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Pachtvertragskündigung wegen Krankheit oder Lockdown zulässig

Gaststättenpacht in der Corona-Pandemie: Gericht weist Klage ab

Gaststättenpächter kündigt Pachtvertrag während Corona-Pandemie und verstirbt kurz darauf. Der Erbe des Pächters kündigt den Pachtvertrag erneut und gibt die Vollmachtsurkunde nicht zurück. Die Klägerin fordert den Pachtzins und eine Schadensersatzsumme. Das Landgericht weist die Klage ab und gibt der Widerklage des Beklagten statt, da das Pachtverhältnis durch die Kündigung während der Corona-Pandemie beendet wurde. Der Beklagte muss dennoch Wassergeldpauschalen und Pachtzinsen bis September 2021 zahlen. Die Klägerin muss die Vollmachtsurkunde herausgeben. Der Klageantrag auf Schadensersatz wird abgewiesen.

Eine Berufung der Klägerin wurde nun zurückgewiesen. Sie bemängelte, dass das Landgericht aufgrund von Corona-Maßnahmen das Kündigungsrecht anerkannt hatte. Das Gericht habe dabei jedoch nicht §313 BGB und Art. 240 §7 EGBGB berücksichtigt und keine Auseinandersetzung mit §548 Abs. 1 BGB und der Schlüsselrückgabe vorgenommen. Das Gericht hatte zudem die Corona-Hilfen nicht in Betracht gezogen und die Schadenspositionen der Klägerin als abenteuerlich bezeichnet. Auch die Widerklage wurde als unzulässig zurückgewiesen. Die Klägerin forderte die Zahlung von Pachtzins und Wassergeldpauschale sowie einen Kostenvorschuss zur Beseitigung von Schäden in der Pachtsache. Das Gericht wies die Berufung in allen Punkten zurück und bestätigte das Urteil des Landgerichts.[…]

OLG Zweibrücken – Az.: 7 U 57/21 – Urteil vom 02.09.2022

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Einzelrichters der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern vom 13.04.2021 (Az. 4 O 284/20) teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

(1) Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin

a) Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat Mai 2020 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.05.2020 zu zahlen;

b) Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat Juni 2020 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.06.2020 zu zahlen;

c) Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat Juli 2020 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.07.2020 zu zahlen;

d) Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat August 2020 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.08.2020 zu zahlen;

e) Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat September 2020 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.09.2020 zu zahlen;

f) Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat Oktober 2020 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.10.2020 zu zahlen;

g) Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat November 2020 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 05.11.2020 zu zahlen;

h) Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat Dezember 2020 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.12.2020 zu zahlen;

i) Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat Januar 2021 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.01.2021 zu zahlen;

j) Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat Februar 2021 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.02.2021 zu zahlen;

k) Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat März 2021 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.03.2021 zu zahlen;

l) Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat April 2021 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.04.2021 zu zahlen;

m) Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat Mai 2021 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.05.2021 zu zahlen;

n) Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro und eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat Juni 2021 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.06.2021 zu zahlen;

o) Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat Juli 2021 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.07.2021 zu zahlen;

p) Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat August 2021 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.08.2021 zu zahlen;

q) Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat September 2021 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 06.09.2021 zu zahlen.

(2) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

(3) Auf die Widerklage wird festgestellt, dass der Rechtsstreit hinsichtlich der widerklagend beantragten Herausgabe der Vollmachtsurkunde des Notars … vom 30.01.2017, Urkundenrollen-Nummer … erledigt ist.

2. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug haben die Klägerin zu 40/100 und der Beklagte zu 60/100 zu tragen. Die Kosten des Rechtsstreits im zweiten Rechtszug haben die Klägerin zu 38/100 und der Beklagte zu 62/100 zu tragen.

4. Das in Ziffer 1 genannte Urteil ist, soweit es aufrechterhalten wird, ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Dieses Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Leistung einer Sicherheit in Höhe von 110 % des insgesamt gegen ihn vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Klage abgewiesen: Gaststättenpacht in der Corona-Pandemie - ein harter Schlag für die Klägerin
Klage abgewiesen: Gaststättenpacht in der Corona-Pandemie – ein harter Schlag für die Klägerin (Symbolfoto: Jordan Feeg/Shutterstock.com)

Mit Pachtvertrag vom 24.08.2000 verpachtete die Klägerin (mit Beginn zum 15.09.2000 und zunächst endend am 30.09.2005) die Gaststätte „Haus …“ an die mittlerweile verstorbene Frau … (im Folgenden auch: Pächterin bzw. Erblasserin). Wegen der einzelnen Regelungen des Pachtvertrags wird auf die Anlage K1 (Bl. 9 ff. der erstinstanzlichen eAkte) Bezug genommen.

Der Beklagte ist der Sohn, Generalbevollmächtigte und Erbe der Pächterin. Mit Schreiben vom 07.04.2020 (Anlage K5, Bl. 20 f. der erstinstanzlichen eAkte) kündigte der Beklagte den Pachtvertrag außerordentlich und fristlos, hilfsweise ordentlich. Als Begründung gab er die Erkrankung der Pächterin und die Covid-19-Pandemie an. Die Klägerin wies diese Kündigung nicht mangels Vorlage einer Vollmacht zurück. Der Sache nach akzeptierte sie die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung zum 30.09.2021, nicht hingegen eine frühere Beendigung des Pachtverhältnisses. Der Beklagte schickte die Schlüssel zur Gaststätte per Einschreibebrief und Einwurf in den Briefkasten der Klägerin am 03.06.2020 zurück.

Am 09.06.2020 verstarb die Pächterin. Mit Schreiben vom 16.06.2020 und anwaltlichem Schreiben vom 18.06.2020 (Anlagen K8 und K9, Bl. 43 ff. der erstinstanzlichen eAkte) erklärte der Beklagte daraufhin vorsorglich erneut die Kündigung des Pachtverhältnisses. In diesem Zusammenhang übermittelte der Beklagte der Klägerin die notarielle Urkunde über die Generalvollmacht vom 30.01.2017 (Bl. 50 ff. der erstinstanzlichen eAkte) im Original; laut deren § 1 sollte die Vollmacht beim Tod der Frau … nicht erlöschen, ist aber frei widerruflich. Trotz mehrfacher Aufforderung gab die Klägerin diese Urkunde dem Beklagten vor der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 02.03.2021 nicht wieder heraus.

Die Klägerin hat vorgebracht: Der gesamte Sachvortrag des Beklagten sei verspätet. Ein zur Kündigung oder Vertragsanpassung berechtigender Mangel des Pachtobjekts habe nicht vorgelegen, unter anderem weil der Beklagte die Möglichkeit des Straßenverkaufs oder der Inanspruchnahme staatlicher Corona-Hilfen gehabt habe. Der Beklagte habe die Pachtsache verschmutzt und beschädigt zurückgelassen. Zur Instandsetzung seien die im Schriftsatz vom 18.09.2020 aufgelisteten und mit Kostenvoranschlägen belegten Kosten i.H.v. 14.277,41 Euro erforderlich; wegen der Einzelheiten wird auf die Anlagen K10-K15 (Bl. 65 ff. der erstinstanzlichen eAkte) Bezug genommen.

Die Klägerin hatte zunächst am 04.05.2020 eine Klageschrift eingereicht, in welcher die Pächterin als Beklagte bezeichnet worden war. Die Pächterin ist am 09.06.2020, noch vor Klagezustellung, verstorben. Die Klägerin hat in der Folge ihre Klage mehrfach geändert (vgl. Schriftsätze vom 10.07.2020, 18.09.2020 und 12.02.2021). Den noch im Schriftsatz vom 12.02.2021 enthaltenen Antrag zu 14), wonach die Verurteilung des Beklagten nach Maßgabe der vorstehenden Ziffern als Gesamtschuldner mit seinen noch unbekannten Miterben erfolgen sollte, hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 02.03.2021 nicht gestellt. In diesem Termin hat die Klägerin dem Beklagten die Vollmachtsurkunde des Notars … vom 30.01.2017, Urkundenrollen-Nummer … herausgegeben. Diese Herausgabe hatte der Beklagte zunächst mit Schriftsatz vom 16.11.2020 widerklagend beantragt. Nach Empfang der Vollmachtsurkunde im Termin vom 02.03.2021 hat der Beklagtenvertreter diesen Widerklageantrag (Ziffer 2) für erledigt erklärt. Der Klägervertreter hat der Erledigung widersprochen.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat Mai 2020 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.05.2020 zu zahlen;

2. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat Juni 2020 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 03.06.2020 zu zahlen;

3. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat Juli 2020 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 03.07.2020 zu zahlen;

4. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat August 2020 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.08.2020 zu zahlen;

5. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat September 2020 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 03.09.2020 zu zahlen;

6. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat Oktober 2020 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 03.10.2020 zu zahlen;

7. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat November 2020 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.11.2020 zu zahlen;

8. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat Dezember 2020 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 03.12.2020 zu zahlen;

9. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat Januar 2021 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 05.01.2021 zu zahlen;

10. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat Februar 2021 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 03.02.2021 zu zahlen;

11. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, beginnend ab dem 01.03.2021 bis einschließlich 30.09.2021 eine monatliche Pacht in Höhe von 1.387,96 Euro nebst einer Wassergeldpauschale von monatlich 72,59 Euro jeweils bis zum 3. Werktag eines Monats im Voraus an die Klägerin zu zahlen;

12. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin Schadensersatz wegen der Beschädigung der Pachtsache in Höhe von 14.277,41 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klageerweiterung vom 18.09.2020 zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat widerklagend beantragt,

1. im Wege der Hilfswiderklage festzustellen, dass zwischen der Klägerin und dem Beklagten kein Pachtverhältnis besteht;

2. festzustellen, dass der Rechtsstreit hinsichtlich der widerklagend beantragten Herausgabe der Vollmachtsurkunde des Notars … vom 30.01.2017, Urkundenrollen-Nummer … erledigt ist.

