe des Zertifikats durch die Beklagte beruht und welche rechtlichen Folgen dies im Verhältnis der Parteien zueinander hat.

Zum 31.12.2018 wurde der zwischen der Beklagten und der ……… GmbH & Co. KG bestehende Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag beendet.

Mit an die Klägerin gerichtetem Bescheid vom 11.07.2019 ordnete die S……… die Rückführung der auf dem Gelände des AWZ befindlichen Bauschuttaufbereitungsanlage auf den ursprünglich genehmigten Zustand sowie deren Anpassung an den Stand der Technik an und untersagte bis zur Vornahme dieser Maßnahmen die Behandlung von Abfällen mittels der Bauschuttaufbereitungsanlage mit sofortiger Wirkung; die sofortige Vollziehung wurde angeordnet. Mit an die Klägerin gerichtetem Bescheid vom 18.07.2019 untersagte die S……… mit sofortiger Wirkung die Annahme und Zwischenlagerung von Abfällen, die für die Aufbereitung durch die auf dem Gelände des AWZ befindliche Bauschuttaufbereitungsanlage zugelassen waren, und ordnete die sofortige Vollziehung an. Mit an die Klägerin gerichtetem Bescheid vom 27.11.2019 untersagte die S……… den Betrieb des Bio-Beets auf dem Gelände des AWZ. Wegen der Einzelheiten der vorgenannten Bescheide wird auf das Anlagenkonvolut K66 Bezug genommen. Die Bescheide sind bestandskräftig.

Darüber hinaus stellte die S……… mit an die Klägerin gerichtetem Bescheid vom 29.06.2018 fest, dass die Klägerin Betreiberin des AWZ ist. Den hiergegen gerichteten Widerspruch der Klägerin wies die S……… mit Widerspruchsbescheid vom 27.11.2019 zurück. Die hiergegen von der Klägerin erhobene Klage wies das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße mit Urteil vom 28.10.2020 (Az. 5 K 1374/19.NW) ab. Den hierauf von der Klägerin gestellten Antrag auf Zulassung der Berufung lehnte das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz mit Beschluss vom 25.05.2021 (Az. 8 A 11566/20.OVG) ab.

Seit Juli 2019 entrichtet die Beklagte keine Pacht mehr. Mit Schreiben vom 30.08.2019 erklärte die Klägerin deshalb „vorsorglich“ erneut die außerordentliche und fristlose Kündigung des Pachtverhältnisses. Wegen der Einzelheiten der Erklärung wird auf die Anlage K67 Bezug genommen. Mit Schriftsatz vom 14.02.2020 und mit außergerichtlichem Schreiben vom 29.03.2021 (Anlage K138) sowie mit Schriftsatz vom 14.06.2021 wurde erneut die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung erklärt; wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 711 f., Bl. 2921 und Bl. 3100 der Akte Bezug genommen.

Die Klägerin hat vorgebracht:

Zur Klage:

Die öffentlich-rechtlichen Voraussetzungen zum Abschluss des Folgevertrags mit der Beklagten hätten durch die Klägerin nicht geschaffen werden können. Dafür treffe die Klägerin kein Verschulden.

Der „Werkvertrag“ sei tatsächlich mit der Beklagten geschlossen worden; diese habe die Arbeiten durchführen sollen. Weshalb im Vertrag die G……… GmbH als Auftragnehmer genannt werde, sei nicht mehr nachvollziehbar. Diese GmbH habe für die entsprechenden Tätigkeiten aber kein Personal.

Die Beklagte habe im Rahmen der Ausführung dieses „Werkvertrags“ über die Umlagerung mineralischer Abfälle nicht zugelassene Abfälle als „Füllmaterial/Rekultivierungsmaterial“ eingesetzt und das AWZ als „Verschiebebahnhof“ genutzt. Schon die vierstellige Tonnage der illegal vergrabenen Abfälle zeige, dass hierfür schweres Gerät erforderlich sei, so dass ein nächtliches Vergraben der Abfälle durch Dritte ausscheide und nur die Beklagte verantwortlich sein könne. Es handele sich dabei um folgende Arten von Abfällen:

-Bl. 84 ff. der Akte: Altholz der Belastungskategorie A4 (= mit Holzschutzmitteln behandelter Abfall): Das Material sei im Bereich der Halde 4A vergraben worden. Hierbei handele es sich um organischen Abfall; solches Altholz dürfe unabhängig vom Schadstoffgehalt nicht auf Deponien abgelagert werden, da es das Grundwasser gefährde. Nach Aussage des ……… in dem gegen ihn geführten Ermittlungsverfahren seien mehrere Mitarbeiter der Beklagten in die Ablagerung dieses Materials involviert gewesen (Zeugenangebot auf Bl. 87 der Akte); dies werde durch die Aussage des Zeugen U……… im Ermittlungsverfahren bestätigt. Wenn die Beklagte dies nun unzulässiger Weise mit Nichtwissen bestreite, zeige dies, dass sie ihren eigenen Betrieb nicht im Griff habe.

-Bl. 88 ff., 550 ff. und 713 ff. der Akte: Sog. Teerkork aus dem Abbruch eines Discount-Marktes in ……… im Jahre 2017: Die beim Abbruch entstandenen Abfälle seien zunächst in der Sortierhalle des AWZ angenommen, dann illegal auf die Deponie verbracht und mit Erde überdeckt worden. Bei Teilfraktionen dieser Abfälle handele es sich um sog. Teerkork, der im konkreten Fall die zulässigen Schadstoffgrenzwerte um mehr als das 500-fache überschreite.

-Bl. 93 ff. der Akte: Unvorbehandelter Gewerbemüll aus jüngerer Zeit. Da dieser Müll teils in sog. Big-Bags mit einem möglichen Gewicht von bis zu mehreren Tonnen aufgefunden worden sei, könne es sich entgegen der vorgerichtlich geäußerten Auffassung der Beklagten nicht so zugetragen haben, dass dieser Müll von unbefugten Dritten auf das Gelände verbracht worden sei.

-Bl. 95 ff. und 686R ff. der Akte: Illegale Entsorgung von Klärwerksrückständen. Dies habe sich noch während des laufenden Ermittlungsverfahrens gegen ……… ereignet, und zwar am 13.07.2018 in Gegenwart von Mitarbeitern der S……… Bei dieser Gelegenheit sei schwarzes, stark geruchsintensives Material angeliefert und unmittelbar danach mit Erde überdeckt worden. Bei Nachprüfung habe sich herausgestellt, dass es sich dabei um sog. Sandfangrückstünde aus Kläranlagen gehandelt habe, die nur für die Annahme und anschließende Abgabe, nicht aber für die Verwertung im AWZ zugelassen seien. Aus den Anlagen zum Schreiben der Beklagten vom 05.09.2018 (Anlage K22), in dem die Beklagte den Vorgang als Missverständnis dargestellt habe, ergebe sich eine Annahme solcher Sandfangrückstünde (über 300 t) über einen längeren Zeitraum; der Verbleib derselben sei ungeklärt.

-Bl. 102 ff. und 677 ff. der Akte: Calciumcarbonatschlamm. Dabei handele es sich um einen Rückstand aus der Papierindustrie, dessen Annahme zur Aufbereitung und weiteren Verwendung – nicht aber zur Deponierung – im AWZ nur bis zum Jahre 2012 gestattet gewesen sei. Dieses Material habe die Beklagte von 2013 bis 2017 rechtswidrig angenommen (über 3.000 t) und zudem „doppelt rechtswidrig“ auf dem Deponiekörper und auf verschiedenen Halden eingebaut, ohne dass sich dies bisher genau lokalisieren lasse. Das sei erfolgt, obwohl die Beklagte ausweislich ihrer Jahresberichte 2010 und 2011 (Anlage K109) mitgeteilt habe, die Annahme von Calciumcarbonatschlamm eingestellt zu haben; angesichts der späteren Jahresberichte sei die Klägerin davon ausgegangen, die Beklagte habe Calciumcarbonatschlamm nur im Wege des Streckengeschäfts durchgehandelt, also angenommen und wieder abgesteuert. Der Calciumcarbonatschlamm sei nicht für eine Deponierung geeignet; der organische Gehalt des vorgefundenen Abfalls sei so hoch, dass er nicht einmal auf Deponien für Sonderabfall hätte abgelagert werden dürfen. Entgegen dem Beklagtenvortrag auf S. 77 der Klageerwiderung habe es auch keine genehmigte Langzeitlagerfläche hierfür gegeben.

-Bl. 104 ff. und 682R ff. der Akte sowie Anlagen K114 bis K124: Diverse weitere nicht deponiegeeignete Abfälle i.S.d. „Verordnung über die Deponien und Langzeitlager“, teils gefährliche Abfälle i.S.d. „Abfallverzeichnis-Verordnung“. Die Beklagte habe wahllos unterschiedlichste Abfälle vergraben, und zwar gemischte Bau- und Abbruchabfälle, künstliche Mineralfasern, Straßenkehricht, Frischkompost, Rigipsplatten, Dachpappe, Dämmplatten mit PAK-Kleber, gefährliche Bau- und Abbruchabfälle, Elektroschrott sowie Verbands- und Isoliermaterial. Alle diese Materialien seien für den Einsatz auf Deponien und für Rekultivierungsmaßnahmen auf Deponien nicht geeignet, ihr Einsatz auf Deponien sei verboten. Eine genaue Mengenermittlung stehe noch aus, es sei jedenfalls von vierstelligen Tonnagen auszugehen.

Die Beklagte habe die Klägerin trotz entsprechender Aufforderungen im Hinblick auf die vorgenannten Missstände nicht verständlich informiert. Die erteilten Auskünfte seien widersprüchlich. Eine Überprüfung der Halden durch Entnahme von Proben sei verweigert worden.

Bl. 106 f. der Akte: Darüber hinaus habe die Beklagte abweichend von Zulassungsbescheiden für das AWZ Flächen überlagert, d.h. es seien rechtswidrig wesentlich mehr Mengen auf anderen als den genehmigten Flächen gelagert worden. Dies gelte z.B. für die Halde 4A, auf welcher Abfälle in einem Umfang von mind. 13.000 ³ illegal eingelagert worden seien. Auch im Eingangslager der Bauschuttaufbereitungsanlage sei es zu erheblichen (geschätzt im fünfstelligen Tonnagebereich liegenden) Überlagerungen von Flächen gekommen, weshalb die S……… – insoweit unstreitig – mit Verfügung vom 27.09.2018 die Rückführung auf den genehmigten Stand angeordnet und die weitere Nutzung der Fläche mit sofortiger Wirkung untersagt habe.

Die Beklagte sei durch die Klägerin über die jeweilige Genehmigungslage informiert worden. In jedem Fall sei die Beklagte als unzuverlässig i.S.d. § 22 KWG anzusehen, sofern sie das AWZ in Unkenntnis des Genehmigungsumfangs betreibe.

Die Klägerin selbst sei aus dem Vertrag des E……… berechtigt und verpflichtet, da der E……… als Eigenbetrieb selbst nicht rechtsfähig sei. Hilfsweise mache sie die Ansprüche aus abgetretenem Recht infolge der unbestritten erfolgten Abtretung geltend.

Die Rechtsansicht, die der Oberbürgermeister im Hinblick auf den Ausschluss der ordentlichen Kündbarkeit des Neuvertrages 8 Jahre nach Vertragsschluss geäußert habe, könne bei der Auslegung des Vertrages nicht herangezogen werden. Darüber hinaus bedürfe der Ausschluss der ordentlichen Kündigung der Schriftform, die – angesichts der ungenügenden Festlegung des Pachtgegenstandes im Vertrag und angesichts der nicht formgemäßen Nachtragsvereinbarung zur Pachthöhe (Bl. 1143 der Akte) – nicht eingehalten sei. Der Bau der Teerhalle und der Umschlaghalle könne zur Begründung eines Ausschlusses der ordentlichen Kündigung ebenfalls nicht berücksichtigt werden, da deren Bau – insoweit unstreitig – bereits unter Geltung des Altvertrages erfolgt sei. Die Investitionen stünden demnach nicht im Zusammenhang mit dem Neuvertrag.

Nach § 1 Abs. 9 sei die Beklagte nur zu den im Pachtvertrag genannten Tätigkeiten berechtigt, weshalb der Einwand der Beklagten, ihr sei die Genehmigungslage nicht bekannt gewesen, irrelevant sei.

Die Kündigung werde auf § 8 Abs. 2 Buchstabe c) und Buchstabe d) des Altvertrages vom 27.01.2000 sowie auf § 543 Abs. 1 BGB gestützt. Die Kündigung werde außerdem darauf gestützt, dass die Beklagte ihren Betreiberpflichten aufgrund der im Jahre 2019 erlassenen, bestandskräftigen Untersagungsbescheide der S……… nicht mehr nachkommen könne, so dass auch eine vorherige Abmahnung ersichtlich sinnlos gewesen wäre. Zudem erfülle die Beklagte nach der Beendigung des mit der ……… GmbH & Co. KG vormals bestehenden Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags nicht mehr die Anforderungen an die finanzielle Leistungsfähigkeit; letztlich werde durch dieses Vorgehen die Insolvenz der Beklagten vorbereitet, was deren Unzuverlässigkeit i.S.d. § 22 KWG begründe. Außerdem handele es sich bei der Beklagten – insoweit unstreitig – nicht mehr um einen zertifizierten Abfallwirtschaftsbetrieb.

Schließlich sei die Kündigung wegen der ausgebliebenen Pachtzahlungen berechtigt. Zudem entspreche die Bauschuttaufbereitungsanlage nicht der Genehmigung.

Zur Widerklage:

Die Widerklage sei bereits unzulässig, da die Beklagte mit ihren Anträgen lediglich die Klärung nicht feststellungsfähiger Vorfragen begehre. Hinsichtlich der einzelnen Widerklageanträge gelte Folgendes:

-Widerklageantrag zu 1): Dieser werde anerkannt.

-Widerklageantrag zu 2): Der Antrag sei mangels Feststellungsinteresses unzulässig. Ausweislich Anlage K133 sei bereits ein anderweitiges Klageverfahren über einen Betrag von 224.631,18 Euro anhängig.

