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Pachtzinsanpassungsklausel – nach jeweils zwei Pachtjahren – Auslegung

Alle zwei Jahre = frühestens nach zwei Jahren!

OLG Rostock – Az.: 14 U XV 7/21 – Urteil vom 26.04.2022

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Schwerin vom 03.09.2021, Az. 19 XV 5/21, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Amtsgerichts Schwerin ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf bis zu 7.000,00 EUR festgesetzt.

Der erstinstanzliche Streitwert wird geändert und ebenfalls auf bis zu 7.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Kläger verpachtete der Beklagten mit Vertrag vom 10.02.1999 landwirtschaftliche Nutzflächen in der Gemarkung … im Umfang von ca. 54 ha. Der Vertrag weist eine Laufzeit von 24 Jahren aus sowie einen jährlichen Pachtzins von 8.497,00 DM (= 4.344,45 EUR).

§ 3 Abs. 3 des Pachtvertrages enthält folgende hier relevante Regelung:

„Jeder Vertragspartner kann nach jeweils 3 Pachtjahren verlangen, dass der Pachtpreis entsprechend der Veränderung des ortsüblichen Pachtpreises angepasst wird, wenn diese Veränderung mehr als 10% beträgt. Das Verlangen muss im letzten Monat des jeweils 3. Pachtjahres gestellt werden.“

In einem zwischen den Parteien geführten Rechtsstreit – 19 Lw 3/05 AG Schwerin – um die Herausgabe der Pachtflächen wurde in der Berufungsinstanz – 12 U 15/05 OLG Rostock – am 27.06.2007 ein Vergleich geschlossen, in dessen Ziff. 2 die eingangs erwähnte Regelung aus § 3 des Landpachtvertrages wie folgt geändert und neu gefasst wurde:

„Jeder Vertragspartner kann nach jeweils 2 Pachtjahren verlangen, dass der Pachtzins entsprechend der Veränderung des von der BVVG geforderten Pachtzinses je Bodenpunkt und Hektar im Landkreis Parchim angepasst wird, wenn diese Veränderung mehr als 10% beträgt.

Das Verlangen muss im letzten Monat des jeweiligen Pachtjahres, beginnend ab 2009 geltend gemacht werden.“

In einem weiteren zwischen den Parteien geführten Rechtsstreit bezüglich der Pachtflächen – 19 XV 7/11 AG Schwerin – schlossen die Parteien in der Berufungsinstanz – 14 U 6/12 OLG Rostock – am 20.02.2013 auf Vorschlag des Gerichts einen weiteren Vergleich, in dem es u.a. wie folgt heißt:

„1. Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Pachtzinshöhe ab 01.10.2011 7.500,00 EUR jährlich betragen soll.

2. (…)

3. Die Parteien sind sich darüber einig, dass bei künftigen Erhöhungen, frühestens also ab 01.10.2014, Pachtzinsfälligkeit 30.09.2015, im Sinne der von ihnen vereinbarte Pachtzinserhöhungsklausel gemeint ist: von der BVVG geforderte Pachtzins für Ackerland je Bodenpunkt und ha im ehemaligen Landkreis Parchim. Die Parteien sind sich auch darüber einig, dass die Veränderung prozentual im Sinne gemeint ist, dass ein Vergleich mit dem Ausgang der letzten Erhöhung zu dem Punkt hinsichtlich der neu geforderten Erhöhung stattzufinden hat. Die Parteien sind sich darüber einig, dass Bestandspachten für Ackerland gemeint sind.

4. … Die Parteien sind sich auch darüber einig, dass es bei der Wesentlichkeitsschwelle von 10% im Sinne der Pachtzinserhöhungsklausel bleibt.

5. (…)“

Die Formulierung in Ziff. 3 des Vergleichs „Erhöhung frühestens ab 01.10.2014“ wurde vom Gericht – ohne vorherige Erörterung – gewählt und von den Parteien widerspruchslos hingenommen.