Die Klägerin hat beantragt, die Widerklage abzuweisen.

Der Beklagte hat vorgebracht: Der Klageantrag zu 11) sei unzulässig, da statt einer Feststellung auch Klage auf zukünftige Leistung nach § 259 ZPO erhoben werden könne. Das Pachtverhältnis sei durch die Kündigung vom 07.04.2020 beendet worden. Die außerordentliche Kündigung sei dadurch gerechtfertigt, dass die Gaststätte Corona-bedingt nicht nutzbar gewesen sei. Wegen etwaiger Nacherfüllungsansprüche der Klägerin erhebe der Beklagte die Einrede der Verjährung. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, dem Widerklageantrag zu 1) stattgegeben und betreffend den Widerklageantrag zu 2) die Erledigung des Rechtsstreits festgestellt. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 261 ff. der erstinstanzlichen eAkte) verwiesen. Im Wesentlichen hat das Landgericht ausgeführt:

Die zulässige Klage sei unbegründet. Die zwischenzeitlichen Klageänderungen seien sachdienlich. Der Beklagte sei aufgrund der gesamtschuldnerischen Haftung der Mitglieder der Erbengemeinschaft nach der Pächterin auch passivlegitimiert. Die Klägerin habe aber keinen Anspruch auf Pachtzinszahlung für die Zeit von Mai 2020 bis Februar 2021 (Klageanträge Ziffer 1-10). Das Pachtverhältnis sei durch die Kündigung vom 07.04.2020 beendet worden, da die damals erklärte außerordentliche Kündigung zwar nicht wegen der Erkrankung der Pächterin, aber aufgrund der pandemiebedingten Untersagung des Gaststättenbetriebs gerechtfertigt gewesen sei, weil im April 2020 aufgrund der behördlichen Anordnungen die begründete Besorgnis, das Grundstück nicht zum vertragsgemäßen Gebrauch als Gaststätte nutzen zu können, bestanden habe und jedenfalls zum Teil der vertragsgemäße Gebrauch der Pachtsache aufgehoben gewesen sei. Hieran ändere auch die Möglichkeit, staatliche Corona-Hilfen in Anspruch zu nehmen, nichts, da hierdurch allenfalls eine finanzielle Kompensation geleistet werde und der Zweck der Corona-Hilfen konterkariert würde, wenn deren Existenz als Rechtfertigung zur Beschneidung der Rechte des Pächters herangezogen würde. Das Recht zur außerordentlichen Kündigung sei auch nicht gem. § 12 des Pachtvertrags ausgeschlossen. Eine vorherige Fristsetzung oder Abmahnung habe offensichtlich keinen Erfolg versprochen, denn die verbindlichen Corona-Regelungen hätten nicht zur Disposition der Klägerin gestanden. Die in § 543 Abs. 4 BGB genannten Ausschlusstatbestände seien nicht einschlägig. Das Kündigungsrecht werde auch nicht durch Art. 240 § 7 EGBGB ausgeschlossen, wonach durch Corona-Bekämpfungsmaßnahmen eine Störung der Geschäftsgrundlage von Gewerberaummietverhältnissen begründet werde. Die Rechtsinstitute der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) und der außerordentlichen fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund (§ 543 BGB) hätten jeweils eigene Voraussetzungen und schlössen sich nicht gegenseitig aus.

Der Klageantrag zu 11) sei zwar zulässig, jedoch aufgrund der wirksamen Kündigung des Pachtvertrags am 07.04.2020 unbegründet.

Der auf Schadensersatz gerichtete Klageantrag zu 12) sei-Unbegründet. Soweit dieser Antrag auf den Ersatz des Äquivalenzinteresses gerichtet sei (Beschädigungen, Abnutzungen oder Verschmutzungen, die im Rahmen des vertragsgemäßen Gebrauchs entstanden seien), fehle es an einer Frist zur Nacherfüllung.

Darüber hinaus greife die Einrede der Verjährung. Soweit das Integritätsinteresse betroffen sei (Reparatur Eingangstür), habe der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 02.03.2021 unwidersprochen vorgetragen, dass die Beschädigung von einem Einbruchsversuch herrühre. Damit fehle es jedenfalls an dem für einen Schadensersatzanspruch erforderlichen Verschulden der Pächterin oder des Beklagten.

Der Sachvortrag des Beklagten sei nicht gemäß § 296 ZPO zurückzuweisen. Dabei könne dahinstehen, ob der Sachvortrag des Beklagten verspätet erfolgt sei. Jedenfalls habe seine Berücksichtigung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögert.

Die Widerklage sei zulässig und begründet. Der Beklagte habe ein Interesse an der Feststellung, dass zwischen der Klägerin und ihm kein Pachtverhältnis bestehe. Zwischen der Klägerin und dem Beklagten bestehe auch kein Pachtverhältnis. Dieses sei durch die außerordentliche fristlose Kündigung vom 07.04.2020 beendet worden. Auch der Widerklageantrag zu 2) sei begründet. Der ursprünglich auf Herausgabe der Vollmachtsurkunde gerichtet Antrag sei zulässig und begründet gewesen und erst durch die Rückgabe der Vollmachtsurkunde im Termin vom 02.03.2021 unbegründet geworden.

Gegen dieses Urteil wendet sich die Berufung der Klägerin.

Die Klägerin bringt vor:

Zu Unrecht habe das Landgericht aufgrund der im angegriffenen Urteil aufgelisteten staatlichen Corona-Maßnahmen einen Mangel i.S.v. § 581 Abs. 2, § 536 Abs. 1 BGB und in der Folge ein außerordentliches Kündigungsrecht der Pächterseite bejaht. Das Risiko späterer und unvorhergesehener nachträglicher öffentlich-rechtlicher Einschränkungen durch Behörden und der Umstand, dass sich infolgedessen die Gewinnerwartung des Pächters nicht verwirkliche, gehöre zum typischen Risiko des gewerblichen Pächters.

Demnach sei das Pachtverhältnis nicht durch die vom Beklagten bzw. der vormaligen Pächterin erklärte außerordentliche Kündigung vor dem 30.09.2021 beendet worden.

Da sich das Landgericht ausschließlich auf § 543 BGB konzentriert habe, entbehre das angefochtene Urteil jeglicher Auseinandersetzung mit § 313 BGB und Art. 240 § 7 EGBGB. Auch insoweit sei zu beachten, dass die letztgenannte Vorschrift überhaupt erst ab 01.01.2021 Geltung beanspruche und auch für die Zeit danach zu keinem Automatismus zugunsten des Pächters führe. Eine Auflösung des Unternehmenspachtvertrages oder gar ein Kündigungsrecht des Pächters sei mit der vorgenannten gesetzlichen Neuregelung jedoch gerade nicht verbunden. Dass der Beklagte bezüglich einer Anpassung der Unternehmenspacht jemals verhandelt habe, trage er selbst nicht vor.

Immerhin sei auf Seite 7 des angegriffenen Urteils die Feststellung getroffen worden, dass der Beklagte die Pachtsache vom 13.05.2020 bis 01.11.2020 – wenn auch unter strengen Hygieneauflagen – nutzen konnte, hätte er deren Nutzung wirklich beabsichtigt und gewollt. Warum gleichwohl wenigstens dieser Teil der Pacht nicht zugesprochen worden sei, bleibe unerfindlich, nachdem die Klägerin in dieser Zeit gerade nicht gegen ihre Pflichten aus dem Vertrag verstoßen habe und die Behörden den Gaststättenbetrieb im gepachteten Unternehmen auch nicht untersagt hätten. Die Nichtberücksichtigung der staatlichen Corona-Hilfen durch das Landgericht sei ebenfalls nicht nachvollziehbar.