-Widerklageantrag zu 3): Die Verpflichtung der Beklagten zur Abschlussrekultivierung der ehemaligen Hausmülldeponie H……… ergebe sich schon aus § 1 Abs. 2 des Altvertrages. Diese Verpflichtung bestehe zumindest im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs, gerichtet auf eine entsprechende Geldzahlung nach Beendigung des Pachtvertrags, als Kündigungsfolgeschaden fort.

-Widerklageantrag zu 4): Die Beklagte habe die Kosten für die Entsorgung des Teerkorks in Form von Schadensersatz (§§ 280, 249 BGB bzw. § 823 Abs. 1, Abs. 2, § 826 BGB) zu übernehmen, da sie mangels Zuverlässigkeit eine Entsorgung in eigener Regie nicht mehr durchführen könne.

-Widerklageantrag zu 5): Aufgrund der wiederholten Pflichtverletzungen der Beklagten bestehe der dringende Verdacht, dass die Beklagte auch an weiteren Stellen unzulässige Stoffe eingebracht habe. Es müssten daher zumindest fünf Probeaufschlüsse erstellt werden, um dieses Risiko auszuschließen. Die hierfür anfallenden Kosten von mind. 15.000,00 Euro stünden der Klägerin als Schadensersatz zu.

-Widerklageantrag zu 6): Die ordnungsgemäße Entsorgung der von der Beklagten eingebrachten Stoffe müsse überwacht werden. Die von der Klägerin hiermit beauftragte Ingenieur GmbH ……… habe bisher 103.349,89 Euro abgerechnet. Dieser Betrag sei erforderlich, die Preise ortsüblich und angemessen. Auch diesen Betrag schulde die Beklagte als Schadensersatz.

-Widerklageantrag zu 7): Es bestehe eine deutliche Differenz zwischen der Volumenvergrößerung der H……… und der Volumenverringerung auf der Halde 4A, weshalb die Beklagte – vertragswidrig – Fremdmaterial in den Deponiekörper H……… eingebracht haben müsse. Zur Beseitigung der Massen müsse eine Massenermittlung und einer Ermittlung des Schadstoffinventars stattfinden. In Abhängigkeit vom Schadstoffinventar müsse eine mehr oder weniger umfangreiche und aufwändige Baustelleneinrichtung erfolgen, um den Transport und die ggf. erforderliche Entsorgung vorzubereiten. Für diese Arbeiten fielen mindestens 3,2 Mio. Euro an Kosten an.

-Widerklageantrag zu 8): Der Ausbau und die Entsorgung des Calciumcarbonats – mind. 3.000 t – erfordere einen Aufwand von mindestens 100.000,00 Euro.

-Widerklageantrag zu 9): Nach § 1 Abs. 6 des Altvertrages müsse die Beklagte bei Beendigung des Pachtverhältnisses zwischengelagertes Material auf eigene Kosten räumen. Die Beklagte habe etwa 50.000 ³ Material zwischengelagert, vor allem Bodenaushub und Calciumcarbonatschlamm. Für die Abfuhr und ordnungsgemäße Entsorgung falle ein Aufwand von mind. 50,00 Euro pro Kubikmeter an, also 2,5 Mio. Euro. Zunächst aber bestehe ein Räumungsanspruch der Klägerin. Nichts anderem habe sich die Klägerin berühmt.

-Widerklageantrag zu 10): Nach dem anonymen Hinweis im Juni 2017 habe die Klägerin nur einen Bruchteil der vom Hinweisgeber angegebenen Mengen aufgefunden. Es bestehe daher der dringende Verdacht, dass auch im näheren Umkreis des Fundortes unzulässiges Material von der Beklagten vergraben worden sei. Für die daher notwendige Erkundung des näheren Umkreises fielen mind. zehn Bohrungen à 5.000,00 Euro an. Auch insoweit stehe der Klägerin Schadensersatz zu.

-Widerklageantrag zu 11): Die Beklagte sei zur Beseitigung der von ihr als Zwischenlagerstätte aufgeschütteten Halde 4B verpflichtet. Eine Selbstvornahme durch die Klägerin führe zu einem Aufwand von 1.080.000,00 Euro. Zunächst aber bestehe ein Räumungsanspruch der Klägerin. Nichts anderem habe sich die Klägerin berühmt.

-Widerklageantrag zu 12): Die Beklagte habe 15.000 ³ Material (= rund 27.000 t) in Zwischenlagerhalden aufgeschüttet, die sie nach Beendigung des Pachtverhältnisses beseitigen müsse. Eine Selbstvomahme durch die Klägerin führe zu einem Aufwand von 1.485.000,00 Euro. Zunächst aber bestehe ein Räumungsanspruch der Klägerin. Nichts anderem habe sich die Klägerin berühmt.

-Widerklageantrag zu 13): Hierzu habe die Beklagte nicht vorgetragen, weshalb das Begehren unschlüssig sei. Höchst vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass es sich bei dem teerhaltigen Aufbruch, der noch auf dem Objekt vorhanden sei, erneut um zwischengelagertes Material handele, das zu beseitigen sei.

-Widerklageantrag zu 14): Nach § 1 Abs. 2 des Altvertrages müsse die Beklagte auch den sog. M……… graben rekultivieren. Hierfür werde ein Aufwand von 45,00 Euro pro Quadratmeter anfallen, so dass sich bei einer Fläche von 40.000 m² ein Betrag von 1,8 Mio. Euro ergebe.

-Widerklageantrag zu 15): Nach § 1 Abs. 7 des Altvertrages sei die Beklagte zur Entfernung von baulichen Anlagen, die nach Vertragsschluss errichtet wurden, verpflichtet. Ausbau und Entsorgung der aufgebrachten Oberfläche des Kompostplatzes erfordere einen Aufwand von mind. 4 Mio. Euro. Zunächst aber bestehe ein Beseitigungsanspruch der Klägerin. Nichts anderem habe sich die Klägerin berühmt.

-Widerklageantrag zu 16): Auch im Einfahrtsbereich habe die Beklagte nach Vertragsschluss einen festen Bodenbelag mit rund 3.900 t teerhaltigen Materials aufgebracht. Bei Entsorgungskosten von etwa 200,00 Euro pro Tonne ergebe sich ein Betrag von weit über 600.000,00 Euro. Zunächst aber bestehe ein Beseitigungsanspruch der Klägerin. Nichts anderem habe sich die Klägerin berühmt.

-Widerklageantrag zu 17): Ausweislich der Anlage K137 habe die Beklagte nach Vertragsschluss einen Umfahrungsweg um die Halde 4A herum angelegt. Auch dieser Weg sei zu beseitigen. Weitergehender Ansprüche habe sich die Klägerin nicht berühmt. Insoweit sei mit Massen von etwa 1.000 t teerhaltigen Materials zu rechnen, so dass sich ein Aufwand für Ausbau und Entsorgung von 200.000,00 Euro ergebe.

-Widerklageantrag zu 18): Bei den Haufwerken 5 und 6 handele es sich nach dem Ergebnis ordnungsgemäß durchgeführter Beprobung und Analyse um gefährlichen Abfall, was sich im Einzelnen aus der Anlage K45 (Bl. 563 ff. der Akte) ergebe. Die tatsächliche Schadstoffbelastung liege wahrscheinlich noch über den in dieser Analyse angegebenen Werten. Eine Trennung des dort von der Beklagten eingebrachten Abfalls in gefährliche und ungefährliche Anteile sei jedenfalls nicht mit vertretbarem Aufwand durchzuführen. Die anderweitigen Vorschläge der Beklagten zur Sortierung der Abfälle seien nicht genehmigungsfähig gewesen.

Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, die aus Anlage K2 ersichtlichen, dort rot umrandeten Flächen an die Klägerin herauszugeben.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Im Wege der Widerklage hat die Beklagte beantragt, wie folgt zu erkennen:

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, die von der Klägerin in den Jahren 2010 bis 2017 gezahlten Beträge von 17.850,00 Euro × 8 Jahre, somit in Höhe von 142.800 Euro wegen der Annahme sulfathaltiger Abfälle an die Klägerin zurückzuzahlen.

Zudem hat sie hilfsweise für den Fall, dass das Gericht die fristlose Kündigung für rechtswirksam erachten sollte, beantragt, wie folgt zu erkennen:

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, einen Betrag in Höhe von 224.631,18 Euro auf der Grundlage des Schreibens der Klägerin vom 18.12.2017 wegen Überzahlung aus Mülltransporten an die Klägerin zurückzuzahlen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, die Arbeiten betreffend der Abschlussrekultivierung der ehemaligen Hausmülldeponie H……… der Stadt ……… auf der Grundlage des Werkvertrages vom 24.06.2014 zwischen der G……… GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer ……… sowie der Klägerin fertigzustellen.

4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, gefährlichen Abfall namens Teerkork aus der Deponie H……… bergen.

5. Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, Kosten in Höhe von 75.000 Euro für die weitere Erkundung der Hausmülldeponie H……… durch 5 Bohrungen von jeweils 15.000,00 Euro zu übernehmen.

6. Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, bereits angefallene 100.000,00 Euro sowie weitere 100.000,00 Euro für Ingenieursleistungen und Untersuchungskosten aufgrund des Fundes von Teerkork in der Deponie H……… zu übernehmen.

7. Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, Kosten in Höhe von 3.200.000,00 Euro für den Ausbau von rund 46.000 Kubikmeter Material unbekannter Herkunft und Qualität auf dem Deponiekörper H……… zu übernehmen.

8. Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, Kosten in Höhe von 100.000,00 Euro für den Ausbau und die Entsorgung von 3.000 t Calciumcarbonatschlamm aus der Deponie H……… zu übernehmen.

9. Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, Kosten in Höhe von 2.500.000,00 Euro zu übernehmen, die dadurch entstehen sollen, dass die Halde 4a bis zu einer Höhe von 132 Metern NN abgebaut werden soll.

10. Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, für Erkundungsmaßnahmen unterhalb von 132 Metern NN auf der Halde 4a Kosten in Höhe von mindestens 50.000 Euro zu tragen.

11. Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, Kosten in Höhe von 1.080.000,00 Euro für die Beseitigung der Halde 4b zu übernehmen.

12. Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, Kosten für die Beräumung sämtlicher Lagerflächen/Betriebsflächen/Eingangslager und Ausgangslager, geschätzt rund 15.000 Kubikmeter = rund 27.000 t in Höhe eines Wertes von 1.485.000,00 Euro zu übernehmen.

13. Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, Kosten in Höhe von 450.000,00 Euro für die Räumung von ca. 3.000 t teerhaltigen Straßenaufbruchs in der sogenannten Teerhalle des Abfallwirtschaftszentrums in ……… zu übernehmen.

14. Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, Kosten in Höhe von 1.800.000,00 Euro für die Rekultivierung des M……… zu übernehmen.

15. Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, für den Ausbau der befestigten Fläche, insbesondere der teerhaltigen HGT auf dem Kompostplatz Kosten in Höhe eines Betrages von 4.000.000,00 Euro zu tragen.

16. Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, Kosten für den Ausbau teerhaltiger HGT-Befestigungen im Eingangsbereich des Abfallwirtschaftszentrums in Höhe eines Betrages von 600.000,00 Euro zu übernehmen.

17. Es wird festgestellt, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, die Kosten für die Beseitigung des Umfahrungsweges nördlich und westlich der Halde 4a in Höhe von 200.000,00 Euro zu übernehmen.

Mit Schriftsatz vom 03.12.2019 hat die Beklagte im Wege unbedingter Widerklage zudem beantragt, wie folgt zu erkennen:

18. Es wird festgestellt, dass die Haufwerke 5 und 6 nach dem Abfallrecht nicht in Summe als gefährlicher Abfall einzustufen sind.

Die Klägerin hat beantragt, wie folgt zu erkennen:

Die Widerklage wird abgewiesen.

Die Hilfswiderklage wird mit Ausnahme des Klageantrags zu 1), der unter Verwahrung gegen die Kostenlast anerkannt wird, abgewiesen.

Die Beklagte hat vorgebracht:

Zur Klage:

Das Luftbild in der Anlage K2 sei nicht mit dem Pachtgegenstand gleichzusetzen. Der Pachtgegenstand sei geringer und werde umgrenzt um die mit schwarzer Markierung abgetrennten Bereiche im südöstlichen und nordöstlichen Bereich des AWZ; wegen der Einzelheiten wird auf die Anlage B12 Bezug genommen. Zudem werde die Eigentümerstellung der Klägerin, welche Voraussetzung für den geltend gemachten Herausgabeanspruch sei, bestritten.

Die von der Klägerin erklärte ordentliche Kündigung sei ausgeschlossen, bis ein Neuvertrag geschlossen werde. Die Verpflichtung, einen neuen Vertrag abzuschließen, sei dergestalt auszulegen, dass die Rahmenbedingungen als essentialia negotii – Laufzeiten (mindestens 10 Jahre) und Kündigungsmöglichkeiten – unverändert bleiben sollten. Die Regelung sei daher nicht unbestimmt. Der Verzicht auf die ordentliche Kündigung sei erfolgt, da die Beklagte sich mit einer Aufhebung des Altvertrags nur einverstanden erklärt habe, weil die Klägerin bis zur Neuverbescheidung auf das ordentliche Kündigungsrecht verzichtet habe. Der Ausschluss der ordentlichen Kündigung folge auch aus § 1 Abs. 3 des Neuvertrages, wonach § 8 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 des Vertrages vom 27.01.2000 gerade nicht gelte. Der Ausschluss ergebe sich auch deshalb, weil bereits Investitionen durch den Bau der Müllumschlaghalle und der Teerhalle erfolgt seien. Den Ausschluss der ordentlichen Kündigungsmöglichkeit habe auch der Oberbürgermeister der Klägerin am 13.04.2018 erneut bestätigt.

Die Klägerin sei weiterhin verpflichtet, die planungsrechtlichen Voraussetzungen für die Änderungsgenehmigung zu schaffen. Dies sei noch möglich. Die Klägerin verweigere das, da sie beabsichtige, auf diesem Gelände im Jahre 2026 die Landesgartenschau durchzuführen.