Der Kläger verlangte von der Beklagten für das Pachtjahr 01.10.2016/30.09.2017 eine Erhöhung des Pachtzinses auf insgesamt 14.324,80 EUR, dem die Beklagte entsprach. Auch für das folgende Pachtjahr 2017/2018 zahlte die Beklagte die erhöhte Pacht. Eine Überprüfung der Pachtpreise der BVVG durch den Kläger im September 2019 ergab, dass diese um 12,16% gestiegen waren. Der Kläger verlangte daraufhin von der Beklagten mit Schreiben vom 26.09.2019 eine Erhöhung der Pacht auf 16.066,67 EUR für die Pachtjahre 2019/2020 und 2020/2021. Die Beklagte wies die Forderung mit der Begründung zurück, ein (weiteres) Erhöhungsverlangen sei frühestens im September 2020 möglich. Sie begründete dies mit der Auffassung, dass nach der Pachtzinsanpassungsklausel jeweils nach Ablauf von zwei Jahren nach der letzten Erhöhung oder dem letzten Erhöhungsverlangen ein erneutes Pachterhöhungsverlangen gestellt werden könne (Anwaltsschreiben vom 04.12.2020 – K 6, Bl. 18 ff.).

Der Kläger hat sein Anpassungsverlangen gerichtlich weiter verfolgt und hierbei die Auffassung vertreten, dass die von der Beklagten bemühte Auslegung der mit gerichtlichem Vergleich vom 27.06.2007 erfolgten Neuregelung der Pachtzinsanpassung in § 3 des Pachtvertrages unzutreffend sei; ein „starrer Zwei-Jahres-Rhythmus“ für die Pachtzinserhöhung sei hiermit nicht gemeint. Da der Pachtvertrag dem von der BVVG verwendeten Formular(pacht) vertrag entspreche und die BVVG nach zwei Jahren prüfe, ob die Wesentlichkeitsschwelle für eine Pachtzinserhöhung vorliege, ggf. im Folgejahr eine erneute Überprüfung der Pachtpreisentwicklung vornehme, und zwar ohne weitere zwei Jahre abzuwarten, könnten die Parteien aufgrund der gleichlautenden Formulierung in dem zwischen ihnen geschlossenen Vergleich nichts anderes gewollt haben. Bei einem starren Zwei-Jahres-Rhythmus wäre im Hinblick auf die Bezugnahme auf das zwei Jahre zurückliegende Preisniveau anderenfalls zu befürchten, dass die Erheblichkeitsschwelle ggf. nie überschritten werde. Einer solchen, so gemeinten Regelung hätte der Kläger nie zugestimmt.

Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, der Erhöhung des Pachtzinses für die landwirtschaftlichen Grundstücke des Klägers in der Gemarkung …, Blatt 1335, Flur 4, Flurstücke 29/4, 40 und 51 von bisher 14.324,80 EUR um 1.741,87 EUR auf 16.066,67 EUR mit Wirkung ab 01.10.2019 zuzustimmen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und zur Begründung auf ihre bereits vorprozessual vertretene Auffassung verwiesen. Sie hat insbesondere gemeint, ein zeitlicher Mindestabstand von (jeweils) zwei Jahren zur Überprüfung des Pachtzinsniveaus verstoße nicht gegen die Regelungen in § 593 BGB. Im Übrigen sei bei der Auslegung der Pachtzinsanpassungsklausel auch zu berücksichtigen, dass bei einer Gesamtbetrachtung die Voraussetzungen des § 593 BGB, insbesondere die Erheblichkeitsschwelle für eine Pachtzinsanpassung erheblich abgesenkt würden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils sowie die dort gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Das Landwirtschaftsgericht hat dem Klageantrag entsprochen und zur Begründung ausgeführt, einer Auslegung des im Vergleichswege vereinbarten zeitlichen Anpassungsverlangens „nach jeweils zwei Pachtjahren“ im Sinne eines Zwei-Jahres-Rhythmus stehe § 593 Abs. 5 BGB entgegen; Klauseln zur Ausgestaltung der Regelungen in § 593 Abs. 1 bis 4 BGB könnten nach der Rechtsprechung eine Anpassung nur vereinfachen, nicht jedoch erschweren. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Dagegen richtet sich die fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt und der erstinstanzlichen Auslegung der hier relevanten Formulierung im Vergleich vom 27.06.2007 entgegen tritt. Sie ist weiterhin der Auffassung, eine Erschwerung des Anpassungsverlangens nach Ablauf von jeweils zwei Jahren nach dem letzten (möglichen) Anpassungsverlangen stehe nicht zu befürchten. Denn es müsse auch berücksichtigt werden, dass aufgrund der vertraglich vereinbarten Erheblichkeitsschwelle von 10% die Anforderungen für ein Anpassungsverlangen gegenüber der gesetzlichen Regelung in § 593 Abs. 1 Satz 1 BGB erheblich abgesenkt würden, denn letztere verlange, dass die dort bezeichneten Verhältnisse, die der Pachtzinsbemessung zugrunde lägen, sich nachhaltig verändert haben müssten. Dies sei nach der Rechtsprechung bei veränderten Pachtpreisen von 10% gerade nicht der Fall. Der hier vereinbarte längere Zeitraum trage eine höhere Wahrscheinlichkeit der Nachhaltigkeit in sich. Sie rügt, das Landwirtschaftsgericht habe eine Gesamtabwägung der Gesichtspunkte, die die Begründung eines Pachterhöhungsverlangens erschweren und/oder erleichtern können, nicht vorgenommen.

Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil. Die von der Beklagten gewünschte Auslegung dahingehend, dass die Zeitpunkte eines zulässigen Pachterhöhungsverlangens als starr geregelte Zeitabstände von zwei Jahren zu verstehen seien und, wenn die Wesentlichkeitsschwelle innerhalb dieser Zeit nicht erreicht werde, erst nach weiteren zwei Jahren ein neues Pachterhöhungsverlangen möglich und zulässig sei, welches sich dann auf das Preisniveau von vor zwei Jahren und nicht vor vier Jahren zu beziehen habe, könne dazu führen, dass während der gesamten Vertragslaufzeit ggf. keine einzige Pachtzinserhöhung möglich wäre. Einer solchen Regelung hätte der Kläger nie zugestimmt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird auf die dort gewechselten Schriftsätze der Parteien verwiesen.

II.

Die Berufung ist zulässig, aber ohne Erfolg.

Der Senat teilt die vom Landwirtschaftsgericht vorgenommene Auslegung der hier interessierenden, im Vergleichswege geänderten Regelung zur Pachtzinsanpassung in § 3 Abs. 3 des zwischen den Parteien geschlossenen Pachtvertrages.

1. Für die Auslegung eines gerichtlichen Vergleichs ist allein sein protokollierter Inhalt maßgebend. Auf die Prozessakten, die zuvor gestellten Anträge und ihre Begründung kann nicht zurückgegriffen werden (OLG Frankfurt, Urteil vom 22.09.1994 – 1 U 57/93; OS 1; Zöller/Geimer, ZPO, 34. Aufl., § 794 Rn. 14 a). Dabei ist die Auslegung des Prozessvergleichs anhand der Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB vorzunehmen, wonach Verträge – und damit auch Prozessvergleiche – so auszulegen sind, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten. Dabei ist vom Wortlaut auszugehen. Zur Ermittlung des wirklichen Willens der Parteien sind jedoch auch die außerhalb der Vereinbarung liegenden Umstände einzubeziehen, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Ebenso sind die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen (so u.a. BAG 10.12.2014 – 10 AZR 63/14).

2. In Anwendung dieser (allgemeinen) Auslegungsregeln ist zunächst vom Wortlaut der Ziff. 2 des Prozessvergleichs vom 27.06.2007 auszugehen.

a. Dies führt fürs Erste zu dem Ergebnis, dass die Vertragsanpassungsklausel nicht als neben der Regelung in § 593 BGB stehend, sondern als vorrangig geltend von den Parteien vereinbart worden ist.

b. Sodann spricht bis auf Weiteres (allein) der Wortlaut der vertraglichen Regelung dafür, dass jeder Vertragspartner „nach jeweils zwei Pachtjahren“ eine Pachtzinsanpassung verlangen kann.

Nach dem allgemeinen Sprachgebrauch bedeutet „jeweils“ zum einen „jedes Mal; (in einem bestimmten Zusammenhang) immer“ oder „zu dem Zeitpunkt, von dem gerade die Rede ist“ (https://www.duden.de/rechtschreibung/jeweils). Damit spricht die eigentliche Wortbedeutung bezogen auf das geregelte Zeitintervall für das von der Beklagten vertretene Verständnis der Regelung, dass jeweils in einem Turnus von zwei Jahren ein Anpassungsverlangen gestellt werden kann, unabhängig davon, ob ein in diesem Turnus geltend gemachtes Verlangen zu einer Änderung des Pachtzinses führte oder nicht.