Die Ausführungen des Landgerichts zu den von der Klägerin geltend gemachten Schadenspositionen seien geradezu abenteuerlich. Es sei unstreitig, dass der Beklagte die Schlüssel zur Pachtsache am 03.06.2020 per Einschreibebrief und Einwurf in den Hausbriefkasten der Klägerin zurückgeschickt habe. Der selbstherrlichen „Rückgabe“ der Schlüssel durch den Beklagten stehe indes ein fehlender Besitzbegründungswille der Klägerin vor Ablauf des 30.09.2021 entgegen, was eine ordnungsgemäße Rückgabe des Unternehmens als Pachtsache gemäß § 546 Abs. 1 BGB ausschließe, nachdem die Klägerin auch zu keinem Zeitpunkt vor dem 30.09.2021 bereit gewesen sei, die kurze Verjährungsfrist des § 548 Abs. 1 BGB vor diesem Stichtag, mithin zu früh, in Gang zu setzen. Deshalb werde sie auch vor Ablauf des Pachtverhältnisses keine Prüfung der Schlüssel und deren Vollständigkeit nehmen. Bis zum Ende des Pachtverhältnisses könne der Beklagte demnach seiner Renovierungs- und Schadensbeseitigungspflicht aus § 5 und § 17 Abs. 1 des Pachtvertrages nachkommen, weshalb keine Fristsetzung zur Nacherfüllung seitens der Klägerin erforderlich gewesen sei und demnach deren Fehlen Schadensersatzbegehren der Klägerin – entgegen der Auffassung des Landgerichts – auch nicht entgegenstehe.

Ebenfalls nicht nachzuvollziehen sei die Auffassung des Erstrichters, wonach der Beklagte durch das Unterlassen der auf Seite 8 in Ziffer V.1 Buchstabe a) bis e) der Entscheidungsgründe aufgeführten Maßnahmen keine Rechte der Klägerin verletzt habe. Gleiches gelte für die Beschädigung der Eingangstür.

Nach § 17 des Pachtvertrages seien die Pachträume in renoviertem Zustand zurückzugeben.

Zudem habe die Klägerin unter Beweisantritt vorgetragen, dass die Übergabe der Pachtsache im renovierten Zustand erfolgt sei.

Schließlich habe das Landgericht auch der Widerklage zu Unrecht stattgegeben. Diese sei bereits unzulässig. Es habe bereits das Feststellungsinteresse gefehlt, da der Beklagte durch seine Rechtsverteidigung gegen die Klageforderung seine Rechte wahre. Betreffend den Widerklageantrag zur Herausgabe der notariellen Urkunde habe das Landgericht zudem nicht näher ausgeführt, warum der Klägerin an der Urkunde kein Zurückbehaltungsrecht bis zur Beseitigung der Mängel und Schäden zugestanden habe und deshalb § 273 BGB nicht in Betracht komme. Weiterhin sei nicht ersichtlich, warum der vom anwaltlich vertretenen Beklagten im Termin vom 02.03.2021 zu Protokoll erklärte Erledigungsantrag nach Widerspruch der Klägerin in einen Feststellungsantrag auszulegen gewesen sein solle, obwohl ein Antrag auf Feststellung, dass der Rechtsstreit durch Übergabe der Urkunde erledigt sei, gerade nicht gestellt worden sei.

Die Klägerin hat mit der Berufungsbegründung zunächst die Zahlung von Pachtzins und Wassergeldpauschale für die Zeit von Mai 2020 bis Februar 2021, die Feststellung der Zahlungspflicht betreffend diese Positionen für die Zeit von März 2021 bis September 2021, die Zahlung eines Kostenvorschusses zwecks Beseitigung der Beschädigungen in der Pachtsache in Höhe von 14.277,41 Euro nebst Zinsen sowie die Abweisung der Widerklage begehrt. Wegen der Einzelheiten wird auf S. 1-3 der Berufungsbegründung (Bl. 34 ff. der zweitinstanzlichen eAkte) Bezug genommen. In der Folge hat die Klägerin den Feststellungsantrag auf einen Zahlungsantrag umgestellt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz vom 21.06.2022 (Bl. 171 f. der zweitinstanzlichen eAkte) Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt zuletzt, wie folgt zu erkennen:

1. Unter Aufhebung des am 13.04.2021 verkündeten und am 14.04.2021 zugestellten Urteils der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern, Az.: 4 O 284/20, wird der Beklagte verurteilt, an die Klägerin.

a. Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat Mai 2020 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.05.2020 zu zahlen;

b. Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat Juni 2020 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 03.06.2020 zu zahlen;

c. Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat Juli 2020 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 03.07.2020 zu zahlen;

d. Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat August 2020 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.08.2020 zu zahlen;

e. Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat September 2020 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 03.09.2020 zu zahlen;

f. Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat Oktober 2020 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 03.10.2020 zu zahlen;

g. Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat November 2020 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.11.2020 zu zahlen;

h. Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat Dezember 2020 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 03.12.2020 zu zahlen;

i. Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat Januar 2021 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 05.01.2021 zu zahlen;

j. Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat Februar 2021 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 03.02.2021 zu zahlen.

2. Unter Aufhebung des am 13.04.2021 verkündeten und am 14.04.2021 zugestellten Urteils der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kaiserslautern, Az.: 4 O. 284/20, wird der Beklagte verurteilt, an die Klägerin

a. Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat März 2021 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.03.2021 zu zahlen;

b. Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat April 2021 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 05.04.2021 zu zahlen;

c. Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat Mai 2021 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.05.2021 zu zahlen;

d. Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro und eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat Juni 2021 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 03.06.2021 zu zahlen;

e. Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat Juli 2021 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 05.07.2021 zu zahlen;

f. Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat August 2021 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 04.08.2021 zu zahlen;

g. Pachtzins in Höhe von 1.387,96 Euro sowie eine Wassergeldpauschale in Höhe von 72,59 Euro für den Monat September 2021 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 03.09.2021 zu zahlen.

3. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Kostenvorschuss zwecks Beseitigung der Beschädigungen in der Pachtsache in Höhe von 14.277,41 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Zustellung der Klageerweiterung vom 18.09.2020 zu zahlen.

4. Die Widerklage wird abgewiesen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zu verwerfen, hilfsweise zurückzuweisen.

Der Beklagte bringt vor: Die Berufungsbegründung setze sich mit der Frage der Gebrauchsentziehung, die die Kündigung der verstorbenen Pächterin und das landgerichtliche Urteil in Bezug auf die Abweisung der Zahlungsanträge für zukünftige Pacht und im Hinblick auf die Widerklage trage, nicht auseinander. Bereits aus diesem Grund sei die Berufung in Hinblick auf die Abweisung der Pachtzinsforderungen und des Feststellungstenors unzulässig.

Jedenfalls aber sei die Berufung unbegründet, da das angefochtene Urteil in der Sache nicht zu beanstanden sei. Selbst unter Außerachtlassung von § 543 BGB folge das Kündigungsrecht des Beklagten jedenfalls aus § 313 BGB. Angesichts der Angriffe der Berufung gegen die vom Landgericht zum Teil für durchgreifend erachtete Verjährungseinrede werde mit Nichtwissen bestritten, dass das Paket mit den Schlüsseln von der Klägerin nicht geöffnet worden sei. Die Vorlage von Kostenvoranschlägen durch die Klägerin lasse anderes vermuten. Jedenfalls sei die Klägerin schon ausweislich ihres Schriftsatzes vom 17.08.2020 bestens in der Lage, die Pachtsache auch von innen in Augenschein zu nehmen und unter anderem Fotografien herzustellen und Drittunternehmer ins Objekt zu lassen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 24.08.2022 sowie auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist zum Teil begründet, im Übrigen unbegründet. Dabei kommt es hinsichtlich sämtlicher Aspekte der Begründetheit der Berufung nicht auf deren Rüge, wonach das Landgericht zu Unrecht verspäteten Vortrag der Beklagtenseite entgegen § 296 Abs. 1, Abs. 2 ZPO im ersten Rechtszug berücksichtigt habe, an. Denn die Zulassung – eventuell – verspäteten Vorbringens durch das Landgericht kann mit der Berufung nicht angefochten werden, weil die durch gesetzwidrige Berücksichtigung eingetretene Verzögerung nicht mehr rückgängig gemacht werden könnte (vgl. BGH NJW 2010, 2873 Rn. 27; Huber in Musielak/Voit, ZPO, 19. Aufl. 2022, § 296 Rn. 36). Die Berufung ist begründet, soweit die Klägerin Zahlung des Pachtzinses und der Wassergeldpauschale für die Zeit bis 30.09.2021 verlangt, da das Pachtverhältnis weder durch die erklärten außerordentlichen Kündigungen noch durch den Tod der ursprünglichen Pächterin beendet wurde. Soweit die Klägerin darüber hinaus Schadensersatz im Wege des Vorschusses wegen Beschädigung bzw. nicht ordnungsgemäßer Rückgabe der Pachtsache geltend macht, scheitert dies schon daran, dass ein Anspruch auf Vorschuss in dieser Form nicht in Betracht kommt. Bezüglich der Widerklage wird über den Feststellungsantrag zu 1) nicht mehr entschieden, da dieser unter der nicht eintretenden innerprozessualen Bedingung der Klageabweisung gestellt ist. Bezüglich der vom Landgericht ausgesprochenen Feststellung der Teilerledigung der Widerklage ist die Berufung unbegründet.