Mit am 02.06.2020 eingegangenen nachgelassenen Schriftsatz hat die Beklagte zudem behauptet, am 02.03.2020 sei in einer Stadtratssitzung beschlossen worden, dass auf dem Gelände weiterhin ein Abfallwirtschaftszentrum betrieben werden solle und dass die planungsrechtlichen Voraussetzungen hierfür geschaffen werden sollen. Dies sei nunmehr aufgrund der leerstehenden „Schlichtwohnsiedlungen“ möglich. Die Klägerin setze diesen Beschluss aber derzeit nicht um. Hierdurch werde die Absicht der Klägerin, die Beklagte in sittenwidriger Weise zu schädigen, dokumentiert.

Die fristlose Kündigung sei mangels Begründung und wegen Zeitablaufs unwirksam, da im Juni/Juli 2017 bekannt gewordene Vorwürfe zum Anlass genommen worden seien, erst im Oktober 2018 zu kündigen, nachdem schon bei einem Gespräch am 13.04.2018 eine mögliche fristlose Kündigung in den Raum gestellt worden sei. Außerdem setze die fristlose Kündigung eine Abmahnung, die auch in § 8 des Vertrages vom 27.01.2000 vorgesehen sei, sowie das Setzen einer Abhilfefrist voraus. Darüber hinaus sei die Kündigung nur bei eigener Vertragstreue möglich. Die Klägerin aber sei ihrer Pflicht, alle genehmigten Tätigkeiten auf dem Vertragsgegenstand zur Verfügung zu stellen, nicht nachgekommen. Sie habe die Beklagte im Glauben gelassen, der Änderungsantrag sei antragsgemäß verbeschieden worden. Statt die vorläufige Genehmigung in eine endgültige umzuwandeln, habe der Werkleiter der Klägerin die S……… Jahre 2017 darauf hingewiesen, dass die Teerhalle lediglich auf Grundlage einer vorläufigen Genehmigung betrieben wird.

Die Beklagte sei nicht Partei des „Werkvertrags“, was sich auch aus der nachfolgenden Rechnungstellung (Anlagen B140-B144), aus dem auf die Leistungsbeschreibung der Klägerin abgegebenen Angebot der G……… GmbH vom 23.10.2013 (Anlage B145 und B146) sowie aus dem zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits abgeschlossenen Verzichtsvertrag (Anlage B147) ergebe. Die Beklagte sei als Pächter nur aufgeführt, weil deren Zustimmung erforderlich gewesen sei. Angebliche Verletzungen des „Werkvertrags“ durch die G……… GmbH könnten nicht zur Kündigung des Pachtvertrages mit der Beklagten führen. Dies gelte auch deshalb, weil es keine räumliche Trennung zwischen dem AWZ und der Deponie „H……… ebe. Auch der betriebseigene Wertstoffhof der Klägerin befinde sich nur wenige 100 Meter von der Deponie „H………“ entfernt. Die Verkehrssicherungspflicht für die Deponie „H………“ treffe die Klägerin, die diese nun auf die Beklagte abwälzen wolle. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass der Leiter des Wertstoffhofes nach Durchführung von Ermittlungen durch die Klägerin fristlos gekündigt worden sei. Dieser habe selbst illegal Abfall entsorgt.

Mit Ausnahme der von Herrn ……… auf eigene Initiative einmalig eingebauten Baumischabfälle seien die von der Klägerin zur Begründung ihrer Kündigung aufgeführten Müllablagerungen nicht auf Handlungen des Herrn ……… zurückzuführen und auch die Beklagte sei hierfür nicht verantwortlich. Im Einzelnen gelte hierzu Folgendes:

  • Bl. 157 ff., 989 ff. der Akte: Der Calciumcarbonatschlamm sei von der G……… mbH legal in die Deponie „H………“ verbracht worden; hierzu existiere eine Genehmigung (Bescheide vom 05.11.1996 und 03.05.2002), die nicht aufgehoben worden sei. Die Klägerin habe nicht mitgeteilt, dass die Beklagte Calciumcarbonatschlamm nicht mehr annehmen dürfe. Die Beklagte habe die Annahme auch über 8 Jahre (2010 bis 2017) hinweg jährlich der Klägerin angezeigt (vgl. Anlage B7). Es bleibe bestritten, dass frischer Calciumcarbonatschlamm in der „H………“ aufgefunden wurde.
  • Bl. 160 ff. der Akte: In Bezug auf den Gewerbemüll gelte, dass für den Fall, dass solcher auf der „H………“ gefunden worden sei, dieser bereits vorher dort gewesen sein müsse. Die anderweitige zeitliche Einordnung durch die Klägerin werde durch die Bilder in der Anlage K17 nicht gestützt.
  • Bl. 164 f., 1007 f. der Akte: Altholz der Belastungskategorie A4 oder Bauschutt habe Herr ……… nicht in die Deponie H……… gebaut. Solches Material habe sich vielmehr auf dem Gelände des AWZ (dort Halde 4a bzw. östlich von Halde 4a) gefunden, ohne dass die Verursachung klar sei. Das Material sei aber auf Veranlassung der Beklagten unverzüglich ausgebaut und einer ordnungsgemäßen Verwertung auf Kosten der Beklagten zugeführt worden, wie auch die Baumischabfälle auf der „H………“ Hierfür seien Kosten i.H.v. knapp 100.000,00 Euro angefallen.
  • Bl. 165 ff. der Akte: Für die Entsorgung von Sandfangrückständen liege seit 1996 eine Genehmigung vor. Jedenfalls sei eine eventuelle Aufhebung der Genehmigung der Beklagten nicht bekannt gemacht worden. Auch die Klägerin habe seit Jahren Sandfangrückstände aus der Kläranlage der Klägerin abgegeben. Zudem habe die Beklagte die Annahme in ihren Jahresberichten angezeigt. Die Sandfangrückstände seien in Containern gesammelt und einer ordnungsgemäßen Verwertung zugeführt worden. Die Rückstände seien nur zwischengelagert worden. Am 11.07.2018 habe der LKW-Fahrer dies lediglich an einem falschen Ort abgeladen. Damit sei keine schädliche Bodeneinwirkung verbunden.
  • Mitte 2017 hätten auf Seiten der Klägerin der damalige Oberbürgermeister ……… sowie der Erste Beigeordnete ……… erklärt, keine Kündigung auszusprechen. Die Beklagte habe sich zudem durch den Oberbürgermeister schriftlich bestätigen lassen, dass aufgrund der Funde im Jahr 2017 keine Kündigung des Pachtvertrages ausgesprochen werden solle. Deshalb sei hinsichtlich aller zu diesem Zeitpunkt bekannten Abfallfunde eine außerordentliche Kündigung aus Rechtsgründen ausgeschlossen.
  • Bl. 175 ff., 1064 ff. der Akte: Nicht bekannt sei Mitte 2017 nur das Vorhandensein von Teerkork gewesen, so dass allein dieser Vorwurf in zeitlicher Hinsicht die vorgenommene fristlose Kündigung rechtfertigen könne. Woher der Teerkork komme, sei aber nicht bekannt. Sofern dieser vom Abriss des ……… Marktes in der ………straße in ………. stamme – wozu sich die Beklagte mit Nichtwissen erkläre -, hätte die Klägerin dabei gesetzwidrig gehandelt, weil dann ein Entsorgungsnachweis erforderlich gewesen sei. Die Beklagte sei berechtigt, Teerkork anzunehmen, habe aber keine Anfrage erhalten. Da die G……… GmbH im Rahmen sog. „Profilierungsarbeiten“ zum Zwecke der Herstellung einer einheitlichen Form der Deponie „H………“ das Material nur umgelagert habe von der Halde 4a in die „H………“, müsse dieses Material schon vorher dort gewesen sein. Im Rahmen dieser Arbeiten sei es auch zur Umlagerung von altem Hausmüll gekommen. Es liege zudem ein Bescheid vom 08.06.2017 vor, in dem Deponieersatzbaustoffe zugelassen seien. Aus diesem Grund sei auch der Teerkork nicht illegal. Zudem sei die „H………“ ohnehin nicht vom Pachtgegenstand umfasst, weshalb nicht die Beklagte insoweit verkehrssicherungspflichtig sei, sondern die Klägerin selbst.
  • Bl. 181 ff. der Akte: Der Vorwurf der Überlagerung von Flächen sei unzutreffend. Der Vortrag der Klägerin hierzu sei unsubstantiiert, die Beweisantritte liefen auf einen Ausforschungsbeweis hinaus.

Zur Widerklage:

Hinsichtlich der Widerklageanträge gehe es um folgende Sachverhalte:

  • Widerklageantrag zu 1): Bei dem hierzu erklärten Anerkenntnis der Klägerin handele es sich um kein sofortiges Anerkenntnis i.S.d. § 93 ZPO, da die Klägerin im Hinblick auf ihr Schreiben vom 27.12.2017 (Anlage B67) und den hierauf folgenden Schriftverkehr Anlass zur Erhebung dieses Widerklageantrags gegeben habe. In dem am 02.06.2020 eingegangenen nachgelassenen Schriftsatz hat die Beklagte behauptet, die Klägerin habe die dem Widerklageantrag zu 1.) zugrundeliegende Forderung gegenüber der Beklagten mehrmals angemahnt. Auf die Aufforderung der Beklagten, von dieser Forderung Abstand zu nehmen, habe der Oberbürgermeister der Klägerin per E-Mail vom 02.05.2018 mitgeteilt, er gehe davon aus, dass die Stadt diesen Anspruch in Zukunft fallen lassen werde. Auf die Aufforderung der Beklagten, diesbezüglich eine rechtsverbindliche Erklärung abzugeben, sei keine Reaktion erfolgt.
  • Widerklageantrag zu 2): Auf der Grundlage des Schreibens der Klägerin vom 18.12.2017 wegen Überzahlung aus Mülltransporten (Anlage B68) sei die Beklagte nicht zur Rückzahlung der dort veranschlagten 224.631,18 Euro verpflichtet, zumal die dort für das Jahr 2015 geltend gemachten Ansprüche in jedem Falle verjährt seien. Die Klägerin versuche nur, Unregelmäßigkeiten auf dem von ihr selbst betriebenen Wertstoffhof auf die Beklagte abzuwälzen. Mögliche Fehler bei Wiegevorgängen seien dem E……… als Eigenbetrieb der Klägerin bzw. dem Müllheizkraftwerk ……… anzulasten. Das Feststellungsinteresse sei auch nicht wegen des zwischenzeitlich von der Klägerin eingeleiteten Mahnverfahrens weggefallen, da die Klägerin den Mahnantrag immer noch einseitig zurücknehmen könne.
  • Widerklageantrag zu 3): Entgegen dem Schreiben der Klägerin vom 23.07.2019 (Anlage B70), mit dem die Klägerin Sicherheitsleistungen entsprechend § 303 AktG geltend gemacht habe, schulde die Beklagte nicht die Fertigstellung der Rekultivierungsmaßnahmen, da der hierfür maßgebliche Werkvertrag zwischen der Klägerin und der G……… GmbH geschlossen worden sei.
  • Widerklageantrag zu 4): Entgegen dem Schreiben der Klägerin vom 23.07.2019 (Anlage B70) sei die Beklagte nicht verpflichtet, gefährlichen Abfall namens Teerkork aus der Deponie H……… zu bergen. Denn mit der Verbringung dieses Abfalls dorthin habe die Beklagte nichts zu tun. Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 02.06.2020 hat die Beklagte mitgeteilt, diesen Antrag auf die Feststellung zu erweitern, „dass die Beklagte nicht verpflichtet ist, gefährliche Abfälle namens Teerkork aus der Deponie H……… zu bergen oder die daraus entstehenden Kosten zu übernehmen“; insoweit wird auf Bl. 1038 der Akte Bezug genommen.
  • Widerklageantrag zu 5): Entgegen dem Schreiben der Klägerin vom 23.07.2019 (Anlage B70) müsse die Beklagte nicht die Kosten für Erkundungsbohrungen auf der Deponie H……… übernehmen. Soweit die bisherige Bergung des Teerkorks unsachgemäß erfolgt sei, sei die die Bergung durchführende Klägerin hierfür selbst verantwortlich.
  • Widerklageantrag zu 6): Entgegen dem Schreiben der Klägerin vom 23.07.2019 (Anlage B70) müsse die Beklagte daher auch nicht für weitere Ingenieurleistungen aufkommen. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 1040 f. der Akte Bezug genommen.
  • Widerklageantrag zu 7): Entgegen dem Schreiben der Klägerin vom 23.07.2019 (Anlage B70) müsse die Beklagte nicht die Kosten in Höhe von 3,2 Mio. Euro für den Ausbau von rund 46.000 Kubikmeter Material unbekannter Herkunft und Qualität auf dem Deponiekörper H……… übernehmen. Denn sie habe dieses Material dort nicht eingebaut, weshalb die Klägerin von ihr weder den Ausbau des Materials noch Schadensersatz verlangen könne. Der Vortrag der Klägerin zu der angeblich illegalen Überlagerung sei auch hinsichtlich des Umfangs völlig unsubstantiiert, zumal die Klägerin selbst noch eine Massenermittlung für nötig halte.
  • Widerklageantrag zu 8): Entgegen dem Schreiben der Klägerin vom 23.07.2019 (Anlage B70) sei die Beklagte nicht dazu verpflichtet, Kosten in Höhe von 100.000,00 Euro für den Ausbau und die Entsorgung von 3.000 t Calciumcarbonatschlamm aus der Deponie H……… zu übernehmen. Die Annahme und Verwertung von Calciumcarbonatschlamm sei der Beklagten gestattet gewesen, ein illegaler Einbau von Calciumcarbonatschlamm habe nicht stattgefunden.
  • Widerklageantrag zu 9): Entgegen dem Schreiben der Klägerin vom 23.07.2019 (Anlage B70) sei die Beklagte nicht dazu verpflichtet, Kosten in Höhe von 2,5 Mio. Euro zu übernehmen, die dadurch entstehen sollen, dass die Halde 4a bis zu einer Höhe von 132 Metern NN abgebaut werden soll. Aus dem von der Klägerin selbst vorgelegten Besprechungsprotokoll vom 30.01.2013 (Anlage K90) ergebe sich nämlich, dass der Planfeststellungsbescheid eine Höhe von 169 Metern NN vorsehe.
  • Widerklageantrag zu 10): Dementsprechend sei die Beklagte auch nicht dazu verpflichtet, für Erkundungsmaßnahmen unterhalb von 132 Metern NN auf der Halde 4a Kosten in Höhe von mindestens 50.000 Euro zu tragen. Die Erforderlichkeit von zehn Bohrungen und die von der Klägerin veranschlagten Kosten der jeweiligen Bohrungen würden bestritten.
  • Widerklageantrag zu 11): Entgegen dem Schreiben der Klägerin vom 23.07.2019 (Anlage B70) sei die Beklagte nicht dazu verpflichtet, Kosten in Höhe von 1.080.000,00 Euro für die Beseitigung der Halde 4b zu übernehmen, zumal die Halde 4b von der O……… GmbH in Erfüllung des „Werkvertrags“ als Rekultivierungsboden aufgeschüttet worden sei. Anspruchsgrund und Anspruchshöhe seien nicht nachzuvollziehen. Der Vortrag der Klägerin zur Entsorgungsbedürftigkeit des Haldenmaterials werde bestritten.
  • Widerklageantrag zu 12): Entgegen dem Schreiben der Klägerin vom 23.07.2019 (Anlage B70) sei die Beklagte nicht dazu verpflichtet, Kosten für die Beräumung sämtlicher Lagerflächen usw., geschätzt rund 15.000 Kubikmeter = rund 27.000 t in Höhe eines Wertes von 1.485.000,00 Euro zu übernehmen. Eine Anspruchsgrundlage sei nicht erkennbar.
  • Widerklageantrag zu 13): Entgegen dem Schreiben der Klägerin vom 23.07.2019 (Anlage B70) sei die Beklagte nicht dazu verpflichtet, Kosten in Höhe von 450.000,00 Euro für die Räumung von ca. 3.000 t teerhaltigen Straßenaufbruchs in der sogenannten Teerhalle des AWZ in ……… zu übernehmen.
  • Widerklageantrag zu 14): Entgegen dem Schreiben der Klägerin vom 23.07.2019 (Anlage B70) sei die Beklagte nicht verpflichtet, Kosten in Höhe von 1,8 Mio. Euro für die Rekultivierung des Maifischgrabens zu übernehmen. Anspruchsgrund und Anspruchshöhe müsse die Klägerin darlegen. Aus § 1 Abs. 2 des Altvertrages ergebe sich ein solcher Anspruch entgegen der Ansicht der Klägerin nicht. Auch der von der Klägerin angesetzte Aufwand für die Rekultivierung sei zu hoch angesetzt.
  • Widerklageantrag zu 15): Entgegen dem Schreiben der Klägerin vom 23.07.2019 (Anlage B70) sei die Beklagte nicht verpflichtet, für den Ausbau der befestigten Fläche, insbesondere der teerhaltigen HGT auf dem Kompostplatz, Kosten in Höhe eines Betrages von 4 Mio. Euro zu tragen. Dieser Anspruch werde dem Grunde und der Höhe nach zurückgewiesen. Die Beklagte habe den Kompostplatz nicht versiegelt und dort auch nicht die von der Klägerin behauptete Menge teerhaltigen Materials eingebracht. Es handele sich außerdem nicht um bauliche Anlagen, die die Beklagte für den Betrieb ihrer Pachtfläche eingesetzt habe, sondern es handele sich um eine enddeponierte Anlage nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz, die sich in der Stilllegungsphase befinde. Die Klägerin verlange demnach 4 Mio. Euro für die Rückgängigmachung einer Stilllegungsplanung, die sie selbst in Auftrag gegeben habe und deren versiegelte Flächen die Klägerin weiterhin als Verkehrswege nutzen wolle.
  • Widerklageantrag zu 16): Entgegen dem Schreiben der Klägerin vom 23.07.2019 (Anlage B70) sei die Beklagte nicht verpflichtet, Kosten für den Ausbau teerhaltiger HGT-Befestigungen im Eingangsbereich des Abfallwirtschaftszentrums in Höhe eines Betrages von 600.000,00 Euro zu übernehmen. Im Übrigen gelte das zu Widerklageantrag zu 15) Gesagte.
  • Widerklageantrag zu 17): Entgegen dem Schreiben der Klägerin vom 23.07.2019 (Anlage B70) sei die Beklagte nicht dazu verpflichtet, die Kosten für die Beseitigung des Umfahrungsweges nördlich und westlich der Halde 4a in Höhe von 200.000,00 Euro zu übernehmen. Im Übrigen gelte das zu Widerklageantrag zu 15) Gesagte.
  • Das Feststellungsinteresse für den Widerklageantrag zu 18) ergebe sich daraus, dass die Klägerin in ihrem Schreiben vom 23.07.2019 (Anlage B70) auch geltend mache, die Beklagte sei zur Beseitigung des Teerkorks in den Haufwerken 5 und 6 (gelegen neben der Deponie H……… in unmittelbarer Nähe zum Bio-Beet) verpflichtet. Da sich die Kosten der Beseitigung auf die Ausschreibung der Klägerin vom Oktober 2019 (Anlage B87) stützten, die insgesamt von gefährlichem Abfall ausgehe, sei die Frage, ob es sich wirklich um gefährlichen Abfall handele, erheblich. Tatsächlich seien große Teile der beiden Haufwerke nämlich gerade nicht als gefährlicher Abfall einzustufen und bedürften demnach keiner kostspieligen Entsorgung durch Verbrennung. Deshalb seien die Kosten von 401.001,44 Euro, die in dem einzigen, auf der Grundlage der vorgenannten Ausschreibung eingereichten Angebot der Firma ……… veranschlagt würden, zu hoch angesetzt. Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Beklagten wird auf Bl. 349 ff. und 1069 ff. der Akte Bezug genommen.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 02.06.2020 die Hilfswiderklageanträge zu 19) bis 40) formuliert und hat hierzu mitgeteilt, diese Anträge würden für den Fall gestellt, dass das Gericht die fristlose oder die ordentliche Kündigung als begründet erachte. Wegen des Sachvortrags zu den Hilfswiderklageanträgen zu 19) bis 40) sowie zu der von der Beklagten erklärten Hilfsaufrechnung mit Ansprüchen, die Gegenstand der Hilfsanträge zu 23), 25) und 27) sein sollten, wird auf Bl. 1093-1120 und Bl. 1124 der Akte Bezug genommen.

Das Landgericht hat die Klägerin mit Teilanerkenntnisurteil vom 10.03.2020 entsprechend dem Widerklageantrag zu 1) verurteilt. Mit dem angefochtenen Schlussurteil hat das Landgericht der Räumungsklage weitgehend stattgegeben und hat diese lediglich im Hinblick auf einen Teil der Fläche abgewiesen; im Übrigen hat es den Widerklageantrag zu 18) als unzulässig abgewiesen, über die hilfsweise gestellten Widerklageanträge zu 2) bis 17) nicht entschieden, da die insoweit erforderliche prozessuale Bedingung nicht eingetreten sei, und die weiteren Widerklageanträge für nicht rechtshängig erachtet. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 1185 ff. der Akte) Bezug genommen.

Im Wesentlichen hat das Landgericht seine Entscheidung wie folgt begründet:

Die Klage sei überwiegend begründet und lediglich im Hinblick auf den im Lageplan geschwärzten Teil der Fläche unbegründet. Insoweit stehe der Klägerin als Vertragspartnerin des Pachtvertrags aus § 569 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Herausgabe der Pachtfläche zu. Im Pachtvertrag sei als Vertragspartner genannt die ……… Eigenbetrieb ………. Dieser Eigenbetrieb verfüge aber über keine eigene Rechtspersönlichkeit, Rechtssubjekt sei vielmehr die Stadt selbst, vertreten durch den Werkleiter.

Selbst wenn man den Eigenbetrieb selbst als Vertragspartner ansehe, sei die Klägerin aufgrund der unbestrittenen Abtretung Gläubigerin des Räumungsanspruchs. Der Pachtvertrag sei durch ordentliche Kündigung wirksam beendet. Mit der Kündigungserklärung vom 01.10.2018 sei die Kündigungsfrist des § 584 Abs. 1 BGB zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung gewahrt gewesen. Die Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung sei auch nicht durch den „Neuvertrag“ ausgeschlossen worden. Hierbei handele sich nicht um einen befristeten Pachtvertrag, durch den das Recht zur ordentlichen Kündigung ausgeschlossen gewesen sei. Die im Neuvertrag avisierte beiderseitige Unterzeichnung eines Folgevertrags stelle lediglich eine Bedingung dar. Soweit die Beklagte der Auffassung sei, aus § 1 Abs. 3 des Neuvertrages folge, dass die ordentliche Kündigung ausgeschlossen sei, treffe dies nicht zu. Dort werde lediglich keine Laufzeit und deshalb auch keine Verlängerung geregelt; dies habe jedoch gerade eine unbestimmte Laufzeit und damit die Möglichkeit der ordentlichen Kündigung zur Folge. Das Recht zur ordentlichen Kündigung sei auch nicht aufgrund der Umstände des Vertragsschlusses konkludent ausgeschlossen. Ein solcher Ausschluss wäre mangels Einhaltung der Schriftform des § 550 BGB nicht wirksam vereinbart worden. Selbst wenn man in dem beabsichtigten Neuabschluss eines Folgevertrages nach Bekanntgabe der Genehmigung im Laufe des Jahres 2010 den konkludenten Ausschluss der ordentlichen Kündigung bis zu diesem Zeitpunkt sehen wolle, könne sich hieraus lediglich ein Ausschluss der ordentlichen Kündigung für das Jahr 2010, jedoch nicht darüber hinaus und damit auf unabsehbare Zeit ergeben. Das Recht zur ordentlichen Kündigung sei auch nicht nach § 242 BGB ausgeschlossen. Ein entsprechender Verstoß gegen Treu und Glauben folge nicht aus dem unterbliebenen Abschluss des Folgevertrags. Dieser Folgevertrag sei nicht ausreichend bestimmt im Sinne eines Vorvertrags gewesen, so dass selbst bei Erteilung der Genehmigung ein Anspruch auf Abschluss eines Folgevertrags nicht abgeleitet werden könne. Selbst für den Fall der Vereitelung der Genehmigungserteilung, wie es der Klägerin durch die Beklagte vorgeworfen werde, ergebe sich aus § 242 BGB kein Ausschluss der ordentlichen Kündigung. Dies würde zu einer dauerhaften Vertragsbindung ohne die hierfür von beiden Parteien als Geschäftsgrundlage angesehene Grundlage einer (Neu-) Genehmigung des Betriebs führen. Eine Verpflichtung der Stadt zur Aufstellung eines bestimmten Bebauungsplans könne aber nicht begründet werden. Auch aus den durch die Beklagte getätigten Investitionen folge kein Ausschluss der ordentlichen Kündbarkeit.

Der unbedingt erhobene Widerklageantrag zu 18) genüge nicht den Anforderungen des § 256 ZPO und sei deshalb unzulässig. Denn der Antrag sei nicht auf die Feststellung eines bestimmten Rechtsverhältnisses, sondern lediglich auf die Klärung einer Vorfrage gerichtet. Über die Widerklageanträge zu 2) bis 17) sei nicht zu entscheiden, da die hierfür aufgestellte innerprozessuale Bedingung nicht eingetreten sei. Die Hilfswiderklage sei unter der Bedingung erfolgt, dass die außerordentliche Kündigung als wirksam angesehen werde. Über diese Frage habe jedoch aufgrund der Wirksamkeit der ordentlichen Kündigung nicht entschieden werden müssen.

Auch über die weiteren Widerklageanträge sei nicht zu entscheiden. Denn diese seien erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereicht worden und demnach nicht rechtshängig.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung.

Die Beklagte bringt vor:

Das Landgericht habe gegen die ihm nach § 139 ZPO obliegenden Hinweispflichten verstoßen. In der mündlichen Verhandlung sei lediglich der Umfang der Pachtflächen erörtert worden, hingegen seien weder die tragenden Feststellungen des landgerichtlichen Urteils angesprochen noch Hinweise zur Sach- und Rechtslage erteilt worden. Insbesondere habe das Landgericht noch vor der mündlichen Verhandlung darauf hinweisen müssen, dass es den Widerklageantrag zu 18) für unzulässig halte. Die Beklagte hätte in einem solchen Falle den Antrag gestellt, festzustellen, dass der Berufungsklägerin aus der Bergung der Haufwerke 5 und 6 keinerlei Kosten entstehen. Dann wäre in jedem Fall den – tatsächlich ohnehin unbegründeten – Zulässigkeitsbedenken des Landgerichts Rechnung getragen worden und ein solcher Antrag wäre selbst nach der Diktion des Landgerichts zulässig. Sollte der Senat die Auffassung des Landgerichts teilen, wonach der unbedingt gestellte Widerklageantrag zu 18) unzulässig sei, kündige die Beklagte eine Umstellung des Antrags an.

Der Rechtsstreit sei entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht entscheidungsreif. Das gelte sowohl hinsichtlich des Umfangs des Pachtgegenstands als auch hinsichtlich der für die Frage der Aktivlegitimation relevanten, von der Beklagten bestrittenen Eigentümerstellung der Klägerin. Das Landgericht habe ohne Hinweis im Hinblick auf diese umstrittene Teilfläche die Klage abgewiesen. Dies sei zwar zum Nachteil der Klägerin erfolgt, andererseits aber offenbar nur deshalb, um nicht weiter Beweis erheben und die mündliche Verhandlung wiedereröffnen zu müssen. Das Landgericht habe den Rechtsstreit aber auch bereits deshalb nicht weit überwiegend zu Gunsten der Klägerin entscheiden dürfen, weil die Eigentümerstellung der Klägerin bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung bestritten und nicht nachgewiesen worden sei. Das Landgericht argumentiere fälschlicherweise, die Klägerin sei als Vertragspartner im Pachtvertrag genannt und bereits deshalb aktivlegitimiert. Diese Rechtsauffassung sei unzutreffend. Die Aktivlegitimation des Verpächters ergebe sich nicht aus dem Pachtvertrag, sondern aus der Eigentümerstellung; diese habe die Klägerin aber nicht nachgewiesen.