c. Eine (allein) am strengen Wortlaut orientierte Auslegung führte jedoch – zutreffend erkannt vom Amtsgericht – zur Unwirksamkeit der Klausel, so dass eine vom (reinen) Wortlaut abweichende Interpretation unter Berücksichtigung einer vorrangigen Interessenlage der Parteien an einer (rechts) wirksamen Vereinbarung in Übereinstimmung mit den in § 593 BGB normierten Anforderungen vorzunehmen ist.

aa. Mit Hilfe der vertraglichen Pachtzinsanpassungsklausel wollten die Parteien ersichtlich die in § 593 BGB normierten Voraussetzungen einer solchen absenken, was nach der Rechtsprechung jedenfalls dann zulässig ist, wenn hierdurch die gesetzliche Regelung des § 593 BGB „lediglich“ konkretisiert oder für eine Vertragspartei die Abänderung des Vertrages erleichtert wird.

(1) Mit Rücksicht auf die besonderen Verhältnisse der Landpacht und die sich dort häufig schnell verändernden Umstände mit existenzgefährdender Auswirkung wurde mit § 593 BGB eine besondere Konkretisierung und Ausprägung des allgemeinen Grundsatzes über die Vertragsanpassung bei Wegfall oder Änderung der Geschäftsgrundlage geschaffen, die – ähnlich wie die Vorgängervorschrift des § 7 LPG – einen gerechten Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien anstrebt (BGH, Beschluss vom 29.11.1996 – BLw 48/95). Die Vorschrift des § 593 Abs. 1 bis 4 BGB ist deshalb nach deren Abs. 5 zwingendes Recht. Ihren Regelungsmechanismus störende Vereinbarungen sind daher im Zweifel unwirksam (OLG Hamm 05.01.2016 – I-10 W 46/15; OLG Oldenburg [Oldenburg], Beschluss vom 19.08.2010 – 10 W 13/10).

(2) Unzweifelhaft senkt die vertragliche Pachtzinsanpassungsklausel die in § 593 Abs. 1 Satz 1 BGB normierte Voraussetzung für eine Vertragsänderung (nachhaltige Veränderung der Verhältnisse, die für Höhe und Umfang der vertraglichen Leistungen maßgebend waren, und ein darauf zurückzuführendes grobes Missverhältnis der gegenseitigen Vertragspflichten) erheblich ab. So soll gerade eine Veränderung der ortsüblichen Pachtzinsen für vergleichbare Grundstücke um z.B. nur 10% oder 20% in der Regel die Annahme eines groben Missverhältnisses nicht rechtfertigen (Düsing/Martinez/Schuhmacher BGB § 593 Rn. 13). Vielmehr soll die Schwelle (Verhältnis von Pachtzins zu Ertragswert) jeweils bei 40% bis 50% liegen (BeckOK BGB/C. Wagner BGB § 593 Rn. 7). Diese Erheblichkeitsschwelle wird durch die vorliegende vertragliche Anpassungsklausel erheblich abgesenkt (hier: „mehr als 10%“). Zudem wird ausschließlich auf die Entwicklung der ortsüblichen BVVG-Pachtzinsen abgestellt. Weitere, bei § 593 BGB Abs. 1 Satz 1 BGB einfließende Gesichtspunkte in die Gesamtabwägung sind nicht zu berücksichtigen.

(3) Ein Turnus von (jeweils) zwei Jahren für ein Anpassungsverlangen führte jedoch zu einer Verlängerung der in § 593 Abs. 2 Satz 1 BGB geregelten Mindestdauer zu Lasten des Änderungsberechtigten, steht daher im Widerspruch zur zwingenden gesetzlichen Regelung und ist folglich unwirksam (so Düsing/Martinez/Schuhmacher BGB § 593 Rn. 5).

bb. Die Interessenlage der Parteien bei Abschluss des Vergleichs im Jahre 2007 und der Zweck des gerichtlichen Vergleichs waren jedoch maßgeblich darauf gerichtet, mit Unterstützung des Senats eine den Anforderungen des § 593 BGB genügende und damit rechtswirksame (vertragliche) Regelung zu den Voraussetzungen einer Pachtzinsanpassung zu vereinbaren. Daher ist die im Vergleichswege vereinbarte Pachtzinsanpassungsklausel dahingehend auszulegen, dass „nach frühestens zwei Jahren“ ein Anpassungsbegehren geltend gemacht werden kann. Angesichts der unstreitig vorliegenden materiellen Berechtigung besteht damit ein Anspruch des Klägers auf Zustimmung zu einer Pachtzinserhöhung mit Wirkung ab dem 01.10.2019.