A. Zulässigkeit der Berufung

Die Berufung ist – entgegen der Meinung des Beklagten – zulässig. Insbesondere ist sie hinreichend begründet worden.

1. Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmten Punkte des angefochtenen Urteils der Berufungskläger bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe er ihnen im Einzelnen entgegensetzt (BGH NJW-RR 2004, 1716; WM 2008, 1810 Rn. 11; NJW-RR 2017, 365 Rn. 9, jeweils m.w.N.). Hat das Erstgericht die Abweisung der Klage auf mehrere voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Berufungsbegründung in dieser Weise jede tragende Erwägung angreifen. Andernfalls ist das Rechtsmittel unzulässig (BGHZ 143, 169, 171; BGH WM 2004, 442; NJW-RR 2006, 285; jeweils m.w.N.).

2. Ausgehend von diesem Maßstab hat die Klägerin ihre Berufung ausreichend begründet. Die Berufungsbegründung richtet sich sowohl gegen die Abweisung der Klage (Ziffer 1 der Urteilsformel) als auch gegen die Ausurteilung der beiden Widerklageanträge (Ziffer 2 und 3 der Urteilsformel). Im Hinblick auf die Klage setzt sich die Berufung sowohl mit den ausstehenden Zahlbeträgen als auch mit den begehrten Schadensersatzpositionen – die das Landgericht allesamt abgewiesen hat – auseinander. Der Ansatz der Berufungserwiderung, wonach sich die Berufungsbegründung nicht mit der Frage der Gebrauchsentziehung befasse, stellt die Zulässigkeit der Berufung nicht infrage. Die Berufungsbegründung setzt sich umfassend mit der Argumentation des Landgerichts, wonach die beklagtenseits erklärte außerordentliche Kündigung des Pachtverhältnisses wirksam sei, auseinander. Insbesondere argumentiert die Berufungsbegründung ausführlich dazu, warum eine etwaige Gebrauchsentziehung oder -einschränkung jedenfalls nicht in die Risikosphäre der Klägerin falle und infolgedessen die beklagtenseits erklärte außerordentliche Kündigung nicht tragen könne.

Angesichts dieser umfassenden Auseinandersetzung mit den Gründen des Erstrichters ist ein Begründungsmangel der Berufung nicht erkennbar.

B. Begründetheit der Berufung betreffend die abgewiesene Klage, soweit sich diese auf die Zahlung des Pachtzinses und der Wassergeldpauschale für die Zeit bis Februar 2021 bezieht (Berufungsantrag Ziffer 1)

Betreffend den Berufungsantrag zu 1) ist die Berufung begründet, da das Landgericht die beklagtenseits erklärte außerordentliche Kündigung des Pachtvertrags – unter Berücksichtigung der nach Erlass der angefochtenen Entscheidung ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung – zu Unrecht für durchgreifend erachtet hat. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Pachtzinsansprüche aus § 581 Abs. 1 Satz 2, § 1922 Abs. 1 BGB zu. Lediglich hinsichtlich einzelner Zinsforderungen hat die Klägerin den Verzinsungsbeginn zu früh angesetzt; insoweit hat es bei der Abweisung der Klage zu verbleiben.

1. Die Parteien haben einen Pachtvertrag i.S.v. § 581 ff. BGB – und keinen bloßen Gewerberaummietvertrag – geschlossen, was sich neben der ausdrücklichen Bezeichnung als „Pachtvertrag“ daraus ergibt, dass ausweislich § 1 Ziffer 1 des Vertrages nicht nur die Räume, sondern „sämtliche[s], zum Betrieb einer Gaststätte erforderliche[s], gebrauchsfähige[s] Inventar“ seitens der Klägerin zur Verfügung gestellt wurde (vgl. BGH NJW-RR 1991, 906, 907; MüKoBGB/Harke, 8. Aufl. 2020, § 581 Rn. 18). Aus diesem Vertrag ist die Verpächterin – bzw. ihre Erben – zur Zahlung der vereinbarten Pacht verpflichtet (§ 581 Abs. 1 Satz 2, § 1922 Abs. 1 BGB). Die Erben der ursprünglichen Pächterin … – und damit u.a. auch der jetzige Beklagte – haften für aus dem Pachtverhältnis resultierende Verbindlichkeiten als Gesamtschuldner (§§ 2058, 421 ff. BGB). Ein Nachlassgläubiger hat bis zur Teilung des Nachlasses – die ausweislich des erstinstanzlichen Sitzungsprotokolls vom 02.03.2021 (dort S. 2) damals noch nicht erfolgt war – die Wahl, ob er die Miterben als Gesamtschuldner (§ 2058 BGB) in Anspruch nimmt oder ob er von ihnen (lediglich) die Befriedigung aus dem ungeteilten Nachlass in Form der Gesamthandsklage (§ 2059 Abs. 2 BGB) verlangt. Bei der Inanspruchnahme als Gesamtschuldner ist es nicht erforderlich, dass sämtliche Miterben verklagt werden; die Klage kann sich auch nur gegen einzelne Miterben als Gesamtschuldner richten (vgl. BGH NJW 2021, 2115 Rn. 8 m.w.N.). Damit konnte die Klägerin nach dem Tod der ursprünglichen Pächterin ihre Klage entsprechend ändern; diese (subjektive) Klageänderung war nach der zutreffenden Auffassung des Landgerichts sachdienlich, was auch der Beklagte nicht infrage gestellt hat.

2. Der Höhe nach entsprechen die von der Klägerin geltend gemachten Beträge den vertraglichen Vereinbarungen.

a) Die jeweils verlangte monatliche Pacht i.H.v. 1.387,96 Euro entspricht dem Betrag, den die Parteien nach dem Schreiben der Klägerin vom 30.09.2017 (Bl. 16 f. der erstinstanzlichen eAkte) festgelegt haben und der ausweislich der Anlage K3 (Bl. 18 ff. der erstinstanzlichen eAkte) in der Folge auch von Seiten der Erblasserin gezahlt wurde. Der Einwand des Beklagten gegen die in § 4 Abs. 1 des Vertrags vereinbarte „Wertsicherungsklausel“ geht ins Leere. Die Klägerin berief sich damals ausdrücklich auf § 4 Abs. 2 des Vertrages, wonach die Parteien zu Verhandlungen über die Höhe des Pachtzinses verpflichtet sein sollten.

Die Erblasserin hat dem Begehren (wohl angesichts der langen Zeit, in der die Pacht nie erhöht worden war) nicht widersprochen und stattdessen in der Folge den geforderten Betrag gezahlt. Hierin lag eine konkludente Zustimmung seitens der Erblasserin.

b) Die Wassergeldpauschale haben die Parteien im „Nachtrag zum Pachtvertrag“ vom 05.09.2005 festgelegt. Der ausweislich der Anlage K3 in der Folge seitens der Erblasserin bezahlte Betrag i.H.v. 72,59 Euro entspricht dem in dem vorgenannten „Nachtrag“ festgelegten Nettobetrag zzgl. 19 % Umsatzsteuer.