Die Auslegung des Landgerichts zum Willen der Parteien bei Abschluss der Übergangsvereinbarung vom 16.03.2010 sei ebenfalls fehlerhaft. Bei dieser Vereinbarung handele es sich um keinen neuen Pachtvertrag, sondern lediglich um eine Ergänzung des bisherigen Vertrags, mit welcher unter Wahrung des Schriftformerfordernisses die ordentliche Kündigungsmöglichkeit des im Jahre 2000 abgeschlossenen Pachtvertrags für einen bestimmbaren Zeitraum ausgeschlossen worden sei. Dabei hätten die Parteien auch ganz eindeutig geregelt, wie lange dieser Verzicht auf die ordentliche Kündigung gelten solle und dass die Parteien verpflichtet seien, einen neuen Vertrag abzuschließen, der dann wieder die ordentliche Kündigung des Vertrags zulassen und im Übrigen den wesentlichen Vertragsbedingungen aus dem Altvertrag, was Konditionen, Laufzeit und Kündbarkeit angehe, folgen sollte. Die Kündigungsfrist aus dem bisherigen Pachtvertrag sei einvemehmlich im Rahmen eines „Gentlemen agreement“ ignoriert worden. Wie erstinstanzlich umfassend vorgetragen, habe die Klägerin eine geordnete Situation für den Betrieb aller Anlagen auf dem Abfallwirtschaftszentrum durch eine Gesamtgenehmigung nach § 16 BlmSchG lösen wollen. Der Antrag sei am 20.07.2009 bei der S……… von der Klägerin eingereicht worden. Sie sei es auch gewesen, die die neue Genehmigung als bloße Formsache dargestellt habe. Diese Genehmigung wiederum habe die Basis für einen neu abzuschließenden Vertrag darstellen sollen. Der Eintritt der Bedingung sei entgegen der Ansicht des Landgerichts also sehr wohl zeitlich bestimmbar gewesen und sei gleichzusetzen mit dem Zeitpunkt des Erhalts der Genehmigung nach § 16 BlmSchG. Diese Bedingung könne immer noch eintreten, indem die Klägerin ihre Planungshoheit über das Pachtgelände ausübe und ein Industriegebiet nach § 9 BauNVO ausweise. Die Beklagte habe erstinstanzlich vorgetragen und unter Beweis gestellt, dass die S……… allein aufgrund des Umstandes fehlender Umsetzung der Planung derart lange mit einer Bescheiderstellung gezögert habe. Hieran habe sich die Klägerin zu halten. Sie müsse zunächst die planungsrechtlichen Voraussetzungen für den Erhalt einer Genehmigung nach § 16 BlmschG schaffen. Danach habe sie auf der Grundlage dieser Zusatzvereinbarung mit der Beklagten einen neuen Vertrag zu schließen. Aus diesem Grunde hätten die Parteien die ordentliche Kündigungsfrist aufgehoben, weil sich die Beklagte sonst niemals auf einen Verzicht auf Einhaltung der ordentlichen Kündigungsfristen eingelassen hätte. Demnach hätten die Parteien entgegen der Auffassung des Landgerichts eine zeitliche Befristung des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung vereinbart, nämlich bis zur rechtskräftigen Bescheidung der Anlagen nach § 16 BlmschG. Dieses bestimmbare Ereignis liege in der Hand der Klägerin. Aus diesem Grunde sei es auch abwegig, wenn das Landgericht die Auffassung vertrete, der Verzicht auf die ordentliche Kündigungsmöglichkeit sei allenfalls auf das Jahr 2010 beschränkt gewesen. Wenn dies der Wille der Parteien bei Abschluss der Übergangsvereinbarung im Jahre 2010 gewesen wäre, dann hätte die Beklagte auf die Nutzung des Pachtgegenstandes von weiteren 5 Jahren verzichtet. Eine solche Vorstellung sei schlicht abwegig, wenn man bedenke, dass es sich bei der Nutzung des Pachtgegenstandes um die Existenzgrundlage der Beklagten handele.

Schließlich stehe der Klägerin das Recht zur ordentlichen Kündigung entgegen der Ansicht des Landgerichts auch nach Treu und Glauben nicht zu. Sie wehre sich mit Händen und Füßen gegen die Neubeantragung der Anlage, obwohl der Stadtrat beschlossen habe, eine Ausweisung des Pachtgeländes als Industriegebiet vorzunehmen. Damit vereitele die Klägerin einseitig seit Jahren den Eintritt der Bedingung nach Maßgabe der Übergangsvereinbarung vom 16.03.2010.

Letztlich habe das Landgericht auch darauf hinweisen müssen, dass seiner Auffassung nach nur dann ein Berufen auf Treu und Glauben zulässig sei, wenn die Beklagte zeitlich nach Abschluss der Übergangsvereinbarung vom 16.03.2010 erhebliche Investitionen im Vertrauen auf den Abschluss eines neuen, langfristigen Pachtvertrags getätigt habe. Genau dies habe die Beklagte nämlich getan. Da für die Beklagte mangels rechtzeitig erklärter ordentlicher Kündigung ab 01.01.2009 festgestanden habe, dass der Pachtvertrag bis 31.12.2014 fortlaufen würde, habe sie beim Bau der Teerhalle im November 2009, welcher erst auf der Grundlage der vorläufigen Genehmigung nach § 8 a BlmschG vom 15.10.2009 erfolgt sei, schutzwürdiges Vertrauen in die Amortisation ihrer Investitionen bilden dürfen. Außerdem habe die Beklagte auch nach Abschluss der Übergangsvereinbarung vom 16.03.2010 weitere erhebliche Investitionen in das Pachtgelände und den Betrieb desselben getätigt (Umschlaghalle: 150,000 Euro netto; Müllsortierplatz: 20.000,00 Euro netto; Materialboxen: 25.000,00 Euro netto; Regenwasserspeichertank: 30.000,00 Euro netto; Ertüchtigung der Bauschuttaufbereitungsanlage: mindestens 300.000,00 Euro netto; Bau einer zweiten Waage und Vergrößerung des Verwaltungsgebäudes: 150.000,00 Euro netto; Ertüchtigung des Biobeets auf Drängen der Klägerin: mehr als 100.000,00 Euro netto). Bei einem rechtzeitigen Hinweis des Landgerichts wäre dieser Vortrag bereits in erster Instanz gehalten worden. Zudem habe die Beklagten den alten ………-Sportplatz nach dem 16.03.2010 von der Klägerin südlich des AWZ angemietet im Vertrauen auf den Fortbestand des Pachtverhältnisses von mindestens 10 Jahren. Dieser habe als Abstellfläche und Lagerfläche gedient und die Ertüchtigung dieser Fläche für diese Zwecke habe 150.000,00 Euro netto an Kosten verursacht. Hinzu sei die monatliche Miete gekommen.

Die Beklagte beantragt, das Urteil des Landgerichts Frankenthal vom 29.06.2020, Aktenzeichen 4 O 92/19 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise den Rechtsstreit an das Landgericht Frankenthal zurückzuverweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.

Die Klägerin bringt vor: Die Berufungsbegründung der Beklagten werde den an eine ausreichende Berufungsbegründung zu stellenden Anforderungen nicht gerecht, da sie sich mit tragenden Erwägungen der angefochtenen Entscheidung nicht auseinandersetze. Dies gelte auch für die Abweisung des Feststellungsantrages. Auch diesbezüglich sei die Berufung unzulässig. Selbst bei Anwendung eines großzügigen Maßstabes sei nicht zu erkennen, ob und was die Beklagte in Hinblick auf ihren Widerklagefeststellungsantrag nunmehr beantragen wolle. Einen ausdrücklichen Antrag habe sie nicht gestellt. Aus ihrem weiteren Vortrag ergebe sich nicht, welchen Antrag sie nun zu stellen beabsichtige. Deshalb sei die Berufung insgesamt als unzulässig zu verwerfen.

Jedenfalls sei die Berufung jedoch unbegründet. Insoweit verteidigt die Klägerin die angefochtene Entscheidung nach Maßgabe der Entscheidungsgründe und ihres eigenen erstinstanzlichen Vorbringens. Die angeblichen Neuinvestitionen der Beklagten würden mit Nichtwissen bestritten, zudem sei der Vortrag angesichts der behaupteten glatten Zahlen völlig unglaubhaft. Jedenfalls sei der Vortrag verspätet.

Unabhängig von der Beendigung des Pachtvertrags durch ordentliche Kündigung sei das Vertragsverhältnis vollkommen zerrüttet. Die Beklage setze ihre Zerrütungsaktivitäten fort. Auch im Hinblick hierauf werde der Pachtvertrag vorsorglich erneut außerordentlich und fristlos gekündigt. Die Beklagte schalte und walte auf dem streitgegenständlichen Grundstück, als sei es ihr Eigentum. Es werde abweichend vom ehemaligen Pachtvertrag ein Containerdienst mit hunderten von Containern und massiven weiteren Beeinträchtigungen und Nutzungen der Pachtsache eingerichtet.

Mit Beschluss vom 27.08.2020 hat der Senat die Zwangsvollstreckung aus Ziffer 1 der Urteilsformel der angefochtenen Entscheidung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 500.000,00 Euro einstweilen bis zur Entscheidung des Senats in der Hauptsache eingestellt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 16.06.2021 (Bl. 3102 ff. der Akte) sowie auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht zur Räumung der im Streit stehenden Pachtfläche verurteilt und hat den Widerklageantrag zu 18) mit zutreffender Begründung als unzulässig abgewiesen. Die Hilfswiderklageanträge zu 1) bis 17) sowie die Hilfswiderklageanträge zu 19) bis 40) sind nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens; selbst wenn die Hilfswiderklageanträge 2) – 17) Gegenstand des Berufungsverfahrens wären, wäre es nicht zu beanstanden, dass das Landgericht über diese Anträge nicht entschieden hat.

A.

Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht zur Räumung der im Streit stehenden Pachtfläche verurteilt. Denn der Klägerin steht ein Anspruch auf Herausgabe der Pachtsache zu (§ 581 Abs. 2, § 546 Abs. 1 BGB).

1. Die Berufung ist, soweit sie sich gegen die Verurteilung der Beklagten zur Räumung der Pachtsache wendet, zulässig. Die Berufung greift die vom Landgericht bejahte ordentliche Kündigung umfassend an. Soweit die Beklagte auf S. 14 f. der Berufungsbegründung moniert, dass das Landgericht die auf Bl. 1194 der Akte schwarz markierten Flächen aus dem herauszugebenden Pachtgegenstand herausgenommen hat, erkennt sie selbst, dass die damit einhergehende Verkleinerung der herauszugebenden Fläche zulasten der Klägerin geht, die dies hinnimmt. Hierdurch ist die Beklagte nicht beschwert, dieser Aspekt ist demnach nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass sich in den Entscheidungsgründen auf S. 16 des angegriffenen Urteils folgender Passus findet: „Die Beklagtenseite hat im Termin zur mündlichen Verhandlung unbestritten ausgeführt, dass die Bereiche, die auf der Anlage B12 mit schwarzem Strich markiert sind, von der Beklagten nie genutzt und von der Klägerin nie überlassen wurden.“ Dabei handelt es sich um eine tatbestandliche Feststellung, die den Senat gem. § 314 ZPO bindet.

2. Die Berufung ist jedoch, soweit das Landgericht dem Räumungsantrag der Klägerin entsprochen hat, unbegründet. Das Landgericht hat die von der Klägerin erklärte ordentliche Kündigung des Pachtverhältnisses im Ergebnis zu Recht für durchgreifend erachtet. Demnach steht der Klägerin ein Anspruch auf Herausgabe der Pachtsache zu (§ 581 Abs. 2, § 546 Abs. 1 BGB).

a) Anknüpfend an den Schriftsatz der Klägervertreter vom 03.06.2020 (Bl. 1140 der Akte) ist das Landgericht davon ausgegangen, der Räumungsantrag werde vorrangig auf die von der Klägerin neben der außerordentlichen Kündigung erklärte ordentliche Kündigung gestützt. Dies zieht die Klägerin im Berufungsverfahren nicht in Zweifel, weshalb davon auszugehen ist, dass dies weiterhin dem Willen der Klägerin entspricht.

b) Die Klägerin ist ungeachtet der erklärten Abtretung Vertragspartner der Beklagten und damit aktivlegitimiert. Der in den Verträgen erwähnte Eigenbetrieb der Klägerin- der E……… verfügt gem. § 86 Abs. 1 GemO-RLP über keine eigene Rechtspersönlichkeit (vgl. VG Neustadt (Weinstraße), Urteil vom 17.02.2020 – 3 K 885/18.NW -).

c) Der Anspruch aus § 581 Abs. 2, 546 Abs. 1 BGB steht dem Verpächter zu, ohne dass es auf dessen Eigentümerstellung ankommt (vgl. Staudinger/Rolfs, BGB, Neubearbeitung 2018, § 546 Rn. 7; Lützenkirchen in: Erman, BGB, 16. Aufl. 2020, § 546 BGB, Rn. 11; Blank/Börstinghaus, Miete, 6. Aufl. 2020, BGB § 546 Rn. 7). Demnach steht der Klägerin als Verpächterin der von ihr geltend gemachte Anspruch zu, ohne dass es auf die von der Beklagten bestrittene Eigentümerstellung der Klägerin ankäme.

d) Die Berechtigung der Klägerin zur ordentlichen Kündigung des Pachtvertrages war ebenfalls gegeben. Dies ergibt sich jedoch – entgegen der Auffassung des Landgerichts – nicht bereits aus einer „gewöhnlichen“ Auslegung des Pachtvertrages vom 16.03.2010 nach Maßgabe von §§ 133, 157 BGB, sondern erst aus der hier gebotenen ergänzenden Auslegung dieses Vertrages.

aa) Maßgeblich für die Zulässigkeit der ordentlichen Kündigung ist die Vorschrift des § 584 BGB, da es sich um ein Pachtverhältnis über ein Grundstück handelt. Ist bei dem Pachtverhältnis über ein Grundstück oder ein Recht die Pachtzeit nicht bestimmt, so ist die Kündigung nur für den Schluss eines Pachtjahrs zulässig; sie hat spätestens am dritten Werktag des halben Jahres zu erfolgen, mit dessen Ablauf die Pacht enden soll (§ 584 Abs. 1 BGB). Die Pachtzeit ist unbestimmt, wenn nicht nur ungewiss ist, wann ein Ereignis eintreten wird, das nach dem Pachtvertrag zu dessen Beendigung führen soll, sondern wenn außerdem ungewiss ist, ob dieses Ereignis überhaupt jemals eintreten wird (BGH NJW-RR 2009, 927 Rn. 11; NK-BGB/Friedrich Klein-Blenkers, 4. Aufl. 2021, BGB § 584 Rn. 7).