cc. Ob – wie von der Beklagten vorgetragen – die Auslegung und die damit zusammenhängende Frage der Wirksamkeit der hier interessierenden Pachtzinsanpassungsklausel nicht allein an den Anforderungen des § 593 Abs. 2 BGB, sondern auch an den weiteren sachlichen Voraussetzungen eines Anpassungsanspruchs zu messen, insbesondere die vereinbarte und unter den gesetzlichen Anforderungen liegende Erheblichkeitsschwelle gleichermaßen zu berücksichtigen ist, kann im Ergebnis dahinstehen. Denn die Auffassung der Beklagten beruht auf der (aus Sicht des Senats nicht begründeten) Annahme, dass eine Veränderung der ortsüblichen (BVVG)Pachtzinsen von 40% bis 50% innerhalb eines Zeitraumes von unter zwei Jahren faktisch auszuschließen sei. Diese Annahme vermag der Senat angesichts der derzeitigen Entwicklung bei den Pachtpreisen für landwirtschaftliche Flächen nicht zu teilen. Die Pachtzinsen für landwirtschaftliche Flächen sind bekanntermaßen in den letzten Jahren stetig, und zwar nicht nur linear und im besonderen Maße in Mecklenburg-Vorpommern gestiegen (https://www.agrarheute.com/management/betriebsfuehrung/pachtpreise-2020-riesige-unterschiede-regionalen-pachtpreisen-580123; https://www.laiv-mv.de/Statistik/Presse-und-Service/Pressemitteilungen/?id=171950& processor=processor.sa.pressemitteilung). Diese Entwicklung dürfte sich aufgrund der aktuellen Lage (hohe Nachfrage an landwirtschaftlichen Flächen einerseits und deren Reduzierung durch fortschreitende Flächenversiegelung andererseits) und der vorliegend konkret in Bezug genommenen Vergleichspachten für BVVG-Flächen, deren Anteil sich infolge vorzunehmender Flächenverkäufe durch die BVVG ebenfalls verringert, weiter verschärfen, so dass ein Anstieg bei den Vergleichspachten im Bereich von 40% bis 50% innerhalb eines Zeitraumes von unter zwei Jahren gerade nicht auszuschließen ist. Davon unabhängig ist es Zweck des § 593 BGB, im Interesse der Funktionsfähigkeit landwirtschaftlicher Betriebe eine zügige Anpassung des Vertragsinhalts an grundlegende Veränderungen der Marktverhältnisse zu ermöglichen, wobei davon ausgegangen wird, dass sich bei in der Regel langfristig angelegten Landpachtverträgen sich die Verhältnisse, die für die Festsetzung der Leistungen bei Abschluss des Pachtvertrags maßgebend waren, oft durchaus schnell und nachhaltig ändern können; die Sperrfrist nach § 593 Abs. 2 Satz 1 BGB findet ihre Rechtfertigung vor diesem Hintergrund allein darin, dass den Parteien betriebswirtschaftliche Planungen für einen Zeitraum von zwei Jahren zuzumuten sind und kurzfristige Änderungsbegehren ansonsten die Kontinuität und Stabilität des Vertragsverhältnisses gefährden könnten (vgl. BeckOGK/Wiese BGB § 593 Rn. 2 und 9 m. w. N.).

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

IV.

Der Gebührenstreitwert bestimmt sich bei der vorliegend begehrten Zustimmung des Verpächters zur Pachtzinserhöhung gemäß § 9 ZPO, §§ 48, 47 GKG nach dem 3,5fachen Jahresbetrag der Erhöhungsdifferenz (soweit die verbleibende Dauer des Pachtverhältnis nicht geringer ist, was vorliegend nicht der Fall ist); also 3,5 Jahre x 1.741,87 EUR = 6.096,54 EUR (Gebührenstufe bis zu 7.000,00 EUR).

Der erstinstanzliche Streitwert war entsprechend amtswegig abzuändern, § 63 Abs. 3 Nr. 2 GKG.

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