3. Es steht zwischen den Parteien nicht im Streit, dass das Pachtverhältnis durch die seitens des Beklagten im Namen der Erblasserin hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung, die die Klägerin mit anwaltlichem Schriftsatz vom 09.04.2020 (Anlage K6) akzeptiert hat, mit Wirkung zum 30.09.2021 geendet hat. Zu einer früheren Beendigung des Pachtverhältnisses durch die zugleich erklärte außerordentliche Kündigung seitens des Beklagten (als damaligem Generalbevollmächtigten der Erblasserin) ist es – entgegen der Auffassung des Landgerichts – genauso wenig gekommen wie durch die nach dem Tod der Pächterin (wiederholt) erklärte außerordentliche Kündigung.

a) Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass der vom Beklagten damals zur Begründung der Kündigung angeführte schlechte Gesundheitszustand der Erblasserin nicht als Grund für eine außerordentliche Kündigung des Pachtverhältnisses taugt. Der Pächter wird von der Entrichtung der Pacht nicht dadurch befreit, dass er durch einen in seiner Person liegenden Grund an der Ausübung seines Gebrauchsrechts gehindert wird (§ 581 Abs. 2, § 537 Abs. 1 Satz 1 BGB). Auch die vom Mieter unverschuldete persönliche Verhinderung am Mietgebrauch – wie z.B. Krankheit – lässt seine Mietzahlungspflicht nicht entfallen (BeckOK BGB/Zehelein, 61. Ed. 1.2.2022, § 537 Rn. 4; Schmidt-Futterer/Lehmann-Richter, 15. Aufl. 2021, BGB § 537 Rn. 27a). Ausgehend von diesem gesetzlichen Leitbild rechtfertigt jedenfalls in einem Gewerberaummietverhältnis die Erkrankung des Mieters nicht dessen fristlose Kündigung (OLG Düsseldorf NZM 2008, 807, 808; OLG Rostock NJOZ 2020, 1137 Rn. 23; Boerner in Guhling/Günter, Gewerberaummiete, 2. Aufl. 2019, § 537 Rn. 14). Dies gilt entsprechend in einem Pachtverhältnis über Gewerberaum wie hier.

b) Unter Zugrundelegung der nach Erlass der angefochtenen Entscheidung ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung kann – entgegen der Auffassung des Landgerichts – auch unter Berücksichtigung der mit der Covid-19-Pandemie erlassenen behördlichen Einschränkungen ein die außerordentliche Kündigung rechtfertigender Grund (§ 581 Abs. 1, § 543 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB) nicht bejaht werden.

aa) Jede Vertragspartei kann das Mietverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich fristlos kündigen (§ 543 Abs. 1 Satz 1 BGB).

Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann (§ 543 Abs. 1 Satz 2 BGB). Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn dem Mieter der vertragsgemäße Gebrauch der Mietsache ganz oder zum Teil nicht rechtzeitig gewährt oder wieder entzogen wird (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB). Diese Maßstäbe sind auf das im Streit stehende Pachtverhältnis ebenfalls anzuwenden (§ 581 Abs. 2 BGB).

Eine Geschäftsschließung, die auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie erfolgt, stellt keinen Mangel der Mietsache i.S.v. § 536 Abs. 1 BGB dar; dem Vermieter wird dadurch die vertraglich geschuldete Überlassung und Erhaltung der Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand auch nicht ganz oder teilweise unmöglich (BGH NJW 2022, 1370 Rn. 26 ff., 40). Infolgedessen steht dem Mieter auch kein Recht zur außerordentlichen Kündigung des Mietvertrags nach §§ 543 Abs. 1 Satz 1, 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB zu (vgl. BGH NJW 2022, 1382 Rn. 27).

bb) Hiervon ausgehend bestand auch im vorliegenden Fall kein Recht zur außerordentlichen Kündigung des Pachtverhältnisses (§ 581 Abs. 1, § 543 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB). Schon zum Zeitpunkt der ersten Kündigungserklärung am 07.04.2020 waren Gaststätten geschlossen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 der Dritten Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz vom 23.03.2020), Dieses Verbot wurde in der Folge verlängert (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 der Vierten Corona-Bekämpfungsverordnung Rheinland-Pfalz vom 17.04.2020).

Die diversen Corona-Bekämpfungsverordnungen des Landes Rheinland-Pfalz beruhen jedoch allesamt – wie aus der Einleitung zu den jeweiligen Fassungen der Corona-Bekämpfungsverordnung ersichtlich – auf der Ermächtigung in § 32 Satz 1 IfSG (vgl. BeckOK InfSchR/Johann/Gabriel, 11. Ed. 1.4.2022, IfSG § 32 Rn. 19) und dienen damit der „Bekämpfung übertragbarer Krankheiten“ (so die Überschrift zum 5. Abschnitt des IfSG). Diese Maßnahmen und die damit verbundene Gebrauchseinschränkung standen nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Pachtobjekts „Haus Hexenbäcker“, was jedoch Voraussetzung für eine Qualifikation als Mietmangel bzw. Pachtmangel wäre (vgl. BGH NJW 2022, 1370 Rn. 31, 35). Demnach fielen die mit den vorgenannten behördlichen Maßnahmen verbundenen Einschränkungen in den Risikobereich der Erblasserin als Pächterin des Objekts (vgl. BGH NJW 2022, 1370 Rn. 31). Infolgedessen bestand auch kein Grund für eine außerordentliche Kündigung des Pachtverhältnisses.

c) Eine Beendigung des Pachtverhältnisses kann auch nicht auf der Grundlage einer – in dieser Form ohnehin nicht erklärten – Kündigung des Vertrags wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage angenommen werden (§ 313 Abs. 3 Satz 2 BGB). Zwar kommt im Falle einer Geschäftsschließung, die auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie beruht, grundsätzlich ein Anspruch des Mieters von gewerblich genutzten Räumen auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage in Betracht, dessen Bestehen aber wiederum von den Umständen des Einzelfalls abhängig ist (vgl. BGH NJW 2022, 1370 Rn. 41 ff.). Eine solche Vertragsanpassung muss der jeweilige Vertragspartner aber verlangen, sie tritt nicht kraft Gesetzes ein (BeckOK BGB/Lorenz, 61. Ed. 1.2.2022, § 313 Rn. 84; NK-BGB/Jung, 4. Aufl. 2021, § 313 Rn. 117). Schon mangels eines entsprechenden Verlangens der Erblasserin bzw. des Beklagten scheidet eine Vertragsanpassung aus. Sie ließe sich zudem auch in der Sache nicht rechtfertigen, da die Frage, ob der Mieter/Pächter staatliche Leistungen zum Ausgleich der infolge der Infektionsschutzmaßnahmen eingetretenen Nachteile erhalten bzw. sich darum (erfolglos) bemüht hat, im Rahmen der Prüfung von § 313 BGB berücksichtigt werden muss (vgl. BGH NJW 2022, 1370 Rn. 61) und es damit – entgegen der Auffassung des Beklagten und des Landgerichts – aufgrund der Existenz solcher Leistungen doch zu einer Einschränkung der im Raum stehenden Rechte des Mieters/Pächters kommen kann. Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass infolge eines Wegfalls bzw. einer Störung der Geschäftsgrundlage eine – im Verhältnis zur Vertragsanpassung ohnehin nachrangige (§ 313 Abs. 3 Satz 1 BGB) – Vertragskündigung gerechtfertigt gewesen wäre, sind demnach ebenfalls nicht gegeben.

d) Das Pachtverhältnis wurde auch nicht infolge des Todes der ursprünglichen Pächterin (§ 581 Abs. 2, § 580 BGB) vom Beklagten wirksam für die Zeit vor dem 30.09.2021 gekündigt.

Die späteren Kündigungen vom 16./18.06.2020 seitens des jetzigen Beklagten bzw. seiner jetzigen Prozessbevollmächtigten wurden kurz nach dem Tod der Erblasserin am 09.06.2020 und damit jedenfalls rechtzeitig erklärt. Auf die Frage, ob der Beklagte als nur einer von zwei Miterben dies wirksam für die Erbengemeinschaft erklären konnte (vgl. BeckOK BGB/Herrmann, 61. Ed. 1.2.2022, § 580 Rn. 6 m.w.N.), kommt es nicht an. Denn die vormalige Pächterin hatte dem jetzigen Beklagten eine transmortale Generalvollmacht erteilt, die zugleich mit der Kündigung übersandt wurde und an deren Wirksamkeit angesichts der freien Widerruflichkeit der Vollmacht kein Zweifel besteht (vgl. Grüneberg/Ellenberger, BGB, 81. Aufl. 2022, § 168 Rn. 6 m.w.N.). Mit dem Erbfall erwirbt der Bevollmächtigte aufgrund der Ermächtigung des Erblassers die Befugnis, innerhalb der ihm eingeräumten Vertretungsmacht über das zum Nachlass gehörende Vermögen in Vertretung des bzw. der Erben zu verfügen (BGH NJW 1983, 1487, 1489). Dazu muss der Bevollmächtigte auch nicht die Erben namhaft machen, für die er handelt (OLG Frankfurt am Main, ZEV 2012, 377, 378).

Die Erben des Pächters sind bei dessen Tod aber nur dazu berechtigt, das Pachtverhältnis „außerordentlich mit der gesetzlichen Frist“ zu kündigen (§ 581 Abs. 2, § 580 BGB). Besteht eine solche Berechtigung zur Kündigung außerordentlich mit der gesetzlichen Frist, so ist die außerordentliche Kündigung gemäß § 584 Abs. 2 BGB in den Fristen des § 584 Abs. 1 BGB möglich „für den Schluss des Pachtjahres“. Das Pachtjahr begann gemäß § 3 des Pachtvertrages jeweils zum 01.10. und endete zum 30.09. Eine hiervon abweichende Vereinbarung haben die Parteien nicht getroffen. Da auch im Fall des § 584 Abs. 2 BGB die erklärte Kündigung gemäß § 584 Abs. 1 BGB ein halbes Jahr vor dem Ende des Pachtjahres erfolgen muss (vgl. Staudinger/Schaub, BGB, Neubearbeitung 2018, § 584 Rn. 22), konnten die erklärten Kündigungen jedoch keine Beendigung des Pachtverhältnisses zum 30.09.2020, sondern erst zum 30.09.2021 bewirken.