Eine bestimmte Mietzeit bzw. Pachtzeit ist u.a. dann vereinbart, wenn sie bis zum Eintritt eines bestimmten Ereignisses dauern soll. Die Parteien können auf diese Weise die Dauer des Mietverhältnisses an ein beliebiges zukünftiges Ereignis binden, dessen Eintritt gewiss ist. Es handelt sich um eine Zeitbestimmung i.S.d. § 163 BGB und damit um ein Mietverhältnis auf bestimmte Zeit, wenn die Parteien für dessen Dauer vertraglich den Eintritt eines zukünftigen gewissen Ereignisses als Endtermin festgelegt haben, selbst wenn der genaue Zeitpunkt noch nicht feststeht. Ist dagegen ungewiss, ob das zukünftige Ereignis überhaupt eintreten wird, so liegt eine auflösende Bedingung vor. Zwischen Bedingung und Befristung wird nicht immer ausreichend unterschieden. Auch die Parteien haben manchmal unterschiedliche Vorstellungen darüber, ob der Eintritt des Ereignisses gewiss oder ungewiss ist. Maßgebend ist dann der Inhalt der Willenserklärungen, der sich aufgrund einer Auslegung nach den §§ 133, 157 BGB ergibt (Staudinger/Rolfs, BGB, Neubearbeitung 2021, § 542 Rn. 139 f.). Zwischen Befristung und Bedingung ist nicht nach der naturwissenschaftlichen Gewissheit oder Ungewissheit des Ereignisses abzugrenzen. Entscheidend ist der Parteiwille (Staudinger/Rolfs a.a.O. Rn. 140; Palandt/Ellenberger, BGB, 80. Aufl., § 163 Rn. 1; vgl. KG MDR 1998, 459; BayObLG NJW-RR 1993, 1164 f.). Für das Bestehen einer Befristung ist derjenige darlegungs- und beweispflichtig, der die Befristung des Geschäfts geltend macht (BeckOK BGB/Rövekamp, 57. Ed. 1.2.2021, BGB § 163 Rn. 17; Schmidt-Futterer/Blank, 14. Aufl. 2019, BGB § 542 Rn. 169; BeckOGK/Mehle, 1.4.2021, BGB § 542 Rn. 155).

Unter einer auflösenden Bedingung geschlossene Pachtverträge sind als unbefristete Verträge grundsätzlich ordentlich kündbar. Die Vertragsparteien sind jedoch nicht gehindert, die Möglichkeit einer ordentlichen Kündigung auszuschließen. Ein solcher Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung kann auch schon in der Vereinbarung einer auflösenden Bedingung als solcher zu finden sein. Dies ist allerdings nur dann der Fall, wenn die Parteien mit der auflösenden Bedingung die Beendigung des Nutzungsverhältnisses – vorbehaltlich des Eintritts außerordentlicher Kündigungsgründe – abschließend regeln und nicht nur einen Zeitpunkt festlegen wollten, zu dem das Nutzungsverhältnis in jedem Falle – also unbeschadet der Möglichkeit einer früheren Auflösung – enden sollte. Ob der Vereinbarung einer auflösenden Bedingung eine solche weitergehende, das ordentliche Kündigungsrecht ausschließende Bedeutung zukommt, hat im Streitfall diejenige Vertragspartei darzulegen und zu beweisen, die sich auf diese Bedeutung beruft (zum Ganzen: BGH NJW-RR 2009, 927 Rn. 14).

bb) Der zwischen den Parteien zunächst geschlossene Pachtvertrag vom 27.01.2000 war ein befristeter Pachtvertrag, da er am 31.12.2009 enden sollte. Für diesen Vertrag galt somit die Regelung des § 584 Abs. 1 BGB zur ordentlichen Kündigung nicht, da diese einen unbefristeten Vertrag voraussetzt. Befristete Pachtverträge enden durch Zeitablauf, eine Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung besteht nicht, es sei denn, die Parteien vereinbaren Abweichendes.

Die Vereinbarung zur automatischen Verlängerung des Pachtverhältnisses in § 8 Abs. 1 dieses Vertrages ändert an dem Charakter als befristeter Vertrag nichts. Die dort geregelte „Kündigung“ binnen Jahresfrist vor dem vereinbarten Zeitablauf ist keine Vereinbarung eines ordentlichen Kündigungsrechts, da diese „Kündigung“ keine vorzeitige Beendigung des Pachtvertrages erlaubte, sondern nur die ansonsten eintretende automatische Verlängerung um 5 Jahre verhinderte. Es handelte sich rechtstechnisch somit eher um einen Widerspruch gegen diese Verlängerung, ähnlich der mietrechtlichen Vorschrift des § 545 BGB. Somit hätte die Klägerin diesen Pachtvertrag, so er weitergelaufen wäre, mit je einem Jahr Vorlauf sowohl zum 31.12.2014 als auch zum 31.12.2019 beenden können, ohne dass die Beklagte dies hätte verhindern können.

Die einvemehmliche „Kündigung“ vom 16.02./17.02.2009 dieses Pachtvertrages erfolgte außerhalb der Frist zum Widerspruch gegen die Vertragsverlängerung und ausdrücklich in der beiderseitigen Erwartung, es werde 2010 zu einer Neugenehmigung kommen und dann ein Neuvertrag zwischen den Parteien „ausgehandelt“ werden. Das ist – worauf noch einzugehen sein wird – entgegen der Ansicht der Beklagten kein Vorvertrag, da für einen solchen die Regelung der wesentlichen Vertragsbestandteile des abzuschließenden Vertrages erforderlich ist, woran es ersichtlich fehlt. Allerdings folgt hieraus zweierlei: Da die Frist zum Widerspruch („Kündigung“) gegen die automatische Verlängerung bereits abgelaufen war, verzichtete die Beklagte durch ihr Einverständnis mit der „Kündigung“ auf die ihr ansonsten sichere Nutzung bis zum 31.12.2014. Folglich konnte die Beklagte erwarten, dass sie durch die abzuschließende Übergangsregelung zumindest bis dahin auch dann gesichert ist, wenn es nicht zum Abschluss des Neuvertrages kommt.

Die Übergangsvereinbarung vom 16.03.2010 dürfte wiederum eine Befristung enthalten haben, da die Parteien, auf deren Vorstellung es insoweit entscheidend ankommt, die Genehmigung durch die S……… als sicher erachteten und – worauf noch einzugehen sein wird: in unwirksamer Weise – die Pflicht begründen wollten, dann einen Neuvertrag abzuschließen. Darauf kommt es jedoch nicht entscheidend an. Dass die Parteien die Regelung des § 8 Abs. 1 des Pachtvertrages vom 27.01.2000 in der Übergangsvereinbarung vom 16.03.2010 von der Weitergeltung ausdrücklich ausnahmen, kann nämlich nicht als Ausschluss der ordentlichen Kündigung angesehen werden. Diese Streichung beruhte vielmehr ersichtlich darauf, dass die Parteien vom relativ zeitnahen Abschluss des neuen Pachtvertrages nach der erteilten Genehmigung ausgingen und in Folge dieser Annahme die Verlängerungsoption des § 8 Abs. 1 des Pachtvertrages vom 27.01.2000, die – wie dargestellt – keine Vereinbarung eines ordentlichen Kündigungsrechts enthielt, als entbehrlich ansahen.

cc) Ausgehend hiervon ergibt sich ein Recht der Klägerin zum Ausspruch einer ordentlichen Kündigung des Pachtvertrages aus der gebotenen ergänzenden Auslegung des Pachtvertrages vom 16.03.2010.

(1) Eine ergänzende Vertragsauslegung setzt voraus, dass die Vereinbarung der Parteien eine Regelungslücke, also eine planwidrige Unvollständigkeit aufweist (BGHZ 127, 138, 142; BGH WM 2002, 1229, 1230; BGHZ 170, 311 Rn. 26). Alleine der Umstand, dass ein Vertrag für eine bestimmte Fallgestaltung keine Regelung enthält, besagt jedoch nicht, dass es sich um eine planwidrige Unvollständigkeit handelt. Von einer planwidrigen Unvollständigkeit kann nur gesprochen werden, wenn der Vertrag eine Bestimmung vermissen lässt, die erforderlich ist, um den ihm zugrunde liegenden Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen, mithin ohne Vervollständigung des Vertrages eine angemessene, interessengerechte Lösung nicht zu erzielen wäre (BGH NJW-RR 2005, 205, 206; BGHZ 170, 311 Rn. 26). Eine ergänzende Vertragsauslegung kommt nicht nur in Betracht, wenn die Parteien einen Punkt übersehen haben, sondern auch dann, wenn sie ihn offen gelassen haben, weil sie – aus welchen Gründen auch immer – eine Regelung dieses Punkts für nicht erforderlich hielten (BGH WM 1967, 1147, 1148; NJW 2002, 1260, 1262). An einer planwidrigen Unvollständigkeit des Vertrages fehlt es jedoch, wenn die getroffene Regelung bewusst abschließend sein soll (BGH NJW 1985, 1835, 1836; NJW 1990, 1723, 1724; NJW 2009, 1348, 1349).

Allerdings kann nicht alles, worüber im Vertrag eine Regelung fehlt, durch Auslegung ergänzt werden. Falls die Vertragschließenden zu einem bestimmten Punkt keine Regelung treffen, kann meist angenommen werden, dass sie die Ausgestaltung ihrer vertraglichen Beziehungen den Gesetzesvorschriften überlassen (BGH NJW 1980, 2347; NJW 2004, 1590, 1591). Die dem Vertrag fehlenden Regelungen sind aber dann nicht durch Gesetzesvorschriften zu schließen, wenn feststeht, dass die Parteien nach ihrem mutmaßlichen Willen die gesetzliche Regelung nicht wollten (BGH NJW-RR 1990, 817, 818 f.).

Bei der Schließung der Vertragslücke durch ergänzende Auslegung ist darauf abzustellen, was die Parteien bei einer angemessenen Abwägung ihrer Interessen nach Treu und Glauben als redliche Vertragspartner vereinbart hätten, wenn sie den von ihnen nicht geregelten Fall bedacht hätten (BGH NJW 2013, 678 Rn. 16; NJW 2015, 955 Rn. 28). Bei der Ermittlung dieses hypothetischen Parteiwillens sind in erster Linie die in dem Vertrag schon vorhandenen Regelungen und Wertungen zu berücksichtigen; die hieraus herzuleitende Vertragsauslegung muss sich als zwanglose Folge aus dem gesamten Zusammenhang des Vereinbarten ergeben (vgl. BGH NJW 2004, 1590, 1592; NZM 2015, 211 Rn. 70). Die ergänzende Vertragsauslegung findet ihre Grenze dort, wo sie in eine – unzulässige – freie richterliche Rechtsschöpfung umschlägt; sie ist deshalb insbesondere ausgeschlossen, wenn verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten zur Ausfüllung einer vertraglichen Regelungslücke in Betracht kommen, aber kein Anhaltspunkt dafür besteht, welche dieser Regelungen die Parteien getroffen hätten (BGH NJW 1999, 711, 712; NJW 2009, 1962 Rn. 36).

(2) Im vorliegenden Fall liegt eine planwidrige Unvollständigkeit des Vertrages vom 16.03.2010 vor. Diese Lücke ist durch ergänzende Vertragsauslegung zu schließen. Diese Auslegung führt unter Berücksichtigung der Umstände des konkreten Falles dazu, dass die Parteien eine ordentliche Kündigungsmöglichkeit der Klägerin zum 31.12.2014 sowie zum 31.12.2019 – ggf. mit einer Vorlauffrist von jeweils einem Jahr – vereinbart hätten.

Die Parteien gingen bei Abschluss des Vertrages vom 16.03.2010 von einer zeitnahen Erteilung der vor dem neuen Vertragsschluss erforderlichen Genehmigungen im Laufe des Jahres 2010 und demzufolge auch vom zeitnahen Abschluss eines neuen Pachtvertrages aus. Infolgedessen hielten sie eine Regelung für den Fall, dass sich der Abschluss eines neuen Pachtvertrages verzögern oder es über Jahre hinweg zu diesem Abschluss nicht kommen würde, für überflüssig. Dieser Fall ist jedoch eingetreten, da ein neuer Pachtvertrag auch mehr als zehn Jahre nach Abschluss der Übergangsvereinbarung vom 16.03.2010 nicht zustande gekommen ist.