Eine Beendigung des Pachtverhältnisses vor dem 30.09.2021 scheidet demnach aus.

4. Demnach sind die Erben der Pächterin und damit auch der Beklagte für die im Berufungsantrag zu 1) jeweils genannten zehn Monate dazu verpflichtet, eine monatliche Pacht i.H.v. 1.387,96 Euro nebst einer Wassergeldpauschale von monatlich 72,59 Euro zu zahlen. Die Zahlungspflicht besteht jeweils bis zum 3. Werktag eines Monats im Voraus (§ 2 Ziffer 1 des Pachtvertrages). Da diese Zahlungsfrist jeweils versäumt wurde, steht der Klägerin daneben – antragsgemäß – ein Anspruch auf Verzugszinsen ab dem 4. Werktag eines Monats in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu (§ 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB). Insoweit war der von der Klägerin angesetzte Beginn der Verzinsung teilweise zu korrigieren, da die Klägerin insbesondere nicht berücksichtigt hat, dass der Samstag mangels abweichender vertraglicher Vereinbarung nicht als Werktag mitgezählt werden kann (vgl. BGH NJW 2010, 2879 Rn. 41 ff.).

C. Begründetheit der Berufung betreffend die abgewiesene Klage, soweit sich diese auf die Zahlung des Pachtzinses und der Wassergeldpauschale für die ab März 2021 bezieht (Berufungsantrag Ziffer 2)

Den zunächst auf Feststellung zukünftiger Zahlungspflicht gerichteten Berufungsantrag zu 2), der dem abgewiesenen Klageantrag zu 11) entspricht, konnte die Klägerin in zulässiger Weise auf einen Zahlungsantrag umstellen, ohne dass hierfür die Voraussetzungen von § 533 ZPO hätten vorliegen müssen (§ 264 Nr. 2 ZPO; vgl. BGH NJW-RR 2010, 1286 Rn. 6). Der Antrag ist auch weitgehend begründet. Wie bereits dargelegt, endete das Pachtverhältnis erst zum 30.09.2021. Demnach sind die Erben der ursprünglichen Pächterin und damit auch der Beklagte für den Zeitraum vom 01.03.2021 bis einschließlich 30.09.2021 dazu verpflichtet, eine monatliche Pacht i.H.v. 1.387,96 Euro nebst einer Wassergeldpauschale von monatlich 72,59 Euro zu zahlen. Die Zahlungspflicht besteht jeweils bis zum 3. Werktag eines Monats im Voraus (§ 2 Ziffer 1 des Pachtvertrages). Da diese Zahlungsfrist jeweils versäumt wurde, steht der Klägerin daneben – antragsgemäß – ein Anspruch auf Verzugszinsen ab dem 4. Werktag eines Monats in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu (§ 286 Abs. 2 Nr. 1, § 288 Abs. 1 BGB). Dieser war aber hinsichtlich des von der Klägerin angesetzten Beginns der Verzinsung teilweise zu korrigieren; insoweit hat es bei der Abweisung der Klage zu verbleiben.

D. Begründetheit der Berufung betreffend die abgewiesene Klage, soweit sich diese auf einen Kostenvorschuss für Schäden an der Pachtsache bezieht (Berufungsantrag Ziffer 3)

Der in erster Instanz auf Zahlung von Schadensersatz, in zweiter Instanz auf Zahlung eines Vorschusses i.H.v. 14.277,41 Euro gerichtete Klageantrag zu 12) bzw. Berufungsantrag zu 3) betreffend die auf S. 3 des Schriftsatzes vom 18.09.2020 (= Bl. 81 der erstinstanzlichen eAkte) aufgelisteten, im vorhergehenden Schriftsatz vom 17.08.2020 (Bl. 60 ff. der erstinstanzlichen eAkte) teils bildlich dargestellten Schäden kann in der Sache als Vorschussanspruch keinen Erfolg haben. Selbst ein – bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem Senat trotz Erörterung auch dieses Punktes nicht gegenständlicher – Schadensersatzanspruch bestünde allenfalls in Höhe eines Teils der für TÜV und Wartung bzgl. den Lastenfahrstuhl anfallenden Kosten (260,26 Euro).

1. Entgegen der Auffassung des Landgerichts sind mögliche Ansprüche der Klägerin im Zusammenhang mit der von ihr behaupteten Beschädigung der Pachtsache nicht wegen der erhobenen Verjährungseinrede (§ 214 Abs. 1 BGB) undurchsetzbar. Verjährung könnte allenfalls nach Maßgabe der Vorschrift des § 548 Abs. 1 BGB, die auch auf Pachtverhältnisse Anwendung findet (§ 581 Abs. 2 BGB; vgl. BGH NJW 2004, 774), eingetreten sein. Demnach verjähren Ersatzansprüche des Verpächters wegen Veränderungen oder Verschlechterungen der Pachtsache in sechs Monaten, beginnend in dem Zeitpunkt, in dem der Verpächter die Pachtsache zurückerhält.

Eine „Rückgabe“ in diesem Sinne erfordert grundsätzlich eine Veränderung der Besitzverhältnisse zu Gunsten des Vermieters. Das bedeutet zum einen, dass der Vermieter/Verpächter in die Lage versetzt werden muss, sich durch Ausübung der unmittelbaren Sachherrschaft ungestört ein umfassendes Bild von den Mängeln, Veränderungen und Verschlechterungen der Miet-/Pachtsache zu machen.

Zum anderen ist eine vollständige und unzweideutige Besitzaufgabe des Mieters/Pächters erforderlich, wobei der Vermieter/Verpächters hiervon Kenntnis erlangen muss; anderenfalls hat das Miet-/Pachtverhältnis sein tatsächliches Ende nicht gefunden (BGH NJW 2004, 774, 775 m.w.N.). Ausgehend von diesem Maßstab begann die sechsmonatige Verjährungsfrist mit Ablauf des 03.06.2020 (Rücksendung der Schlüssel) und hätte demnach am 03.12.2020 geendet. Die mit Schriftsatz vom 18.09.2020 – bei Gericht am selben Tage eingegangen – anhängig gemachte Klageerweiterung, die als Anlage zur Terminsverfügung vom 24.09.2020 zugestellt worden ist (vgl. Bl. 83 und Zu 84 der erstinstanzlichen eAkte), hat jedoch zuvor zur Hemmung der Verjährung (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB) geführt.

2. Der Berufungsantrag zu 3) kann allerdings schon deshalb keinen Erfolg haben, weil er auf die Zahlung eines Kostenvorschusses gerichtet ist. Im Falle einer Verletzung bei der Rückgabe der Pachtsache (§ 584 Satz 2 BGB; vgl. inhaltsgleich im Mietrecht: § 546a Abs. 2 BGB) richten sich Ansprüche des Verpächters – z.B. wegen Beschädigung der Pachtsache – nach §§ 280, 281, 286 BGB (vgl. NK-BGB/Friedrich Klein-Blenkers, 4. Aufl. 2021, § 584b Rn. 17; Streyl in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 15. Aufl. 2021, § 546a Rn. 77 ff.; BeckOGK/Schlinker, 1.4.2022, BGB § 584b Rn. 15 f.). Die demnach maßgeblichen Vorschriften des allgemeinen Leistungsstörungsrechts sehen jedoch – anders als etwa § 637 Abs. 3 BGB – keinen Anspruch auf Vorschuss vor.

3. Selbst wenn die Klägerin einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz geltend gemacht hätte, hätte dieser nur i.H.v. 260,26 Euro zum Erfolg geführt. Insoweit ist zu beachten, dass es sich bei den vertraglichen Regelungen im ursprünglichen Pachtvertrag aus dem Jahre 2000 um allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, da die dortigen Regelungen für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert wurden und von Seiten der Klägerin der Pächterin gestellt wurden (vgl. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB). Diese allgemeinen Geschäftsbedingungen sind teilweise unwirksam, so dass die auf dieser Grundlage geltend gemachten Positionen auch im Rahmen eines Schadensersatzanspruchs nicht zugesprochen werden könnten.

a) Es handelt es sich bei den Regelungen im ursprünglichen Pachtvertrag aus dem Jahre 2000 um vorformulierte Vertragsbedingungen.

Vorformuliert sind die Bedingungen schon dann, wenn sie für eine mehrfache Verwendung aufgezeichnet oder in sonstiger Weise fixiert sind (BGH NJW 1998, 2600). In der Regel genügt die Verwendergegenseite der ihr obliegenden Beweislast durch Hinweis auf die äußere Form, denn ein gedrucktes oder sonst vervielfältigtes Klauselwerk ist seinem ersten Anschein nach AGB. Gleiches gilt, wenn der Vertragstext im Wesentlichen abstrakt und allgemein formuliert ist oder zahlreiche formelhafte Klauseln enthält, die nicht auf die individuelle Vertragssituation abgestimmt sind. Dieser Anschein wird im Hinblick auf die gebotene klauselbezogene Betrachtungsweise nicht schon dadurch widerlegt, dass der Vertrag in Teilen individuelle Regelungen enthält (BeckOK BGB/Becker, 61. Ed. 1.2.2022, § 305 Rn. 39 m.w.N. aus der höchstrichterlichen Rspr.).

Hiervon ausgehend handelt es sich schon dem ersten Anschein um Allgemeine Geschäftsbedingungen. Es liegt ein gedrucktes, unstreitig von Rechtsanwalt L… vorbereitetes Vertragswerk vor. Diese enthält zahlreiche allgemein formulierte Klauseln, so z.B. §§ 4, 6, 7, 17 Abs. 1, 18 und 19 des Vertrages, die nicht auf das konkrete Pachtverhältnis abgestimmt sind, sondern in jedem anderen Pachtvertrag verwendet werden könnten. Dieser erste Anschein ist nicht widerlegt.

b) Die Vorformulierung erfolgte auch für eine Vielzahl von Verträgen.

Eine „Vielzahl“ liegt in der Regel vor, wenn eine Klausel tatsächlich dreimal oder mehrfach verwendet worden ist (BGH NJW 2002, 138 f.). Das gilt auch dann, wenn die Vertragspartei, die die Klauseln stellt, sie nur in einem einzigen Vertrag verwenden will (BGH NZV 2015, 294 Rn. 15 m.w.N.).

Es ist unstreitig, dass der ursprüngliche Pachtvertrag von Rechtsanwalt L… für die Klägerin vorbereitet wurde. Angesichts der bereits dargestellten, allgemein gehaltenen Formulierungen im Vertrag spricht der erste Anschein dafür, dass es sich um ein von Rechtsanwalt Li… für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliertes Formular handelte. Der Umstand, dass die Klägerin selbst – soweit ersichtlich – das Formular selbst nur im konkreten Fall verwenden wollte, ändert daran nichts.

c) Die Vertragsbedingungen wurden von Seiten der Klägerin gestellt.

Das Tatbestandsmerkmal des Stellens ist erfüllt, wenn die Formularbestimmungen auf Initiative einer Partei oder ihres Abschlussgehilfen in die Verhandlungen eingebracht und ihre Verwendung zum Vertragsabschluss verlangt werden. Der (einseitige) Wunsch einer Partei, bestimmte von ihr bezeichnete vorformulierte Vertragsbedingungen zu verwenden, ist grundsätzlich ausreichend. Dabei kommt es nicht darauf an, wer die Geschäftsbedingungen entworfen hat. Entscheidend ist, ob eine der Vertragsparteien sie sich als von ihr gestellt zurechnen lassen muss (BGH NJW 2016, 1230 Rn. 24 m.w.N.).

Im vorliegenden Fall muss sich die Klägerin die Vertragsbedingungen als von ihr gestellt zurechnen lassen.

Dies rechtfertigt sich zum einen daraus, dass ausweislich der von der Klägerin vorgelegten „Bestätigung“ von Rechtsanwalt L… dieser nicht nur die Vertragsbedingungen entworfen, sondern hierfür von der Klägerin bezahlt worden ist. Zum anderen enthält der Vertrag zahlreiche Klauseln, die einseitig zulasten der Pächterin gehende Regelungen enthalten (vgl. BGH NJW 1992, 2160, 2163; MüKoBGB/Fornasier, 9. Aufl. 2022, § 305 Rn. 30), so z.B. die verschuldensabhängige Endrenovierungsklausel in § 17 Abs. 1 des Pachtvertrages. Beides zusammengenommen spricht mit ausreichender Gewissheit dafür, dass der Vertrag von Seiten der Klägerin gestellt wurde.

d) Es handelt sich schließlich nicht um eine Individualvereinbarung (§ 305 Abs. 1 Satz 3 BGB).

Von einem Aushandeln im Sinne dieser Vorschrift kann nur dann gesprochen werden, wenn der Verwender zunächst den in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen gesetzesfremden Kerngehalt, also die den wesentlichen Inhalt der gesetzlichen Regelung ändernden oder ergänzenden Bestimmungen, inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt mit zumindest der realen Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen zu beeinflussen. Er muss sich also deutlich und ernsthaft zur gewünschten Änderung einzelner Klauseln bereit erklären. Die entsprechenden Umstände hat der Verwender darzulegen und zu beweisen (BGH NJW 2014, 1725 Rn. 27 m.w.N.).

Hiervon ausgehend hat die Klägerin schon nicht ausreichend zum Vorliegen einer Individualvereinbarung vorgetragen. Der bloße Umstand, dass die Getränkebezugsklausel in § 2 Ziffer 4 des Pachtvertrages nachträglich zugunsten der Pächterin gestrichen wurde, sagt über ein Aushandeln betreffend den übrigen Vertrag nichts aus. Ansonsten erschöpft sich der Klägervortrag in der pauschalen Aussage, die Klauseln seien ausgehandelt worden.

4. Hiervon ausgehend stünde der Klägerin allenfalls ein Schadensersatzanspruch i.H.v. 260,26 Euro zu.

Betreffend die übrigen Schadenspositionen fehlt es teils schon an einer wirksamen vertraglichen Vereinbarung der Parteien, teils rechtfertigt der Sachvortrag der Klägerin nicht die von ihr geltend gemachten Beträge.

a) Anspruch auf Zahlung der Reinigungskosten (K10, Bl. 65 der erstinstanzlichen eAkte) i.H.v. 904,80 Euro hat die Klägerin nicht.

Hierbei handelt es sich um einen Teil des Anspruchs auf Rückgabe der Pachtsache und damit um Schadensersatz statt der Leistung (§§ 280 Abs. 1, Abs. 3, § 281 BGB; vgl. Streyl in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 15. Aufl. 2021, § 546 a BGB Rn. 81 ff.); es geht nicht um die Verpflichtung der Pächterin, die Pachtsache in einem dem vertragsgemäßen Gebrauch nach Maßgabe von § 538 BGB entsprechenden Zustand zu halten, deren Verletzung einen – nicht von der Setzung einer Nachfrist abhängigen – Anspruch aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB nach sich zöge (vgl. BGH NZM 2018, 717 Rn. 16 ff. m.w.N.). Allerdings könnte ein entsprechender Hauptleistungsanspruch sich höchstens – als Teil der Endrenovierungspflicht – aus § 17 Abs. 1 des Pachtvertrages ergeben. Eine andere Regelung enthält der Vertrag hierzu nicht. Diese Regelung ist jedoch unwirksam, da die Kombination aus dieser Endrenovierungspflicht mit der allgemein auf die Pächterin abgewälzten Pflicht zur Instandhaltung der Pachtsache in § 5 Satz 4 des Pachtvertrags die Pächterin unangemessen benachteiligte, weshalb die AGB-Regelung in § 17 Abs. 1 des Vertrags unwirksam ist (§ 307 Abs. 1 BGB; vgl. BGH NZM 2005, 504 f.).

b) Anspruch auf Schadensersatz wegen der Beschädigung der beiden auf Bl. 63 der erstinstanzlichen eAkte bildlich dargestellten Kühlschränke stünde der Klägerin auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Pächterin für solche Schäden nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB sowie nach § 823 Abs. 1 BGB dem Grunde nach haftete und diese Haftung nun den Beklagten trifft (§ 1922 Abs. 1 BGB), nicht zu. Aus der Anlage K11 (Bl. 66 der erstinstanzlichen eAkte) ergibt sich die Schadensschätzung eines Unternehmens auf 200 bis 250 Euro netto, was den eingeklagten Bruttobetrag von 290 Euro widerspiegelt. Allerdings ist das Pachtobjekt Jahrzehnte alt. Der ursprüngliche Pachtvertrag stammt aus dem Jahre 2000 und es ist nicht ersichtlich, dass die Kühlschränke später noch einmal (auf Kosten der Klägerin) erneuert worden wären. Dies rechtfertigt einen vollen Abzug „neu für alt“ i.H.v. 100 %, da die Kühlschränke nach rund 20 Jahren keinen substanziellen Wert mehr hatten.

c) Ein Anspruch auf Schadensersatz aus § 280 Abs. 1, Abs. 3, § 281 BGB für nicht durchgeführte Malerarbeiten (Anlage K12) bestünde ebenfalls nicht. Ein solcher Anspruch könnte sich wiederum nur aus § 17 Abs. 1 des Pachtvertrages ergeben. Da diese Klausel jedoch – wie bereits dargestellt – unwirksam ist, fehlt es an einer wirksam vereinbarten Hauptleistungspflicht.

d) Ein Anspruch auf Schadensersatz für die Instandsetzung des Lastenaufzugs wäre jedenfalls der Höhe nach nicht schlüssig dargetan. Die Klägerin macht einen Vorschuss i.H.v. 4.152,09 Euro geltend und legt hierzu einen Kostenvoranschlag der Firma OTIS vor, der auf 3.578,53 Euro netto lautet. Grundlage dieses Anspruchs soll nach dem Klägervortrag ein gewaltsam hochgebogenes Blech (Fotos auf Bl. 64 der erstinstanzlichen eAkte) sein. Das Angebot der Firma OTIS umfasst jedoch deutlich mehr Arbeiten, von denen die Positionen „Kabinendach richten“ lediglich eine Stundenlohnarbeit über ca. 2 Stunden ausmacht.