Eine Bestimmung zur Lösung vom Vertrag, die über die in der Übergangsvereinbarung vom 16.03.2010 vorgesehenen Regelungen zur außerordentlichen Kündigung hinausgeht ist auch erforderlich, um den der Übergangsvereinbarung zugrunde liegenden Regelungsplan der Parteien zu verwirklichen. Denn anderenfalls würde die jetzige Situation zu einem dauerhaften „Patt“ führen, das keine Partei einseitig durch Ausspruch einer ordentlichen Kündigung auflösen könnte; es bedürfte entweder eines Grundes für eine außerordentliche Kündigung oder einer einvernehmlichen Vertragsaufhebung. Das war aber nicht einmal in dem Pachtvertrag vom 27.01.2000 vorgesehen. Vielmehr enthielt dieser Vertrag über die zeitliche Begrenzung auf 10 Jahre hinaus die bereits dargestellte Möglichkeit, die in dem Vertrag angelegte automatische Verlängerung des Pachtverhältnisses nach Ablauf der 10 Jahre um jeweils 5 Jahre durch einen rechtzeitigen Widerspruch zu verhindern. Durch den langen Verlängerungszeitraum von 5 Jahren hatten die Parteien vor allem dem Interesse der Beklagten an finanzieller Planungssicherheit Rechnung getragen. Angesichts dieser zunächst getroffenen Regelung erscheint es aber ausgeschlossen, dass die Parteien durch den provisorischen Vertrag vom 16.03.2010 über mehrere Jahre das Recht zur ordentlichen Kündigung komplett ausschließen wollten – womit es an einer planwidrigen Regelungslücke fehlen würde -, falls sich der Abschluss des neuen Pachtvertrages so lange hinziehen sollte, wie dies nun geschehen ist. Denn dadurch hätte die Beklagte durch die bloß provisorische Vereinbarung vom 16.03.2010 weitaus mehr erhalten als ihr nach dem Pachtvertrag vom 27.01.2000 zustand, bei dem sie eine einseitige Beendigung durch die Klägerin nach jeweils 5 Jahren auch nicht hätte verhindern können. Mehr als die Sicherung des alten Vertragszustandes konnte die Beklagte bis zum Abschluss des Neuvertrages aber nicht ernsthaft erwarten. Daran ändern auch etwaige Investitionen der Beklagten in das Pachtobjekt nichts.

Dass die Parteien – hätten sie die Möglichkeit, dass es auf Jahre hinaus nicht zum Abschluss eines neuen Pachtvertrages kommen würde, bedacht – es bei einer dauerhaften Geltung der Übergangsvereinbarung vom 16.03.2010 ohne Möglichkeit, diese ordentlich zu beenden, belassen hätten, ist auszuschließen. Nicht nur ließe das die berechtigten Interessen der Klägerin als Verpächterin, die sich damit auf ein dauerhaftes, nur im Fall des Vorliegens wichtiger Gründe oder im gegenseitigen Einvernehmen beendbares „Patt“ eingelassen hätte, zur Gänze unberücksichtigt. Es liefe vielmehr auch dem ersichtlichen Übergangscharakter des Pachtvertrages vom 16.03.2010, der damit in einen Dauerzustand überführt würde, ebenso zuwider wie dem Inhalt des Ausgangsvertrages vom 27.01.2000, der eben keine unbefristete, nur bei Vorliegen wichtiger Gründe oder im gegenseitigen Einvernehmen beendbare Nutzung durch die Beklagte vorsah, sondern zeitlich befristet war und auch nach Eintritt der Verlängerungsoption alle 5 Jahre von der Klägerin einseitig beendet werden konnte.

Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Parteien, wenn sie bei Abschluss des Vertrages vom 16.03.2010 abgesehen hätten, dass es 2010 und auch in den Folgejahren nicht zum Abschluss eines neuen Pachtvertrages kommen würde, für diesen Fall ein an den zeitlichen Vorgaben in § 8 Abs. 1 des Pachtvertrages vom 27.01.2000 orientiertes Recht zur ordentlichen Kündigung – alle 5 Jahre und ggf. mit einer Vorlauffrist von einem Jahr – vereinbart hätten. Denn diese Regelung hatten sie ersichtlich bereits zuvor bei Vertragsschluss im Jahr 2000 als beiderseits interessengerecht angesehen; sie entsprach zudem dem „Schutzbestand“ der Beklagten aus der Zustimmung zur an sich verfristeten „Kündigung“ der Klägerin im Jahre 2009, durch die die Beklagte auf die ihr bis zum 31.12.2014 – allerdings nicht darüber hinaus – gesicherte Nutzungsmöglichkeit verzichtete. Dieser ergänzenden Auslegung steht auch nicht entgegen, dass die Parteien im Pachtvertrag vom 16.03.2010 zwar weitgehend auf die Fortgeltung der Vereinbarungen aus dem Pachtvertrag vom 27.01.2000 verwiesen, von dieser Fortgeltung indes die „Kündigungs“-Regelung des § 8 Abs. 1 ausdrücklich ausnahmen. Wie dargestellt enthielt § 8 Abs. 1 des Pachtvertrages vom 27.01.2000 keine Regelung eines ordentlichen Kündigungsrechts, da die dortige „Kündigung“ keine vorzeitige Beendigung des Pachtvertrages ermöglichte, sondern nur dessen automatische Verlängerung verhinderte. Die Fortdauer dieser Verlängerungsmöglichkeit hatten die Parteien – wie ebenfalls bereits dargelegt – im Übergangsvertrag vom 16.03.2010 nur deshalb ausgenommen, weil sie von einer ohnehin faktisch sehr begrenzten Laufzeit dieser Vereinbarung ausgingen und deshalb die Verlängerungsoption und den als „Kündigung“ bezeichneten Widerspruch dagegen als überflüssig ansahen. Das steht allerdings der Annahme, dass die Parteien – hätten sie die Regelungsbedürftigkeit dieses Punktes erkannt – die von beiden Seiten als ursprünglich interessengerecht angesehenen Vertragslaufzeiten sowie Vertragsbeendigungsmöglichkeiten als mögliche Zeitpunkte einer ordentlichen Kündigungsmöglichkeit vereinbart hätten, nicht entgegen. Demnach ist davon auszugehen, dass die Parteien ein Recht zur ordentlichen Kündigung zum 31.12.2014 sowie zum 31.12.2019, verbunden ggf. mit einer Kündigungsfrist von einem Jahr, vereinbart hätten.

Entgegen der von der Beklagten geäußerten Ansicht kann demgegenüber nicht davon ausgegangen werden, die Parteien hätten dann eine Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung erst mit Ablauf einer 10-jährigen Möglichkeit der Beklagten, den Pachtgegenstand vertragsgemäß – also einschließlich des Vorliegens der erforderlichen Genehmigungen – zu nutzen, vereinbart. Für einen derartigen (hypothetischen) Parteiwillen gibt es keinen Anhaltspunkt. Dass die Klägerin als Betreiberin für die Beantragung entsprechender Genehmigungen zuständig war, vermag dies auch in Zusammenschau mit ihrer gleichzeitigen Stellung als Verpächterin nicht zu tragen. Abgesehen davon, dass auch der Ausgangspachtvertrag vom 27.01.2000 eine solche „vertragsgemäße Nutzungsmöglichkeit“ von 10 Jahren nicht zur Voraussetzung des Laufes der Pachtzeit oder des Erreichens des Pachtzeitendes machte, wäre eine derartige Regelung nicht nur völlig ungewöhnlich, sondern auch zur Gänze unpraktikabel. Denn eine solche „vertragsgemäße Nutzungsmöglichkeit“ müsste dann über den gesamten angenommenen Zeitraum von 10 Jahren hinweg durchgängig gegeben sein, um die Möglichkeit zur ordentlichen Kündigung auszulösen. Damit wäre allerdings für die Verpächterin nicht nur kaum verlässlich kalkulierbar, wann eine ordentliche Kündigung möglich ist; vielmehr wären auch langwierige Streitigkeiten darüber, ob die „vertragsgemäße Nutzungsmöglichkeit“ durchgängig gegeben war oder – und wenn, in welchen Zeiträumen – nicht, vorprogrammiert. Für eine derart ungewöhnliche und einseitig an den Interessen der Beklagten ausgerichtete ergänzende Vertragsauslegung ist hier kein Raum.

dd) Ausgehend von dieser ergänzenden Auslegung des Pachtvertrages ist das Pachtverhältnis zunächst bis 31.12.2014 verlängert worden, ohne dass zuvor eine ordentliche Kündigung seitens der Klägerin ausgesprochen worden ist. Das Pachtverhältnis hat demnach bis 31.12.2019 fortbestanden. Ein erneutes Weiterlaufen des Pachtverhältnisses ist hingegen durch die mehr als ein Jahr zuvor erklärte Kündigung der Klägerin vom 01.10.2018 fristgerecht verhindert worden. Demnach endete das Pachtverhältnis zum 31.12.2019, so dass die Klägerin nunmehr die Räumung des Pachtobjekts verlangen kann.

e) Das Recht der Klägerin zur ordentlichen Kündigung ist auch nicht gem. § 242 BGB ausgeschlossen.

aa) Zutreffend hat das Landgericht einen Verstoß gegen § 242 BGB aufgrund des von der Beklagten behaupteten Umstandes, dass die Klägerin durch Nichtaufstellung eines Bebauungsplanes (Ausweisung als Industriegebiet) die Erteilung der Genehmigungen durch die S……… vereitelt habe, aus Rechtsgründen verneint. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden (§ 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB; vgl. zur Vorgängervorschrift des § 1 BBauG: BVerwG NJW 1980, 2538). Ein hiergegen verstoßender Vertrag ist gem. § 59 Abs. 1 VwVfG i.V.m. § 134 BGB nichtig (Battis/Krautzberger/Löhr/Battis, 14. Aufl. 2019, BauGB § 1 Rn. 31). Würde man der Argumentation der Beklagten folgen, würde die Klägerin über den Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts faktisch doch zur Aufstellung des von der Beklagten gewünschten Bebauungsplanes gezwungen. Dies ließe sich mit dem Sinn und Zweck von § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB nicht in Einklang bringen.

bb) Ein der Wirksamkeit der Kündigung entgegenstehender Verstoß gegen Treu und Glauben liegt auch nicht darin, dass die Klägerin entgegen der laut der Präambel zum Vertrag vom 16.03.2010 avisierten Vorgehensweise ihren Antrag auf Neubescheidung der Bauschuttaufbereitungsanlage, der die Basis für den Abschluss des neuen Vertrages bilden sollte, zurückgezogen hat. Zum einen kann der Argumentation der Beklagten, wonach die Klägerin auf diese Weise die Erteilung der für einen rechtskonformen Anlagenbetrieb erforderlichen Genehmigung vereitelt habe, so nicht gefolgt werden. Die Genehmigung hätte nicht die Klägerin selbst erteilen können; dies wäre vielmehr in den Zuständigkeitsbereich der S……… gefallen. Selbst wenn die Klägerin also den Antrag gestellt hätte, wäre die Erteilung der avisierten Genehmigung (in der von der Beklagten gewünschten Form) nicht sicher gewesen. Zum anderen kann aufgrund der bereits dargestellten Interessenlage nicht davon ausgegangen werden, die Parteien hätten im Rahmen eines neuen Pachtvertrages nicht ebenfalls die Möglichkeit zu einer ordentlichen Vertragsbeendigung durch eine der Vertragsparteien innerhalb bestimmter Zeitabstände vorgesehen. Dass der neue Vertrag abweichend von der vorausgegangenen Vertragsgestaltung zwischen den Parteien ohne Befristung und zugleich unter Ausschluss der Möglichkeit der ordentlichen Kündigung geschlossen worden wäre, sich mithin also ungewöhnlich und einseitig an den Interessen der Beklagten ausgerichtet hätte, liegt angesichts der andersgearteten Vereinbarungen in der Vergangenheit – vgl. § 8 Abs. 1 des Vertrages vom 27.01.2000 – vielmehr fern. Damit hätte sich die Beklagte in einer Situation befunden, die der durch die von der Klägerin erklärte ordentliche Kündigung des Pachtverhältnisses nun geschaffenen Situation gleicht. Demnach kommt dem Fehlen der in den Jahren 2009/2010 avisierten Neugenehmigung keine solche Bedeutung für die Interessenlage der Parteien zu, dass dies den Ausschluss des Rechts zur ordentlichen Kündigung nach Treu und Glauben rechtfertigen würde.

cc) Unabhängig davon kann ein Verstoß gegen Treu und Glauben auch nicht daraus hergeleitet werden, dass die Klägerin mit der Beklagten den angedachten Folgevertrag über die Nutzung des Pachtobjekts nicht (mehr) abschließen will. Wollte man dies anders sehen, würde man sich in Widerspruch dazu setzen, dass der „Nutzungsvertrag“ von 2010 den Anforderungen an einen eine rechtliche Bindung auslösenden Vorvertrag ersichtlich nicht erfüllt.

Nach der Auslegungsregel des § 154 Abs. 1 Satz 1 BGB kommt ein bindender Vertrag zwar erst zu Stande, wenn sich die Parteien über alle nach ihrer Vorstellung regelungsbedürftigen Punkte geeinigt haben. Die Regel gilt jedoch nur im Zweifel und hindert die Parteien nicht, sich durch den Abschluss eines Vorvertrags zunächst nur hinsichtlich einzelner Punkte zu binden und die Bereinigung der offen gebliebenen Punkte einer späteren Verständigung vorzubehalten (BGHZ 97, 147, 154). Im Hinblick auf § 154 Abs. 1 Satz 1 BGB ist die Annahme eines Vorvertrags allerdings nur gerechtfertigt, wenn besondere Umstände darauf schließen lassen, dass sich die Parteien ausnahmsweise vor der abschließenden Einigung über alle regelungsbedürftigen Punkte vertraglich binden wollten (BGH NJW 2006, 2843 Rn. 10 m.w.N.). Ein Vorvertrag muss ein solches Maß an Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit und Vollständigkeit enthalten, dass im Streitfall der Inhalt des Vertrags richterlich festgestellt werden kann, notfalls durch eine richterliche Vertragsergänzung. Zum wesentlichen Inhalt eines gewerblichen Mietvertrags gehört beispielsweise die Einigung über das Mietobjekt, die Mietdauer und den Mietzins; für den Inhalt eines Vorvertrags reicht demgemäß die Einigung über diese Punkte aus, wohingegen die Ausgestaltung näherer Vertragsbedingungen den weiteren Verhandlungen, die zum Abschluss des Hauptvertrags führen sollen, vorbehalten bleiben kann (vgl. BGH NJW-RR 1993, 139, 140).

Diesen Anforderungen wird der Vertrag vom 16.03.2010 – siehe dort § 1 (4) – ersichtlich nicht gerecht. Dort wird lediglich die Verpflichtung niedergelegt, einen „neuen Vertrag“ abzuschließen. Weitere Details, die den o.g. Bestimmtheitsanforderungen gerecht werden würden, finden sich dort nicht.