Zu allen restlichen Positionen fehlt es an jeglichem Sachvortrag. Die meisten Positionen dürften auch keine Beschädigung, sondern die regelmäßige Wartung des Aufzugs zum Gegenstand haben. Hierfür haben die Parteien jedoch eine abweichende finanzielle Regelung getroffen (siehe unter Gliederungspunkt f) betreffend die ebenfalls eingeklagte Position über 520,52 Euro). Damit fehlt es der Höhe nach an schlüssigem Vortrag zu dieser Position.

e) Ein Anspruch auf Schadensersatz i.H.v. 1.612,40 Euro für die Reparatur der Eingangstüre (Anlage K14, Bl. 71 der erstinstanzlichen eAkte) stünde der Klägerin nicht zu.

Ein solcher Anspruch folgt nicht aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB bzw. aus § 823 Abs. 1 BGB, da die Beklagtenseite ausweislich der Entscheidungsgründe des angegriffenen Urteils in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht unwidersprochen vorgetragen hat, die Beschädigung an der Eingangstüre resultiere aus einem Einbruchsversuch. An diese tatbestandliche Feststellung in den Entscheidungsgründen ist der Senat gebunden (§ 314 Satz 1 ZPO; vgl. BAG NJW 2017, 972 Rn. 10). Damit war dies im ersten Rechtszug unstreitig, weshalb es an einem Vertretenmüssen bzw. Verschulden der Pächterin für diesen Schaden fehlt.

Gleichzeitig scheidet damit ein vertraglicher Anspruch der Klägerin auf Ersatz dieser Kosten aus. Dieser ergibt sich insbesondere nicht aus § 17 Abs. 1 des Pachtvertrages. Zwar war die Pächterin danach verpflichtet, die Pachtsache ohne Schäden zurückzugeben.

Die Pächterin haftete aber nach den vertraglichen Vereinbarungen nur für eigenes Verschulden sowie für „Schäden, die durch ihre Angehörigen, Arbeitnehmer, Besucher, oder Personen, die sich mit ihrem Willen in den Pachträumen aufhalten oder diese aufsuchen, verursacht werden“ (§§ 6, 7 des Vertrages). Damit haftete sie nicht für die durch den Einbruchversuch entstandenen Schäden.

f) Allenfalls hätte die Klägerin Anspruch auf Zahlung eines Teils der für TÜV und Wartung bzgl. den Lastenfahrstuhl anfallenden Kosten. Ausweislich § 2 Ziffer 2 des Pachtvertrags sollte die Pächterin eine Wartungspauschale zahlen. Diese Regelung wurde in Ziffer 2 der Nachtragsvereinbarung vom 05.09.2005 dahingehend konkretisiert, dass sich die Erblasserin zur Hälfte an den Rechnungen der Firma … für den Fahrstuhlservice beteiligt und hierauf eine quartalsweise Zahlung erbringt. Da der Pachtvertrag noch bis 30.09.2021 lief, musste sich die Erblasserin daher an der als Anlage K15 (Bl. 72 f. der erstinstanzlichen eAkte) vorgelegten Rechnung der imbH & Co. OHG vom 05.06.2020 i.H.v. 520,52 Euro zur Hälfte beteiligen, was einen Zahlbetrag von 260,26 Euro ergäbe.

E. Begründetheit der Berufung betreffend die zugesprochene Widerklage (Berufungsantrag Ziffer 4)

In Bezug auf die vom Landgericht ausgeurteilte Widerklage – soweit diese überhaupt zur Entscheidung steht – ist die Berufung unbegründet und unterliegt daher der Zurückweisung.

1. Soweit das Landgericht festgestellt hat, dass zwischen der Klägerin und dem Beklagten kein Pachtverhältnis besteht, ist über den Antrag nicht zu entscheiden. Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, stand der Antrag unter der innerprozessualen Bedingung der Klageabweisung. Da die Klage – wie dargestellt – jedoch überwiegend begründet ist, ist über den Hilfsantrag nicht zu entscheiden.

2. Hinsichtlich des ursprünglich auf Herausgabe der notariellen Vollmachtsurkunde gerichteten Widerklageantrags zu 2) ist die Berufung unbegründet. Das Landgericht hat insoweit zu Recht die Erledigung des Rechtsstreits festgestellt.

a) Das Landgericht hat die einseitig gebliebene Erledigungserklärung des Beklagten betreffend den Widerklageantrag zu 2) zutreffend ausgelegt. Die einseitige Erledigungserklärung bildet eine gem. § 264 Nr. 2 ZPO privilegierte Klageänderung, mit der von einem Leistungsauf einen Feststellungsantrag übergegangen wird (BGH NJW 2008, 2580 Rn. 8). Der Kläger begehrt damit festzustellen, dass seine ursprünglich zulässige und begründete Klage durch das behauptete Ereignis unzulässig oder unbegründet geworden ist (vgl. Flockenhaus in Musielak/Voit, ZPO, 19. Aufl. 2022, § 91 a Rn. 29 m.w.N.).

Anhaltspunkte dafür, dass diese Erklärung im Falle des vom Beklagten erhobenen Widerklageantrags zu 2) anders gemeint gewesen sein könnte, sind nicht ersichtlich.

b) Der Widerklageantrag zu 2) ist auch begründet. Dem Beklagten stand zunächst aus § 985 BGB ein Anspruch auf Herausgabe der im Besitz der Klägerin stehenden Vollmachtsurkunde zu. Das vom Landgericht festgestellte Eigentum des Beklagten an dieser Urkunde stellt die Berufung nicht infrage.

Diesem Herausgabeanspruch stand auch nicht das von der Klägerin mit Schriftsatz vom 19.11.2020 (dort S. 6 = Bl. 145 der erstinstanzlichen eAkte) ausgeübte Zurückbehaltungsrecht (§ 273 BGB) entgegen. Ein Zurückbehaltungsrecht kann bei bestimmten Gegenständen auf Grund ihrer Eigenart ausgeschlossen sein (BeckOK BGB/Lorenz, 61. Ed. 1.2.2022, § 273 Rn. 30 m.w.N.). Dies ist in Bezug auf die notarielle Urkunde der Fall. Die dort beurkundete transmortale Generalvollmacht benötigte der Beklagte, um auch in anderer Hinsicht weiter für die Erben tätig zu werden, solange die Vollmacht nicht widerrufen war. Gleichsam wie bei Geschäftspapieren, an denen ein Zurückbehaltungsrecht in der Regel ausscheidet (vgl. BGH NJW 1997, 2944, 2946), ist auch ein Zurückbehaltungsrecht betreffend diese Vollmachtsurkunde nicht gerechtfertigt.

Dies gilt ungeachtet möglicher Schadensersatzansprüche der Klägerin, deren mögliches Bestehen es nicht rechtfertigt, das Tätigwerden des Beklagten im Rahmen der Generalvollmacht derart weitgehend einzuschränken. Durch die Rückgabe der Vollmachtsurkunde in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht ist der ursprünglich zulässige und begründete Herausgabeanspruch unbegründet geworden.

Demnach ist insoweit der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, was das Landgericht zu Recht festgestellt hat.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO und berücksichtigt insbesondere, dass die Klägerin erst im Berufungsverfahren für die Zeit ab März 2021 Zahlung von Pachtzins und Wassergeldpauschale und nicht bloß die Feststellung der Zahlungspflicht begehrt hat. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit fußt auf § 708 Nr. 10, §§ 711, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 543 Abs. 2 ZPO) sind nicht ersichtlich. Entgegen der Auffassung der Klägerin gilt das auch für die Frage der Anwendbarkeit von § 543 Abs. 1 Satz 1, § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB auf mit dem vorliegenden Fall vergleichbare Sachverhalte, die mittlerweile höchstrichterlich geklärt ist (vgl. BGH NJW 2022, 1382 Rn. 27).

 

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