Der weitere Vortrag der Klägerin dazu, dass und warum die Parteien einen Vorvertrag über die weitere Nutzung des Pachtobjekts geschlossen hätten, ist unschlüssig. Im ersten Rechtszug hatte die Klägerin mit Schriftsatz vom 02.06.2020 (dort S. 71 ff. = Bl. 828 ff. der Akte) behauptet, mit der Regelung in § 1 (4) des Vertrags vom 16.03.2010 sei „selbstverständlich“ gemeint gewesen, „dass die Rahmenbedingungen, also die sogenannten essentialia negotii unverändert bleiben“. Dieser Vortrag ist ohne Substanz und rechtfertigt für sich genommen schon keine Vernehmung des als Zeugen benannten K……… bei dem es sich ohnehin um einen der Geschäftsführer der Beklagten handelt, so dass allenfalls eine – ebenfalls nicht veranlasste – Vernehmung oder Anhörung als Partei in Betracht gekommen wäre (vgl. Musielak/Voit/Huber, 18. Aufl. 2021, ZPO § 373 Rn. 7). Dieser Vortrag steht zudem im Widerspruch zu der Kündigungserklärung vom 16.02.2009 und zu den Ausführungen des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 16.06.2021 und ist deshalb unschlüssig. Der Klägervertreter hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat unter Verweis auf das in der Anlage B114 enthaltene Protokoll über die Besprechung bei der SGD Süd am 22.09.2009 ausgeführt, dass im Rahmen der erwarteten Neugenehmigung eine deutlich bessere Nutzungsmöglichkeit des Geländes für die Beklagte und damit auch die Möglichkeit der Erzielung besserer Betriebsergebnisse gegeben gewesen wäre, weshalb nicht davon ausgegangen werden könne, dass der Altvertrag ohne Weiteres und 1 : 1 hätte übernommen werden sollen. Das entspricht auch dem Inhalt der Kündigungserklärung vom 16.02.2009. Dort hat der für die Klägerin handelnde E……… ausdrücklich ausgeführt, dass aufgrund der Hinzunahme von zusätzlichen Pachtflächen die Notwendigkeit bestehe, einen neuen Vertrag mit der Beklagten „auszuhandeln“.

Demnach bestehen keine Anzeichen für den Abschluss eines wirksamen Vorvertrages. Die von der Beklagten avisierte Bejahung eines Ausschlusses des ordentlichen Kündigungsrechts gem. § 242 BGB würde aber letztlich zum selben Ergebnis wie der – hier nicht feststellbare – Abschluss eines Vorvertrages führen, ohne dass die Eckpunkte des Folgevertrags in ausreichender Weise feststünden. Zudem ist unter Berücksichtigung der vom Senat vorgenommenen ergänzenden Vertragsauslegung auch kein Schutzbedürfnis der Beklagten zu erkennen, da diese selbst mit Blick auf § 8 des Pachtvertrags vom 27.01.2000 in regelmäßigen Abständen mit einer ordentlichen Kündigung des Pachtverhältnisses rechnen musste, ohne ein Recht auf Abschluss einer Folgevereinbarung zu haben.

dd) Weiterhin hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass dem Kündigungsrecht der Klägerin auch mit Hinblick auf die von der Beklagten behaupteten Investitionen in das Pachtobjekt nicht der Einwand von Treu und Glauben (§ 242 BGB) entgegensteht.

(1) Der Rückschluss der Beklagten von getätigten Investitionen auf einen Ausschluss des (ordentlichen) Kündigungsrechts erscheint schon deshalb nicht gerechtfertigt, weil die Parteien sowohl im Neuvertrag von 2010 als auch im Altvertrag aus dem Jahre 2000 Regelungen zu entsprechenden Themenkomplexen getroffen haben: Das Landgericht hat zutreffend ausgeführt, dass der Neuvertrag in § 1 Abs. 3 in Bezug auf eine auf dem Gelände befindliche Photovoltaikanlage ausdrücklich regelt, dass sich die Parteien bei frühzeitiger Kündigung oder Nichtverlängerung der Pachtverträge auf eine Nutzungsausfallentschädigung einigen. Zudem sieht § 1 Abs. 3 vor, dass der Altvertrag von 2000 mit Ausnahme der dortigen § 1 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 Sätze 1 und 2 weitergilt. In § 8 Abs. 3 des Altvertrages ist lediglich für den Fall der außerordentlichen Kündigung ein Anspruch der Beklagten auf Entschädigung oder Ausgleich für mit dem Gelände fest verbundenen Anlagen ausgeschlossen. Umgekehrt sind die Parteien für den Fall der ordentlichen Kündigung also ersichtlich vom Bestehen von Ausgleichsansprüchen ausgegangen. Das entspricht auch dem Gesetz, welches dem Pächter Aufwendungsersatz nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 581 Abs. 2, § 539 Abs. 1 BGB) sowie ein Wegnahmerecht (§ 581 Abs. 2, § 539 Abs. 2 BGB) zubilligt. Zudem gilt § 1 Abs. 6 des Altvertrags aus dem Jahre 2000 weiter, wodurch die Räumungspflichten der Beklagten im Falle der Beendigung der Vertragsverhältnisse konkretisiert werden. All dies spricht gegen eine Treuwidrigkeit der erklärten Kündigung.

Außerdem wäre, wie auch das Landgericht ausgeführt hat, im Falle der vollständigen Fortgeltung des Altvertrags vom 27.01.2000 ebenfalls eine Beendigung des Pachtverhältnisses zum Ablauf der Jahre 2014 und 2019 möglich gewesen. Diese Möglichkeit blieb der Klägerin auch unter Berücksichtigung der vom Senat vorgenommenen ergänzenden Vertragsauslegung der Übereingangsvereinbarung vom 16.03.2010 erhalten. Demnach besteht kein Grund, der Klägerin das von ihr ausgeübte Kündigungsrecht im Hinblick auf die von der Beklagten behaupteten Investitionen zu versagen.

(2) Der Vortrag der Beklagten in der Berufungsbegründung, wonach sie bei entsprechendem Hinweis des Landgerichts auch zu Investitionen nach Abschluss der Übergangsvereinbarung vom 16.03.2010 vorgetragen hätte, kann der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen.

Zum einen ist dieser neue, vor allem der Höhe nach streitige Vortrag im Berufungsverfahren nicht zuzulassen, insbesondere nicht nach Maßgabe von § 531 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO. Das Landgericht hatte keine Veranlassung, zu dieser Thematik rechtliche Hinweise zu erteilen. Ein Ausschluss des Kündigungsrechts der Klägerin gem. § 242 BGB war unter mehreren Gesichtspunkten Gegenstand der Schriftsätze der Parteivertreter im ersten Rechtszug. Die rechtliche Thematik lag damit für beide Parteien erkennbar auf der Hand. Demnach hätte es der Beklagten oblegen, bereits im ersten Rechtszug umfassend hierzu vorzutragen.

Zum anderen ist auch hier zu beachten, dass die Klägerin das ursprüngliche Pachtverhältnis zum Ablauf der Jahre 2014 und 2019 jeweils beenden konnte und dies im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung auch für den Vertrag vom 16.03.2010 galt, falls bis zu diesen Zeitpunkten noch kein neuer Pachtvertrag zustande gekommen sein sollte. Demnach können auch nach 2010 getätigte Investitionen der Beklagten einer ordentlichen Kündigung seitens der Klägerin nicht entgegen stehen.

3. Da die von der Klägerin erklärte ordentliche Kündigung des Pachtverhältnisses durchgreift und zur Beendigung des Pachtverhältnisses geführt hat, kommt es auf die Berechtigung der Klägerin zur fristlosen Kündigung des Vertrages nach Maßgabe von § 8 Abs. 2 des Pachtvertrages vom 27.01.2000 in Verbindung mit § 1 (3) des Vertrags vom 16.03.2010 nicht mehr an.

B.

Der von der Klägerin anerkannte Widerklageantrag zu 1), auf den hin das Landgericht das Teil-Anerkenntnisurteil vom 10.03.2020 erlassen hat, ist nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.

C.

Die Einwände der Berufung gegen die Abweisung des Hilfswiderklageantrags zu 18), den das Landgericht für unzulässig erachtet hat, greifen nicht durch.

1. Das Landgericht hat den Antrag in der Form, wie er im ersten Rechtszug formuliert war, zu Recht als unzulässig abgewiesen. Denn eine Feststellungsklage i.S.d. § 256 Abs. 1 ZPO kann sich nur auf ein Rechtsverhältnis beziehen. Rechtsverhältnis ist eine bestimmte, aus dem Vorbringen des Klägers abgeleitete Rechtsbeziehung einer Person zu einer anderen oder zu einem Gegenstand (Musielak/Voit/Foerste, 18. Aufl. 2021, ZPO § 256 Rn. 2). Zulässiger Gegenstand einer Feststellungsklage können auch einzelne, aus einem Rechtsverhältnis sich ergebende Rechte und Pflichten sein, nicht aber bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses, reine Tatsachen oder etwa die Wirksamkeit von Willenserklärungen oder die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens (BGH NJW 2000, 2280, 2281 m.w.N.). Damit fehlte es nach den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts an einem feststellungsfähigen Rechtsverhältnis. Die Frage, ob „die Haufwerke 5 und 6 nach dem Abfallrecht nicht in Summe als gefährlicher Abfall einzustufen sind“, betrifft lediglich eine bestimmte Tatsache, kein Rechtsverhältnis.

2. Die Ausführungen in der Berufungsbegründung, wonach die Beklagte bei Erteilung eines entsprechenden Hinweises durch das Landgericht den Antrag auf die Feststellung, dass der Beklagten aus der Bergung der Haufwerke 5 und 6 keine Kosten entstehen, umgestellt hätte, verhelfen der Berufung ebenfalls nicht zum Erfolg. Denn einen solchen Antrag hat der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 16.06.2021 auch nach dem protokollierten Hinweis des Senats, dass das Landgericht diesen Antrag zu Recht als unzulässig abgewiesen hat, nicht gestellt. Deshalb hat es bei der Abweisung des Widerklageantrags zu 18) in seiner Formulierung aus dem ersten Rechtszug als unzulässig zu verbleiben.

D.

Die Hilfswiderklageanträge zu 2) bis 17) sind nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens; selbst wenn man dies anders sähe, hat das Landgericht zu Recht nicht über diese Anträge entschieden.

1. Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO muss die Berufungsbegründung die Erklärung enthalten, inwieweit das erstinstanzliche Urteil angefochten wird und welche Abänderungen beantragt werden. Für diese Erklärung bedarf es keiner ausdrücklichen Stellung eines Sachantrags; es reicht aus, wenn die Begründung den Schluss auf die Weiterverfolgung des erstinstanzlichen Begehrens zulässt. Bei der Beurteilung ist im Grundsatz davon auszugehen, dass ein Rechtsmittel im Zweifel gegen die gesamte angefochtene Entscheidung gerichtet ist, diese also insoweit angreift, als der Rechtsmittelführer durch sie beschwert ist (BGH NJW-RR 2019, 1022 Rn. 9 m.w.N.).

2. Hiervon ausgehend sind die Hilfswiderklageanträge zu 2) bis 17) nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens. Die Berufungsbegründung verhält sich zu diesen Anträgen nicht. Dieser Umstand wird auch nicht durch den in die Berufungsbegründung aufgenommenen pauschalen Verweis auf das gesamte erstinstanzliche Vorbringen ausgeglichen. Von der Stellung dieser Anträge hat der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung vom 16.06.2021 abgesehen.

Selbst wenn man die Hilfswiderklageanträge zu 2) bis 17) als von der Berufung erfasst ansehen würde, wäre die Berufung auch insoweit unbegründet. Das Landgericht hatte keine Veranlassung, über diese Anträge zu entscheiden. Denn entsprechend den Ausführungen des angefochtenen Urteils, die die Berufung nicht in Zweifel zieht und die zudem mit den schriftsätzlichen Ausführungen des Beklagtenvertreters aus dem ersten Rechtszug überein stimmen, sind diese Anträge unter der Voraussetzung, dass das Gericht die außerordentliche Kündigung des Pachtverhältnisses als berechtigt ansehe, gestellt worden. Hierin liegt eine aufschiebende innerprozessuale Bedingung für die Erhebung dieser Widerklageanträge, die als solche zulässig ist (vgl. BGH MDR 1996, 1065, 1066; MDR 1996, 1135; Zöller/Schultzky, ZPO, 33. Aufl. 2020, § 33 Rn. 33). Diese Bedingung ist nicht eingetreten, weil der von der Klägerin geltend gemachte Räumungsanspruch bereits aufgrund der von ihr erklärten ordentlichen Kündigung des Pachtverhältnisses besteht. Demnach gab und gibt es keine Veranlassung, über diese Anträge zu entscheiden.

E.

Die Hilfswiderklageanträge zu 19) bis 40) sind ebenfalls nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens. Auch hierzu finden sich weder ausdrückliche Anträge noch sonstige Ausführungen in der Berufungsbegründung.

Insoweit es ist zudem nicht zu beanstanden, dass das Landgericht diese erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung formulierten Anträge in der Sache nicht beschieden hat. Wie sich aus § 256 Abs. 2, § 261 Abs. 2, § 297 ZPO ergibt, ist die Erhebung einer, neuen Klageforderung oder einer Klageerweiterung durch einen nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz unzulässig, weil Sachanträge spätestens in der letzten mündlichen Verhandlung gestellt werden müssen (BGH NJW-RR 1997, 1486; NJW-RR 2009, 853 Rn. 8). Daran ändert auch der dem Beklagtenvertreter vom Landgericht gewährte Schriftsatznachlass nichts, da dieser nur im Rahmen des § 296 a Satz 2 ZPO für Angriffs- und Verteidigungsmittel beachtlich ist (BGH BeckRS 2017, 133092 Rn. 6). Mangels einer Antragstellung in mündlicher Verhandlung darf über eine nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichte Klageerweiterung daher nicht entschieden werden (BGH a.a.O. Rn. 7). Demnach hat das Landgericht von einer solchen Entscheidung zu Recht abgesehen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 101 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit fußt auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, da die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht vorliegen.

Eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung im Hinblick auf die nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätze der Parteivertreter, die der Senat zur Kenntnis genommen hat, war nicht veranlasst.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf ………, festgesetzt ……… für den Räumungsantrag, § 41 Abs. 2 GKG; ……… den Hilfswiderklageantrag zu 18)).

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